Protocol of the Session on November 28, 2019

Wenn Sie so einen Antrag stellen, würde ich auch das Prinzip befürworten: Wer bestellt, bezahlt. – Da fehlt, und das habe ich schon im Mai gesagt, das Preisschild. Sie müssen sagen, was dann die Stromanbieter bezahlen sollen, und letztendlich müsste sich der Berliner Senat bereit erklären, das zu finanzieren, denn es ist – und da hat mein Vorredner, Herr Schultze-Berndt, vollkommen recht – vor allem Sozialpolitik, über die wir dann reden, für Menschen, die selbst aus vielfältigen Gründen nicht in der Lage sind, ihre Stromrechnung zu bezahlen, obgleich es auch heute schon Härtefallregelungen und vielfältige Maßnahmen gibt, um es so weit überhaupt nicht kommen zu lassen. Das stört uns an diesem Antrag, denn das ist wohlfeil formuliert, und insofern können wir uns bei der Abstimmung auch nur enthalten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag – Drucksache 18/1877 – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen die AfD-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP – die Annahme mit geändertem Erstberichtsdatum „31. März 2020“. Wer dem Antrag mit geändertem Erstberichtsdatum „31. März 2020“ zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Koalition. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das ist die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP. Damit ist der Antrag so angenommen.

Ich rufe auf

(Dr. Stefan Taschner)

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 26

Bildungsintegration Geflüchteter voranbringen – OSZ als Lernorte stärken

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2257

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Abgeordnete Remlinger, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer wieder überrascht, dass ich so klein bin, oder es sprechen vor mir immer Riesen. – Es kommt nicht oft vor, dass wir am selben Tag zweimal über die berufliche Bildung sprechen. Vielleicht ist es gerade sinnfällig vor dem Hintergrund, was wir vorhin diskutiert haben, dass wir jetzt als Koalition und ich für die Koalition und für uns Grüne den Antrag begründen möchte, warum wir die Oberstufenzentren stärken wollen, und zwar geht es uns gerade um die Aufgaben, die ich vorhin schon beschrieben habe, nämlich die Aufgaben, die die Oberstufenzentren jenseits der Eigenschaft als Schulen im Kontext der dualen Ausbildung haben.

Gerade angesichts unserer Diskussion frage ich Sie alle noch mal, ob Sie sich jemals ernsthaft gefragt haben, wo denn die jungen Menschen, die Schülerinnen und Schüler bleiben, die nicht studieren und die keine Ausbildung machen. Eine Ausbildung direkt nach der Schule machen in Berlin weniger als zehn Prozent. Haben Sie sich jemals gefragt, wo die unterkommen, die nicht studieren, keine Ausbildung machen, das Studium abbrechen oder die Schule abbrechen und keinen Abschluss haben, oder wo die jungen Geflüchteten, die erst mit 16 Jahren zu uns kommen, sind und was die machen? – Ja, die Oberstufenzentren fangen sie auf. Die Oberstufenzentren geben jedem eine zweite und eine dritte Chance, und die Oberstufenzentren sind für uns wie ein Fels in der Brandung in den rauen Gewässern der Berliner Bildungslandschaft. Sie sind ein äußerst wichtiger Anker für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ohne die Oberstufenzentren und das, was sie für die Jugendlichen leisten, für die die Allgemeinbildung nicht gut lief oder nie eine Chance war, hätten wir ganz andere gesellschaftliche Probleme, und deshalb wollen wir die Oberstufenzentren stärken.

[Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE), Stefanie Fuchs (LINKE) und Udo Wolf (LINKE)]

Wir haben ein paar sehr konkrete Punkte aufgeschrieben, die mit der letzten Gruppe, die ich genannt habe, den jungen Geflüchteten, zu tun haben. Dazu gehört, dass wir die Sprachförderung ausbauen wollen und dass das Land Berlin – und da sind wir ja auch auf einem guten Weg

wie bei vielen Punkten, die wir hier nennen – die Sprachförderangebote, die das BAMF macht, ergänzen muss. Es geht darum, sie passgenauer zu machen, sie zu individualisieren, denn es ist ein riesiger Unterschied, ob ein Mensch, eine junge Frau, ein junger Mann, ein junger Erwachsener mit drei Sprachen und einer Arztausbildung nach Deutschland kommt und nur kein Deutsch kann oder ob ein junger Mensch noch nie eine formale Bildung genossen hat und erst alphabetisiert werden muss. Da reichen die Angebote des BAMF nicht. Und es ist auch wichtig, dass wir, wenn wir es nicht erreichen, eine Einigung beim BAMF hinzubekommen, das selber ergänzen, um diese Kurse an den Oberstufenzentren anzubieten. Denn es geht auch um praktische Dinge – und darüber haben wir hier schon einmal diskutiert –, denn es macht einen riesigen Unterschied, ob ich an einem Tag an drei verschiedenen Orten in der Stadt lernen muss oder vor Ort auch meinen Sprachkurs haben kann.

Wir wollen außerdem die Bildungsberatung verstärken. Ich glaube, das ist unmittelbar einzusehen, denn schon geborene Berliner finden es nicht einfach, das Berliner Bildungssystem zu verstehen und die richtige Schule für ihr Kind zu wählen, und insofern haben Menschen, die erst kurz in Deutschland sind, in dieser Hinsicht einen noch größeren Beratungsbedarf. Verbinden wollen wir das mit einer besseren Diagnose, ich sage mal, beim Erstkontakt: Welche Lernerfahrung, wie viel formale Vorbildung ist da? –, um besser sortieren zu können, wo die richtige Schule ist, an die die Jugendlichen geschickt werden. Dazu wollen wir die Clearingstelle verstärken. Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht – und wollen auch das verstärken – mit Bildungsbegleitung dieser jungen Menschen, die durchaus auch zur Sprachförderung beitragen kann und etwas ist, was mich fast zu meinem letzten Punkt bringt.

Vorschieben möchte ich aber, dass uns der Punkt wichtig ist, dass eine unglaublich wichtige Voraussetzung dafür ist, sowohl für die Pädagoginnen und Pädagogen als auch für die Schülerinnen und Schüler selbst, dass die Aufenthaltsfrage geklärt ist, denn ich kann nicht vernünftig lernen, mich konzentrieren und auch die Pädagoginnen und Pädagogen sind frustrationsanfällig, wenn sie all ihre pädagogische Leidenschaft an junge Menschen investieren, die dann vielleicht eine Woche später weg sind.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wenn die Fraktionsvorsitzende nicht zuhört! Haben Sie völlig recht!]

Deshalb möchten wir alle Möglichkeiten für eine Ermessensduldung ausschöpfen. Das ist dann realistisch, wenn wir – – Da haben wir vielleicht einen Anknüpfungspunkt an den Antrag der FDP heute früher am Tag, wo wir sagen: Wenn es eine realistische Perspektive für ein erfolgreiches Leben in Deutschland gibt, eine realistische Perspektive für einen erfolgreichen Bildungs- und Ausbildungsabschluss – – In der Tat ist es hocherfreulich, dass der berufsvorbereitende IBA-Bildungsgang in

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

zwischen so gute Erfolgsquoten hat, dass man mit dem Ausländeramt darüber sprechen kann – sehr gute Anschlussquoten eben hat. Mehr als zwei Drittel schaffen da einen Bildungsabschluss. Ungefähr ein Viertel der jungen Geflüchteten geht in Ausbildung. Das sind mehr, als von den allgemeinbildenden Schulen kommen und in Ausbildung gehen. Ich glaube, dass das ein unglaublich wichtiger Schritt ist, diesen Aufenthaltsrahmen vernünftig so zu bauen, dass überhaupt gut gelernt werden kann.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ja, da kann man ruhig mal klatschen, danke schön!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Sie dreht sich doch die ganze Zeit um und redet!]

Ich sehe das aber auch immer als Vertrauen, wenn sie mich einfach reden lassen!

[Heiterkeit und Beifall bei der AfD und der FDP]

Abschließend möchte ich sagen, dass diese Punkte, die wir haben, wenn wir sagen, dass es individueller und passgenauer gestaltet werden muss, für diese unorthodoxeren Bildungs- und Lebensbiografien, die die Geflüchteten mitbringen, dann gilt es selbstverständlich auch – –

Frau Kollegin! Sie müssen langsam zum Ende kommen.

Letzter Satz! – Das gilt auch für alle lange ansässigen jungen Menschen. Was wir vorschlagen, sind Maßnahmen, die die Oberstufenzentren – wir haben mit ihnen gesprochen – gut finden, ihnen bei der Qualitätsentwicklung helfen, insgesamt helfen, jedem jungen Menschen besser gerecht zu werden, gerade allen Jugendlichen – und davon gibt es, wie gesagt, Tausende –, bei denen die Allgemeinbildung nicht so richtig gut geklappt hat. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion der CDU hat das Wort Herr Abgeordneter Stettner. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Frau Remlinger! Wir haben auch Vertrauen, Sie reden zu lassen. Das können Sie gerne weiterhin tun. Aber ich habe leider immer noch nicht genau verstanden, was Ihr Antrag soll. Ich habe darüber nachgedacht, was Sie eigentlich mit diesem Antrag wollen, habe Ihnen aufmerksam zugehört und weiß es immer noch nicht. Also ich weiß, dass Sie in der Bildung Sozialpolitik betreiben und

keine Bildungspolitik, indem sie kostenlos Mittagessen ausgeben, Kitas kostenlos machen und glauben, das sei Bildungspolitik.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Hier habe ich den Eindruck, Sie versuchen, die OSZs zu stärken. Das schreiben Sie oben rüber, machen aber eigentlich Integrationspolitik oder Flüchtlingspolitik, denn das ist da eigentlich drin und keine Bildungspolitik.

Jetzt versuche ich mal, eines rauszunehmen, was sinnvoll wäre: Oberstufenzentren stärken. Da haben wir heute – – Sie haben den Bezug zum Antrag der FDP selbst hergestellt, wobei ich immer noch nicht verstehe, warum Sie mir unterstellen, dass ich Erzieher für keine marktrelevante Berufsgruppe halte. Das haben Sie eben gerade gesagt. Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass das ganze Feld von hier nach rechts rüber nicht der Meinung wäre, dass Erzieher sinnvoll sind? Das müssen Sie mir noch mal erklären, warum Sie das eben erzählt haben und woher Sie den Gedanken nehmen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Zum Thema Vorurteile vielleicht mal ein bisschen Selbstreflektion! – Also OSZ stärken: Wir haben gerade darüber diskutiert, dass wir ein Umsetzungsproblem haben, dass wir eine Evaluierung brauchen, dass wir genau herausfinden müssen, was denn zu verbessern ist. Das haben wir heute ausgiebig diskutiert. Es macht jetzt keinen Sinn, Geld in irgendwelche Maßnahmen zu investieren, die vorher nicht durchdacht worden sind. Genau das wollen Sie hier aber tun. Aus diesem Grund ist das zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, sondern es macht Sinn zu sagen: Wir gucken uns das an. Was ist wirklich zu machen? – All das, was wir heute schon besprochen haben! Dann haben wir Ergebnisse, und dann machen wir das. Das wäre ein sinnvolles Vorgehen. Sie drehen es wieder andersrum.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Die sind schon da, Herr Stettner!]

Beim Thema Flüchtlinge, das Sie als zweites Thema hier haben, suchen Sie eine Ausweitungsmöglichkeit des Status. Sie wollen die Altersgrenze erhöhen und finden keine Antwort darauf, wie Sie mit den fehlenden Kapazitäten umgehen wollen. Wir haben jetzt schon Lehrermangel und Raummangel. Wir haben jetzt Organisationsdefizite. Sie kriegen es nicht organisiert, sagen Sie selbst, haben wir festgestellt. Sie sind seit 24 Monaten nicht in der Lage, die Ergebnisse einer Kommission umzusetzen, und dennoch wollen Sie noch mehr hineinbringen. Das ist beides so nicht sinnvoll.

Was aber sinnvoll wäre, das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal syrische Flüchtlinge ausgebildet oder in Arbeit gebracht und ihnen Deutschkurse gegeben haben. All das ist bei mir der Fall. Was sinnvoll ist, ist, mit Unternehmen zu sprechen, mit Unternehmern und Ausbildern zu sprechen, die

(Stefanie Remlinger)

Sie gerade als die schlimmen Wirtschaftsleute nach links weggeschoben haben, mit denen man das nicht tun kann, mit Unternehmern zu sprechen, die Ausbildungserfahrung haben und sie on the Job in Deutsch ausbilden. Das ist sinnvoll. Das bringt am meisten. Und das hilft auch den Flüchtlingen am meisten. Das wäre ein sinnvoller Weg.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aus diesem Grunde werden wir diesem Antrag so nicht zustimmen können. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Buchner. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Stettner! Um den Antrag mal ein wenig zu erklären: Er ist gar nicht so weit in seinem Kerngehalt von dem entfernt, was ausgerechnet Sie und Ihre Fraktion im letzten Bildungsausschuss beantragt haben. Da war nämlich die Überschrift: Qualität der Integrationskurse stärken. – Und das ist eines der zentralen Anliegen dieses Antrags. Es ist einiges gesagt worden.

Dass wir geflüchteten Menschen in unserer Stadt helfen wollen und müssen, in Bildung und Beruf anzukommen, ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Klar, der Erwerb der deutschen Sprache bildet dabei die Grundlage und Voraussetzung, einen beruflichen Abschluss zu schaffen. Die vom Bundesamt für Flüchtlinge, das bekanntlich dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, angebotenen Sprachkurse haben sich nicht als geeignet für alle Gruppen herausgestellt, einerseits weil die geforderte Zugangsvoraussetzung das Niveau B1 ist und andererseits ein abgeschlossener Integrationskurs erforderlich ist. Das war für viele Geflüchtete noch nicht erreichbar. Auf der anderen Seite ist das Problem, dass diese BAMF-Kurse nur an acht Stellen in der Stadt stattgefunden haben.