Protocol of the Session on May 14, 2020

Erstens: Bei allen neuen Planungs- und Bauvorhaben muss gelten, im Grundsatz keine Privatstraßen mehr, es sei denn, es gibt einen absolut zwingenden Grund dafür, denn dann ist klar, nicht bloß am Anfang, die Errichtungsbaulast liegt beim Land, dass es von uns errichtet wird, sondern auch die Unterhaltung, die Pflege mit allen Sicherheitsanforderungen, mit der Beleuchtung, mit allem, was dazugehört. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass auch die öffentliche Zuwegung dann immer gewährleistet ist, dass jede und jeder gefahrlos auf einer öffentlichen Straße in Berlin, auf einem Weg laufen kann, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das wollen wir hier durchsetzen.

Zweitens: Wir haben das auch gemerkt, dass viele Bezirke überhaupt nicht wissen, wo Privatstraßen liegen und wie wir damit umgehen. Auch da habe ich bei Bezirken nachgefragt. Da haben wir sehr unterschiedliche Rückmeldungen bekommen, wie sie diese Privatstraßen bewerten, wer dabei welche Aufgaben hat, wie es rechtlich zu bewerten ist. Und siehe da, es gibt überhaupt keine komplette Liste von Privatstraßen in Berlin. Wir haben einen Anhaltswert vom Bezirk Pankow bekommen, der sagte, ja, wahrscheinlich so rund 250, und das geht los mit ganz kleinen Wegen in einer Kleingartenanlage, die sehr kurz und dezent sind, bis zu richtigen Straßen und Plätzen. Da merken Sie schon, öffentliches Handeln und auch richtiges Verwaltungshandeln sind da schlecht möglich, wenn man diesen Überblick nicht hat. Andere Bezirke wissen es überhaupt nicht, sondern gucken im Einzelfall, wenn mal irgendwas nicht läuft, was sie mit diesem Problem machen.

Also da sehen wir, das müssen wir ändern. Wir brauchen eine Gesamtübersicht, und wir wollen auch vom Senat Hinweise und Vorschläge, wie wir den Rechtsstatus bei den bisher bestehenden Privatstraßen sogar ändern. Da redet jetzt Herr Gräff von der großen Enteignung. Darum geht es hier überhaupt nicht. Es ist meistens so, dass die privaten Eigentümer sagen: Gerne weg damit, wir wollen diese Last gar nicht dauerhaft haben. – Es ist auch so, dass bei aktuellen Bauvorhaben in Berlin, wenn Sie entwickelt werden, oftmals die Bezirke sagen: Lieber Investor! Wir haben hier einen städtebaulichen Vertrag, und wir hätten gerne, dass du diese Straßen, die in diesem großen Plangebiet liegen, errichtest. – Dann ist erst mal der Bezirk entlastet, aber das ist eben nur am Anfang so. Wenn es später um die Unterhaltung geht, wenn es um die Wegerechte geht, wenn es darum geht, ob dort Aufnahmen für Medien gemacht werden dürfen, dann erfahren Sie: am Potsdamer Platz fast alles Privatstraßen, der Marlene Dietrich Platz, sehr bekannt, von den wenigen Tagen der Berlinale abgesehen kriegen Sie dort keinen Motivvertrag vom Eigentümer.

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von der AfD zulassen.

(Stefan Förster)

Von Herrn Scholtysek von der AfD!

Ja, bitte sehr!

Ja, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Buchholz! – Sie hatten eben gesagt, die gefahrlose Zuwegung wäre bei Privatstraßen nicht unbedingt gewährleistet,

[Daniel Buchholz (SPD): Genau!]

weil Winterdienst fehlt und so. Aber Ihnen ist sicherlich bewusst, denke ich mal, dass es auch sogenannte CStraßen in Berlin gibt, die zwar in öffentlicher Hand sind, aber nicht gereinigt werden, wo auch kein Winterdienst durchgeführt wird. Wie passt das jetzt in Ihrer Argumentation zusammen?

Ich habe bisher vom Winterdienst gar nicht gesprochen.

[Frank Scholtysek (AfD): Aber von gefahrloser Zuwegung, und wenn es im Winter vereist ist, dann ist das ja nicht möglich!]

Bitte keinen Dialog! Die Frage ist, glaube ich, angekommen. – Bitte schön!

Da gilt entweder tatsächlich je nach Reinigungsklasse – – Ich möchte dazu jetzt keinen Sondervortrag machen. Das wissen Sie vielleicht genauso gut wie ich, dass es natürlich darum geht, wie oft ein Gehweg gereinigt wird. Gibt es eine öffentliche Pflicht? Muss es der Private machen? Bei den C-Straßen hat der Private die Verantwortung, und das ist nicht immer das Problem. Das Problem ist, wenn die Straße schlichtweg stockdunkel ist. Und im Winter, wenn es um 16, 17 Uhr spätestens dunkel ist, müssen sich die Leute tastend nach Hause wagen. Und da wohnen auch Seniorinnen und Senioren, was im Winter besonders schlimm wird. Darum geht es uns, dass wir das einmal klar definieren müssen: Welche Verantwortlichkeiten hat die öffentliche Hand? Hat sie gar keine mehr? Was muss alles der private Eigentümer tun? – Um diese Klarstel

lung geht es uns. Genau das steht im Antrag, dass wir sagen: Bitte, lieber Senat, schreibe uns auf, was dort wirklich die Gesetzeslage ist! – Denn die Bezirke handhaben das sehr unterschiedlich. Das müssen wir schlichtweg mal klarstellen. Das ist bisher ein Versäumnis in Berlin.

Und es werden halt immer mehr Privatstraßen, weil bei den großen Entwicklungsgebieten in der Stadt die Bezirke oftmals sagen: Ja, gerne hätten wir, dass der Private dort die Straßen errichtet! – Das ist für die Errichtung schön und problemlos für den Bezirk, aber eben nach 10, 15, 20 Jahren, wenn dort etwas gemacht werden muss, stellt man fest, wenn man in die Paragrafen schaut, es gibt keine Pflicht für eine echte Unterhaltung, es gibt keine echte Pflicht für eine Beleuchtung. Ich glaube, das müsste doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass, wenn man eine Berliner Straße, die öffentlich zugänglich ist, einen Weg als Fußgänger betritt, dort eine vernünftige Beleuchtung ist. Oder sehen Sie das anders? Ich hoffe nicht. Wir sehen das nicht so.

Darum im Antrag die Festlegung: Grundsätzlich bei neuen Planungs- und Bauvorhaben keine Privatstraßen, im Grundsatz ein Kataster, in dem wir endlich erfassen, welche Wege, welche Straßen im Augenblick Privatstraßen und Privatwege sind. Schließlich wenn es um Gestaltungsanforderungen und Sicherheitsanforderungen geht, bitte schreibt uns mal auf, wie wir das in Berlin angehen könnten und sollten, damit alle Menschen in Berlin gefahrlos Gehwege benutzen können, dass wir auch ein Versammlungs- und Presserecht – – Herr Gräff, Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, wo Sie mir jetzt doch mal wieder zuhören! Lesen Sie! Ich gebe es Ihnen gerne gleich, ich habe es extra mitgemacht, Pressemitteilung des Journalistenverbandes Berlin-Brandenburg, keine grün versiffte Organisation, sondern ganz was Neutrales. Die sagen ganz klar: So kann es in Berlin nicht bleiben. – Ich gebe Ihnen das gerne gleich und hoffe, dass die CDU dann zur Besinnung kommt, und freue mich sehr, dass die FDP sagt, das ist ein sehr bedenkenswerter Antrag. Ich hoffe dann auf Ihre Zustimmung, spätestens beim zweiten Durchgang hier im Parlament. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Abgeordnete Gräff das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Buchholz! Erst mal, das war in der Tat unkollegial von mir, ich war sozusagen im Gespräch. Insofern bitte

ich da ausdrücklich um Nachsicht, um Entschuldigung. Ich habe sonst während der gesamten Debatte zugehört.

Warum ich mich gemeldet habe, war eigentlich ein ganz anderes Thema, nämlich Sie sind mit Frau Billig schon auf das Thema der Medien eingegangen, da bin ich hundertprozentig bei Ihnen. Aber, Herr Buchholz, jetzt lade ich Sie mal gerne in meinen Wahlkreis und Bezirk ein. Wir haben 500 Kilometer Straßenland. Ich habe gerade noch mal alle Bezirke mit einer Schriftlichen Anfrage abgefragt, 2,9 Millionen Euro für die Straßenunterhaltung, für den Straßenneubau, für die Ergänzung, für Radwege, Gehwege und alles, was dazugehört. Wir haben auf fast 200 Kilometern im öffentlichen Straßenland, weil dieser Senat und dieses Land Berlin den Bezirken zu wenig Geld zur Verfügung stellt, keinen Gehweg – nicht nur keinen Radweg, wir haben auf 200 Kilometern keinen Gehweg, weil die Bezirke nicht in der Lage sind, ich glaube, es geht auch anderen Bezirken so, anderen Stadtrandbezirken insbesondere, wo Siedlungsgebiete entstanden sind, nicht nur neue, sondern jahrhundertealte Siedlungsgebiete, und von Radwegen und Regenwasserentwässerung will ich gar nicht erst sprechen. Das habe ich vorhin in meiner Rede auch gesagt.

Und dann zu sagen: „Ich mache hier den Einzelfall, weil ich eine Straße habe, die nicht beleuchtet ist, wo Menschen nicht gut sehen können!“, und zu sagen, dass die Berliner Straßen vielleicht außerhalb von Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, wo sich der eine oder andere – ich meine keinen hier im Raum – nur bewegt, in Ordnung, in einem guten Zustand sind, wo Rollstuhlfahrer, wo Mütter mit Kinderwagen sich gut bewegen können – das finde ich wirklich an den Haaren herbeigezogen. Ich bin total dafür, mehr Geld für Grünanlagen, mehr Geld für Straßen auszugeben, sich dann aber auch um die ganze Stadt zu kümmern und darum zu kümmern, wo es überhaupt keine Gehwege gibt, wo es überhaupt keine Radwege gibt, wo die Menschen auf der Straße laufen müssen, wo wir keine Regenwasserentwässerung haben. Da gibt es nicht nur die Köpenicker Straße in Biesdorf, da gibt es ganz viele Gebiete in Kladow, in Gatow, wo auch immer.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Also insofern: Eine Privatstraße bei den viel größeren Problemen heranzuziehen, die wir in Berlin haben, finde ich wirklich vermessen. Das ist an der Problemlage jedenfalls der meisten Menschen mal wieder völlig vorbei, Herr Buchholz.

[Beifall bei der CDU]

Herr Kollege Buchholz! Ich nehme an, Sie wollen erwidern? – Dann bekommen Sie auch das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank auch für das Reinigen des Podiums übrigens! – Herr Gräff! Ich habe das Gefühl, wir leben in zwei verschiedenen Berlins. Anders kann ich mir das nicht erklären.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Zunächst einmal die Behauptung, ich oder jemand bei uns in der Koalition würde sich auf die Innenstadt beziehen: Ich bin Spandauer Abgeordneter, direkt gewählt seit über 18 Jahren. Sie können mir glauben: Ich weiß, was ein Außenbezirk ist, und vertrete den schon seit vielen Jahren – ich glaube, das können einige hier bezeugen – sehr intensiv und mit sehr viel Herzblut. – Erste Feststellung. Also zu behaupten, irgendjemand hier wüsste nicht, was in einem Außenbezirk los ist, ist schon mal echt an den Haaren herbeigezogen.

Zweitens: Es geht hier nicht um eine Straße, Herr Gräff, da haben Sie was falsch verstanden. Es sind sehr viele Straßen in Berlin, und das Problem ist, dass keiner Ihnen sagen kann, wie viele.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Ist das so schwer zu begreifen, dass Leute abends in der Straße, in der sie wohnen, nach Hause tapern müssen, weil es keine Beleuchtung in dieser Straße gibt? Das stört Sie nicht?

[Christian Gräff (CDU): Doch!]

Ach, doch? Na gut, aber dann müssen sehen: Das ist schon seit Jahren ein ungelöstes Problem. Ich verrate Ihnen noch ein Geheimnis: Der Antragsentwurf ist anderthalb Jahre alt. Ich habe ihn geschrieben, da wir uns berlinweit mit dem Problem beschäftigen und gesagt haben: Jetzt müssen wir endlich mal einen richtigen Parlamentsantrag dazu machen! – Wir haben in der Koalition ein bisschen länger darüber diskutiert, aber er ist ja jetzt im Parlament. Aber das Problem zu negieren – das können Sie doch keinem erzählen, Herr Gräff!

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Es geht darum, dass es mit den bisherigen Instrumenten falsch läuft und das, was bisher falsch gelaufen ist, immer mehr wird. Da kommen Sie mit Diskussionen darüber, ob man in Gatow, Kladow – – Bei Ihnen im Bezirk geht es übrigens um die Erschließung, und darüber wollen die Anwohner überhaupt oftmals einen Ausbau des Fahrwegs oder der Gehsteige. Das Problem haben wir da nämlich oft, weil sie irgendwann Kosten umgelegt bekommen. Das kann ich aus Spandau genau berichten: Das wollen viele Anwohnerinnen und Anwohner schlichtweg nicht. Das hat dann auch etwas damit zu tun: Ist das ein gepflasterter Weg, ja oder nein? Gibt es dort in der Mitte Asphalt, ja oder nein? – Dann gehen wir gern mal die Straße alle zusammen ab. Da werden Sie aber sehr viele in Berlin finden.

(Christian Gräff)

Ich finde es ein bisschen peinlich, was Sie hier aufmachen, weil Sie sich zu dem eigentlichen Antragsanliegen gerade nicht geäußert haben. Sie werfen hier Nebelkerzen und sagen: Es geht nur um eine Straße, es gibt überhaupt kein Problem! – Es gibt dieses Problem ganz real. Wir nehmen zur Kenntnis: Der CDU-Fraktion ist das egal. – Wir werden das allen draußen erzählen. Vielen Dank für die Hilfestellung!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Empfohlen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie mitberatend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 24

Schluss mit ideologischem Autohass – Schleichfahrt und Dieselverbot ohne Wirkung für die Luftgüte!

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2634

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. – Herr Scholtysek, Sie haben das Wort, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Corona verändert die Welt, Corona verändert Berlin: So fahren die Menschen heute weniger Auto –,