Protocol of the Session on August 29, 2019

Wenn wir U-Bahnen bauen, entsteht der Lärm in den Tunneln und belästigt nicht die Anwohner. Damit wären leise Gleise für Straßenbahnneubau nicht mehr nötig. Statt hier Flickschusterei zu betreiben, sollten wir lieber direkt an die Zukunft Berlins denken, denn es geht nicht nur um den Lärm bei den Neubauprojekten. Es geht auch um die Beförderungskapazität mit der Straßenbahn. Die Kapazität der Straßenbahn wird in 10, 20, 30 Jahren nicht mehr ausreichen. Das heißt, Sie bauen jetzt eine Straßenbahn für viele Millionen Euro oder Milliarden Euro, bauen dann noch leisere Gleise für noch ein paar Millionen Euro dazu, bauen noch ein paar Laufflächenkonditionierungsanlagen, und in 20, 30 Jahren merken Sie, dass Sie doch eine U-Bahn bauen müssen. Also lassen Sie uns lieber jetzt eine vernünftige Verkehrsplanung durchführen, wie es Ihnen mein Kollege Scholtysek und ich schon in unserer AfD-Verkehrsplanung vorgestellt haben, und direkt zukunftsorientiert entsprechend eine U-Bahn bauen.

[Beifall bei der AfD]

Wir werden natürlich Ihre Anträge im Ausschuss entsprechend noch einmal im Detail besprechen. Vielleicht gibt es bestimmte Stellen in den Randbezirken, wo die Straßenbahn als Zubringer zu U- oder S-Bahn sinnvoll ist, wo man vielleicht auch über entsprechende Lärmminderungsmaßnahmen sprechen kann. Das sind aber einzelne

Projekte. Sie sollten nicht mit der Gießkanne das gesamte Netz lärmvermindert ausbauen, was wieder viel Geld kostet, was den Steuerzahler viel Geld kostet und was unnötig ist.

[Beifall bei der AfD]

Darum lassen Sie uns die Details im Ausschuss besprechen. Ich freue mich, dass wir dann weiter über Ihren Antrag reden. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Ronneburg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade wieder einmal hat die AfD bewiesen, dass sie sich mit dem Thema überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Wenn Sie sich mal den Antrag zu Gemüte geführt hätten, hätten Sie auch feststellen können, dass es hier ureigenster Parlamentarismus ist, der hier von der rot-rot-grünen Koalition gelebt wird. Wir geben dem Senat einen ganz konkreten Auftrag, basierend auf dem Nahverkehrsplan, der aus unserer Sicht nicht absolut zufriedenstellend war in diesem Bereich. Wir geben dem Senat auf, mit dem neuen Verkehrsvertrag nachzubessern, der mit der BVG zu verhandeln ist. Das ist unser Verständnis von Parlamentarismus, liebe AfD-Fraktion. Das zeigt eher, welches Verständnis Sie davon haben und dass Sie davon eher keine Ahnung haben.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Gunnar Lindemann (AfD): Sie haben bislang noch keinen Meter Straßenbahn gebaut!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Keine Zwischenfrage! Ich will noch weiter ausführen. Mit Ihren U-Bahnplänen streuen Sie den Berlinerinnen und Berlinern nur Sand in die Augen, wenn sie sozusagen weiterhin wollen, dass U-Bahn-Planungen verfolgt werden, die noch Jahrzehnte dauern werden. Nein, mit der Straßenbahn – dazu werde ich gleich noch etwas sagen – werden wir schon viel schneller zu Ergebnissen kommen. Herr Friederici, da werde ich sie noch mal korrigieren und daran erinnern, wie der eigentliche Sachstand ist in der Frage der Straßenbahnplanungen.

Aus unserer Sicht sind die beiden Anträge sehr vernünftig, denn es geht hier um das Thema Lärmschutz, leise

(Tino Schopf)

Gleise und weniger Kurvenquietschen bei der Straßenbahn. Das sind ganz wichtige Bausteine, und es gilt, dafür die Akzeptanz in der Stadt zu erhöhen. Das ist auch kein neues Thema. Auch das hatte niemand behauptet. Wenn Sie sich einmal die Lärmaktionspläne der vergangenen Jahre anschauen, war Straßenbahnlärm immer ein Thema. Also versuchen Sie hier auch nicht so populistisch daherzureden von wegen, wir hätten hier seit 150 Jahren nicht aufgepasst. Auch das ist völlig neben der Spur und hat hier überhaupt nichts mit dem Thema zu tun.

[Georg Pazderski (AfD): Was haben Sie denn zu DDR-Zeiten gemacht?]

Ansonsten will ich dazu nur sagen, dass es nach wie vor Probleme gibt, das ist keine Frage. Daraus machen wir auch keinen Hehl. Wir haben Probleme mit dem Quietschen und mit lauten Gleisen. Wir haben Probleme an Betriebshöfen. Wir haben auch Probleme, ein prominentes Beispiel, durchaus an der Berliner Allee in Weißensee. Da haben wir zum Beispiel eine Bürgerschaft, die sich sehr dafür einsetzt, dass wir etwas bezüglich des Themas Schienenverkehrslärm lösen. Das gehen wir auch an. Es ist ohne Frage so – der Lärmaktionsplan zeigt es auch: Straßenbahn- und U-Bahnverkehrslärm mit potenziell gesundheitsgefährdenden Lärmpegeln im Tagesmittel betreffen in der Stadt ungefähr 0,5 Prozent der Einwohner, 18 000 Berlinerinnen und Berliner. In den Nachtstunden sind es etwa 30 000 Personen, also 0,9 Prozent der Berlinerinnen und Berliner. Um es plastisch zu machen: Das sind laut Senat, wenn man sich den Lärmaktionsplan anguckt, auf rund 7 Quadratkilometern 9 700 Wohnungen, zwei Schulgebäude und ein Krankenhausgebäude, die gesundheitsrelevanten Lärmpegeln von über 65 Dezibel ausgesetzt sind. Insofern ist das ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende und auch für die Bekämpfung des Lärms.

Aber ich möchte in der Debatte auch mal schauen, was wir eigentlich als Topthema an der Stelle haben, und das ist der Straßenlärm. Dazu hat der Lärmaktionsplan auch einige interessante Zahlen. Wenn wir uns mal den KfzVerkehr angucken: Von erheblichen, störenden Pegeln sind in Berlin 664 500 Menschen betroffen und damit rund ein Fünftel der Berliner Wohnbevölkerung, und 270 000 Personen im Tagesmittel und 334 000 Personen in den Nachtstunden sind potenziell gesundheitsgefährdenden Lärmbelastungen durch Kfz ausgesetzt, also etwa 7,5 bis 9,3 Prozent – also, können Sie knapp rechnen, ein Zehntel der Berlinerinnen und Berliner ist von Überschreitungen der Lärmschwellenwerte beim Kfz-Verkehr betroffen. Das sind auf der Lärmkarte, wenn man sich das anschaut, auf einem Gebiet von 108 Quadratkilometern 144 000 Wohnungen, 56 Schulgebäude und 18 Krankenhausgebäude, die von gesundheitsrelevanten Lärmpegeln betroffen sind. Das sind sehr eindrückliche Werte, und die sollten Auftrag genug für uns sein, insgesamt beim Thema Lärmschutz nicht nachzulassen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Noch einige Bemerkungen zu dem Thema Straßenbahn, auch an die Opposition gerichtet. Da brauchen Sie sich erst mal keine Sorgen zu machen: Beim Thema Straßenbahnausbau passt kein Blatt zwischen uns. Bei der Planung muss man noch mehr zukrallen – keine Frage. Aber, ich denke, die Vorteile des Straßenbahnneubaus liegen absolut auf der Hand, und wir hatten hier im Plenum auch schon oft genug Gelegenheit, darüber zu debattieren.

Für Adlershof II werden wir wahrscheinlich Anfang 2020 den Planfeststellungsbeschluss und 2021 die Inbetriebnahme haben. Auf der Strecke Hauptbahnhof-Turmstraße hat es Verzögerungen im Planfeststellungsverfahren gegeben. Das ist ärgerlich – aber noch in diesem Jahr soll der Erörterungstermin stattfinden. Ich denke, auch hier werden wir im weiteren Verfahren keine größeren Schwierigkeiten mehr bekommen.

Die Lage am Ostkreuz ist sehr komplex. Da hat auch, glaube ich, niemand je das Gegenteil behauptet. Wir haben dort seit 2017 ein Planfeststellungsverfahren, das sehr komplex ist. Es gibt verschiedene Abhängigkeiten, zum Beispiel auch von der Deutschen Bahn, sodass wir hier wahrscheinlich eher mit einer Inbetriebnahme in 2022 rechnen können.

Und – was ich sehr gut finde, auch als MarzahnHellersdorfer – bei der Verkehrslösung Mahlsdorf haben wir im Vergleich zu allen vorangegangenen Legislaturperioden endlich richtig Erfolg gehabt, haben einen riesigen Schritt nach vorne getan. Es finden hier endlich einmal enge Abstimmungen zwischen dem Senat, dem Bezirksamt, der BVV und der interessierten Öffentlichkeit, den Bürgerinnen und Bürgern, statt. Wir hatten dazu in der letzten Woche die dritte Informationsveranstaltung in dieser Legislaturperiode. Es gibt einen Arbeitskreis auf bezirklicher Ebene mit dem Senat, und wir werden dafür kämpfen, dass möglichst noch in dieser Legislaturperiode das Planfeststellungsverfahren eingeleitet wird. Die Inbetriebnahme wird dann aber leider erst in der nächsten Legislaturperiode erfolgen können.

In diesem Sinne sollen diese neuen Straßenbahnstrecken natürlich attraktiv für Fahrgäste sein, und es sollen für die unmittelbare Anwohnerschaft keine unnötigen Belastungen entstehen – auch deswegen ist dieser Antrag sehr wichtig. Ich freue mich auf die weitere Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Tino Schopf (SPD) und Iris Spranger (SPD)]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Henner Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Genau wie der Kollege Friederici hätte auch ich nicht gedacht, dass wir uns als Priorität einer Fraktion einmal mit den technischen Vorrichtungen gegen das Quietschen von Straßenbahnen beschäftigen würden. Aber ich habe aus der Debatte einiges gelernt. Ich habe gelernt, das die Koalition verstanden hat, dass Trams manchmal ganz scheußlich quietschen können und dass man etwas dagegen tun muss. – Na also! Das wissen viele geplagte Anwohner von Tramtrassen übrigens schon länger!

Die überdimensionierten Tramausbaupläne, die manche in der rot-rot-grünen Koalition verfolgen – Herr Ronneburg hat wieder ein paar geschildert –, haben darauf leider bisher wenig Rücksicht genommen. Ich fand aber die Anfragen des geschätzten Kollegen Schopf sehr spannend, denn diesen Anfragen war zu entnehmen, dass der Senat bisher viel zu wenig gegen quietschende Trams getan hat, obwohl praktikable Lösungen vorhanden sind, und dass diese jetzt endlich mal umgesetzt werden sollten. – Herr Ronneburg! Sie hatten auch gesagt, dass das Parlamentarismus ist und man dem eigenen Senat etwas Schwung geben muss. Darin haben Sie auch völlig recht. Ob Sie es schaffen, dass es dieser umsetzungsschwache Senat bis 2019 – so, wie es in dem Antrag steht – hinbekommt, möchte ich allerdings bezweifeln.

Gleichzeitig soll auch der Bau von Straßenbahnstrecken leiser werden. Es sollen lärmärmere leise Gleise verwendet werden. Auch hier besteht ganz offensichtlich Handlungsbedarf. Auch hier hat der Senat der BVG bisher keine ausreichenden Vorgaben gemacht, um Straßenbahnen leise zu bauen. Das Ganze wird damit übrigens auch ein bisschen teurer. Immerhin reduziert sich damit der immer wieder erwähnte Kostenabstand zwischen

U-Bahn- und Straßenbahnbau, der immer so gerne angeführt wird. Das ist schon mal gut für die U-Bahn; die steht dann im Wettbewerb etwas besser da.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Herr Ronneburg! Sie haben gesagt, es passt kein Blatt in der Koalition zwischen die Partner. – Also: Während ein Teil der Koalition, nämlich Die Linke, am liebsten jede Ecke der Stadt mit Straßenbahnen überziehen würde, egal, ob sie an der jeweiligen Stelle geeignet sind oder nicht, schaut der andere Teil der Koalition, in dem Fall die SPD, darauf, dass Mindeststandards beim Lärmschutz und bei der Lärmreduzierung von Straßenbahnen eingehalten werden. Es ist übrigens auch richtig: Das traditionelle Quietschen und Dröhnen der Tatras klingt manchem

vielleicht noch nostalgisch im Ohr, nervt aber die meisten doch sehr.

Die SPD hat dankenswerterweise in Erinnerung gerufen, dass an vielen Stellen die U-Bahn einfach das bessere Verkehrsmittel ist. Bei diesem Thema haben Sie uns als FDP ganz klar an Ihrer Seite. Auch wenn in manchen weniger dicht bebauten Gebieten die Straßenbahnen ein vernünftiges, geeignetes Verkehrsmittel sind – wir werden im Haushalt auch einen Teil der Straßenbahntrassen unterstützen, am Ostkreuz, Adlershof-Schöneweide, z. B. die Verlängerung Turmstraße-Mierendorffplatz –, so finden wir aber doch, dass die U-Bahn nun mal das beste Verkehrsmittel in der dicht bebauten Innenstadt ist.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb ist es sehr schade, dass nicht wenigstens auch die dringendsten Lückenschlüsse bei der U-Bahn endlich vorbereitet werden. Gerade weil es so lange dauert, ist es ein Grund, jetzt möglichst schnell damit anzufangen: die U 8 ins Märkische Viertel, die U 1 zwischen Westkreuz und Ostkreuz, die U 7 nach Tegel und zum BER und vielleicht auch die eine oder andere neue Trasse, z. B. die ewig schon geplante U 10 nach Weißensee.

Auf jeden Fall ist dort, wo Straßenbahnen fahren, mehr Lärmschutz wünschenswert und angebracht und sollte auch so schnell wie möglich umgesetzt werden. Wenn es also darum geht, bei diesem Thema, mit diesen Anträgen dem Senat dabei Dampf zu machen, dann sind wir als FDP natürlich gerne dabei. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der beiden Anträge an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 26

Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1750

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Laatsch. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank! – Berlin hat 1,1 Millionen wohnberechti

gungsscheinberechtigte Haushalte, aber nur

100 000 Sozialwohnungen, die dem gegenüberstehen. Wenn also eine dieser Wohnungen frei wird – was selten vorkommt, weil die Mieten sehr niedrig sind –, dann steht der potenzielle Bewerber mit einer Million anderen Bewerbern in einer Schlange. Die Wahrscheinlichkeit, im Lotto zu gewinnen und sich lieber eine Wohnung zu kaufen, ist vermutlich größer.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Nach dem Bezug einer förderfähigen Wohnung wird die Förderfähigkeit des Bewohners nie wieder geprüft. Schätzungen sprechen davon, dass bis zu 50 Prozent der förderfähigen Wohnungen von Menschen bewohnt werden, die nicht förderfähig sind.