Protocol of the Session on August 20, 2020

Was vielleicht – der Kollege Düsterhöft hat darüber gesprochen – noch eine wichtige Frage ist, wir sind alle ein bisschen unsicher, da wird ja viel spekuliert: Was bringt das eigentlich? – Sie haben gesagt: Das bringt gar nichts. Andere haben gesagt: Das bringt viel. Ich finde, das lohnt, dass wir uns damit im Wirtschaftsausschuss beschäftigen und dieser Frage nachgehen. Dann hat man da eine ein bisschen fundiertere Debatte. Dazu gibt es möglicherweise Erhebungen. Ich weiß, es gibt immer vom Handelsverband zu Weihnachten welche, die sagen: Adventsverkauf ist ein Riesenerfolg, eine tolle Mucke! – Wenn wir das vielleicht mal im Ausschuss besprechen, dann haben wir da ein etwas besseres Fundament.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kluckert?

Nein. Ich möchte jetzt keine Zwischenfrage. – Ich komme jetzt zum letzten Satz. Ich kann hier sagen: Bündnis 90/ Die Grünen steht zu unserem liberalen Ladenöffnungsgesetz in Berlin, und wir wollen, dass das genutzt und ausgeschöpft wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Sebastian Czaja (FDP): Ich dachte, Sie stünden hinter der Senatorin!]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben gleich das Wort!

[Stefan Evers (CDU): Jetzt wird es nicht lustig!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich schlage vor, wegen der ausgefallenen Arbeit für dieses Jahr alle Ladenschlusszeiten aufzuheben. Ich schlage vor, für dieses Jahr Dreischichtbetrieb an sieben Tagen der Woche in allen Bereichen zu erlauben.

[Stefan Evers (CDU): Kabarett!]

„Wir müssen jetzt in die Hände spucken und uns an die Arbeit machen.“ Das waren meine Worte vom 30. April dieses Jahres.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buchner?

Na gerne!

Herr Buchner, Sie haben das Wort!

Herr Kollege! Wenn so viel gearbeitet werden soll, wann sollen denn die Frauen die Kinder bekommen, wie Sie in jedem weiteren Redebeitrag – –

[Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der SPD und der FDP]

Sie werden staunen, aber es gibt etliche Frauen, die kriegen das hin.

[Zuruf von Katina Schubert (LINKE)]

Diese drei gerade vorgelesenen Statements, die sind nicht von der FDP, die sind von mir. Ich kann mich gar nichtentsinnen, dass die FDP mir damals applaudiert hat. Eigenartig.

[Lachen bei der CDU und der FDP – Zurufe von der CDU]

Das war aber am 30. April. Am 30. April war nicht absehbar, dass dieses Theater mit den Masken, das Sie hier so ganz virtuos spielen und das ja wirklich nur unsere Landesentscheidung ist – das sind wir, die das beschließen –, dass das weitergeht. Das ist die Katastrophe in Berlin, denn: Wer geht denn schon gerne einkaufen, wenn er eine Maske vor dem Gesicht hat? Wer geht denn schon gerne in eine Lokalität, wo er am Eingang eine Maske tragen muss? – Das ist doch lächerlich!

[Iris Spranger (SPD): Ich zum Beispiel!]

Wer geht in ein Museum, wo er eine Maske tragen muss? Das ist doch völliger Schwachsinn, wenn ich das mal so sagen darf.

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Wer also den Unternehmern, dem Unternehmertum und den Mitarbeitern helfen will, der schafft als erstes die Maskenpflicht ab, dann wird sich der Umsatz erhöhen.

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Wenn wir in diesem Fall eine Ausnahmeregelung bis Ende des Jahres oder bis Ende nächsten Jahres machen, ist das doch eine Ausnahmeregelung, die auf diese katastrophale Entscheidung des Lockdowns zurückzuführen ist. Bei solchen Ausnahmesituationen muss man natürlich auch Ausnahmelösungen gestatten. – Schönen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales sowie mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Im Interesse unser aller Gesundheit unterbreche ich jetzt die Sitzung für 30 Minuten, wir setzen die Sitzung präzise 16.36 Uhr fort. Ich bitte Sie, solange den Raum zu verlassen.

[Sitzungsunterbrechung von 16.06 bis 16.36 Uhr]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen jetzt die Sitzung fort. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.5:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 73

Dumpingpreise verhindern – Arbeitsbedingungen verbessern: Flugabfertigung am BER zurück in die Hand der Flughafengesellschaft (FBB)

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2882

In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD, und der Kollege Stroedter hat das Wort. – Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition bringt heute den Antrag „Dumpingpreise verhindern – Arbeitsbedingungen verbessern: Flugabfertigung am BER zurück in die Hand der Flughafengesellschaft (FBB)“ ein. Das ist dringend erforderlich, und anders als der Kollege Schultze-Berndt das vorhin gesagt hat, ist dies heute aus Überzeugung die Priorität der SPD. Denn wer die vielen Mails von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der WISAG bekommt, der weiß, welche Bedingungen dort herrschen.

Mit dem Antrag fordern wir den Senat auf, bei der Flughafen GmbH wieder ein Bodenabfertigungsunternehmen zu gründen oder zu erwerben. Außerdem sollen Arbeitsschutz- und Qualitätsvorgaben bei den künftigen Lizenzvergaben der Bodendienstleistungen bei der Bewertung der Angebote positiv berücksichtigt werden. Qualitative Vorgaben wie einheitliche tarifverträgliche Mindestvorgaben sind kein nice-to-have, das einfach so von allein erscheint, sondern insbesondere vor dem Hintergrund einer weltweit angespannten Sicherheitslage notwendige harte Bedingungen für einen reibungslosen und störungsfreien Ablauf des Flughafenbetriebs. Der Flughafen gehört zur kritischen Infrastruktur und muss schon deshalb das höchste Maß an Sicherheit für den Flugverkehr und die Fluggäste bieten. Bei Abfertigung und Kofferkontrolle darf es keine Abstriche geben, Sicherheit geht hier eindeutig vor Profit.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Auch wenn die eigene Partei daran beteiligt war, will ich sagen, es war ein Riesenfehler, das flughafeneigene Tochterunternehmen GlobeGround an die WISAG zu

verkaufen und damit die Flugzeugabfertigung mit Check-in, Boarding und Ticketing outzusourcen. Die Privatisierung hatte zur Folge, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Stück für Stück verschlechterten. Das ist katastrophal und ein unduldbarer Zustand.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir wollen mit unserem Antrag auch die Vorfeldlizenzen auf zwei begrenzen, so wie es an anderen Flughafenstandorten EU-rechtssicher gehandhabt wird. Der auf den Knochen der Belegschaft ausgetragene Wettbewerb unter den Dienstleistern muss beendet werden. Dass zum Beispiel die WISAG Passage Service von rund

500 Mitarbeitern rund 90 in Teilzeit besetzt, zeigt zusätzlich, wie inakzeptabel die Zustände am Flughafen sind. Dass die WISAG nun im Fahrwasser der BER-Öffnung trotz Kurzarbeitergeld des Bundes und im Schatten der Coronakrise zusätzlich den vereinbarten Sozialplan unterläuft, ist ein zusätzlicher Beweis dafür, dass sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der Belegschaft nicht gerecht wird. Man kann zum Glück sagen, dass das nicht alle Unternehmen in Berlin so machen. Ich kann den Senat nur auffordern, in dieser Frage tätig zu werden. Die Zustände im Arbeitsrecht in der Situation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der WISAG sind katastrophal.

Da darf man sich nicht wundern, dass die Abfertigungsprozesse qualitativ auf den Hund gekommen sind. Für die Fluggäste – und nicht nur für die Fluggäste – sind das unhaltbare Zustände. Der maximale Profit scheint das Einzige zu sein, dass die privaten Firmen am Flughafen interessiert. Ein verlässlicher und störungsfreier Flugverkehr ist ein Thema für die FDP, ist aber ein harter Standortfaktor für unsere Wirtschaftsregion und kann nicht dem Zufall und Gewinnstreben einzelner Firmen überlassen sein.

Außerdem haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Recht auf auskömmliche Bezahlung, faire Bedingungen und eine anständige Behandlung. Deshalb wollen wir die Bodendienstleistungen wieder durch ein landeseigenes Unternehmen der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH zuführen. Ich glaube, man sieht es schon in anderen Bereichen, ich nenne das Beispiel CFM, dass es dringend erforderlich ist, dass wir dort auch eine Rekommunalisierung vornehmen.

Wir brauchen mehr Flugabfertigung, eine erfahrene, eine loyale Belegschaft. Spätestens nach der nächsten Lizenzvergabe im Jahr 2022 soll das kommunale Unternehmen am Start sein. Dass ein Flughafen mit eigenem Engagement, stabile Abfertigungsverfahren verlässlich organisieren und hohe Sozialstandards den Beschäftigten anbieten kann, zeigen übrigens die Flughafenstandorte in Frankfurt am Main und in München, und das sind nicht kleine, sondern die sind große.

Deshalb werden wir uns im Ausschuss mit dem Thema beschäftigen. Aber legen wir los, sichern wir mit der Rekommunalisierung den Flughafenstandort Berlin-Brandenburg

[Zuruf von der FDP: Haben wir ja!]

und stimmen Sie dem zu. Es geht um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es geht aber auch um die Fluggäste. Es geht um unser aller Sicherheit. Es ist ein ernstes, ein wichtiges Thema. Deshalb stimmen Sie dem zu. – Danke sehr!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]