Protocol of the Session on January 16, 2020

dem Dienstwagen mit Pyrotechnik beworfen worden. Ich will nicht noch weitere Beispiele aufzählen. Ich hoffe, dass alle diese fürchterlichen Taten ausermittelt werden, und die Täter ihre angemessene Strafe bekommen.

Wir müssen weiter feststellen, dass die Polizisten alltäglich mit Beleidigungen und Bedrohungen konfrontiert sind, mit Schmähungen, mit offener Feindseligkeit, sodass man sich fragt, was eigentlich die Ursachen für eine derartige Verwahrlosung in der Gesellschaft sind.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Eure Rückendeckung! – Zurufe von Christian Buchholz (AfD), Paul Fresdorf (FDP) und Holger Krestel (FDP)]

Die Verrohung der Sprache, die Enthemmung und die Brutalisierung gegenüber Repräsentanten des Staates, all dies ist unverkennbar. Unverkennbar ist aber auch, dass die gleichen Phänomene in anderen gesellschaftlichen Bereichen auftreten: in Fußballstadien, im Straßenverkehr, im Netz. Womöglich haben wir es mit mehreren, sich überlagernden Tendenzen zu tun, sowohl auf der horizontalen Ebene als auch im Verhältnis zwischen Bürger und Staat.

Bei dieser Analyse ist weiter zu beachten, dass der Alkohol eine wesentliche Rolle spielt. Ersten Untersuchungen zufolge sind mehr als die Hälfte der gewalttätigen Angreifer auf Rettungskräfte alkoholisiert.

[Sibylle Meister (FDP): Das ist doch kein Grund!]

Es stellen sich weitere Fragen zu den Ursachen dieser Feindseligkeit und Gewaltbereitschaft, etwa: Gibt es einen generellen Verlust an Respekt gegenüber öffentlichen Einrichtungen, wenn man bedenkt, dass selbst Ärzte in Krankenhäusern angegriffen wurden?

[Paul Fresdorf (FDP): Was gedenken Sie dagegen zu tun?]

Ich habe ja noch einen Moment Zeit, anders als mein Vorgänger, rede ich hier zu der Sache.

[Beifall bei der LINKEN – Heiko Melzer (CDU): Der war gut!]

Andere Faktoren wiederum dürften klar sein, etwa wenn es um politisch oder religiös motivierte Angriffe auf die Polizei oder den Staat insgesamt geht. Ganz sicher politisch motiviert dürfte der Anschlag auf das Auto des GdP-Sprechers Benjamin Jendro sein, den wir hier auf das Schärfste verurteilen.

[Allgemeiner Beifall]

Ob rechtsextrem oder linksextrem oder fundamentalistisch oder sonst irgendwie motiviert, wir werden all diesen Aktivitäten entgegentreten, da gibt es überhaupt kein Pardon.

[Christian Buchholz (AfD): Aber wie finanzieren Sie das?]

Ich fürchte, das Problem ist größer als bisher angenommen. Die Ursachen sind vielschichtig und nicht mit einer binären Logik – null oder eins, Schuld oder Nichtschuld, rechts oder links –, wie wir es sicher nachher wieder hören werden, zu erfassen, sondern wir brauchen mehrere Ansatzpunkte. Was fehlt ist eine wissenschaftliche Studie über die zunehmende Gewaltbereitschaft und Ausübung von Gewalt gegenüber Polizei und Rettungskräften, die uns vielleicht eine bessere Datenbasis für unsere Entscheidung liefern könnte.

[Christian Buchholz (AfD): Was soll die kosten?]

Ich gehe davon aus, dass meine Kollegen von der Koalition dazu auch noch Näheres ausführen können.

Weiter ist 2017 zu einem besseren Schutz vor Angriffen der eingeführte Tatbestand des § 14 Strafgesetzbuch, der Vollzugskräfte auch ohne Vollzugshandlungen in ihrer Eigenschaft als Vollzugskräfte seit 2017 besser schützt, konsequent anzuwenden.

[Mario Czaja (CDU): Das können Sie ja zusammen mit der AWO machen!]

Dabei wird es sehr darauf ankommen, dass dies möglichst im beschleunigten Verfahren geschieht. Diesen Fällen liegt oftmals ein einfacher Sachverhalt mit einer klaren Beweislage zugrunde, das ist der Fall für tatsächlich beschleunigte Verfahren. Das wäre ein Fortschritt, wenn wir hier zu schnelleren Ergebnissen in all diesen Fällen kämen.

[Paul Fresdorf (FDP): Wer könnte so etwas veranlassen?]

Ein Veranlassen gegenüber der Justiz, Herr Kollege, ist nicht ganz so einfach, aber daran werden wir arbeiten.

Mit großer Sorge stellen wir einen rasanten Anstieg beim sogenannten „kleinen Waffenschein“ fest. Die Zahl hat sich bundesweit in wenigen Jahren verdoppelt und auch in Berlin erheblich erhöht. Auch die Verwendung solcher Waffen zu Silvester nimmt erschreckend zu. Diese Waffen sind gefährlich, übrigens auch für den Halter selbst, denn sie sind von scharfen Waffen kaum zu unterscheiden. Es ist verboten, damit in der Gegend herumzuballern. Wir müssen prüfen, ob und wie wir die Möglichkeiten zum Erwerb solcher Schreckschusswaffen einschränken können, und ob dazu eine Verschärfung des Waffenrechts erforderlich ist oder nicht.

[Ronald Gläser (AfD): Das ist ja lächerlich! – Gunnar Lindemann (AfD): Verbieten ist ein besserer Weg!]

Wir haben dies bereits im Innenausschuss beraten und den Innensenator gebeten, diese Fragen zu prüfen und uns dazu zu berichten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Herr Kollege Zimmermann, ich frage Sie noch einmal, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe zulassen.

Okay, Herr Luthe, dann jetzt los!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank, lieber Kollege Zimmermann! Ich habe nur eine Frage, die sich, denke ich, auch viele andere Zuhörer stellen: Wer, wenn nicht die jeweils regierende, verantwortliche Gruppierung im Bereich des Innensenats trägt denn Verantwortung für die innere Sicherheit dieser Stadt und für die Entwicklungen?

Ja, die Verantwortung für die innere Sicherheit trägt die Politik, der Senat und die ihn tragende Koalition, und wir haben gesellschaftliche Bedingungen, auf die wir reagieren müssen. – Da stimme ich Ihnen völlig zu. Ich sage Ihnen nur, Ihre allgemeine Schuldzuweisung, wo die Ursache für bestimmtes Fehlverhalten in der Gesellschaft liegt, nämlich dass sie bei politischen Entscheidungen liegt, das ist zurückzuweisen, weil Sie die Ursachenforschung verweigern und es sich sehr einfach machen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Thorsten Weiß (AfD): Sie selber weigern sich aber! – Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Herr Zimmermann! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine zweite Zwischenfrage des Kollegen Buchholz von der AfDFraktion zulassen.

Nein, Herr Präsident, ich will hier wirklich den Gedanken ausführen, sonst wird das nicht deutlich.

[Mario Czaja (CDU): In der Frage sind wir uns einig!]

Ich bin ja gerade dabei, dass wir die Maßnahmen aufzählen, die gemacht werden müssen. Auf die Angriffe der Polizei und Feuerwehr zu Silvester haben wir bereits reagiert. Die Böllerverbotszonen haben sich bewährt, und dort, wo vor einem Jahr erhebliche Gewalt zu verzeichnen und zu beklagen war, hat sich die Situation durch diese Zonen befriedet. Das hat die Polizei geleistet. Das war ein erheblicher Aufwand. Jetzt werden wir untersuchen, ob eine Ausweitung dieser Verbotszonen möglich ist. Dabei muss klar sein, dass ihre Durchsetzung von

einem hohen Personaleinsatz abhängt, und wir nur gemeinsam mit der Polizei über weitere Zonen entscheiden können, aber auch dies soll zeitnah geschehen. Ich will aus Zeitgründen jetzt nicht über die ganzen Fragen der Ausstattung der Polizei, der Mittel, die wir bereitstellen, sprechen,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Auch besser so!]

dazu ist hier nicht die Zeit.

Ich will weitere Punkte nennen: Die Einführung von Bodycams ist eine weitere Schutzmaßnahme, die nach den Erfahrungen anderswo deseskalierend wirkt und von uns im ASOG-Entwurf auch vorgesehen ist.

[Marcel Luthe (FDP): Seit drei Jahren! – Karsten Woldeit (AfD): Liegt seit zweieinhalb Jahren vor!]

Ich glaube, das wird ein weiteres Element sein, den Schutz zu erhöhen.

Auch der Taser zeigt seine Wirkung in Konfliktsituationen. Wir werden die Erprobung in zentralen Polizeiabschnitten fortsetzen.

[Dr. Robbin Juhnke (CDU): Hättet ihr längst haben können!]

Als flankierende Maßnahme ist auch die Imagekampagne des Bundesinnenministers hervorzuheben, um tatsächlich den Einsatz und die Wertschätzung für Polizeikräfte und Rettungsdienste zu betonen.

Wir sollten nicht die Illusion nähren, als könnten wir einen Schalter umlegen und das Problem ist gelöst.

[Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

Keiner kann hundertprozentige Sicherheit herstellen, auch Sie nicht, verehrte FDP, auch wenn sich Ihr Herr Luthe hier groß in Pose setzt. Wir können uns nur darum kümmern, ein Höchstmaß an Sicherheit zu organisieren. Das genau ist unser Ziel.

[Paul Fresdorf (FDP): Dann los!]

Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Kurt Wansner (CDU): Das war peinlich!]