Protocol of the Session on December 10, 2020

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Hier rechtzeitig zu handeln, wird für Berlin enorm wichtig sein. Die CDU kann bei ihren Südländern, die SPD in Sachsen, die Grünen in Hessen nachfragen. Wie ich gehört habe, ist jetzt auch die Bundestagsfraktion der Grünen offen für dieses Thema. Wir werden dafür sorgen, dass es nicht in Vergessenheit gerät; insbesondere ein Nachlesen beim DIW am heutigen Tage wird dort auch weiterhelfen.

Wir werden weiter darüber reden müssen, wer die Krise zahlt – die abhängig Beschäftigten durch höhere Sozialabgaben, die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, durch Einschnitte in den Sozialstaat? – Wir schlagen etwas anderes vor. Wir schlagen eine Vermögensabgabe vor.

[Martin Trefzer (AfD): Ah! – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Große Vermögen mit einer einmaligen Abgabe, gestreckt auf viele Jahre heranzuziehen, wäre sicherlich der gerechte Weg bei dieser Frage. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Buh! von der AfD]

Vielen Dank! – Für die CDU-Faktion hat der Kollege Goiny das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Bewältigung der Coronapandemie beschäftigt uns heute wieder den ganzen Tag. Ich finde es schon etwas bedauerlich, dass der Regierende Bürgermeister es nicht für erforderlich hält, bei diesem Tagesordnungspunkt anwesend zu sein. Auch wenn es formal, von der Ressortzuständigkeit, beim Finanzsenator liegt, will ich das an dieser Stelle trotzdem anmerken.

[Beifall bei der CDU – Bürgermeister Dr. Klaus Lederer: Er hat eine Schalte mit Herrn Braun!]

Er hat immer Schalten mit der Bundesregierung, wenn wir hier gerade konferieren; das ist mir schon aufgefallen.

[Bürgermeister Dr. Klaus Lederer: Ist leider so!]

Ich will für die CDU-Fraktion noch mal deutlich machen – der Fraktionsvorsitzende hat es heute zum wiederholten Mal gesagt –: Wir stehen auch zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung und Ministerpräsidenten in der Vergangenheit und gegenwärtig in diesem Lande getroffen haben, um die Pandemie zu bekämpfen. Für uns sind folgende Prämissen nach wie vor von besonderer Priorität in der Bewältigung der Pandemie: Wir stehen dazu, dass die Schuldenbremse nach wie vor die Leitplanke unserer Haushaltspolitik sein muss. Wir wollen, dass die Ausgaben, die hier zusätzlich nötig sind, zur Bewältigung und Bekämpfung der Pandemie eingesetzt werden.

Wir möchten darüber hinaus, dass es Wirtschaftshilfen gibt, die den Branchen, die von der Pandemie betroffen sind, tatsächlich auch helfen. Und der Schutz der Bevölkerung hat für uns nach wie vor natürlich oberste Priorität. Unsere Beratungen, Diskussionen und Forderungen an dieser Stelle haben sich in diesem ganzen Jahr und jetzt auch bei den Beratungen zum zweiten Nachtragshaushalt daran orientiert.

Ich will es noch mal sagen – die Bundeskanzlerin hat es gestern im Bundestag ebenfalls eindeutig gesagt –: Wir müssen und wollen natürlich dafür sorgen, dass wir möglichst wenig Menschen haben, die sich mit dem Virus infizieren, und möglichst wenig Menschen, die am Ende einer Behandlung gar in den Krankenhäusern bedürfen.

Ich will noch an das anknüpfen, was der Regierende Bürgermeister heute gesagt hat, weil viele Dinge, die hier gesagt worden sind, sich am Ende auch in dem abbilden müssen, was wir finanziell dargestellt haben; Kollege Zillich hat das eben noch mal deutlich gemacht. Was wir brauchen, sind Maßnahmen, die uns aktuell helfen. Wir Haushaltspolitiker erwarten aber natürlich auch, dass wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir das Ganze in der Gegenwart und in der Zukunft haushaltspolitisch begleiten können. Wir haben uns das ganze Jahr im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit der Finanzierung der aktuellen Fragen beschäftigt und mit Konsultationsverfahrens, Nachtragshaushalten und kurzfristiger, teilweise sehr unorthodoxer Bewilligung von zusätzlichen Finanzhilfen versucht, die Mittel da zur Verfügung zu stellen, wo sie erforderlich sind. Aber natürlich ist es richtig, dass wir uns zunehmend auch damit beschäftigen müssen, was wir eigentlich in der Zukunft machen. Dieser Doppelhaushalt hat noch ein Jahr, nämlich das nächste Jahr, über das wir hier diskutieren müssen. Da müssen wir einfach mal festhalten, dass das, was vonseiten des Senats und der Koalitionsfraktionen an entsprechenden Vorschlägen, auch Finanzierungsvorschlägen gekommen ist, aus unserer Sicht nicht ausreicht.

(Steffen Zillich)

Bei der Frage der Finanzierung kann ich gleich sagen, lieber Kollege Zillich: Eine Vermögensabgabe ist mit Sicherheit das Letzte, was uns an dieser Stelle zur Finanzierung der Pandemie einfällt.

[Beifall von Heiko Melzer (CDU) – Anne Helm (LINKE): Was ist das Erste, was Ihnen einfällt? – Zurufe von Katalin Gennburg (LINKE) und Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Im Gegenteil! In einer Stadt wie Berlin ist das Erste, Frau Kollegin Helm, was uns hier einfällt, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen, die in der Vergangenheit einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass wir Milliardenüberschüsse haben, erstens überleben und nach der Pandemie zudem auch wieder in der Lage sind, so zu wirtschaften, dass wir wieder Haushaltsüberschüsse erzielen können.

[Anne Helm (LINKE): Das klingt ja nach einem sicheren Plan!]

Genau das ist eines der Defizite der Politik Ihrer Koalition, liebe Kollegen der rot-rot-grünen Fraktionen.

[Beifall bei der CDU]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schlüsselburg?

Vielen Dank, Herr Kollege Goiny! Ich muss jetzt doch noch mal fragen: Sie haben eben den Vorschlag des Kollegen Zillich, eine maßvolle Vermögensabgabe, zeitlich gestreckt, damit sie auch verkraftbar ist, als solidarisches Sonderopfer für diese außergewöhnliche Lage heranzuziehen, für Ihre Fraktion und Ihre Partei abgelehnt. Das steht aber im Widerspruch zu dem Handeln Ihrer Bundesregierung zu Beginn der Bundesrepublik, wo genau so ein Instrument gewählt wurde, um die Nachkriegsfolgen abzufedern. Wieso haben Sie denn da Ihre Position geändert?

Lieber Kollege Schlüsselburg! Unsere Politik zeichnet sich eben dadurch aus, dass wir die Fragen von morgen nicht mit den Antworten von gestern beantworten.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Sibylle Meister (FDP) – Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Deswegen ist das kein vernünftiger Vorschlag,

[Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

und von einer maßvoller Vermögenssteuer hat der Kollege Zillich, glaube ich, gar nichts gesagt. Das wäre ja auch komisch, dass bei Ihnen irgendwie was maßvoll wäre.

Lassen Sie uns zum Thema Wirtschaftshilfen zurückkehren! Da muss ich allerdings sagen, dass wir die Novemberhilfen im November nicht ausgezahlt haben. Das ist in der Tat etwas, das man nur von unserer Seite kritisieren kann. Da geht der Appell an die Bundesregierung, hier deutlich besser und unbürokratischer zu werden und notfalls im Wege von Abschlagszahlungen entsprechend schnell zu reagieren. Das kann sich im Dezember so nicht fortsetzen.

[Beifall von Daniel Wesener (GRÜNE)]

Das ist eine Position, die auch im Interesse der mittelständischen Wirtschaft – die wir hier ja auch mit vertreten – nicht vertretbar ist.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Daniel Wesener (GRÜNE)]

Wir müssen aber darüber hinaus auch sehen: Was sind die wirtschaftlichen Stärken dieser Stadt? – Ich habe es in der Vergangenheit schon mal gesagt: Die südlichen Bundesländer haben viel Industrie, sie haben die Automobilindustrie. Viele andere Flächenstaaten haben Landwirtschaft, und jeder kämpft für seine Schwerpunkte und seine wirtschaftlichen Markenkerne. Und unser Markenkern ist natürlich Kultur, Veranstaltungswirtschaft, Tourismus, Messe- und Kongressgeschäft. Ich finde, es gehört sich eigentlich auch, dass der Senat dieser Stadt bei der Unterstützung dieser relevanten Branchen in Berlin nicht nur darauf abstellt, dass der Bund ihm irgendetwas zahlt, sondern das muss auch mit eigenem Geld untermauert werden.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Dazu, dass man sich heute noch dafür feiert, dass man einmal schnell 5 000 Euro für die Soloselbstständigen in diesem Jahr zur Verfügung gestellt hat, lieber Kollege Zillich, darf ich Ihnen nur verraten: Ich glaube, bei den meisten dieser Soloselbstständigen sind diese 5 000 Euro schon ausgegeben, und seitdem haben sie halt auch nichts mehr bekommen. Ich glaube, wir müssen die Branche der Kultur- und Kreativwirtschaft auch mit Landesmitteln stärker fördern.

[Beifall bei der CDU]

Das war auch einer der Gründe, warum wir auf der einen Seite positiv reagiert haben bei der Frage, ob wir hier in Berlin in die Neuverschuldung gehen müssen. Selbst wenn die jetzigen Einnahmeausfälle und die zusätzlichen Finanzbedarfe noch nicht in vollem Umfang absehbar sind, so ist uns allen doch klar, dass wir auch im kommenden Jahr weitere Wirtschafts- und Finanzhilfen und Investitionen in die Gesundheitswirtschaft leisten müssen. Deswegen ist es auch richtig, dass wir weitere Mittel

zur Verfügung stellen, damit wir hier auch am Ende des Tages entsprechend effektiv helfen können.

Das betrifft die Selbstständigen, das betrifft aber auch die anderen Branchen, für die wir uns hier schon wiederholt stark gemacht haben, nämlich die Branchen, die am meisten und am längsten von der Pandemie betroffen sind. Da kann man auch nicht am Ende des Tages sagen, dass man hier nicht jedem helfen kann. Wir reden gerade hier in Berlin von sehr vielen Branchen und Unternehmerinnen und Unternehmern, die bisher keinen Cent vom Staat brauchten. Die wollten auch keinen Cent vom Staat, aber viele von denen sind jetzt seit neun Monaten geschlossen, und das hält natürlich der solideste Unternehmer nicht aus. Deswegen ist es richtig, dass wir als Staat der Berliner Wirtschaft die entsprechenden Hilfen zur Verfügung stellen. Deswegen haben wir auch mit den Nachtragshaushaltsberatungen eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wo aus unserer Sicht weiter investiert und finanziert werden soll. Alle unsere Vorschläge sind so finanziert, dass sie aus der bestehenden Rücklage zu finanzieren sind. Aus unserer Sicht hätte es da einer weiteren Neuverschuldung nicht bedurft, wobei wir – das sage ich auch – nicht abschätzen können, ob das nicht in den nächsten Monaten noch der Fall sein wird, wenn der Lockdown jetzt noch viel weiter geht.

Deswegen müssen wir tatsächlich für das nächste Jahr noch entsprechende Hilfsprogramme organisieren. Wir haben in den Nachtragshaushaltsberatungen vom Kultursenator gehört, dass es für die Fortsetzung der Wirtschaftshilfen für den Kulturbereich im Grunde genommen noch gar keine feste Beschlussfassung im Senat gibt, aber er sei sich mit dem Finanzsenator einig, der finde das auch richtig, und da würde man zur Not schon etwas machen. Aber das ist einfach zu wenig. Wir brauchen auch eine Planbarkeit dieser Maßnahmen, und das, was der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister mit dem, ich sage mal, Rettungsschirm und den entsprechenden Konzepten jetzt vorgeschlagen haben, ist ein richtiger Weg, um hier eine Perspektive zu geben und auch die Bedenken des Kollegen Zillich aufzugreifen, der sagt: Wenn die Pandemie vorbei ist, hat keiner mehr Geld und keiner kann was machen. – Das werden wir nächstes Jahr in Berlin noch erleben, und ich finde, dann darf die Antwort des Berliner Senats nicht sein: Nein, jetzt können wir nicht mehr allen helfen. Die Pandemie ist vorbei. Jetzt soll mal jeder selber wieder sehen, wie er klarkommt.

Ich finde, das kann nicht sein. Wir brauchen an dieser Stelle auch einen Rettungsschirm. Wir brauchen zusätzliche finanzielle Hilfen. Die müssen auch mal klar verabredet sein. Die müssen auch den Betroffenen zur Kenntnis gegeben werden, und da kann man sich nicht auf der Senatsbank wieder im 14-tägigen Rhythmus auf Zuruf verständigen und sagen: Jetzt haben wir noch mal eine Soforthilfe verlängert. – Die funktioniert natürlich auch

nicht richtig, weil sie nur noch eine Liquiditätshilfe ist. Die Liste derer, die gar nichts bekommen, denen Kredite noch zum Nachteil angerechnet werden, und andere Probleme, die hier mit der Abwicklung zutage treten, müssten sich inzwischen auch bis zum Senat herumgesprochen haben. Deswegen erwarten wir hier nach wie vor bei dem ganzen Thema „Finanzierung der Wirtschaftshilfen“ eine Neuorganisation und eine Planbarkeit, eine Verlässlichkeit für das nächste Jahr.

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Sie haben ja sogar unseren Vorschlag abgelehnt, diesen Kultur-Rettungsschirm für Berlin zu finanzieren, den wir Ihnen vorgeschlagen haben – bis zum Ende des nächsten Jahres. Sie haben den Vorschlag von Michael Zeelen zur Unterstützung der Hotels abgelehnt, und all diese Dinge zeigen, dass im Grunde genommen hier bei Ihnen und beim Regierenden Bürgermeister viel Rhetorik, aber in der Sache wenig Verlässlichkeit ist.

[Beifall bei der CDU]

Das Thema Bildungspolitik ist auch schon angesprochen worden. Die Fragestunde war heute wieder mal ein Ausdruck der Peinlichkeit, was die Bildungssenatorin da geliefert hat. Wir hatten eine viereinhalbstündige Anhörung im Bildungsausschuss, sieben Experten waren, höflich ausgedrückt, der Meinung, es laufe nicht gut in Berlin, allein die wahrnehmungsresistente Bildungssenatorin fand das alles optimal organisiert. In der Praxis läuft wenig, und für das zweite Schulhalbjahr im nächsten Jahr wird das sicherlich wieder ein Desaster werden. Auch hier haben wir die Frage: Sind der Senat, sind die Koalitionsfraktionen mit der Situation zufrieden? Was wird sich da tatsächlich ändern? – Das Thema Lüftungsanlagen, das Thema Digitalisierung – wir haben es heute erlebt –, das ist aus unserer Sicht alles unzureichend.

Zur BVG: Bei der Verkehrsverwaltung ist es so, dass die Verkehrssenatorin im Haushaltsausschuss auch nicht sagen konnte, was sich tatsächlich an Hygiene- und Schutzmaßnahmen verbessert hat. Die Menschen drängeln sich in Bussen und Bahnen, und gleichzeitig sind fünf Leute beim Glühweintrinken zu viel. Das versteht natürlich keiner. Die mangelnde Glaubwürdigkeit bei der Kommunikation fällt auch hier dem Senat und damit uns allen in der Nachverfolgbarkeit und in der Glaubwürdigkeit der getroffenen Maßnahmen auf die Füße.

Beim Thema Digitalisierung ist es ähnlich. Auch hier sind wir sehr gespannt, ob der Lockdown und das Homeoffice dazu führen, dass wieder Termine bei Bürgerämtern und anderen wichtigen Behörden über Monate nicht vergeben werden können und ob wir im Grunde genommen sehen werden, dass der Senat beim Thema Digitalisierung keinen Millimeter vorangekommen ist im Vergleich zu der Situation vor einem Jahr.

Besonders dramatisch finde ich die Situation im Bereich der Gesundheitsverwaltung. Hierzu muss man mal sagen: