Protocol of the Session on February 20, 2020

Während man oben für das Falschparken einen Strafzettel bekommt, scheint sich für schwere Straftaten in der UBahn kaum jemand zu interessieren. Es ist genau diese Ungleichbehandlung, die viele Menschen in dieser Stadt spüren und die das Bild Ihrer politischen Arbeit prägt.

[Beifall bei der CDU]

Die Berliner Polizei registrierte 2019 wieder mehr Drogendelikte als in den Vorjahren, und spätestens das sollte auch Sie in der Koalition endlich aufwecken. Deshalb wollen wir mit dem heutigen Antrag einen wichtigen Beitrag dafür leisten, dass Prävention und Repression nebeneinanderstehen. Unser Antrag lässt sich wie folgt in Forderungen unterteilen: Der Senat soll an Drogenumschlagplätzen wie dem Görlitzer Park Beratungsstellen für Konsumenten einrichten, Mitarbeiter sollen über die Folgen des Konsums von Drogen, über Abhängigkeit und Gesundheitsschäden aufklären und ihre Hilfe anbieten. Der Senat soll außerdem mobile Beratungsstellen einrichten, die flexibel einsetzbar sind, und der Senat soll die Arbeit der Drogenberatungsstellen mit Polizeikräften gefahrlos ermöglichen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux?

Ich will gerne erst zu Ende führen.

[Lachen von Hakan Taş (LINKE)]

Die Berliner Polizei und Beratungsstellen sollen eng zusammenarbeiten und sich austauschen, und ja, Videoaufnahmen aus den einschlägigen U-Bahnhöfen sollen auf Straftaten geprüft werden, damit der Berliner öffentliche Personennahverkehr nicht weiter ein rechtsfreier Raum für Dealer ist.

[Beifall bei der CDU]

Wir wollen den Betroffenen helfen, ihre Abhängigkeit zu beenden und ihnen auf diesem schweren Weg eine möglichst hohe Unterstützung zukommen lassen. Dem steht ein entschiedener Kampf denjenigen gegenüber, die in Berlin mit Drogen handeln und so die Sucht und das Schicksal anderer schamlos ausnutzen.

Hinter den oft ausgebeuteten Dealern steckt organisierte Kriminalität, und die gilt es mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen. Wir wollen, dass Gelegenheits- und Partykonsumenten angesprochen werden und wir stärker über Risiken aufklären. Weniger Konsumenten bedeuten weniger Dealer und weniger Kriminalität, und das muss das Ziel einer seriösen Drogenpolitik in Berlin sein.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb haben wir als CDU-Fraktion vor Monaten bereits einen Antrag eingereicht, der die Herabsetzung der Eigenbedarfsgrenze von Cannabis und Marihuana in Berlin auf maximal 6 Gramm reduziert. Sie sind bei Ihrer Suchtpräventionsarbeit mittlerweile vollkommen unglaubwürdig geworden, liebe Koalition!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was? Das glaube ich nicht!]

Während Sie der Alkohol- und Tabaksucht den Kampf ansagen und zurecht auf Risiken hinweisen, haben Sie bei anderen Drogen eine viel zu lasche Haltung, und das ist charakteristisch für Ihre Drogenpolitik. Aus diesem Grund spreche ich heute als Gesundheitspolitiker zu diesem Thema, weil mich auch die Haltung der Gesundheitssenatorin bei diesen Themen fassungslos macht. Eine Gesundheitssenatorin, die nicht mit aller Macht gegen Sucht und für Prävention kämpft und sich auch im Senat bei anderen Kollegen damit nicht durchsetzt, hat aus meiner Sicht ihren Auftrag, Menschen zu schützen, im Zweifel auch vor sich selbst, vollkommen verfehlt.

[Beifall bei der CDU]

Eine zielführende Drogenpolitik muss eine Mischung aus Repression und Prävention sein, und dafür stellt der heutige CDU-Antrag einen wichtigen Baustein dar. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Isenberg das Wort.

Herr Zeelen! Ich bin sicher, die Gesundheitssenatorin erfüllt genau den Auftrag, den sie als Senatorin hat, die für Gesundheit und für Prävention zuständig ist, und im Übrigen erfüllt sie in exzellenter Weise diesbezüglich den Auftrag der Koalition, wie er im Koalitionsvertrag festgehalten ist.

Für uns ist es natürlich auch ein nicht hinnehmbarer Zustand, wenn illegaler Drogenhandel stattfindet, der häufig mit kriminellen Machenschaften einhergeht, deswegen verfolgen wir hier die Strategie, der Polizei mehr Präsenz zu geben – das hat der Innensenator sehr gut bewältigt, das werden wir weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Präsenz aber mit Prävention zu koppeln. Das heißt, Präsenz bedeutet auch die Präsenz von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die nötig ist. Dieses ist im Haushalt abgebildet, sowohl in den Bezirken – Neukölln beispielsweise, über den Sie mit Ihrem Gesundheitsstadtrat Herrn Liecke häufig reden, den Sie auch in der Antragsbegründung aufführen – als auch in den Mitteln, die das Land bereitstellt. Aber die Präsenz von Sozialarbeiterinnen und -arbeitern ist nur ein Punkt. Darüber hinaus gehört dazu natürlich auch, sich um die Schicksale der Menschen zu kümmern, die oftmals krank, abhängig sind – bei Heroin beispielsweise – und zu schauen, wie ihnen geholfen werden kann. Da hilft nicht der Knüppel, da hilft nur Hilfe – christliche, menschliche, weltanschaulich humane Hilfe für den einzelnen Menschen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Davon versteht die CDU nichts!]

Insofern ist es schade, dass die CDU oftmals lange gebraucht hat, bis sie Drogenkonsumräume oder die aufsuchenden Hilfe von Drogenmobilen akzeptierte.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das „C“ ist schon länger ab, aber das „D“ fällt auch!]

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Nein, danke! – Diese aufsuchende Hilfe kann nur an Orten stattfinden, die dafür geeignet sind. Deswegen haben wir Drogenkonsumräume ausgebaut, auch als Schutzraum für diejenigen, die abhängig und krank sind. In den Drogenkonsumräumen geht es darum, den Schaden zu minimieren, den sich Drogenabhängige an ihrer Gesundheit antun, beispielsweise durch Spritzenaustausch, beispielsweise dadurch, dass man auch Beratung

bekommen kann, Hilfsangebote, dadurch, dass es warmes Essen gibt, dass an den Orten der Drogenkonsumräume auch die Wäsche mal gewaschen oder ausgetauscht werden kann. Das ist ein Erfolgsmodell, das wir als Prävention zur Hilfe für die Betroffenen in dieser Stadt ausbauen, in dem Haushalt gestärkt haben. Samstags haben viele Räume offen, Ganztagsbetrieb wird ausgebaut, und ich glaube, die Koalition ist stolz, diesen modernen Weg der Drogenpolitik zu gehen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ihr Vorschlag, nur mit dem Knüppel draufzuschlagen, dann sei das Problem gelöst, hilft nicht. Ja, wir wollen Repressionen gegen Dealer, gegen kriminelle Machenschaften – die Polizei ist hier tätig, mehr als bisher. Aber an den Orten, an denen die Dealer tätig sind, Hilfsangebote zu machen, wirkt überhaupt nicht, sondern wir müssen gucken, dass die Menschen, die unserer Hilfe bedürfen, aus den Orten rauskommen. Das ist das klassische Thema der Straßensozialarbeit, und in den Programmen, die wir im Haushalt abgebildet haben, mobilisieren wir alleine in Neukölln um die 2 Millionen Euro für eine Mischung aus diesen Maßnahmen.

Und jetzt komme ich zu einem Punkt, der mich in Ihrer Argumentation wirklich sehr ärgert: Sie parallelisieren das, was im Cannabis-Markt passiert, mit den anderen Themen rund um Heroin etc., die ich gerade angesprochen habe. Und selbst auf dem Heroin-Markt ist es besser, bei denjenigen, die konsumieren, solange sie noch nicht aufhören können, zu schauen, dass sie anders und weniger konsumieren. Aber ich komme zurück zum Thema Cannabis. Sie sagen, das ist das Gleiche. – Das ist es nicht. Es ist nicht das Gleiche. Eine erfolgreiche Politik, die wir beschreiben, ist eine, die genau diesen Cannabis-Modellantrag zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene über Apotheken eingereicht hat. Dann ist es eben nicht so, dass Jugendliche drankommen, es sollen Erwachsene sein. Es soll Material sein, das nicht verunreinigt ist, gekoppelt mit Hilfsangeboten. Und ich bin froh, dass es in Deutschland auf Bundesebene nur noch zwei Kräfte gibt, die dagegen sind – das ist zum einen die AfD und zum anderen die Christlich Demokratische Union Deutschlands. Die SPD-Fraktion und alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien würden uns gerne ermöglichen, noch mehr Prävention mit dieser Cannabispolitik zu betreiben, die ich gerade benannte, als Land durch eine Änderung des Bundesrechts.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir brauchen ja ein klares Signal, das Bundesrecht muss geändert werden, damit wir noch mehr präventiven Verbraucherschutz und Konsumentenschutz als bisher in Berlin aufnehmen können. Insofern ist dieser Antrag eine gute Gesprächsgrundlage. In der Form werden wir ihn ablehnen. Er ist nicht umsetzungsfähig. Eine moderne Präventionspolitik, die mit notwendigen repressiven

Maßnahmen gekoppelt ist, die zielgerichtet sind, und Hilfsangeboten für die Betroffenen und neuen Wegen bei der Cannabispolitik ist das, was wir umsetzen müssen, umsetzen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Mohr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich war doch eben etwas verwundert ob der Rede des Kollegen Zeelen, denn die passte nicht so richtig zum Inhalt des Antrags. Als ich den Antrag, der heute zur Beratung steht, das erste Mal gelesen habe, wollte ich zunächst einmal nicht glauben, dass dieser wirklich aus der Feder der CDU stammt und nicht, wie es dem Inhalt nach zu erwarten gewesen wäre, von den Grünen oder der Linken.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ich bitte Sie!]

Der Antrag mit dem Titel „Drogenberatung an Berlins Drogenumschlagplätzen einrichten“ ist selbst für Berliner CDU-Verhältnisse ein echtes Armutszeugnis.

[Beifall bei der AfD]

Werte Kollegen der Union! Ich dachte, dass Sie eine Rechtsstaatspartei sein wollen. Darf ich Sie daran erinnern, dass Drogenumschlagplätze in Berlin ebenso wenig mit dem Rechtsstaat in Einklang zu bringen sind wie illegale Massenmigration nach Deutschland.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wir von der AfD-Fraktion wollen, dass es in Berlin keine Drogenumschlagplätze gibt. Wir wollen, dass die leider entstandenen Drogenumschlagplätze massiv vonseiten des Staates bekämpft werden. Aber genau dafür bedarf es der uneingeschränkten politischen Rückendeckung für Polizei und Staatsanwaltschaft, und an dieser Stelle sehe ich in Berlin leider ein erhebliches Defizit.

[Beifall bei der AfD]

Die Berliner Kuscheljustiz hat doch erst zu den immer katastrophaler werdenden Verhältnissen am Görlitzer Park und am Kottbusser Tor geführt. Und jetzt kommen Sie von der CDU, einer vormals konservativen Partei, um die Ecke und wollen mobile Drogenberatungsstellen einrichten, statt den Drogensumpf endlich trockenzulegen. Sollen künftig, wie der Antragsbegründung zu entnehmen ist, Sozialarbeiter unter Polizeischutz Konsumenten und Dealer gleichermaßen aufsuchen, um sie einer

Drogenberatung zuzuführen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

[Beifall bei der AfD]

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, selbstverständlich ist Rauschgiftsucht eine Krankheit, und selbstverständlich bedarf es hier auch niedrigschwelliger Angebote zur Prävention und Therapie. Das sehen wir als AfD-Fraktion genauso, und das stellen wir auch überhaupt nicht in Abrede. Den vorliegenden CDU-Antrag halten wir allerdings für nicht geeignet, um der Rauschgiftschwemme in Berlin wirksam zu begegnen. Ich bin gespannt, welche weiteren Erkenntnisse die Beratung im Fachausschuss bringen wird. Vielleicht schaffen wir es ja noch in dieser Legislaturperiode. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos)]

Für die Linksfraktion hat der Kollege Schrader das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bislang ist die CDU in diesem Haus drogenpolitisch eher durch Anträge für mehr Repression aufgefallen: Null-ToleranzZonen, Absenkung der Eigenbedarfsgrenze, mehr Polizei, härtere Strafen,

[Karsten Woldeit (AfD): So was ist auch richtig!]