Ich will ausdrücklich für die CDU-Fraktion sagen: Wir bekennen uns zu der Verantwortung, die wir als Oppositionsfraktion in diesen Tagen im Berliner Abgeordnetenhaus übernommen haben, wenn es darum ging, eben auch schnell und in ungewöhnlichen Verfahrensweisen dafür zu sorgen, dass das Land Berlin in die Lage versetzt wird, die notwendigen Maßnahmen zu treffen und Beschaffungen zu tätigen. Wir haben das in den Fachausschüssen signalisiert, und ich will es für unsere Fraktion hier heute noch einmal sagen – unser Fraktionsvorsitzender hat es ja auch schon mehrfach betont. Das heißt natürlich, dass wir den Mehrausgaben zustimmen, die jetzt in diesem ersten Nachtragshaushalt adressiert sind. Ich will allerdings dem Kollegen Schneider an der Stelle recht geben: Auch ich kann mir nur schwer vorstellen, dass wir jetzt für 100 Millionen Euro einfach einen Freibrief an die Finanzverwaltung oder an den Senat erteilen, das Parlament nicht mehr befassen zu müssen. Gerade in diesen Zeiten macht es Sinn, dass wir diese große haushaltspolitische Herausforderung transparent und miteinander mit möglichst breiten Mehrheiten meistern. Das erfordert natürlich auch, dass nicht gegenüber der Opposition der Eindruck entsteht, dass man bestimmte Dinge gerne sozusagen unter sich klären möchte. Insofern der Appell an den Senat und die Koalitionsfraktionen, weiterhin das Gespräch mit uns zu suchen.
Wir haben das in den Fachausschüssen und gerade jetzt auch beim Thema Gesundheit deutlich gemacht, wobei wir eher die Drängenden waren, wenn es darum ging, die notwendige Schutzausrüstung zu beschaffen, und eher unzufrieden darüber waren, dass manche Beschaffungsprozesse so lange gedauert haben und manche Kontakte, über die man Dinge hätte beschaffen können, über Wochen nicht hinreichend verfolgt worden sind. Wir erwarten ein zügiges Beschaffungsmanagement unter Auslotung aller seriösen Angebote, damit das entsprechend funktioniert.
Wir sagen auch von unserer Seite Albrecht Brömme ein herzliches Dankeschön, dass er sich, gerade in den Ruhestand getreten, bereit erklärt hat, das Sonderkrankenhaus auf dem Messegelände zu koordinieren. Toll, dass sich solch ein ausgewiesener Experte auch im Ruhestand für so eine Aufgabe hergibt.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Franz Kerker (AfD)]
Nachdem wir dieses Krankenhaus nun haben – ich teile die Auffassung, dass es gut ist, wenn wir es nicht benötigen –, will ich allerdings auch sagen, dass wir weitere Gelder und Ausstattung jetzt tatsächlich auch in unsere richtige Krankenhauslandschaft stecken und nicht weitere Millionen im Messegelände verbauen sollten.
Unzufrieden sind wir nicht mit der Höhe der wirtschaftlichen Hilfen, die Sie hier ausgereicht haben, sondern mit dem Handling und insbesondere mit den Lücken, die es gibt. Ein Teil der drängenden Diskussion über Öffnung und Wiederöffnung rührt auch daher, dass große Teile der Wirtschaft – ich beziehe mich auf die Berliner Wirtschaft, aber man kann das sicherlich deutschlandweit so sehen – in existenzielle Nöte geraten. Da hätten wir uns schon etwas mehr gewünscht, als dass man dem überwiegenden Teil der Berliner Wirtschaft nur das weiterreicht, was die Bundesregierung uns zur Verfügung stellt. Andere Bundesländer machen das nämlich.
Wenn wir einen zweiten Nachtragshaushalt haben, müssen wir entsprechende Konzepte vom Senat vorgelegt bekommen, wie wir zum einen über die nächsten Monate und vielleicht Jahre mit der Coronakrise umgehen und auf der anderen Seite auch wieder Wirtschaftsleben zulassen und Steuereinnahmen generieren. Insofern werden wir wahrscheinlich nicht ohne eine Neuverschuldung auskommen können. Wir müssen aber jetzt die Weichen dafür stellen, dass die Wirtschaft dann wieder funktioniert, denn irgendwann müssen Steuern wieder gezahlt werden, damit wir gestiegene Zinsen und die Kredite abzahlen können.
Natürlich erwarten wir vom Senat Konzepte. Die Diskussion im Bildungsbereich ist heute schon geführt worden. Da erwarten wir ein besseres Management, damit Eltern, Lehrer und Kinder sich darauf verlassen können, dass Bildung unter der Einhaltung der entsprechenden Vorgaben wieder möglich sein wird. Wir haben das Gleiche im Sportbereich. Den Gesundheitsbereich habe ich eben schon erwähnt. Wir müssen schauen, dass das Ganze jetzt auch konzeptionell für die Wirtschaft gilt – und wir haben die Erwartung, dass das in die Beratung zum zweiten Nachtragshaushalt einfließt. Unser Fraktionsvorsitzender hat heute schon auf die Gastronomie und Hotellerie hingewiesen. Allein die Öffnung der Hotels oder die Öffnung der Flughäfen führt noch lange nicht dazu, dass dann jemand kommt. Die wenigsten Touristen sind wegen der Hotels an sich nach Berlin gekommen, sondern weil Berlin eben eine Stadt ist, in der es mehr zu sehen gibt als den Zoo und die Nofretete.
Deswegen müssen wir auch denjenigen helfen, von denen jetzt alle sagen, dass sie am längsten geschlossen sein werden, nämlich dem gesamten Kulturbereich und der Kreativwirtschaft. Dabei geht es nicht darum – lieber Herr Finanzsenator –, dass wir jetzt jedem helfen, der gerade noch um die Ecke kommt, sondern darum, denjenigen zu helfen, die die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung Berlins in den letzten Jahren überhaupt möglich gemacht haben.
Fast alle großen Industriebetriebe haben heute Forschungsabteilungen in Berlin. Es gibt hervorragende Leute in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft, junge Unternehmer, die hier herkommen, Startups. Sie kommen doch auch deswegen, weil wir ein spannendes Kultur- und Nachtleben haben,
ja, und weil wir auch Clubkultur haben. – Wenn wir nicht, indem wir die Möglichkeit geben, das wieder aufzumachen, dafür sorgen, dass überhaupt noch jemand von denen bleibt, werden am Ende auch die Steuereinnahmen im Lande Berlin nicht weiter steigen.
Und das muss man einfach mal sagen: Wenn wir die Wirtschaftsmaschine Berlin wieder anwerfen wollen, müssen wir darauf achten, was in der Vergangenheit dafür gesorgt hat, dass die Maschine lief. Wenn man da mal in den Maschinenraum gegangen ist, muss man feststellen: Das, was man da gehört hat, war das Wummern von Technomusik. Wir müssen da hinkommen, dass solche Formen von Kultur in der Stadt wieder möglich sind.
Deswegen erwarten wir für all diese Bereiche natürlich auch eine entsprechende Unterstützung und Initiative, die darauf angelegt ist, wieder nachhaltig Steuereinnahmen in der Stadt zu generieren, die dafür sorgt, dass der Flughafen wieder funktioniert, Herr Senator, dass das Messegeschäft wieder funktioniert, dass der Tourismus wieder funktioniert und dass die Bereiche funktionieren, die das Rückgrat der Berliner Wirtschaft waren.
Als Letztes will ich noch kurz darauf hinweisen: Es kommt darauf an, dass wir auch ordentlich mit unserem Berliner Personal umgehen und dafür sorgen, dass die Digitalisierung einen Quantensprung macht – das erwarte ich im zweiten Nachtragshaushalt in einem nennenswerten Beitrag, weil sie die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Verwaltung ausmacht – und wir die Mitarbeiter schützen und motivieren, was sicherlich nicht mehr in dem Umfang bei der Besoldung eine Rolle spielen. Sie sollten sich auch überlegen, ob es bei der Frage, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Berliner Verwaltung arbeiten können, für einen Finanzsenator des Landes Berlin angemessen ist, zu sagen, wir reden hier von einer artgerechten Beamtenhaltung. Das ist kein treffender Begriff, mit dem sich ein Finanzsenator über die Dienstsituation der Bediensteten auslassen sollte.
Alles in allem erwarten wir vom Senat entsprechende Konzepte zu den Punkten, die ich gerade kurz skizziert habe. Unter diesem Vorbehalt kann ich erklären, dass wir als CDU-Fraktion auch weiterhin bereit sind, die Verantwortung für die finanziellen Herausforderungen der nächsten Jahre mit zu übernehmen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Nachtragshaushalt stehen wir vor völlig anderen Herausforderungen als wir sie ahnen konnten, als vor wenigen Monaten der Doppelhaushalt beschlossen worden ist. Die eigentliche politische Frage, nicht nur für den Nachtragshaushalt, sondern für das Jahr insgesamt, ist die Frage, wie sich die Herausforderungen zu den Zielen verhalten, die hinter dem Doppelhaushalt gestanden haben, auf die wir uns als Koalition dort verständigt haben. Wie bewältigen wir das? Das ist zugegebenermaßen eine Debatte, bei der diejenigen, die die Ziele noch nie richtig gefunden haben, nicht wirklich gut mitreden können,
Die Ziele lauten, dass wir natürlich eine neue Infrastruktur in der Stadt brauchen, dass wir Schulen sanieren und bauen müssen, dass wir eine Verkehrswende brauchen, dass wir den öffentlichen Dienst handlungsfähig machen wollen, ja, auch, dass wir rekommunalisieren wollen, dass wir einen sozial-ökologischen Umbau der Stadt wollen, dass wir eine für alle Bewohnerinnen und Bewohner leistbare Stadt wollen, wo niemand um seinen Platz fürchten muss. Die Probleme, die mit diesen Zielen adressiert werden, bestehen nach wie vor. Keines ist mit Corona verschwunden, vielleicht sind manche aus dem Blick geraten.
In jedem Fall gibt es mit Corona neue Notwendigkeiten. Die allerdringendsten werden mit dem Nachtragshaushalt adressiert: die notwendige Beschaffung von Schutzausrüstung und medizinischem Gerät, der Aufbau medizinischer Kapazitäten, Liquiditätshilfen für Landesunternehmen für wegbrechende Einnahmen, Hilfsprogramme für diejenigen, deren Existenz akut auf dem Spiel stand. Da war es richtig, und das ist bemerkenswert, dass Berlin nicht die Bundesprogramme abgewartet hat, sondern schnell und so reagiert hat, wie es für Berlin eben nötig ist.
Wir haben besonders viele kleine und Kleinstbetriebe, wir haben viele Soloselbständige, die Hilfe brauchen, natürlich auch zum Leben und nicht nur für die Betriebsausgaben.
Wir haben Kulturbetriebe, wir haben Künstlerinnen und Künstler sowie Menschen, die im Tourismus, Service und in der Gastronomie tätig sind, und deswegen musste hier ein besonderer Schwerpunkt gesetzt werden. Die Schnelligkeit und Entschiedenheit, mit der reagiert worden ist, hat viele überrascht. Ich will mich bei allen bedanken, die das ermöglicht haben. Wenn darüber das eine oder andere Vorurteil einen Kratzer bekommen hat und der eine oder andere hämische Kommentar angesichts überlasteter Server am ersten Tag im Halse stecken geblieben ist, macht mich das nicht traurig.
Wir werden sicher über das eine oder andere im Einzelnen zu diskutieren haben. Wir müssen natürlich gucken, wie die einzelnen Förderprogramme miteinander abgestimmt sind, welche Rolle und welche Spielräume die Bundesprogramme noch spielen bzw. bieten. Wir werden, es ist angesprochen worden, über die Frage reden müs
sen, wie wir mit außerplanmäßigen und überplanmäßigen Ausgaben umgehen wollen. Was hier nun aber vorliegt, ist sicherlich etwas, was wir finanzieren werden, ohne dass es uns ins Wanken bringt. Es wird nicht die allergrößte Herausforderung in diesem Jahr sein; die kommen noch. Wir werden sehen, in welcher formalen Form wir sie zu bewältigen haben.
Corona- und lockdownbedingt werden wir in diesem und im nächsten Jahr gigantische Steuerausfälle haben. Die Steuereinnahmen werden einbrechen. Wie kann das anders sein in einer Zeit, in der in vielen Bereichen die Wertschöpfung weitgehend auf Null gefahren ist? Wir werden dazu in den nächsten Wochen eine amtliche Prognose erhalten; es werden Milliardenbeträge sein. Was immer aber auch das Ergebnis dieser Prognose sein wird, es wird ein sehr vorläufiges sein, zumal für 2021.
Wir haben weitere Herausforderungen, die ich benennen will: Wir werden die Wertschöpfung, die wirtschaftliche Entwicklung natürlich wieder ankurbeln müssen, und hier liegt eine besondere Herausforderung beim Bund. Wir wissen aber um die Besonderheiten Berlins und ahnen, dass nicht jedes Konjunkturprogramm des Bundes, das etwa die Auto- oder Werftindustrie adressiert, uns in Berlin hilft. Wir brauchen deshalb eigene Mittel, um Bundesprogramme nicht nur kozufinanzieren, sondern zu ergänzen und um genau die Dinge unterstützen zu können, die Herr Goiny zu Recht angesprochen hat, die die Stadt attraktiv machen und auch den wirtschaftlichen Motor ausmachen.
Wir werden auch weiterhin über die Fortführung und Ergänzung von Hilfsprogrammen reden müssen. Dabei geht es einerseits darum, ggf. Lücken zu schließen, wir müssen andererseits aber auch über die Fortführung von Hilfsprogrammen reden. Wir müssen genau prüfen, wo Betriebe oder Institutionen mithilfe der Programme zwar noch leben, aufgrund des Andauerndes von Beschränkungen ohne weitere Programme aber nicht überleben können. Wir müssen verhindern, dass Strukturen, die wir in der Stadt brauchen, einfach wegbrechen.
Es geht auch um die Begleitung und die Bewältigung von Krisenfolgen. Das betrifft z. B. die notwendige Unterstützung von Kindern und Jugendlichen beim Lernen unter Coronabedingungen: Wo brauchen wir dort eine zusätzliche Unterstützung? – Wir wissen, dass auch diese Krise die Schwachen besonders stark trifft. Deshalb lehnen wir es im Übrigen auch ab, coronabedingt Sozialstandards zu senken. Wenn es aber so ist, dass zum Beispiel in den Unterbringungen für Obdachlose die Infektionsstandards nicht gewährleistet werden können, müssen wir über andere Möglichkeiten reden, auch über Hotels.
Kein Haushalt der Welt kann solche Herausforderungen „wegatmen“, kein Sparprogramm der Welt kann sie
finanzieren. Wir werden deshalb den Weg der Kreditaufnahme gehen müssen. Wir befinden uns in einer Notlage, und selbst die Schuldenbremse, die wir bekanntlich sehr kritisch sehen, sieht hierfür die Möglichkeit der Neuverschuldung vor. Wir halten es für falsch, in dieser Situation die öffentliche Nachfrage durch Sparprogramme weiter zu kürzen oder dadurch Unsicherheit zu verbreiten. Wir wollen eher die Sicherheit schaffen, dass wir jetzt darauf verzichten, zumal der finanzielle Beitrag ohnehin nur ein untergeordneter sein könnte. Das schließt Sparsamkeit natürlich nicht aus, und das heißt vor allen Dingen nicht, dass Mittel, die coronabedingt nicht ausgegeben, nicht eingesammelt werden können. Ich glaube, das ist auch der Weg, wie wir mit den Bezirken verfahren müssen. Das bedeutet aber auch, dass wir aufpassen müssen, dass wir nicht die Investitionsfähigkeit und die Investitionsentscheidungen für Dinge zurückdrehen, die wir in der Stadt brauchen.
Wir halten beim Thema Investitionen auch die Umwidmung von Investitionsmitteln in Konjunkturprogramme nicht für den richtigen Weg, ganz einfach deshalb, weil dadurch der konjunkturelle Effekt dieser Programme infrage gestellt wird.
Für uns ist deshalb klar: Wir werden die Coronaherausforderungen durch zusätzliche Kreditaufnahmen finanzieren müssen. Das ist bitter, im Übrigen gerade für diejenigen, die die politische Dresche für die Konsolidierung der Vergangenheit bezogen haben, aber es ist notwendig. Der Weg in die Neuverschuldung kann natürlich nur ein vorübergehender, notfallbedingter sein, aber er wird sich sicherlich nicht in ein paar Monaten erledigt haben. Das bedeutet am Ende, davon bin ich überzeugt, dass wir auch in dieser Zeit unsere bisherigen politischen Ziele nicht einfach beiseiteschieben dürfen. Sicher wird nicht alles gleichzeitig gehen, aber wir sollten das, was wir für die Stadt als nötig und richtig erkannt haben, nicht einfach beiseiteschieben.