Protocol of the Session on August 20, 2020

[Beifall bei der CDU]

Da haben Sie Ihrer Fraktion jetzt glatt noch Redezeit erspart. – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Platta.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das im Antrag der FDP-Fraktion aufgegriffene Anliegen, die Fläche des Grabfelds I im Invalidenfriedhof zu entsiegeln, teile ich. Der Bezirk Mitte hat dazu schon mit dem Beschluss des Bereichsentwicklungsplans Mitte und des Fachplans Grün- und Freiflächen vor mehr als zehn Jahren Ideen für die Entwicklung der Fläche vorgelegt.

Auch wenn jetzt hier schon wieder „Vertraulichkeit und nicht Schwatzen!“ usw. berichtet worden ist, kann natürlich jeder, der es will, im Internet nachlesen, was da schon vorgefallen ist. Die „Berliner Zeitung“ berichtete beispielsweise am 10.06. im Beitrag „Grundstückskampf in Mitte: Ein Teil des Tiergartens soll geopfert werden.“ Auch das Bezirksamt Mitte steht für Transparenz und hat seinen Beschluss zum Thema „Ausgleichsmaßnahme Besucherinformationszentrum (BIZ) des Deutschen Bundestags“ am 02.06. ins Netz gestellt.

Es steht fest, dass für eine enkeltaugliche Zukunft die Sicherung und Entwicklung der Fläche des Grabfelds I am Invalidenfriedhof als Grün- und Erholungsfläche aus vielerlei Gründen sinnvoll ist. Für das Wohlbefinden der Menschen sind Grünflächen immer gut, klar, aber auch für die Verbesserung der Umweltgerechtigkeit – weil dort in der Nähe wenig Grünflächen vorhanden sind –, für das Stadtklima, für den Wasserkreislauf und den Schutz verschiedener Arten.

[Beifall bei der FDP]

Dringlich werden diese Maßnahmen, wenn andernorts durch Bebauung Eingriffe in Natur und Landschaft vorgenommen werden wie im Tiergarten eben durch die Errichtung des Besucherzentrums.

(Sven Heinemann)

Unsere Kollegen der Linksfraktion haben im Bundestag gemeinsam mit der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Antrag „Bau des Besucherinformationszentrums vorantreiben“ – Bauzeiten verzögern – –

[Lachen bei der CDU, der AfD und der FDP]

„Bauzeitenverzögerungen und höhere Kosten vermeiden“ eingebracht. – Ich habe jetzt noch 60 Sekunden, muss mich ein bisschen beeilen. Um diese Uhrzeit fällt es etwas schwer, aber vielleicht können Sie trotzdem noch zuhören.

In der aktuellen Auseinandersetzung um die Baumaßnahmen ist es auch für mich verwunderlich, dass die Ergebnisse eines bereits vorhandenen und rechtlich notwendigen Eingriffsgutachtens vom Herbst 2019 plötzlich durch Senatsverwaltungen übergangen werden sollten und im Hinterzimmer gemeinsam mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben eine neue Bebauung auf der potenziellen Grünfläche geplant werden soll, die doch auch vom Bundestag als Ausgleichsfläche bestätigt ist. Es ist daher nachvollziehbar, dass der betroffene Bezirk Mitte sich deutlich gegen die neuen Vorgänge artikuliert.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben gerade schon gehört, dass die Charta für das Berliner Stadtgrün ein Beschluss auch dieses Hauses werden soll. Natürlich ist es dann angebracht, über die eine oder andere Fläche zur Entsiegelung nachzudenken.

Ich sehe der weiteren Diskussion in den Ausschüssen optimistisch entgegen. Da die Ausgleichsfläche für den Natureingriff im Zusammenhang mit dem Beschluss zum Bebauungsplan 1-94 steht, werden wir uns inhaltlich mit den Kollegen aus dem Stadtplanungsausschuss unterhalten.

[Beifall bei der LINKEN und der FDP – Paul Fresdorf (FDP): Gute Rede! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Laatsch das Wort. – Einen Moment bitte! – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über eine Baulücke von einer Größe von 3 500 Quadratmeter. Die Baulücke ist im Besitz des Bundes. Zurzeit ist es eine gigantische graue Betonfläche. Wenn es also einen Grund gibt, heute darüber zu reden, dann ist es die Pietätlosigkeit, eine Grabfläche einfach mit einer Betonfläche zu versehen und darauf zu parken. Das ist der eigentliche Skandal, um den es bei diesem Grundstück geht.

[Beifall bei der AfD]

Das geht auf SED-Zeiten zurück. Die Pietät, die meine Vorrednerin gerade an den Tag gelegt hat, kann ich deswegen gar nicht nachvollziehen. Ansonsten ist das Grundstück im Besitz des Bundes. Der Bund hat Ansprüche in dieser Stadt; wir sind Hauptstadt. Sie wollten Hauptstadt sein – jetzt müssen Sie auch Hauptstadt sein erfüllen. Das heißt, Sie müssen dem Bund Gelegenheit geben, die Bauten zu errichten, die er für seine Aufgaben benötigt.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Das heißt ganz konkret, diese Grundstücksfläche, die, wie gesagt, zurzeit nicht anderes ist als eine große betonierte Parkplatzfläche, wird am Ende zu zwei Dritteln grün – so, wie Sie es gerne hätten – und zu einem Drittel bebaut sein. Das bedeutet, zwei Drittel grün bleiben erhalten. In diesem Sinne ist der Antrag eindeutig abzulehnen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Abgeordneter Wesener das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, eines können wir im Zuge dieser Debatte feststellen: Der Streit um die Zukunft vom sogenannten Grabfeld I als ehemaliger Teil des Invalidenfriedhofs in der Scharnhorststraße in Berlin-Mitte hat es wirklich in sich. Wer in den vergangenen Wochen und Monaten Zeitung gelesen hat, wird feststellen: Da ist politisch Musik drin.

Wir haben es hier mit nicht weniger als mit einem Konflikt zwischen zwei Verfassungsorganen zu tun, nämlich zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung. Ich hoffe sehr, dass sich diese Frontstellung in Berlin nicht wiederholt, sondern dass der Senat und das Abgeordnetenhaus zu einer gemeinsamen politischen Haltung, gemeinsam mit dem Bezirk Mitte, kommen.

Aber nicht nur formal, sondern auch inhaltlich geht es in der Debatte über das Grabfeld I und das geplante Besucherinformationszentrum im Tiergarten um zwei wichtige Fragen von hoher Aktualität. Die erste lautet: Wie ernst meinen wir es wirklich mit dem Klimaschutz in Zeiten der Klimanotlage, mit urbaner Klimaresilienz und -anpassung, mit einer lebenswerten Stadtnatur, Biodiversität und – last but not least – einer Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit wohnortnahen Grün- und Erholungsflächen? Sind das alles politische Sonntagsreden und Beschlusstexte, die das bedruckte Papier nicht wert sind, wie das den Parteien beispielsweise von Fridays for Future regelmäßig und nicht immer ganz zu Unrecht

(Marion Platta)

unterstellt wird, oder machen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung mit dem urbanen Klimaschutz wirklich ernst – auch und gerade dann, wenn konkurrierende und mächtige Interessen im Spiel sind?

Beim Grabfeld I und dem BIZ-Projekt des Bundes sind die Sachlage und der Zusammenhang eigentlich recht überschaubar. Wenn dem Vernehmen nach mehrere Tausend Quadratmeter vom Gartendenkmal Großer Tiergarten verkauft, versiegelt und überbaut werden sollen, dann braucht es für diesen drastischen Eingriff in die Stadtnatur einen Ausgleich. – Das sagen nicht wir Grüne, sondern das sagen das Baugesetzbuch und das Bundesnaturschutzgesetz.

Damit wären wir bei der zweiten wichtigen Frage, nämlich: Wie verlässlich und belastbar sind Beschlüsse des Bundestages und seiner Gremien, und was sind die Absprachen des Bundes mit dem Land Berlin und seinen Bezirken wert? – Im Fall von Grabfeld I und dem BIZ sind die Beschlüsse eindeutig. Der Haushaltsgesetzgeber Bundestag, dessen Ältestenrat, die Baukommission sowie der Portfolioausschuss des Landes Berlin haben in diversen Stellungnahmen und Beschlüssen für eine Übertragung der Bundesliegenschaft Scharnhorststraße an das Land Berlin votiert – als Ausgleich für den Verkauf eines Teils des Berliner Tiergartens zugunsten des Bundes und die geplante BIZ-Bebauung, nur dass zwischenzeitlich ein Teil der Bundesregierung und ihr Immobiliendienstleiter BImA davon nichts mehr wissen wollen. Ich erspare Ihnen und mir Details – ich glaube, meine Fraktion hat noch etwa sieben Minuten Redezeit –, was die BImA im Gegenzug angeboten hat, denn dieses Angebot ist keines,

[Beifall von Stefan Förster (FDP)]

nicht für den Klimaschutz und die Stadtnatur, nicht für die Menschen in Berlin-Mitte und auch nicht für den Bundestag, den Berliner Senat und ein Bezirksamt, die sich bis vor Kurzem noch völlig einig waren im Sinne einer gemeinsamen und guten Lösung.

Lieber Herr Bundesfinanzminister! Das ist, freundlich formuliert, Liegenschaftspolitik nach Gutsherrenart.

[Beifall bei den GRÜNEN und der FDP]

So geht man nicht mit gewählten Parlamenten, dem Land Berlin und einem Bezirk, in dem ein Großteil der Bundesinstitutionen und Regierungsbehörden beheimatet ist, um. So dokumentiert man allenfalls, dass Klimaschutz dem Bundesfinanzministerium und der BImA nur zum Lippenbekenntnis taugt.

Ich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, wie der Konflikt auf Bundesebene ausgeht, und ob sich der Deutsche Bundestag und seine Gremien letztlich gegen die eigene Exekutive behaupten können. Aber eines weiß ich: Das Berliner Abgeordnetenhaus tanzt ganz bestimmt nicht nach der Pfeife von Herrn Scholz und der BImA.

[Beifall bei den GRÜNEN und der FDP]

Ich rate deshalb allen Beteiligten, zu den ursprünglichen Beschlüssen und Absprachen im Sinne einer guten Lösung für alle zurückzukehren. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 62 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 63 war Priorität der Fraktion der FDP unter der lfd. Nr. 3.4.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 64:

Sofortige Weiterentwicklung des Jahnsportparks zum inklusiven Leuchtturmprojekt! Beginn der Abrissarbeiten noch dieses Jahr sicherstellen – Mittel freigeben!

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2860

Zu dem Antrag ist nach Verständigung der Fraktionen heute keine Beratung vorgesehen. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Sport sowie mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales, an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 65 bis 72 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 73 war Priorität der Fraktion der SPD unter der lfd. Nr. 3.5. Tagesordnungspunkt 74 war Priorität der AfD-Fraktion unter der lfd. Nr. 3.3.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 75:

Verbundausbildung in Berlin stärken!