Zum Antrag: Absolut positiv finde ich an diesem Antrag, dass wir über die Frage der wirtschaftlichen Hilfen für mittelständische Unternehmen diskutieren. Das ist etwas, was heute in der Tat auf die Tagesordnung gehört. Ich finde das sehr schön. Auch wenn es späte Einsichten sind, gibt es daran gar nichts zu kritisieren. Wir haben das im sogenannten Berlinpakt der CDU-Fraktion und der Landespartei schon vor ungefähr drei Wochen getan, ganz konkret vorgelegt, wie wir uns die Hilfen vorstellen können. Wir brauchen sie dringend, nicht nur für Hotels,
Gastronomie, Einzelhandel und viele Dienstleistungsunternehmen. Übrigens für das Handwerk, davon bin ich fest überzeugt, nachgelagert, für die Bauwirtschaft, wie wir jetzt sehen, auch wenn es das eine oder andere Senatsmitglied möglicherweise anders beurteilt, brauchen wir unbedingt nicht rückzahlbare Zuschüsse. Ich glaube, das, was wir in Brandenburg mit 2 Milliarden Euro Eigenanteil des Landes Berlin haben, und nicht immer nur nach dem Bund zu rufen, wird wohl Berlin mindestens können.
Was den konkreten Antrag angeht, bin ich froh darüber, dass wir in den Ausschüssen noch mal darüber diskutieren,
Ich weiß nicht, ob es so klug ist, dass die Finanzämter das machen sollen. Ich weiß auch gar nicht, ob sie es dürfen. Wir reden über mittelständische Unternehmen, die in der Regel eine Umsatzsteuervorauszahlung haben oder monatlich eine Umsatzsteuererklärung abgeben, dann könnte man es an der Frage der Umsatzsteuer festmachen, mit Sicherheit nicht an der Frage der Bilanzierung, Einkommen- oder Gewerbesteuer, denn das würde in der Tat einen Zeitverzug geben.
Ich hätte aber noch andere Fragen. Was macht eigentlich ein Unternehmen, wenn es im letzten Jahr in der Tat einen höheren Gewinn gehabt hat aus Einmaleffekten, die dagewesen sind, die überhaupt nichts mit dem normalen Umsatzgeschäft zu tun haben, beispielweise, weil es sich von Grundstücken getrennt hat oder wie auch immer?
Aber die Kernfrage, dass wir für mittelständische Unternehmen in Berlin endlich ein Unterstützungsprogramm brauchen wie in 15 anderen Bundesländern,
das erwarte ich, dass es am liebsten sofort, vielleicht noch heute oder morgen in einer Senatssitzung auf den Weg gebracht wird.
Wir brauchen das. Wir haben heute schon gehört, wie Sie über den Flugverkehr denken und über Touristen, die aus
Tokio oder aus den USA beispielsweise von München und Frankfurt nicht mehr fliegen, sondern mit dem Fahrrad nach Berlin fahren sollen. Wenn das Ihre Vorstellung von Wirtschaftspolitik ist, sagt das auch alles. Wir sind jedenfalls dafür, dass es bergauf geht und dass es signifikante Unterstützungsleistungen, nicht rückzahlbare Zuschüsse für die Unternehmen gibt, die es benötigen. Ich glaube, über die Form und den Inhalt sind wir uns möglicherweise schneller einig als über die Inhalte dieses Antrags. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Benedikt Lux (GRÜNE): Hohe diplomatische Kunst! – Sebastian Czaja (FDP): Nichtideologische Wortkunst! – Torsten Schneider (SPD): Den Kommunismus in seinem Lauf…!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Meister und lieber Herr Czaja! Der Antrag steht eigentlich unter dem Motto: Die FDP holt die Bazooka raus –, wie das der Finanzminister auf Bundesebene gemacht hat. Nur, Sie machen das in einer Verantwortungslosigkeit, weil Sie eben nicht die Verantwortung dafür tragen, solche Summen zu bewegen.
Herr Jahnke hat wahrscheinlich den besseren Überblick gehabt mit den 31 Milliarden Euro monatlich. Selbst wenn nur jeder Vierte das in Anspruch nähme oder das bezahlt werden müsste, wäre das ein größerer Milliardenbetrag monatlich. Mal sechs genommen, landen Sie bei 40 Milliarden Euro, die dieses Jahr irgendwie aufgebracht werden müssten. Ist das nicht wahnsinnig?
[Sebastian Czaja (FDP): Das hat die FDP bei der Enteignungsdebatte auch gedacht bei 38 Milliarden: völlig wahnsinnig!]
Ich habe nach diesem Antrag nicht nur an dem Wirtschaftssachverstand der FDP Zweifel. Es fällt mir schwer, ernsthaft darauf einzugehen. Von mir aus hätten wir es gleich abstimmen können. Zum einen: Diese wahnsinnigen Summen, mit denen Sie operieren und keinen Ton darüber verlieren, wie das überhaupt gehen soll, ob es irgendwie durchgerechnet wurde oder wie es überhaupt juristisch gehen soll.
Dann verfolgt Ihr Antrag eigentlich, dass man Bundesmittel nicht mehr einsetzt, denn dort steht, das soll alles
andere ersetzen. Es ist nicht logisch, dass wir die Mittel nicht mehr über die IBB ausreichen, die wir in der Frage über den Bund bekommen. Dann ist es eigentlich Ihr ideologisches Problem. Wenn Sie jetzt den Staat dermaßen als Melkkuh mit einem Gießkannenprinzip vorführen, verstehe ich liberale Politik überhaupt nicht mehr,
denn ich halte weitere zusätzliche gezielte Hilfen für unbedingt notwendig, und auch, wenn der Horizont von Corona absehbar ist, gezielte Konjunkturankurbelungsmaßnahmen. Aber da würde ich nicht auf solche Fragen kommen, die erst im nächsten Jahr wieder abgerechnet werden können. Sie zahlen jetzt auf jeden Fall erst mal einen zweistelligen Milliardenbetrag aus. Und nächstes Jahr rechnen Sie das ab. Wie soll das Land Berlin das stemmen? Dass Sie darüber noch nicht einmal einen Satz verlieren, ist mir wirklich völlig unverständlich.
Die FDP ist ja sonst eine Partei, die sagt, dass sich der Staat im Wesentlichen aus dem wirtschaftlichen Handeln heraushalten soll, die Rahmenbedingungen schaffen soll, keine oder nur wenige öffentliche Unternehmen betreiben soll und vielleicht noch für fairen Wettbewerb unter den privaten Akteuren sorgen soll. Und damit hat es sich. Den Rest regelt demnach der Markt selbst. Hier gehen Sie jetzt anders vor. Wahrscheinlich ist die Begründung, dass das jetzt nicht aus dem Wirtschaften heraus eine Krise ist, wobei man dazu auch Anmerkungen machen kann, dass sie nämlich besonders hart ausfällt, weil man bestimmte weltweite Produktionsketten, eine knappe Lagerhaltung und Just-in-time-Anlieferung und einen hohen Anteil grenzüberschreitender Logistik hat und all das jetzt als Schwachstelle bei diesen Pandemiemaßnahmen auftritt. Teilweise kommt es deswegen zu Stockungen in der Industrie und nicht deshalb, weil sie verboten bekommen hat, weiter zu produzieren.
Wir sind nicht für solche bedingungslosen Hilfen. Man sollte sich überlegen, ob man zum Beispiel Firmen überhaupt Hilfen gibt, die immer noch hohe Dividenden auszahlen, die Boni an ihre Manager zahlen und die mit Briefkastenfirmen Steuern in diesem Land vermeiden. Da sollten wir zum Beispiel keine Hilfen hinschicken. Das ist jedenfalls die Ansicht der Linken.
Über Ihre Gießkanne können wir gerne noch mal weiter sprechen. Ich möchte nur noch einen Satz zur Berliner Wirtschaft sagen: Auch dort ist die Gießkanne nicht richtig. Ich gehe davon aus, dass wir lang anhaltende Strukturveränderungen in dieser Stadt haben werden. 25 Prozent Umsatz im Handel sind abhängig von den Besuchern, die in diese Stadt kommen. Hotels und ein Teil der Gaststätten und insbesondere der gehobenen Gastronomie sind auch abhängig vom Messe- und Kongressgeschäft und angesichts einer Anzahl von 35 Millionen Übernachtungen im Jahr eben davon, dass diese Leute kommen.
Das wird nicht so einfach wieder weitergehen. Wir werden ein Strukturproblem haben. Sie sagen: Mit der Gießkanne – jeder bekommt den Umsatz vom Vorjahr – wird es weitergehen. – Ich bin mir aber absolut sicher, dass wir uns andere Mittel dafür überlegen müssen. – Danke, meine Damen und Herren!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir freuen uns ja immer über kreativ-pfiffige Vorschläge, die den Menschen das Leben leichter und die Welt gerechter machen. Das belebt den Ideenwettbewerb, aber dennoch sollten die Ideen zumindest ein Antragsstadium erreicht haben, bevor sie im Plenarbüro abgegeben werden. Der hier vorgelegte Antrag hat dieses Stadium definitiv nicht erreicht.
Schauen wir uns mal genauer an, was die hippe Start-upFDP sich da so ausgedacht hat: Zunächst einmal weist die Begrifflichkeit „Betriebseinnahmen“ darauf hin, dass wir uns im Einkommensteuerrecht befinden. Es ist zu vermuten, dass sich der Begriff „Vorjahresgewinn“ ebenfalls auf die steuerbilanzielle Ebene bezieht. So weit, so unklar formuliert! Handwerklich unsauber ist der Antrag aber auch dahingehend, dass hier bundesrechtliche Themen betroffen sind wie zum Beispiel das Einkommensteuergesetz, das wir auf Landesebene gar nicht ändern können. Außerdem ist unklar, ob sich Ihre Forderung nach Einstellung aller bisher bestehenden direkten Zahlungen zur Bekämpfung der finanziellen Folgen der Coronakrise nur auf Zuschüsse oder auch auf Darlehen bezieht.
Würde man dem vorliegenden FDP-Vorschlag folgen, würden abenteuerliche Summen in Milliardenhöhe für den Steuerzahler herauskommen. Die Unternehmen erhielten quasi eine kostenlose Umsatzausfallversicherung bzw. auch Sachschadenversicherung für den Pandemiefall, also etwas, was Versicherungen gar nicht anbieten, da es sich versicherungsmathematisch gar nicht abdecken lässt.
Schauen wir uns das jetzt mal genauer an: Der Gesamtumsatz der Berliner Unternehmen betrug 2018 laut Statista 256 Milliarden Euro. Ein Zwölftel des Vorjahresumsatzes der Berliner Unternehmen betrüge damit ca. 21 Milliarden Euro. Würde man nur mit 25 Prozent der Unternehmen kalkulieren, die das Hilfsprogramm in
Je nach weiterer Dauer und Intensität des Shutdowns in Berlin und darüber hinaus kann sich das Haushaltsdefizit schnell von 5 auf 10, auf 20 oder 40 Milliarden Euro erhöhen – verdoppeln, verdreifachen, was auch immer. Eine Vollkaskoversicherung für alle Unternehmen, eine Null-Risiko-Gesellschaft oder besser gesagt: Staatssozialismus meets Staatskapitalismus! – Die Sozialisten fordern bedingungsloses Grundeinkommen, und die Liberalen setzen nun einen drauf und fordern sogar bedingungsloses Volleinkommen für alle auf Staatskosten.