Protocol of the Session on February 20, 2020

[Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

Ich bestehe darauf, dass Vivantes als kommunales Unternehmen auch weiterhin HIV-infizierte Patientinnen und Patienten behandelt. Es sieht so aus, dass die jetzt freigewordenen Stellen besetzt werden, insofern ist diese Verhältniszahl – 27 zu 4 500 – doch interessant. Es gilt, diese Stellen so schnell wie möglich zu besetzen, um mit voller Kraft die Behandlung von HIV-Erkrankten im AVK fortführen zu können. Mit Blick auf die Versorgung in Berlin zeigt sich keine Schwächung, vielmehr haben wir jetzt zwei Stellen, die sich um diese Patientinnen und Patienten kümmern werden.

Vielen Dank!

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Krestel die nächste Frage.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten zu Beginn der Sitzung den gegen mich ergangenen Ordnungsruf. Ich möchte dazu noch sagen,

[Sabine Bangert (GRÜNE): Frage! – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

dass ich meine dort gerügte Äußerung bedaure.

[Sabine Bangert (GRÜNE): Das ist der falsche Ort, sich zu entschuldigen! Wir sind in der Fragestunde!]

Liebe Zwischenruferin! Ich musste in den letzten Wochen lernen, dass nicht jeder Zwischenruf der beste ist. Gerade weil ich gerne das Recht der freien Meinungsäußerung nutze, hätte mir das nicht passieren dürfen. Ich möchte dafür insbesondere den Kollegen Efler um Entschuldigung bitten, weil er damit in Verbindung gebracht wurde. Das stimmt so nicht. Ich habe dieses dumme Wort hier in den Raum gerufen und niemanden persönlich angesprochen.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich frage den Senat: Wie sieht das Wiederaufbauprogramm für die IT des Berliner Kammergerichts aus? Wie ist der Terminplan, bis die Behörde wieder im vollen Umfang auf die modernen technischen Möglichkeiten zugreifen kann?

Vielen Dank! – Herr Senator Dr. Behrendt, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Krestel! Wir haben gestern im Rechtsausschuss

(Senatorin Dilek Kalayci)

länglich darüber gesprochen, richtigerweise. Das ist ein wichtiges Thema, was die Berlinerinnen und Berliner und insbesondere die Kolleginnen und Kollegen am Kammergericht bewegt. Dort hat der Kammergerichtspräsident den aktuellen Stand des Wiederaufbaus, der Ingangsetzung der Informationstechnologie dargestellt.

Wir haben dort ein vollständig neues Netz installieren müssen. Da alte war, wie Sie alle wissen, kontaminiert durch das Emotet-Virus, und entgegen anderslautender Hoffnung oder Annahmen ist es nicht möglich, dort Teile oder Komponenten wieder in Gang zu setzen, sondern wir haben uns entschieden, mit dem Sachverstand des ITDZ, in enger Kooperation, dass das alles abgeklemmt werden musste, und das war eine richtige Entscheidung, wie zwischenzeitlich die Ihnen bekannten Gutachten ergeben haben.

Deswegen war es notwendig, ein vollständig neues Netz aufzubauen – das ist in den letzten Wochen passiert – und, das sage ich auch ganz deutlich, dabei aktuelle Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen, denn der Vorfall beim Kammergericht zeigt, dass wir in Sachen IT-Sicherheit nicht nachlässig sein dürfen, sondern in allen Bereichen der Berliner Justiz höchste Sicherheitsstandards brauchen. Genau das ist momentan auch das Nadelöhr. Wir haben noch nicht die Freigabe des Testbetriebes, wo es eben um solche Sicherheitsfragestellungen geht. Dies steht nach den Worten des Kammergerichtspräsidenten, ich kann das aus der gestrigen Ausschusssitzung wiedergeben, unmittelbar bevor. Das kann in dieser oder auch in der nächsten Woche passieren. Es kann aber auch passieren, dass dort noch weitere Sicherheitsanforderungen gefordert werden, die wir dann auch werden erfüllen müssen. Sollten wir die Freigabe für den Testbetrieb bekommen, dann – das ist gestern von dem Kollegen des ITDZ geschildert worden – werden wir im Laufe des Monats März für alle Mitarbeitenden des Kammergerichts alle 500 Computerarbeitsplätze wiederherstellen und werden damit dann einen Betrieb ermöglichen.

Parallel läuft der Prozess, der wird noch nicht im März abgeschlossen sein: Wie Sie wissen, hat das Kammergericht, das war ein Teil des Problems, mit veralteter Technik gearbeitet, aber auch mit veralteter Software. Wir haben in den anderen Bereichen der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Umstellung von AuLAK – das ist ein selbst programmiertes Programm aus den Neunzigerjahren – weitestgehend erfüllt. Beim Kammergericht ist das noch nicht der Fall. Wir haben aber gesagt: Wenn wir dort etwas Neues aufbauen, dann bitte gleich mit forumSTAR. Das ist ein bundesweites Verbundsystem, an dem, ich meine, 14 Bundesländer beteiligt sind. Das ist der aktuelle Standard, den wir auch brauchen, um die Anforderungen, die Justiz für die elektronische Akte fit zu machen, zu haben. Das wollen wir beim Kammergericht auch ausbringen. Darum laufen auch Schulungen, damit die Mitarbeitenden mit diesem Programm so wie alle

anderen Kolleginnen und Kollegen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden arbeiten können. Wir haben einen Teil von Fachverfahren. Die werden noch nicht in der sogenannten SBC-Umgebung laufen. Sie wissen, dass wir mit der gesamten IT vom Kammergericht weg vom Eigenbetrieb zum ITDZ gehen, um die Sicherheitsstandards deutlich zu erhöhen. Wir haben dann noch einen Teil alter Anwendungen, und da wird die spannende Frage sein: Wie kann man die in welcher Zeit befähigen, um in die SBC-Umgebung zu kommen, auch diese Sicherheitsstandards, die wir in dem Bereich haben wollen, für alle auszurollen?

Wichtig ist mir, das ist auch gestern Thema gewesen: Das Kammergericht ist arbeitsfähig. Die Rechtsprechung findet statt. Es allerdings sehr erschwert für die Kolleginnen und Kollegen, insbesondere, das sage ich auch hier noch mal, in den Geschäftsstellen. Die Richterin, der Richter ist beeinträchtigt, aber die Geschäftsstellen, die zwischenzeitlich wieder mit Karteikartensystemen, Stellkarten und Fristenkalenderbüchern arbeiten müssen – die älteren Kollegen kannten das noch, die jüngeren kannten das gar nicht –, leisten weit Überdurchschnittliches, fast Übermenschliches. Denen bin ich besonders dankbar, denn ohne diese wichtigen Mitarbeiter in der Gerichtsbarkeit würde dort überhaupt nichts funktionieren. Von daher auch hier noch mal meinen herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen des Kammergerichts, die diese schwierige Situation dort gemeinsam meistern.

Vielen Dank, Herr Senator! – Dann geht die erste Nachfrage an den Kollegen Krestel. – Bitte schön!

Wie weit ist denn in diesem Zusammenhang auch sichergestellt, dass die Damen und Herren Richter weiterhin relativ unabhängig arbeiten können und in Zukunft dadurch keine Datenlecks mehr entstehen können, indem man zum Beispiel mit Sticks arbeitet, die womöglich auch zu Hause auf privaten Rechnern genutzt wurden?

Vielen Dank! – Herr Senator, bitte!

Auch da kann ich anknüpfen an die Schilderungen gestern im Rechtsausschuss. Dort habe ich dargestellt, dass das Sozialgericht schon sehr weit ist. Es sind nicht alle Bereiche so wie das Kammergericht in IT-Fragen aufgestellt. Insbesondere die Fachgerichtsbarkeiten Verwaltungsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, aber auch einzelne Bereiche der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind viel weiter. Das Sicherheitskonzept, das sie beim Sozi

(Senator Dr. Dirk Behrendt)

algericht haben und jetzt auch tatsächlich ins Werk gesetzt haben, ist, dass man die private IT und die dienstliche IT vollständig trennt. Das ist auch das Konzept, das wir für die ordentliche Gerichtsbarkeit haben. Die Kolleginnen und Kollegen beim Sozialgericht sind zwischenzeitlich alle mit dienstlichen Notebooks ausgestattet, wo sie zu Hause, in der Bibliothek oder an dritten Orten arbeiten und auf die IT im Gericht zugreifen können, auch auf die Duplexakten.

Denn die Zukunft ist die elektronische Akte nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Justiz. Von daher werden wir dann nicht mehr die Aktenstapel umhertragen müssen, sondern das wird alles über die IT ein bisschen zügiger gehen. Es gehört dazu, dass man dann – das ist in der Sicherheitsarchitektur ganz wichtig – keine Einträge mehr von außen hat, sei es per E-Mail mit Anhang oder sei es mit einem Stick, den man dort reinsteckt. Das ist die Zukunft, und das werden wir auch im Bereich des Kammergerichts berücksichtigen und machen. Der Kammergerichtspräsident hat die Eingänge bei den jetzigen Computern gesperrt. Aber das werden wir nicht in der nächsten Woche realisieren können, sondern das dauert, aber das ist die Sicherheitsarchitektur der Zukunft, dass die Richterinnen, Richter und andere, die auch Heimarbeit machen, mit dienstlichen PCs ausgestattet werden und sich dann nicht mehr mit Privat-PCs Kontaminierungsgefahren auseinandersetzen müssen. Das ist der heutige Standard, und den werden wir in der Justiz auch umsetzen.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Kollegen Kohlmeier. – Bitte schön!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Der Präsident des Kammergerichts, Herr Dr. Pickel, hat in der gestrigen Ausschusssitzung gesagt, dass er für die IT im Kammergericht verantwortlich sei. Können Sie mir sagen, wie Sie die Sonderrolle des Kammergerichts in den letzten Jahren im Hinblick auf die IT bewerten? Glauben Sie, dass das Kammergericht jetzt mit dem ITDZ auf einem Weg ist, um die Digitalisierung so weit voranzubringen, wie zum Beispiel beim Sozialgericht, wo schon heute digitale Aktenbearbeitung Usus und Standard ist?

Herr Senator, bitte schön!

Das Kammergericht hat, das kann ich auch aus Erfahrungen noch aus der Zeit vor meiner Amtsübernahme berichte, auch hier im Haus immer wieder sehr stark auf seine

Selbstständigkeit Wert gelegt, auch beim Betrieb der ITInfrastruktur. Die anderen Bereiche der ordentlichen Gerichtsbarkeit – das Landgericht, alle Amtsgerichte – sind schon seit sehr vielen Jahren beim ITDZ. Das Kammergericht hatte dort eine Sonderstellung, die sie in vielen Gesprächen aufrechterhalten wollten.

Sie sind allerdings jetzt, nach diesem Schadensereignis, zu der Erkenntnis gekommen, und darüber bin ich sehr froh, dass sie das nicht weiter fortsetzen, dass das nicht mehr zeitgemäß ist, sondern dass sie sich jetzt unter den Sicherheitsschutzschirm des ITDZ begeben. Dass der Kammergerichtspräsident diese Entscheidung getroffen hat, haben wir sehr begrüßt und unterstützt. Das ist der richtige Weg, dass man mit dem dortigen Sachverstand, mit der dortigen Kompetenz und auch mit der dortigen Flexibilität – es ist bemerkenswert, wie das ITDZ für einen Nicht-Kunden; das Kammergericht war bisher nicht Kunde des ITDZ – bereitstand. Auch den dortigen Kollegen bin ich sehr dankbar, dass sie eingesprungen sind, um hier den Notbetrieb aufzubauen. Das ist die Zukunft. Das werden wir weiter fortsetzen, der Sicherheitsschirm des ITDZ und die enge Zusammenarbeit mit den dortigen Experten.

Ich habe auch angekündigt, dass es einen externen ITExperten gibt, um das Kammergericht bei den anstehenden weiteren Prozessen zu begleiten, einmal die Ingangsetzung des neuen Netzes, aber auch bei der Fragestellung: Was machen wir mit den andere Anwendungen, die nicht in der SBC-Umgebung laufen? Wie wird die ganze Organisation, wie wird die Sicherheit dort neu aufgestellt? – Dafür gibt es externen Sachverstand für das Kammergericht, sodass ich Ihnen sagen kann, dass wir einen wichtigen, großen Schritt nach vorn machen, auch für das Kammergericht und die ordentliche Gerichtsbarkeit, dass wir dort in der IT zukünftig die Sicherheitsstandards haben werden, die wir uns in allen anderen Bereichen auch wünschen.

Vielen Dank, Herr Senator! – Dann haben wir die in meiner Erinnerung einmalige Situation, dass mit den gesetzten spontanen Anfragen die Zeit der Fragestunde abgelaufen ist – das wäre in einer Minute der Fall –, sodass wir nicht mehr zum Eindrücken für weitere Wortmeldungen kommen.

[Ronald Gläser (AfD): Gut gemacht! Frechheit!]

Wir kommen zu

lfd. Nr. 3:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf

(Senator Dr. Dirk Behrendt)

lfd. Nr. 3.1:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 36

Drogenberatungsstellen an Berlins Drogenumschlagplätzen einrichten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2360

[Unruhe]

Meine Damen und Herren, können wir den Lautstärkepegel im Raum vielleicht ein bisschen runterfahren? – In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier der Kollege Zeelen. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Berlin hat sich unter der Regierung von Rot-RotGrün weiter zur Drogenhauptstadt gemausert, in der Drogenkriminalität zunimmt und der -handel floriert. Drogenhandel und -konsum gehören an bestimmten Orten wie der Warschauer Brücke, dem Kottbusser Tor oder dem Görlitzer Park zum Alltag, und das scheint Sie kaum zu stören. Aber auch immer mehr neue Orte kommen dazu, mitten im Berufsverkehr kann man auch in meinem Heimatbezirk Reinickendorf offenen Handel, beispielsweise in der U8 oder U6, beobachten.

Während man oben für das Falschparken einen Strafzettel bekommt, scheint sich für schwere Straftaten in der UBahn kaum jemand zu interessieren. Es ist genau diese Ungleichbehandlung, die viele Menschen in dieser Stadt spüren und die das Bild Ihrer politischen Arbeit prägt.