Protocol of the Session on October 31, 2019

[Marc Vallendar (AfD): Passen Sie auf, dass Sie keine falschen Zitate verwenden!]

Wir haben hier weiter noch z. B. die Aussage Ihres AfD- Mitarbeiters im Bundestag, Herrn Grauf:

Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen.

Ich habe hier die Aussage von einem Herrn Roland Ulbrich, Mitglied des Landtags in Sachsen:

Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?

Für die Wiedereinführung des Abstammungsprinzips setzte sich Ihre Frau von Storch ein. Und Herr Frohnmaier, Mitglied des Deutschen Bundestages, kündigte schon mal an:

Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, …

Was sind das für Ansagen? Das sind Aussagen, die man sehr gut dem Totalitarismus zuordnen kann. Da können Sie hier erzählen, was Sie wollen. Ihnen werden wir nicht glauben und auf den Leim gehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Wollen Sie so den Kommunismus aufrechnen? Das ist lächerlich! – Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD) – Weitere Zurufe von der AfD]

Für die FDP-Fraktion hätte dann der Kollege Förster das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist ja schon von den Vorrednerinnen und Vorrednern darauf hingewiesen worden, dass dies eine Debatte ist, die eigentlich den Bundestag beschäftigen sollte und beschäftigt, aber nicht originär in das Abgeordnetenhaus gehört, jedenfalls nicht dann, wenn man der Meinung ist, dass die Bundesebene das zu erledigen hätte und auch für dieses Mahnmal zu sorgen hat. Das ist, glaube ich, auch der richtige Ort. Ich will es unmissverständlich sagen: Auch die FDP-Fraktion unterstützt auf Bundesebene diese Form des Gedenkens und die Errichtung des Mahnmals. Unsere Generalsekretärin Linda Teuteberg, die ja in der Bundestagsfraktion für diesen Bereich zuständig ist, hat sich dazu auch unmissverständlich und klar positioniert. Insofern ist das Beschlusslage unserer Partei und auch der Fraktion und muss nicht noch mal auf Abgeordnetenhausebene bekräftigt werden.

[Beifall bei der FDP – Martin Trefzer (AfD): Dann helfen Sie doch in Berlin!]

Wo das Problem ist, das können Sie ja auf Bundesebene gern mal thematisieren. Das Land Berlin ist jedenfalls nicht in der Verantwortung, Beschlüsse, die der Bundestag noch nicht abschließend getroffen hat, zuvor umzusetzen.

Aber ich will gern das Thema des Gedenkens an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft aufgreifen. Das ist doch mit einem Denkmal, das man in die Landschaft stellt, viel zu knapp gegriffen. Wir alle sind doch in der Verantwortung und können diese auch gern wahrnehmen, anlässlich des Datums „30 Jahre Friedliche Revolution“ z. B. dafür zu sorgen, dass in den Bezirken die Erinnerung wachgehalten wird und stärker präsent ist. Ich habe es an dieser Stelle nicht zum ersten Mal gesagt: Gedenken ist in Berlin im wesentlichen Bezirkssache, in einigen Punkten auch Landesangelegenheit, aber im wesentlichen doch Bezirkssache. Da könnten die Bezirke zum Teil auch noch aktiver werden.

Ich kann nur sagen – und da erwähne ich gern noch mal meinen Heimatbezirk Treptow-Köpenick –: Wir haben Gedenktafeln und Straßenbenennungen, die z. B. an die Streikführer des 17. Juni erinnern. Man denke an Siegfried Berger, den Streikführer vom Funkwerk Köpenick. Man denke an den Gedenkstein an dem Ort, wo der Dampfer mit den streikenden Bauarbeitern im Juni 1953 am Ausflugslokal „Rübezahl“ haltgemacht hat. Wir haben Straßen, die nach Maueropfern benannt sind: Nach dem letzte Maueropfer, Chris Gueffroy – da war ich nicht ganz unbeteiligt, dass diese Straße so benannt wurde –,

(Regina Kittler)

nach dem Maueropfer Lutz Schmidt in Altglienicke. Auch das ist Vorbild für andere Bezirke, diese Form des Gedenkens zu wählen.

Wir haben auch zahlreiche Informationstafeln, die z. B. an Maueropfer erinnern, an die beiden getöteten Kinder, die beim Spielen an der Kiefholzstraße in BerlinBaumschulenweg in das Feuer der Grenzsoldaten gerieten und denen man nachher nicht einmal eine würdige Bestattung zukommen ließ und wo den Eltern und Angehörigen ganz andere Geschichten erzählt wurden, wie sie denn umgekommen seien – ertrunken seien oder so ähnlich. Das sind alles bewegende Schicksale, und die gehören aufgearbeitet, auf die gehört hingewiesen, und da muss im öffentlichen Straßenland auch Erinnerung sichtbar sein.

An die AfD-Fraktion: Wenn Sie auf diese Punkte hingewiesen hätten, dann hätte man möglicherweise über alle Fälle diskutieren können, wo man Gedenken im öffentlichen Straßenland hätte vervollständigen können. Das haben Sie aber nicht. Sie führen abstrakt eine Debatte über ein Denkmal, das im öffentlichen Straßenland steht, das hilft aber im Konkreten bei der Erinnerungskultur nicht weiter.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Insofern, das will ich an dieser Stelle gern noch einmal als Appell an die Bezirksverordnetenversammlungen, an die Kulturausschüsse der BVVen geben und richten, sich daran zu orientieren, solche Biographien zu erforschen. Wir werden nicht für jedes Maueropfer und für jeden, der in der DDR an Aktionen oder am Widerstand gegen das SED-Regime beteiligt war, ein Denkmal errichten, bzw. an ihn erinnern können. Wir können aber exemplarisch für die verschiedenen Epochen – ich sage mal, die NKWD-Keller, der Volksaufstand am 17. Juni 1953, der Mauerbau am 13. August 1961, bis hin zur Friedlichen Revolution 1989 – erinnern und können auch das Gedenken entsprechend pflegen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Abgeordneten Wild?

Bitte, Herr Wild, Sie haben das Wort!

Herr Förster! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, lehnen Sie kollektives Gedenken an Mahnmalen grundsätz

lich ab oder nur das Gedenken für die Opfer der kommunistischen Herrschaft?

Nein! Ich hatte ja darauf hingewiesen – Ihre intellektuellen Defizite, Herr Wild, sind nicht mein Problem –,

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

dass die Erinnerung für dieses Mahnmal bzw. in Form des Mahnmals für die kommunistische Gewaltherrschaft in dem Fall Bundesangelegenheit ist und das Land Berlin nicht zu beschäftigen braucht, dass das Land Berlin aber genug Möglichkeiten hat, zum Beispiel im Rahmen der Erinnerungsarbeit in den Bezirken, eben auch an Maueropfer, an Opfer oder Gegner der SED-Diktatur, an den Streikführer des 17. Juni 1953 zu erinnern oder an Menschen, die in NKWD-Kellern saßen. Darauf habe ich hingewiesen, und dass Sie ein Problem haben geschichtlich korrekt zu arbeiten. Sie glauben ja auch, die blaue Kornblume sei irgendetwas, was man im nächsten Gartenmarkt kaufen kann und vollkommen unpolitisch sei. Das ist dann aber nicht mein Problem. Wir haben Geschichtskenntnisse. Wir wissen, wie Sie denken, und wir können das auch entsprechend einordnen.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wenn man den Strich unter diese Debatte macht: Es ist ein Thema, über das wir im Abgeordnetenhaus in Form dieses Antrags nicht zu entscheiden haben, was auf Bundesebene zu Ende diskutiert werden muss, was auch wohlüberlegt sein muss, denn wir kennen ja die Debatten um die Einheitswippe, die aus meiner Sicht erstens am falschen Standort steht und zweitens in der Ausgestaltung nicht so gelungen ist. Darüber kann man trefflich streiten. Aber diese Fragen, die wir immer hinterher diskutieren, wenn solche Entscheidungen getroffen worden sind, lassen doch vermuten, dass wir uns vorher etwas mehr Zeit nehmen sollten, das zu diskutieren, auch die Fragen: Wie sieht es aus? Wer pflegt das? Wie wird es instandgehalten? – Das sind Fragen, die bei Kunst gerne vergessen werden. Es wird hingestellt und hinterher nicht weiter gewartet oder nicht weiter gepflegt. Diese Fragen muss man klären, auf Bundesebene, da, wo es hingehört. Wir können gern in Berlin weiter daran arbeiten, eine breite Gedenkkultur auch für diese Zeitepoche der deutschen Geschichte zu pflegen und zu bearbeiten, aber einen AfDAntrag brauchen wir dafür nicht. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN]

Der fraktionslose Abgeordnete, Herr Wild, hat eine Zwischenbemerkung angemeldet.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Zu seinen geistigen Defiziten!]

(Stefan Förster)

Frau Präsidentin, schönen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal grundsätzlich festhalten: Wir sind als AfD eine relativ neue Partei und wir haben auf der Seite der Grünen Protagonisten, die früher die Pädophilie wertschätzten.

[Anne Helm (LINKE): Sie müssen auf Ihren Vorredner eingehen!]

Wir haben auf Seiten der Linken – –

Sie müssen sich auf Ihren Vorredner beziehen, Herr Wild, sonst wäre es keine Zwischenintervention.

Wir haben auf Seiten der Linken die Nachfolger der Mauermörderpartei.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Nein, keine Zwischenintervention! Eine persönliche Erklärung! – Stefanie Remlinger (GRÜNE): Der ist nicht in Ihrer Fraktion! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Herr Wild! Es bedurfte gerade des Geschäftsführers der AfD-Fraktion, um zu erklären, was Sie tatsächlich wollen. Wenn das eine persönlicher Erklärung werden soll, dann bitte am Ende der Rederunde. Dann wäre jetzt erst einmal der Abgeordnete Herr Wesener dran. Dann bitte ich Sie aber, sich wirklich auf eine persönliche Erklärung zu konzentrieren.

Jetzt hat das Wort Herr Abgeordneter Wesener. – Bitte schön!

[Steffen Zillich (LINKE): Hier passieren Sachen!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich muss mich kurz sammeln. Eine interessante Plenarsitzung.

[Frank-Christian Hansel (AfD): In der Tat!]

Aber zum Thema, zum Antrag: Es ist endlich passiert! Die Kolleginnen und Kollegen der SPD- und CDUFraktionen sollten sich diesen Tag rot im Kalender anstreichen, denn wir sind Zeuge einer politischen Premiere: Die Berliner AfD lobt die Anträge und Beschlüsse der Koalition im Bund.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Bravo!]

Über fast zwei Seiten Antragsbegründung werden die verdienstvollen Bemühungen von Union und SPD im

Deutschen Bundestag um die Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft ausgebreitet. Explizite Erwähnung findet unter anderem der Bundestagsbeschluss vom Oktober 2015, der sich nicht nur zu dem Vorhaben als solchem bekennt, sondern die Bundesregierung auch mit der Vorbereitung für dessen Realisierung beauftragt. Ebenfalls erwähnt, und somit der AfD offenbar bekannt, wird ein aktueller Antrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD aus dem Juni, der von der Bundesregierung die Vorlage eines Denkmalkonzeptes bis Jahresende verlangt. Ich halte also fest: Zum ersten und womöglich auch letzten Mal findet die Berliner AfD die Politik der beiden Regierungsfraktionen im Bund uneingeschränkt gut und richtig. Trotzdem werden mir die Kolleginnen und Kollegen nachsehen, dass ich mich schwer damit tue, Herrn Trefzer oder Herrn Pazderski in ihrer neuen Rolle als Fanboys der Regierung Merkel so richtig ernst zu nehmen.

Warum dieser Antrag? – Die übliche Unkenntnis der AfD über die Beschlusslage des Bundestags und die Aktivitäten anderer Parteien und Fraktionen kann es jedenfalls nicht sein, siehe die Bezugnahme auf die parlamentarische Historie des Mahnmalprojekts in der Antragsbegründung. Bleibt nur eine plausible Antwort – Frau Kittler scheint eine ähnliche These zu haben –: Die Berliner AfD betätigt sich mal wieder im politischen Trittbrettfahrertum, nur dass dieses Mal das Trittbrett so groß ist wie der Balken in ihrem Auge.