Vielen Dank, Herr Senator! – Dann geht die erste Nachfrage an die Abgeordnete Tomiak. – Bitte schön!
Vielen Dank! – Welche Erkenntnisse hat und wie bewertet der Senat die Vorkommnisse und Straftaten im Kontext der Coronamaßnahmengegner, die mittlerweile von Brandanschlägen bis zu Bedrohungen reichen? Plant der Senat ein Lagebild, bei dem alle Straftaten mit Bezug zur Coronamaßnahmengegnerschaft erfasst werden?
Frau Abgeordnete Tomiak! Es gibt unterschiedliche Straftaten. Bei den Demonstrationen der Coronagegner am 25. Oktober hatten wir beispielsweise allein in Mitte und Friedrichshain 650 Einsatzkräfte der Polizei, und im Zusammenhang mit diesen Demonstrationen hat es 50 Festnahmen gegeben, 39 Männer, 11 Frauen. Im Ergebnis sind 64 Strafermittlungsverfahren wegen Verdacht auf Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Verdacht auf Landfriedensbruch, tätlichem Angriff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchte Gefangenenbefreiung eingeleitet worden. Dazu gab es noch 71 Ordnungswidrigkeitenverfahren. Das Bild ist also bunt. Die Polizei ist aktiv, auch gemeinsam mit den Ordnungsämtern bei der Kontrolle der Infektionsschutzverordnung bzw. den Einschränkungen durch die Infektionsschutzverordnung.
Bei dem von Ihnen angesprochenen Anschlag auf das Robert-Koch-Institut oder bei dem Sprengkörper in der Invalidenstraße ist die Polizei bei den Ermittlungen noch nicht so weit, dass eine eindeutige Zuordnung möglich ist. Ja, es hat dort ein entsprechendes Bekennerschreiben gegeben. Insgesamt war die Aufmachung aber sehr provi
Insgesamt schätzen die Sicherheitsbehörden es aber so ein, dass die Aggressivität in der Auseinandersetzung, die Aggressivität bei den Demonstrationen deutlich anwächst. Wenn Sie mich fragen, wie ich das beurteile: Das besorgt mich. Aber nicht jede Tat im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Coronaverordnung ist politisch motiviert oder muss in ein Lagebild eingefügt werden. Das ist ein sehr heterogenes Bild, und wir müssen uns hüten, bestimmte Taten, die nicht aus politischer Motivation erfolgt sind, in ein Lagebild einzuordnen. Erstens gibt es ein schiefes Bild, und zweitens macht es den Dialog in der Gesellschaft nicht einfacher. Deshalb: Wir schauen genau hin, um welche Straftaten es sich handelt. Gegen diese Straftaten muss vorgegangen werden. Ich sage aber noch einmal: Die Herausforderung für uns, die Herausforderung für die demokratischen Parteien besteht darin, Menschen zu überzeugen und sie nicht repressiv in die Regeln hineinzuzwängen. Regeln müssen eingehalten werden – nicht missverstehen –, aber ich glaube, dass wir diese verschärfte Auseinandersetzung in der Gesellschaft, diese wachsende Aggressivität nicht dadurch wegbekommen, dass wir selbst restriktiver handeln. Ich glaube, das Gesprächsangebot muss immer da sein. Wir müssen die Menschen überzeugen, wir müssen sie mitnehmen.
Vielen Dank! – Gestatten Sie mir die Vorbemerkung, dass die Durchsetzung von Recht und Gesetz unabhängig von der modischen Erscheinung gelten muss. – Dann noch die Nachfrage zu dem Lagebild: Herr Senator, stimmen Sie mit mir überein, dass, wenn eine Radikalisierung von Ihnen und der Polizeipräsidentin behauptet wird, es notwendig wäre, die Fakten zu unterlegen – sei es, weil ein Maskenverweigerer gewalttätig wird, weil er auf die fehlende Maske angesprochen wird, weil da ein Graffiti gegen Coronamaßnahmen ist oder Polizisten von Coronagegner angegriffen werden? Wäre es da nicht sinnvoll, um die Gesellschaft mitzunehmen und von der Gefährlichkeit mancher radikaler Coronagegner zu überzeugen, ein Lagebild mit Zahlen, Daten und Fakten systematisch zu erstellen, um Straftaten, die von Gegnern von Coronamaßnahmen ausgehen, zu erfassen?
Sehr geehrter Herr Lux! Eine Lageeinschätzung, ein Lagebild ist immer gut. Ich habe ja hier ausführlich zu dieser Thematik gesprochen. Wir haben Infektionsschutzmaßnahmen beschlossen, und die müssen auch durchgesetzt werden. Deswegen sind die Kontrollen wichtig. Aber ich plädiere immer, auch bei diesen Kontrollen, dafür, Augenmaß zu bewahren. Deswegen unterscheiden wir zwischen den entsprechenden Straftaten. Wenn es Straftaten gegen Menschen sind, wenn es Straftaten sind, die die Gesundheit und das Leben von Menschen gefährden, dann greifen wir sehr hart ein. Ordnungswidrigkeiten werden entsprechend geahndet. Aber wenn die Polizei unterwegs ist, um Infektionsschutz durchzusetzen, geht sie nicht als erstes mit Bußgeld vor, sondern spricht als erstes die Menschen an, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Verhalten zu verändern. Das finde ich auch wichtig. Im nächsten Schritt setzen wir Regeln durch, und dann muss es auch zu Restriktionen kommen – wie gesagt: nicht missverstehen!
Aber wir müssen uns davor hüten, dass wir die Menschen, die eine andere Auffassung haben, mit einem Lagebild versehen, das ihnen politische Motive unterstellt. Auch da ist das Bild sehr heterogen. Wir haben bei den Demonstrationen Menschen erlebt, die gemeinsam mit Reichsbürgern marschieren, die gemeinsam mit Neonazis unterwegs sind,
die wissen, wer neben ihnen marschiert. An der Stelle muss man sagen: Man muss sehr genau darauf achten, wer neben einem marschiert. Nicht jedes politische Anliegen rechtfertigt es, gemeinsam mit politischen Extremisten unterwegs zu sein.
Aber dass wird den Dialog mit den Menschen aufrechterhalten müssen, scheint mir noch wichtiger als die Repression.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Seit wenigen Jahren haben wir leider den Umstand zu verzeichnen, dass es mehr und mehr Angriffe auf Sicherheitskräfte und Feuerwehrleute gibt. So auch geschehen vor wenigen Tagen in Berlin-Neukölln. Dort wurden von einer Brücke laut
Presseberichterstattung von einer Gruppe junger Männer Gegenstände, Flaschen, Steine und ein halber Geschirrreiniger heruntergeworfen. Ich frage den Senat: Wann und vor allen Dingen wie setzen Sie geeignete Maßnahmen ein, um unsere Sicherheitskräfte adäquat im Einsatz zu schützen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Woldeit! Das ist ein Thema, das wir schon seit geraumer Zeit miteinander diskutieren und von dem Sie wissen, dass ich eine klare Position zum Schutz unserer Sicherheitskräfte habe. Es muss gesellschaftlich geächtet werden, dass Polizistinnen und Polizisten und Feuerwehrleute angegriffen werden – aus welcher Motivation auch immer. Es ist nicht nur eine Aufgabe des Sicherheitsbehörden, das dann durchzusetzen, sondern wenn ich von gesellschaftlicher Ächtung spreche, dann meine ich ganz deutlich auch, dass die Feuerwehrleute, die Polizistinnen und Polizisten die Solidarität der Gesellschaft spüren müssen. Wer für uns den Kopf hinhält, kann auch erwarten, dass die Gesellschaft und die Politik zu ihm stehen. Kein Zweifel an dieser Position!
Für die Feuerwehrleute haben wir beispielsweise im Zusammenhang mit Einsätzen in der Silvesternacht, wo es solche Auseinandersetzungen gegeben hat, Deradikalisierungsmaßnahmen miteinander besprochen, also wie man sich in solchen Situationen verhält.
Wir haben die Schutzausrüstung für Polizistinnen und Polizisten – ich sprach vorhin darüber – deutlich verbessert. Das geschieht auch bei den Feuerwehrleuten. Sie wissen, dass im Entwurf des neuen ASOG entsprechende Bodycams für Polizisten, aber auch für Feuerwehrleute vorgesehen sind, um solche Taten gegebenenfalls aufklären zu können oder abschreckend zu wirken, damit sie gar nicht erst passieren. Es hat entsprechende Gesetzesverschärfungen gegeben. Ich bin aber der Überzeugung – das sage ich hier auch deutlich –, dass die Gesetzesverschärfungen dann auch vor Gericht von der Justiz umgesetzt werden müssen.
Vielen Dank, Herr Senator, für die Antwort. Sie sprachen gerade den Umstand mit den Silvesterübergriffen an, den wir parlamentarisch schon beraten haben. Gibt es seitens Ihrer Verwaltung, seitens der Polizeiführung eine Analyse, was die Zusammensetzung dieser Gruppen junger Männer angeht und insbesondere was ihre Gewaltbereitschaft und ihren Hass auf die Sicherheitskräfte entladen lässt?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ja, das gibt es, und zwar in Absprache mit den anderen Bundesländern und dem Bundesinnenministerium. Wir hatten mit dem Bundesinnenminister eine Kontroverse über die Frage, ob Rassismus, Diskriminierung, extremistische politische Einstellungen in einer entsprechenden Studie untersucht werden sollen. Der Bundesinnenminister hat sich gegen diese Studie gewehrt, weil er gesagt hat: Diese Dinge sind sowieso alle verboten. Wieso sollen wir sie untersuchen? – Da habe ich auch die Position bezogen: Dann könnten wir auch alle Blitzer im Straßenverkehr abbauen, weil zu schnelles Fahren auch verboten ist. Wir müssen es untersuchen, damit wir die Grundlagen kennen. Der Bundesinnenminister hat inzwischen gesagt, er gibt auch eine solche Studie in Auftrag. Gemeinsam mit den Innenministern der Länder ist aber auch verabredet, dass es auch eine weitere Studie geben muss, die Gewalt gegenüber Polizisten und Feuerwehrleuten sowie deren Motivation untersucht.
Wir hatten ja in der Sommerpause so eine Art Battle der Studien gegeneinander, und jeder hat noch einen neuen Vorschlag gemacht. Wichtig ist bei diesen Studien, sie auf wissenschaftliche Grundlage zu stellen, damit wir verwertbare Ergebnisse haben, dass es keine Schnellschüsse gibt. Das ist auch keine Situation, die allein auf Berlin zutrifft. Es ist eine Situation, die aus allen Bundesländern geschildert wird. Insofern ist es dann auch sinnvoll, das länderübergreifend zu untersuchen.
Aber: Ja, selbstverständlich wollen wir wissen, woran das liegt. Denn nur, wenn wir das Problem kennen – genauso wie bei extremistischen Polizisten oder extremistischen Mitarbeitern im öffentlichen Dienst –, nur wenn wir die Dimension kennen, können wir mit entsprechend zielgenauen Antworten darauf reagieren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vattenfall hat ja angekündigt, das Stromnetz an das Land Berlin verkaufen zu wollen, und der Senat hat auch bekannt gegeben, dass er das gerne annehmen würde. Deshalb frage ich den Senat: Welche konkreten Vorstellungen zur Organisation und zum Zeitplan der Due Diligence zur Ermittlung des Kaufpreises, der ja wahrscheinlich in Milliardenhöhe sein wird, hat der Senat denn derzeit?
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Zunächst einmal ist es aus meiner Sicht sehr begrüßenswert, dass es dieses Angebot gibt, weil das dazu führen kann, dass eines der Ziele, die dieser Senat verfolgt – wie man auch im Koalitionsvertrag nachlesen kann –, dadurch aller Wahrscheinlichkeit nach umgesetzt werden kann.
Das zweite Thema ist: Wie wird jetzt der Zeitplan sein? – Nach dem Angebot muss in einem bestimmten Fristenrahmen, bis zum Juli des nächsten Jahres, entschieden werden, ob das Angebot angenommen wird oder nicht. Ich werde mich dafür stark machen, dass wir versuchen, die Prozesse so zu organisieren, dass wir im Senat und im Abgeordnetenhaus im März und im April über dieses Thema entscheiden können. Es ist wichtig – das ist auch mir wichtig –, dass es darüber zu einer Entscheidung im Abgeordnetenhaus kommt. Das ist der Mechanismus, den wir uns selbst gegeben haben. Das heißt, wenn wir alle Anteile von Stromnetz Berlin erwerben, ist das ein Beteiligungserwerb, und ein solcher gehört nach den Regeln, die es gibt, auch unter die Beschlussfassung des Abgeordnetenhauses.
Sie haben noch so ein bisschen über den Kaufpreis spekuliert. Dazu findet eine Bewertung statt. Das Bewertungsverfahren, das in dem Angebot vorgegeben ist und das aus meiner Sicht auch ein sinnvolles und in der Branche übliches Verfahren ist, ist das sogenannte RABVerfahren. Da sind dann sogenannte regulierte Werte vorgegeben – in dem Fall geht es dabei insbesondere um das Stromnetz. Dann wird nach einem bestimmten Faktor ein Aufschlag gebildet, der sich insbesondere daraus ergibt, dass ja nicht nur das physikalische Netz übergeht, sondern das gesamte Unternehmen, was im Übrigen auch sinnvoll ist und auch immer klar war, dass das eine Kontinuität in der Betriebsführung sehr viel leichter ermöglicht. – Diese Bewertung gilt es also abzuwarten, und dann weiß man auch den Preis.
Bei der Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus wird Ihnen dieser Preis dann auch bekannt sein. Da er mir aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch noch nicht bekannt ist, weil diese Begutachtung abzuwarten ist, ist es so: Ich bin mal in einer Pressekonferenz danach gefragt worden von einem Journalisten, der gesagt hat: Na ja, es kursieren Preise zwischen einer und drei Milliarden Euro. – Darauf habe ich gesagt, dass ich schon vermute, dass das ziemlich in der Mitte dieser beiden Werte liegen wird. Da gilt es aber jetzt, das abzuwarten. Ich habe jetzt noch nicht die Beschlussdokumentation gesehen, aber wir haben einen Antrag im Hauptausschuss eingereicht, in dem es um die Finanzierung des entsprechenden Gutachtens – Fairness Opinion – geht.
Danke, Frau Präsidentin! – Danke, Herr Senator! Jetzt hätte ich viele Fragen, aber ich darf nur eine Nachfrage stellen. Dann würde ich einmal zu diesem sehr komplexen Prozess fragen, was Ihre methodischen Vorstellungen sind, wie man mit der Schnittstelle zur Fernwärme umgeht, die ja aus dem gleichen Kraftwerken wie der Strom kommt. Das Stromnetz ist ja nicht allein stehend. Was können Sie dazu sagen – jetzt ohne die Verhandlungsposition des Landes Berlin zu gefährden?
Es ist wichtig, dass es in Deutschland seit langer Zeit eine Trennung zwischen den Themen Netz und Erzeugung gegeben hat. Was hier zum Kauf steht, ist das Netz. Dieses Netz ist reguliert. Es ist jetzt reguliert und wird auch zukünftig reguliert sein. Das heißt also, alle Erzeuger – wer auch immer – haben die Möglichkeit, das, was sie erzeugen, in das Netz einzuleiten und zum Kauf feilzubieten – in Berlin haben wir über 200 Anbieter –, und das wird auch in Zukunft so sein.
Das Netz spielt aber bei der Energiewende durchaus nicht nur eine neutrale Rolle, sondern die Investitionen in das Netz geschehen zum einen unter dem Gesichtspunkt von Energieeffizienz, zum anderen aber auch unter dem Gesichtspunkt, dass über das Netz natürlich Entwicklungen unterstützt werden – um nur ein Beispiel anzusprechen – wie die von Ladepunkten für die E-Mobilität und Ähnliches. Dort kann ein Netz eben auch durchaus zusätzliche Aufgaben übernehmen und auch unterstützen oder dieses eben in einem geringeren Umfang tun. Wir werden uns
darum bemühen, uns in den Planungen, die wir selbst für Berlin machen, zu überlegen, wo dann Investitionsschwerpunkte liegen.
Dass es aber Schwierigkeiten gäbe, dass diejenigen, die jetzt Strom erzeugen, bei einer anderen Eignerschaft Schwierigkeiten hätten, ihren Strom über das Netz anzubieten, ist definitiv nicht der Fall. Das hat man im Übrigen auch gesehen: Diese ganzen Vorhaben, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland diskutiert und auch umgesetzt sind mit der Entkopplung von der Netzstruktur und der Erzeugungsstruktur, bleiben in Berlin bestehen – und sie sind ja jetzt auch die Grundlage. Deswegen heißt das Unternehmen, das uns angeboten worden ist, übrigens Stromnetz GmbH, und das ist definitiv von der Erzeugungsstruktur abgekoppelt.