Also auch hier geben wir den Menschen die Stadt zurück, und mit den heute zu beschließenden Deckeln kümmern wir uns endlich wieder mehr um den öffentlichen Raum.
Was genau darin passiert? – Mal schauen, Experimente wagen! Ich persönlich freue mich sehr auf diese Experimente, die dann auch für neue Raumnutzungen möglich sind. Neulich war ja der Rave auf der Elsenbrücke gegen den Weiterbau der A 100 nach Lichtenberg. Wer da war, konnte wirklich eindrücklich erfahren, wie dieser Raum plötzlich ganz anders genutzt werden kann, wenn da nicht die ganze Zeit irgendwelche Autos langballern. Insofern ist einiges möglich, und das ist doch wirklich das Schöne an Politik, wenn plötzlich neue Dinge möglich werden.
In meinem Wahlkreis würde der Deckel am Abschluss der A 100 am Treptower Park ganz konkret einen Schulweg ermöglichen. Was mich richtig sauer macht: Bei dem Weiterbau der A 100 mit dem Abschluss am Treptower Park hat man einfach vergessen, dass im Plänterwald Menschen wohnen, deren Kinder in Alt-Treptow zur Schule gehen und die faktisch gar nicht zur Schule kommen, ohne die Autobahn zu überqueren. Da waren ja richtig schlaue Leute am Werk. Insofern ist dieser Deckel in Treptow tatsächlich eine wichtige Maßnahme, um auch Schulwege zu gewährleisten und dort die Lebensqualität ganz praktisch zu sichern. Beton-Andi und der CDU ist es also egal, wie es den Menschen in den Kiezen geht, und deswegen handeln jetzt wir.
Die heutige Aktuelle Stunde war – auch sehr bezeichnend – angemeldet von der FDP unter der Überschrift „Für eine zukunftsfähige Infrastruktur im Land Berlin“. Ich sage mal eins: Genau! R2G macht das jetzt, und es wird Zeit, die Qualifizierung des Berliner Stadtraums auf eine neue Ebene zu bringen. Also stinkende Betonwannen unter die Erde und überdeckeln, denn wir wollen eine strategische Raumrückgewinnung, wir wollen Kieze verbinden, lebenswerte Quartiere ausweiten und den Stadtraum qualifizieren. Kollegin Schillhaneck sagte heute: Wir brauchen eine vernünftige Infrastrukturpolitik. – Ich finde das gut und füge hinzu: Wir brauchen auch eine Investitionsoffensive.
[Heiterkeit – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Vielleicht kommt er ja noch rein! – Weitere Zurufe von der der AfD und der FDP]
Wir brauchen einen New-Deal für das Jahrzehnt der Investitionen. Wir brauchen viel mehr Geld für noch viel mehr Deckel und viel mehr andere Investitionen im Stadtraum. Wir brauchen tatsächlich viel mehr Kraftanstrengung für dieses Next-Level in der Berliner Stadtentwicklung. Das steht in Verbindung mit einem anderen Tagesordnungspunkt, der heute auch schon besprochen wurde: Nein zur Schuldenbremse hat Die Linke heute deutlich gesagt. Ich sage mal: Hier haben wir noch einiges an Luft nach oben auch in der Koalition zu diskutieren.
Schöneberg, dass sie dort auch einen Deckel wollen. Ich sage mal so: Ich bin schon gespannt, welcher Bezirk sich als Nächstes meldet.
Lassen Sie mich also zum Schluss kommen und mich, weil auch Herr Evers so freundlich danach fragte, etwas zur Jahrhundertchance sagen, die heute schon angemahnt wurde; die Kollegen Buchholz und Evers haben sich darauf bezogen: Der Rückbau der menschenfeindlichen Autobahn ist in der Tat eine Jahrhundertchance, und darum kämpfen wir als Nächstes. Jetzt und heute bekennen sich alle zur Abkehr von der autogerechten Stadt. Die Mobilitätswende ist erreicht und erreicht nun auch den Stadtumbau. Deswegen heißt es: The Sky is the Limit! – und: Reclaim the Streets! – In diesem Sinne ein Hoch auf diesen schönen Antrag! Lassen Sie uns den beschließen!
Bevor Kollege Fresdorf für einen Geschäftsordnungsantrag das Wort erhält, würde ich die Herren und Damen der AfD bitten, gegebenenfalls ihr Sit-in vielleicht nach draußen zu verlagern oder sich wieder auf die Plätze zu begeben.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wir haben heute Vormittag schon festgestellt, dass es uns wichtig ist, dass die Senatorinnen und Senatoren unserer Sitzung beiwohnen. Jetzt hat Frau Gennburg auch richtig festgestellt, dass Herr Kollatz nicht im Saal ist, und ebenso fehlt Frau Lompscher. Daher möchte ich gemäß § 84 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin beantragen, dass die beiden Senatoren herbeigerufen werden. Dies tue ich im Namen meiner Fraktion.
[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]
Dann lasse ich über diesen Geschäftsordnungsantrag zur Zitierung der beiden Senatoren abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen ist der Antrag damit angenommen, und wir warten dann auf das Erscheinen der beiden Senatoren.
Für die AfD-Fraktion hat als nächster Redner der Abgeordnete Scholtysek das Wort. – Entschuldigung, Herr Kollege! Ich habe die Zwischenbemerkung, die der Kollege Evers angemeldet hatte, vergessen. – Bitte, Herr Evers!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Frau Kollegin Gennburg! Es hat ja eigentlich ganz schön angefangen mit dieser Debatte, aber der Zungenschlag, den Sie hier hereingebracht haben, den finde ich in jeder Hinsicht unangemessen. Uns vorzuwerfen, dass wir uns für dieses Thema nicht interessieren, dass wir uns insbesondere nicht dafür interessieren, wie es den Menschen ergeht entlang der Flächen, über die wir hier sprechen, während sich gleichzeitig Ihre Senatorin und der Finanzsenator nicht im Ansatz für die Debatte interessieren, obwohl wir doch über eine Jahrhundertchance sprechen, wie wir gemeinsam festgestellt haben, das ist doch der Ausweis dessen, an wessen Hintern es vorbeigeht, nämlich an Ihrem und sicherlich nicht an unserem.
[Lachen bei der CDU, der AfD und der FDP – Holger Krestel (FDP): Würden Sie das auch bei einem Mann sagen?]
Sie sollten sich also noch mal gut überlegen, mit welchen Vorwürfen Sie hier um sich werfen. Wir wollen gemeinsam die Anstrengung unternehmen, die große Chance zu ergreifen, den Menschen hier mehr Lebens- und Stadtqualität zu geben, diesen Arbeitsauftrag an den Senat weiterzureichen, darauf zu drängen, dass er ihn ernst nimmt und uns dringend und zeitnah mit Ergebnissen versieht, und dann auch zu kraftvollen Beschlüssen zu kommen. Ich glaube, da helfen uns gegenseitige
Dass ausgerechnet die Partei des früheren Reisesenators Henkel auf diese Situation hinweist, ist bemerkenswert.
Insofern war mein Einwand ja vor allem, dass die CDU sich mit der Mobilitätswende besonders schwer getan hat, bis heute noch nicht ganz geschafft hat, sich damit abzufinden, auch wenn Sie ab und zu ein orangefarbenes Fahrrad vor das Abgeordnetenhaus stellen, Herr Evers!
Es geht um die Tatsache, dass Sie sich einfach nicht entscheiden können, den Stadtumbau im Sinne der Menschen mit voranzutreiben. Es ist gut, dass Sie diesen Deckelantrag mit unterstützen. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Sie nicht entschlossen genug sind, die Städte für die Menschen auch umzubauen und die Mobilitätswende entschieden voranzutreiben. Insofern ist die Sache eigentlich ziemlich deutlich.
Vielen Dank! – Nun hat tatsächlich für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Scholtysek das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz Berlin spricht derzeit vom Überbauen der Autobahn. Die Koalition kommt mit einem flott zusammengeschriebenen Antrag, die CDU auch. Es sollen jetzt Machbarkeitsstudien erstellt und im Anschluss abgewogen werden, wo und mit welchem Aufwand welches Projekt umgesetzt werden kann. All das wird erfahrungsgemäß in Berlin wieder mal Jahre in Anspruch nehmen. Die Anträge des Linksblocks und der CDU sind daher eindeutig der falsche Weg. Das ist auch der Grund, warum wir uns hier enthalten werden.
Während Politik und Verwaltung langwierig darüber nachdenken, ob solche Baumaßnahmen überhaupt machbar sind, präsentieren erste Planungsbüros auch schon ihre ersten Entwürfe für neue Wohnquartiere, wo bisher die Autobahn verläuft. Das heißt, es gibt kreative Archi
tekten und fähige Ingenieure, die sich solche Vorhaben durchaus zutrauen und solche Überbauungen mit Wohnhäusern auch als wirtschaftlich umsetzbar ansehen.
Konkret zu unserem Antrag: 2016 wurde das Vergaberecht reformiert, was dazu führt, dass nun Bauprojekte gänzlich anders ausgeschrieben und vergeben werden können. Ein Paradebeispiel dafür ist der technisch brillante Entwurf zum Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke. Zwischen der Ausschreibung zum Wettbewerb und der Präsentation des Siegerentwurfes vergingen gerade mal 17 Monate. Das Besondere an dieser Art der Ausschreibung ist jedoch nicht nur das schnelle Vorliegen von Entwürfen, sondern das mit dem Siegerentwurf auch der Auftragnehmer des Bauprojektes feststeht. Bei früheren Verfahren mit Ideenwettbewerb ging es immer nur darum, in erster Linie einen tollen Entwurf zu finden. Stand dieser dann fest, musste oft mühsam ein Bauunternehmen gefunden werden, das diesen in der Regel dann fremden Entwurf umsetzen wollte oder konnte. Es gab allein dadurch oft schon erhebliche Verzögerungen, wenn nicht sogar am Ende ein völlig anderes Objekt als der prämierte Siegerentwurf gebaut wurde.
Bei dem von uns eingebrachten Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, um das es hier geht, wird das Bauprojekt vom einreichenden Gewinner des Wettbewerbes am Ende auch tatsächlich selbst umgesetzt. Obwohl es hier nach unseren Vorstellungen nicht um ein öffentliches Bauvorhaben gehen soll, kann das Auswahlverfahren potenzieller Investoren trotzdem in Anlehnung an das öffentliche Vergaberecht erfolgen. Das machen § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 17 der Vergabeverordnung und § 3 EU der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen problemlos möglich.
Im Teilnahmewettbewerb wird die Eignung der Bewerber geprüft und festgestellt, ob diese über die geforderten wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und beruflichen Leistungsfähigkeiten verfügen. Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs erfolgt dann die Angebots- und Verhandlungsphase in einem gestuften Verfahren mit mehreren Phasen, die alle zeitlich streng getaktet und mit mehrstufigen Prüfungen verbunden sind. Parallel dazu laufen Vertragsverhandlungen mit potenziellen Investoren. Somit scheint dieses Verfahren die optimale Lösung zu sein, um schnell qualitativ hochwertige Ergebnisse zu bekommen, und zwar unabhängig davon, ob es nun ein öffentlicher Auftrag für die Rudolf-Wissell-Brücke ist oder ein Auftrag, bei dem letztlich ein privater Investor das ganze Projekt von A bis Z plant, baut und auch betreibt und das auch konkret, wie hier in diesem Fall, auf öffentlichem Grund.
Der Grund und Boden verbleibt dabei im Eigentum des Landes oder des Bundes. Es wird lediglich der Luftraum darüber zur Überbauung bereitgestellt. Der Investor hat
also keine Grundstücks- und Grundstückserwerbskosten, muss aber letztlich die Überbauung der Verkehrsinfrastruktur selbst zahlen. Das heißt, sowohl der Bau der Gebäude als auch die Deckelung der darunterliegenden Verkehrsinfrastruktur liegt finanziell komplett bei ihm. Unter Einhaltung städtebaulicher Vorgaben kann ein Investor nun seine gesamte Kreativität in die Waagschale werfen, um am Ende ein für alle Seiten überzeugendes Projekt abzuliefern – schnell, risikofrei und kostenfrei für die öffentliche Hand.
Das ist ein durch und durch pragmatisches Instrument, das in anderen Städten in dieser Form bereits angewandt worden ist. – Vielen Dank!