Protocol of the Session on January 26, 2017

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Und ich möchte auch nicht, dass meine drei schulpflichtigen Kinder Eigenbedarf entwickeln. Darauf zielt meine Erziehung jedenfalls ab.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Benedikt Lux (GRÜNE): Mit welchen Methoden? – Martin Trefzer (AfD): So ist es!]

Das sehen übrigens auch viele andere besorgte Eltern hier in Berlin so. Eine Aufweichung der Drogenpolitik hätte negative Auswirkungen vor allen Dingen auf die Schwächsten unserer Gesellschaft – die Kinder, die Jugendlichen, die Heranwachsenden. Der Gruppendruck für Drogenkonsum würde sich erhöhen. Und wir wissen doch, soweit Sie Kinder haben, dass Gruppendruck auch psychologisch auf sie wirkt. Erstanwender würden in vermehrter Zahl angesprochen, und zwar diejenigen, die bisher aufgrund des Drogenverbotes davon Abstand ge

nommen haben, den Konsum von Cannabis in Erwägung zu ziehen – Gott sei Dank!

Diese Diskussion wird leider auch von Verharmlosung geprägt. Die Behauptung, der Konsum sei harmlos und medizinisch folgenlos, ist schlichtweg unzutreffend! Während der Wirkungsdauer beim Konsum ergeben sich Reaktions- und Konzentrationsvermögensreduzierungen, Verringerung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit, was fatal ist, wenn junge Menschen und Kinder im Straßenverkehr unterwegs sind, Leistungsprobleme, Teilnahmslosigkeit, Aktivitätsverlust und längerfristig psychische Abhängigkeit, Psychosen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Die Techniker Krankenkasse hat uns in einer Studie bekannt gegeben, dass die Zahl derjenigen, die aufgrund eines regelmäßigen Cannabiskonsums stationäre Hilfe in Berliner Krankenhäusern in Anspruch nehmen mussten, sich vervielfacht hat. Von 150 im Jahr 2000 auf 680 im Jahr 2010. Berlin ist ein besonderes Problem. Hier ist der Drogenkonsum fast doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Wir müssen auch beachten, dass jeder Abnehmer auch einer ist, der den illegalen Markt und die Drogenkriminalität fördert. Der Anbau, die Herstellung und der Handel mit Betäubungsmitteln ist nach § 29 Betäubungsmittelgesetz verboten. Eine Liberalisierung des Konsums führt dazu, dass auch der Verstoß gegen diese bundesrechtliche Strafvorschrift erhöht wird. Deswegen sind wir der Auffassung, dass wir den Kurs, den Sie von der rot-rotgrünen Linkskoalition offenbar anzustreben versuchen, in der Stadt nicht zulassen dürfen, denn wir haben eine Verantwortung für die Jüngsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft. Deswegen sind wir nach wie vor der Auffassung, dass zu einer vernünftigen Drogenpolitik Prävention gehört, Therapie, aber auch Repression, das heißt gesetzliche Untersagung des Drogenkonsums. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Isenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dregger! Wenn Sie einmal wieder mit Ihren Kindern nach Bayern zu den Bierfestzelten fahren, sagen Sie Ihrer Parteifreundin, der Bundesdrogenbeauftragten Mortler, sie soll sich um die bayerischen Kampftrinker kümmern, statt hier einen Mythos aufzubauen, was die Cannabisdiskussion betrifft.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Bernd Schlömer (FDP)]

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Wir werden in dieser Koalition das Land voranbringen. Wir werden eine moderne Prävention und Drogenpolitik aufsetzen, die dem Individuum hilft, anstatt tausendfach Nutzerinnen und Nutzer auch von Cannabis zu kriminalisieren. Herr Henkels Verbotspolitik mit der Nulltoleranzzone in den Parks ist gescheitert. Kein Jugendlicher hat deswegen weniger konsumiert. Kein Erwachsener hat weniger konsumiert. Im Gegenteil! Sie vergeuden polizeiliche Einsatzstunden. Die Polizei selbst sagt, dass das Instrument nicht wirkt. Warum sollen wir ein nicht wirksames Instrument beibehalten, wenn es auch gesundheitspolitisch völlig deplatziert ist?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir werden stattdessen das tun, was Ihr Gesundheitssenat vernachlässigt hat. Wir werden hier eine Präventionspolitik aus einem Guss aufbauen. Das bedeutet ganz klar, dass wir uns Sorgen natürlich auch um die Kinder von Eltern machen, natürlich auch um die Nichten und Neffen und unsere bekannten Jugendlichen. Wir wollen auch nicht, dass die Quote der Cannabiskonsumierenden gerade im Jugendalter hoch ist. In der Tat ist es dort ein Problem. Wenn das Gehirn noch nicht ausgereift ist, ist jede Pflanze Cannabis, die aufgeraucht wird, eine Pflanze zu viel. Das muss man ganz deutlich sagen. Wir haben leider die Situation in Deutschland und in den Metropolen, dass das Einstiegsalter zum Konsum 16,7 Jahre – und auch weniger – beträgt. Dieser Trend muss gestoppt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber so, dass er fachlich wirkt und nicht nur ideologisch.

Wenn alle Fachstellen für Suchtprävention in allen Bundesländern, wenn die Hauptstelle für Suchtgefahren des Bundes sagt, dass die von Ihnen propagierte Kriminalisierung, die Überbetonung der Repression, verhindert, dass Präventionspolitik bei Zielgruppen ankommt, dann müssen wir umdenken. Wir müssen den Menschen in den Mittelpunkt setzen und in den Schulen mit Programmen arbeiten, die wirkungsvoll sind und wirken. Das werden wir in dem Aktionsprogramm Gesundheit mit einem eigenen Handlungsfeld Sucht aufbauen. Die Fachstelle für Prävention muss hier weiter gestärkt werden.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Und noch einmal: Wir werden Cannabis nicht legalisieren, wie Sie es unterstellen. Wir werden den Jugendschutz sogar mit dem, was ich gesagt habe, stärken. Keiner wird hier in Berlin in den nächsten Jahren erlauben, dass für Cannabis geworben wird. Keiner wird erlauben, dass die Altersgrenzen verringert werden. Im Gegenteil! Wir werden ein wissenschaftlich kontrolliertes Modellprojekt hier ausbauen, damit die Berlinerinnen und Berliner auch zukünftig sicher sein können, wie dieser Markt reglementiert werden muss.

Wir wollen keinen freien Markt für Cannabis. Wir werden prüfen, wie für Erwachsene, die konsumieren, hier sogar noch die Gesundheit gestärkt werden kann, wenn sie schon Cannabis konsumieren. Der Dealer wird ar

beitslos, die Verbraucherinnen- und Verbraucher, die erwachsen sind, werden in ihrer Konsumkompetenz gestärkt. Die Präventionspolitik wird parallel gestärkt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Insofern ist Ihr Antrag völlig überflüssig. Wir reden nicht von einer Legalisierung von Cannabis in ganz Berlin. Wir reden von einer emanzipatorischen Drogenpolitik. Diese bedeutet die Abschaffung der als Negativbeispiel erwiesenen Nulltoleranzzonen in Parks für erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten.

Derjenige, der als Jugendlicher auf Partysettings die Nacht durchtanzt und sich Pillen einwirft, muss auch eine Möglichkeit haben, von den Präventionsangeboten erreicht zu werden. Deswegen werden wir Drugchecking einführen, damit hier die Eltern noch auf der sichereren Seite sind, als sie es momentan sind.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das werden wir gemeinsam mit den Schulen, mit den Elternverbänden, mit der ganzen Stadtgesellschaft entwickeln. Ich lade Sie ein, kommen Sie zu den anstehenden Ausschussanhörungen! Kommen Sie zu den Veranstaltungen! Überzeugen Sie sich! Kehren Sie ab als Union insbesondere von Ihrer diesbezüglich ideologisierten Gesundheitspolitik! Wir brauchen eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik, die auf der Höhe der Zeit ist. Ihre Argumentation ist auch wissenschaftlich nicht haltbar. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Kollege Weiß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Isenberg! Zu dem immer vorgebrachten Argument, bei einer Liberalisierung von Cannabiskonsum würden die Drogendealer alle verschwinden: Ich bezweifle ernsthaft, dass die alle von einem Tag zum anderen umschulen und Buchhalter werden. Laut einer US-Studie der DukeUniversity in Durham stand bereits im Jahr 2012 fest: Kiffen macht dumm. Cannabiskonsum schädigt nachweislich und unwiderruflich das zentrale Nervensystem und kann den Intelligenzquotienten senken.

[Sven Kohlmeier (SPD): Oh!]

Dass dies teil dramatische Folgen haben kann, zeigt sich zum Beispiel am rot-rot-grünen Koalitionsvertrag.

[Beifall bei der AfD und der FDP – Lachen von Regina Kittler (LINKE): Das ist etwas für eine Comedy-Sendung!]

Die alarmierenden Zahlen, die sich aus den Umfrageergebnissen des uns vorliegenden Antrags ergeben, zeigen, dass bei weiten Teilen der Bevölkerung kein ausrei

(Thomas Isenberg)

chendes Wissen über die Gefährlichkeit von Cannabis vorliegt. Dass hier ein Mangel an Drogenaufklärung die Hauptrolle spielt, liegt auf der Hand und wird durch diese Umfrageergebnisse bestätigt.

Geschürt wird dieses Problem durch eine Verharmlosung von Cannabis im öffentlichen Raum, welche über Gerüchte und Hörensagen dazu geführt hat, dass die vermeintliche Harmlosigkeit von Cannabis längst zu einem Bestandteil einer schwammigen Form von Allgemeinbildung gehört. Dass bei der Entstehung solcher Gerüchte auch immer bestimmte Interessensgruppen ihre Finger im Spiel haben, lehrt uns doch beispielsweise das jahrzehntelange selbstsüchtige Bestreben der amerikanischen Tabakindustrie, die Gefahren des Rauchens zu verleugnen.

Wissenschaftlich erwiesen ist übrigens auch, dass Cannabiskonsum besonders das sich noch in der Entwicklung befindliche Gehirn von Kindern und Jugendlichen schädigt. Es steht außer Frage, dass Rot-Rot-Grün davon profitieren würde, jedoch gebe ich zu bedenken, dass dies keineswegs die Blaupause für eine erfolgreiche Jugendpolitik ist.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Cannabisverharmloser treiben eindeutig ein falsches Spiel, wenn sie romantisieren, es ginge ihnen um die Gewährung von Freiheiten für den mündigen Bürger. Für sie steht doch wohl eher im Vordergrund, die gesetzlichen Hemmungen ihrer eigenen Drogenvorlieben abzubauen. Dass die Cannabislegalisierung hier nur als Türöffner einer umfassenden Drogenlegalisierung fungieren soll, geht beispielsweise klar aus der drogenpolitischen Position der Linken hervor, die eben genau das fordert. Heute ist es die Cannabispflanze im Wohnzimmer und der Feierabendjoint, morgen die Ecstasypille vor der Feier am Wochenende, und im Handumdrehen muss sich niemand mehr für Skandale im Stile der Causa Volker Beck oder die rechtstaatliche Bankrotterklärung im Fall des Görlitzer Parks rechtfertigen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Marcel Luthe (FDP) – Bravo! von der AfD]

Unstrittig hingegen ist, dass Cannabis zur Minderung medizinischer Beschwerden heute effektiv eingesetzt wird. Zugegeben! Solange wir jedoch rot-grüne Politik nicht endlich auch als geistige Verwirrung anerkennen können, lässt sich leider nicht herausfinden, ob der Konsum von Cannabis auch dagegen wirkt.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Welche Droge haben Sie denn geschluckt?]

Eine mit einer Liberalisierung einhergehende Drogenpolitik würde missachten, dass bei weiten Teilen der Bevölkerung mangelnde Aufklärung in Bezug auf Cannabis und härtere Drogen besteht. Oft mangelt es gerade Jugendlichen und Kindern an der Fähigkeit oder elterlichen

Hilfe für einen sicheren Umgang mit Drogen, wie sich bereits am Beispiel des Alkohols zeigt.

Ich finde es schön, dass der Kollege das mit dem bayerischen Kampftrinker gerade auch noch mal angesprochen hat. Ich werde kurz darauf eingehen. Gerne wird nämlich von Cannabisbefürwortern argumentiert, dass eine Ungerechtigkeit darin bestehe, dass Cannabis mit sogenannten harten Drogen in eine Schublade gesteckt und verboten werde, während Alkoholkonsum legal und dadurch rechtlich verharmlost sei. Umgekehrt wird jedoch ein Schuh draus! Alkohol ist seit Jahrtausenden in Europa etabliert, und dennoch wird immer wieder leichtfertig damit umgegangen. Heutzutage füllen Jugendliche viel zu oft ihre Freizeit mit Saufeskapaden und landen mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Viele Eltern scheinen der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, ihre Kinder vor solch einem Lebensstil zu bewahren, weshalb der erste Vollrausch schon vor der Pubertät einsetzt. Aus solchen Erfahrungen mit einer legalen Droge kann unmöglich der Schluss gezogen werden, dass das Angebot an Rauschgiften am freien Markt vergrößert werden sollte. Prävention und Aufklärung sind gefragt und nicht die Verführung der Jugend zum Drogenkonsum! – Danke!

[Beifall bei der AfD – Thomas Isenberg (SPD): Das will doch niemand! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Klugscheißer mit Kraftmeierei!]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Schrader das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Weiß! Sie behaupten, Kiffen macht dumm. Ich glaube, Sie schaffen das auch ohne.

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Oder Sie haben gerade richtig einen durchgezogen, ich weiß nicht, aber dümmer geht es eigentlich nicht.

[Oh! von der AfD – Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Ich komme zum Antrag. In dem Antrag steht im Grunde nur: Liebe Koalition, ändert an der Drogenpolitik bitte nichts! – Verehrte CDU-Fraktion! Sie können ja anderer Meinung sein als wir, aber dann schreiben Sie doch bitte in ihren Antrag, welche eigenen Ideen sie haben! Wenn Sie so Oppositionspolitik machen wollen, dann haben wir fünf Jahre ein schönes Leben. Machen Sie ruhig weiter so!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

(Thorsten Weiß)