Wir stärken einerseits die Polizei, indem wir als eines der ersten Bundesländer eine gesetzliche Grundlage für die Körperkamera, die Bodycam, einführen, und wir haben aus dem islamistischen Anschlag am Breitscheidplatz gelernt und Telekommunikationsüberwachung und Ortungsmöglichkeiten von Gefährdern eingeführt. Unter strengen Bedingungen werden wir sie einführen. Außerdem regeln wir Meldeauflagen, also jemand muss sich bei der Polizei melden, bevor er irgendwo hingehen darf oder auch nicht. Gefährderansprachen regeln wir auch, um früh ein Stoppsignal zu senden, um potenziellen Gewalttätern auch im Bereich der häuslichen Gewalt früh
verdeutlichen zu können, dass sie sich legal zu verhalten haben. Wir stärken den Rechtsschutz für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, wenn sie einen Schuss abgeben mussten und sorgen für den bestmöglichen Rechtsschutz.
Was wir aber nicht machen werden und wogegen in vielen anderen Bundesländern Hunderttausende auf die Straßen gingen gegen die Polizeigesetze dort: Wir werden keine Fußfesseln zulassen, keinen fristlosen Unterbindungsgewahrsam, keine Ausweitung der Massenüberwachung ohne Verdacht, keine flächendeckende Videoüberwachung, all das werden Sie bei uns nicht finden. Bei uns gilt der Grundsatz: Nur bei konkreten Gefahren kann überwacht werden. Bei Tatsachen und wenn die Maßnahme verhältnismäßig ist, wird das im ASOG gestärkt, und das, liebe Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Rechtsstaat.
Wir stärken die Bürgerinnen- und Bürgerrechte. Wir stellen klar, dass Racial-Profiling verboten ist, und wir werden keine kriminalitätsbelasteten Orte mehr festsetzen lassen, an denen verdachtslose Kontrollen möglich sind, wenn dort Personen gegen das Aufenthaltsrecht verstoßen. Nur bei Straftaten können kriminalitätsbelastete Orte in Zukunft festgesetzt werden. Wir hätten uns als Grüne hier noch mehr vorstellen können, weil für uns ein Ort als solcher nicht gefährlich ist, sondern das Verhalten von Personen. Aber vielleicht werden wir auch mit Blick auf Bremen, das auch gerade ein bürgerrechtliches Polizeigesetz beschließt, eines Tages hier eine Kontrollquittung haben, wie sie in vielen anderen Ländern auch Usus ist und von der Polizei dort wie selbstverständlich ausgestellt wird. Auch das könnte eines Tages in Berlin gelten.
Wir schreiben auch die individuelle Kennzeichnung von Polizistinnen und Polizisten in das Gesetz. Wir stärken die Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger, Ärztinnen und Ärzte, Anwältinnen und Anwälte, Journalistinnen und Journalisten, die nicht mehr zur Gefahrenabwehr überwacht werden dürfen, soweit sie ihren Beruf ausüben. Wir kommen auch einer Feststellung des Bundesgesetzgebers vor 15 Jahren nach und sagen: Prostitution an sich ist nicht gefährlich. Wir streichen jegliche Maßnahme aus dem Gefahrenabwehrrecht, die nur aufgrund der Prostitution ergehen kann.
Wir kürzen die Zeit, in der man Menschen in den Präventivgewahrsam nehmen kann. Wir führen den Richtervorbehalt beim Einsatz von V-Leuten ein. Wir stärken die Persönlichkeitsrechte trans- und intergeschlechtlicher Personen, die nun ein gesetzliches Wahlrecht haben, welches Geschlecht die Person haben soll, von der sie durchsucht werden.
Wir stärken den Opferschutz, und wir haben in einigen Fällen gesehen, dass spätere Opfer von schweren Straftaten nicht gewarnt worden sind, obwohl Informationen dazu vorlagen. Wir wollen eine Polizei, die aktiv schützt und werden das mit diesem Gesetz noch mehr ermöglichen. Wir stellen auch klar, dass gefährlich abgestellte Autos auch von der Polizei umgesetzt und sichergestellt werden können, und wir werden so die Verkehrssicherheit in unseren Straßen erhöhen.
Wir hatten in der letzten Rederunde auch schon das Besinnen dieser Koalition auf wichtige innenpolitische Projekte. Wenn man zurückguckt, ist das eine Reform, die ausgewogen ist, die einen guten Kompromiss gefunden hat zwischen den unterschiedlichen Interessen dieser Stadt, zwischen Sicherheit auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen, die vor allen Dingen zeigt, dass wir kompromiss- und handlungsfähig sind als Koalition, diese wichtigen Aufgaben in der Stadt wahrzunehmen, und dass wir uns auch beraten haben, nicht nur unter uns selber, sondern auch mit vielen Praktikerinnen und Praktikern in der Polizei, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, dem Deutschen Anwaltsverein und dass die Innenverwaltung hier auch die Beratung gut zusammengeführt hat.
Mit dem Versammlungsfreiheitsgesetz, das wir vorhin eingebracht haben, mit dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz, das wir jetzt beraten, mit dem Gesetz über die Bürgerinnen- und Polizeibeauftragte Berlin, mit dem Abstimmungsgesetz haben wir mittlerweile vier zentrale Vorhaben in der Innenpolitik auf den Weg gebracht, und wir setzen fort.
Wir werden das Transparenzgesetz anfassen und auf den Weg bringen. Wir werden ein Lobbyregister auf den Weg bringen und auch die psychosoziale Notfallversorgung regeln. Wir werden uns den Katastrophenschutz sehr genau anschauen und vielleicht auch noch bei der Veranstaltungssicherheit liefern. Es sind Initiativen, die eines zeigen: Rot-Rot-Grün liefert in der Innenpolitik für Berlin wie keine Koalition davor
für Bürgerinnen- und Bürgerrechte, für Opferschutz und für die öffentliche Sicherheit. – Vielen Dank meine Damen und Herren für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon über die Gefahren des Rechtsterrorismus debattiert. Wir alle wissen, weitere Gefahren bestehen. Erst vorgestern hat ein offenbar islamistischer Attentäter zugeschlagen, und das war nicht die erste Heimsuchung von Gewalt und Terror in unserer Stadt. Wir erinnern uns, am 19. Dezember 2016 ist in unserer Stadt durch islamistischen Terror ein Angriff verübt worden. Beim Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hat es zwölf Tote und viele Verletzte gegeben.
Wir alle waren uns schnell einig, dass zukünftig alles unternommen werden muss, um Derartiges zu verhindern. Ich hoffe, dass das weiterhin gilt, denn es ist höchste Zeit, den Reden Taten folgen zu lassen. Daher hat die CDU-Fraktion bereits am 18. Juni 2018 einen umfassenden Gesetzesentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Terrorabwehr und der Kriminalitätsbekämpfung vorgelegt.
Darin schlagen wir wichtige Verbesserungen im Bereich der Abwehr terroristischer Gefahren, aber auch zur Stärkung der Kriminalitätsbekämpfung vor.
Auch im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der sonstigen Kriminalität besteht großer Reformbedarf, denn Berlin hält im Vergleich aller Bundesländer den traurigen Rekord der meisten Straftaten pro Einwohner, jährlich etwa 14 500 angezeigte Straftaten pro 100 000 Einwohner, und dazu kommt natürlich ein Dunkelfeld. Zugleich verfügt Berlin über die mit Abstand schlechteste Aufklärungsquote aller Bundesländer. Nur etwa 44 Prozent der angezeigten Straftaten werden in Berlin aufgeklärt. Das ist deutlich weniger als die Hälfte, und das bedeutet traurigerweise, dass sich der Rechtsstaat in Berlin in der Regel nicht durchsetzt, sondern nur ausnahmsweise.
Das ist für die CDU-Fraktion ein unhaltbarer Zustand, und da gilt auch hier, genauso wie bei der Terrorbekämpfung: Wir müssen endlich alles rechtsstaatlich Zulässige, ich wiederhole, alles rechtsstaatlich Zulässige unternehmen, um unser Land, unsere Bürgerinnen und Bürger und unsere Gäste vor Terror und Kriminalität zu schützen.
Dazu bedarf es eines starken Verfassungsschutzes, einer starken Polizei und einer starken Justiz. Verfassungsschutz, Polizei und Justiz können nur stark sein, wenn wir ihnen für ihre schwierige Arbeit die nötigen Mittel und den nötigen Rückhalt geben. Zu diesen nötigen Mitteln gehören auch die nötigen gesetzlichen Befugnisse.
Ich begrüße es, dass die Koalition nun über zwei Jahre nach der CDU-Fraktion endlich nachgezogen und ihre Vorstellungen hierzu vorgelegt hat. Wir begrüßen es auch, dass der Vorschlag der Koalition einige unserer Vorschläge aufgegriffen hat, zum Beispiel die Einführung der Körperkameras, die wichtig ist, insbesondere angesichts der wachsenden Anzahl von Übergriffen gegen Polizeibeamte, zuletzt knapp 7 000 pro Jahr, die natürlich ein Interesse daran haben, dass sie dokumentiert werden. Wir verstehen aber nicht, warum eine derartige gesetzliche Regelung auf drei Jahre befristet wird, und wir verstehen ebenfalls nicht, warum eine derartige Regelung nicht auch in Wohnungen anwendbar sein soll, denn eine Vielzahl der Einsätze der Polizei betrifft schließlich häusliche Gewalt. Wenn die Polizei dorthin gerufen wird, ist es natürlich ebenso erforderlich, das Einsatzgeschehen zu dokumentieren.
Wir begrüßen die Einführung der Telekommunikationsüberwachung und der Handyortung, und wir bedauern es, dass dies nur gegen terroristische Gefährder möglich sein soll und nicht gegen die Aktivisten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. Organisierte Kriminalität in unserer Stadt ist aber ein ganz wesentliches Phänomen, das auch die notwendigen rechtlichen Befugnisse für die Polizei erfordert, um dagegen erfolgreich zu operieren.
Leider enthält der Vorschlag der Koalition auch eine ganze Reihe von Verschlechterungen. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht wird weiter erschwert. Identitätsfeststellungen an Orten, an denen sich Ausreispflichtige häufig aufhalten und die heute zulässig sind, sollen mit Ihrem Gesetz nicht mehr möglich sein. Das Gleiche gilt für das Betreten von Wohnungen zur Abwehr dringender Gefahren, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen. Wir verstehen nicht, warum wir die begrenzten Fähigkeiten für die Durchsetzung von Ausreisepflichten beschränken, obwohl die Zahl der vollziehbar Ausreisepflichten kontinuierlich steigt. Es ist doch von großer Bedeutung, dass ein demokratischer Rechtsstaat, der das Vertrauen der Menschen nicht verlieren will, in der Lage ist, seine eigenen Entscheidungen durchzusetzen.
Eine weitere Schwächung ist die Kürzung des Unterbindungsgewahrsams von vier auf zwei Tage. Wir hingegen haben vorgeschlagen, dass er präzisiert wird, sodass explizit geregelt wird, wann er anwendbar sein kann, zum Beispiel wenn jemand seine Taten ankündigt – zum Beispiel über die sozialen Netzwerke – oder wenn er als
Wiederholungstäter bekannt ist. Das wäre eine Präzisierung, die in der alltäglichen Praxis die Anwendbarkeit des Unterbindungsgewahrsams möglich machen würde, und das wäre insbesondere zum Schutze großer Veranstaltungen – Stichworte: Kirchentag, Berlin-Marathon und Ähnliches – von großer Bedeutung.
Was in ihrem Gesetzentwurf zum Beispiel völlig fehlt, ist die Videoaufklärung – nicht flächendeckend, wie es hier behauptet worden ist, sondern dort, wo sie sinnvoll ist, dort, wo die meisten Straftaten in unserer Stadt begangen, aber nicht aufgeklärt werden, also die Kriminalitätsschwerpunkte, zum Beispiel in der Rigaer Straße. Die Tatsache, dass Sie sich nicht auf etwas verständigen können, was in fast allen anderen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren gelebte Praxis ist, ohne dass sich irgendein Bürger dort in seinen Freiheitsrechten beeinträchtigt fühlt, sollte Ihnen zu denken geben.
Es fehlt die Schleierfahndung, die wir ursprünglich eingeführt haben, als die Grenzkontrollen weggefallen sind. Das sind verdachtsunabhängige Personenkontrollen. Das ist unbegreiflich, weil es Derartiges auch in anderen Bundesländern gibt – nur nicht in Berlin.
Die elektronischen Fußfesseln verhindern sicherlich keine Terroranschläge, aber sie erleichtern die Überwachung des Aufenthaltsortes von Gefährdern. Und da wir alle wissen, dass wir nicht die ausreichenden Observationskräfte haben, um die Gefährder dieser Stadt rund um die Uhr zu beobachten, müssen wir uns elektronischer Möglichkeiten bedienen können. Das auszuschließen, ist mit der Sicherheitslagen unserer Stadt, die nicht irgendein Ort ist, sondern die Hauptstadt des wichtigsten Landes in Europa, nicht in Übereinstimmung zu bringen.
Der finale Rettungsschuss wird nicht geregelt. Es gibt also immer noch keine öffentlich-rechtliche Klärung dieser schwierigen Grenzsituationen für die Beamten im Einsatz, und es fehlt auch die Einführung des Elektroschockgerätes, das wir als ein milderes Mittel im Vergleich zur Schusswaffe, die die andernfalls einzusetzen ist, betrachten. Um Tötungen zu vermeiden, halten wir das für ein wirksames Einsatzmittel.
Sie sehen also, wir haben einen erheblichen Gesprächsbedarf, und ich freue mich auf die Ausschussberatungen, um dort vielleicht doch noch zu einem besseren Gesetzentwurf zu kommen. – Herzlichen Dank!
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Zwischenintervention angemeldet. Herr Abgeordneter Lux, Sie haben das Wort, bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich wollte mich zum Teil bei der CDU-Fraktion für ein paar kleinteilige Anregungen bedanken. Ich wollte hier aber vor allen Dingen kurz mit vier bis fünf Irrtümern aufräumen die Sie, Herr Dregger, auch schon in der „Abendschau“ behauptet haben, seit der Sie eigentlich genug Zeit hatten – das ist glaube ich zwei Monate her –, noch mal das Gesetz zu lesen.
Erstens, das ASOG ist nicht zuständig für Verfassungsschutz und Justiz, wie Sie eben nahegelegt haben, sondern für die Ordnungsämter und die Polizei. Das wissen Sie eigentlich auch. Ich glaube, sie haben dann nur unpräzise formuliert, um hier einen größeren Zusammenhang zu konstruieren, der aber sehr weit hergeholt ist.
Zweitens, die Bodycam in Wohnungen ist seit den Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 13, Großer Lauschangriff, Sie dürften sie kennen, nicht zulässig. Und das hat mit Berlin gar nichts zu tun.
Drittens, die Telekommunikationsüberwachung von der organisierten Kriminalität wird möglich sein, soweit konkrete Gefahren gemäß § 25a Abs. 1 Nr. 1 für Leib, Leben, Freiheit oder bedeutende Sacheigentümer bestehen. Es ist gar nicht so, dass die Telekommunikationsüberwachung nur bei terroristischen Straftätern oder terroristischen Gefährdern angewandt werden kann – nein, im Gegenteil! –, auch bei Männern, die ihre Frauen oder ihre Kinder sehr häufig schlagen oder bei denen es die Gefahr auch anderer gewaltgeneigter Tätigkeiten gibt. Also noch mal: Die Telekommunikationsüberwachung hat als Tatbestandsvoraussetzungen die konkrete Gefahr. Auch das ist eine Lehre aus den Untersuchungsausschüssen.
Dann wollte ich noch mal generell etwas sagen. Sie wissen, dass bei Straftaten, die bereits passiert sind, in Deutschland die Strafprozessordnung gilt, und dass es dort eine Reihe von Maßnahmen wie geheime Ermittlungsmethoden, Funkzellenabfrage usw. gibt. Und da Sie, Herr Dregger, sich im Wesentlichen auf Straftaten bezogen haben, wäre mir noch mal wichtig, dass Sie auch etwas zum Opferschutz, zur Prävention, zum Schutz der Menschen in dieser Stadt, bevor etwas passiert, sagen, weil ich glaube, dass da Rot-Rot-Grün geliefert hat.
Im Übrigen ist Berlin, wie jede andere Hauptstadt in jedem anderen Land auch, natürlich die Stadt mit etwas mehr Kriminalität. Wir lagen sehr lange mit Frankfurt am Main Kopf an Kopf, wenn man deutsche Metropolen vergleicht. Frankfurt am Main ist in den letzten Jahren dazu übergegangen, Straftaten, die in Frankfurt passieren, aber von Pendlern begangen werden, nicht mehr zu zählen. Deswegen ist Berlin dort auf den ersten Platz gekommen, und eine Aufklärungsquote bezieht sich immer