Zu der Vorlage auf Drucksache 18/0541 empfiehlt der Hauptausschuss einstimmig – bei Enthaltung der AfDFraktion – die Annahme mit Auflagen und Missbilligungen. Wer der Vorlage – zur Beschlussfassung – entsprechend der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses auf Drucksache 18/1961 mit den im Bericht genannten Auflagen und Missbilligungen zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Ich bitte hier um eine Reaktion der Fraktionen! Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Das sind die Koalitionsfrakti
onen, die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist dem Senat unter Annahme der im Bericht des Hauptausschusses enthaltenen Auflagen und Missbilligungen die Entlastung für das Haushaltsjahr 2016 erteilt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe vom 20. Mai 2019 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. Mai 2019 Drucksache 18/1962
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1346
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe vom 20. Mai 2019 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. Mai 2019 Drucksache 18/1963
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1347
Den Dringlichkeiten haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Für die Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Schmidberger. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Vielen Dank! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir als rot-rot-grüne Koalition werden heute zwei Anträge zum Schutz der Berliner Gewerbestrukturen vor Verdrängung beschließen, indem wir den Senat mit umfassenden Maßnahmen beauftragen, damit das Gewerbe auch seinen dringend benötigten Raum in dieser Stadt bekommt. Denn die Berliner Mischung muss erhalten werden; sie hat sich bewährt. Wir brauchen deshalb endlich geeignete Schutzinstrumente für Gewerbemieterinnen und Gewerbemieter, die derzeit allein hohen Spekulationsmieten ausgesetzt sind.
Dass das bitter nötig ist, will ich mit diversen Beispielen untermauern: Beim letzten Mal habe ich festgestellt, dass seit Sommer 2014 ungefähr 48 Kinderläden und Kitas schließen mussten – wir sind jetzt leider schon bei 70
angekommen. Das hat mir der Dachverband der Kinder- und Schülerläden neulich neu gemeldet, auch, dass entweder die Miete nicht mehr bezahlbar ist oder die Mietverträge einfach ohne ein neues Angebot gekündigt werden, sodass die Kinderläden eben ausziehen müssen. Es sind übrigens ungefähr 10 Prozent der Mitglieder, die akut in ihrem Bestand gefährdet sind und nach neuen Räumlichkeiten suchen.
Auch das Modegeschäft „Kamil Mode“ musste kürzlich schließen. Seit 2002 war der Betreiber Hassan Quadri Mieter der Ladenräume. Das sind 64 Quadratmeter – dafür hat er 1 200 Euro monatlich berappt –, die ihm der Vermieter nach 17 Jahren gekündigt hat; fünf Jahre vor seiner Rente im Übrigen. Die Miete soll jetzt auf 3 000 Euro steigen. Trotz vielfältiger Proteste, auch einer BVVResolution, vieler Briefe – auch ich habe versucht, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen – hat er die Kündigung nicht zurückgenommen und war noch nicht einmal für ein Gespräch bereit.
Der Eigentümer des Hauses mit der Kiezkneipe „Meuterei“ hat gerade den Mietvertrag nach über 20 Jahren nicht verlängert. Stattdessen hat er ein Kaufangebot für die Räume auf den Tisch gelegt. Ein Kauf wäre mit der Unterstützung von Genossenschaften vielleicht sogar noch machbar. Der Eigentümer will aber 650 000 Euro, und das wäre ungefähr das 800-fache einer aktuellen Monatsmiete. Ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass das für das Kollektiv der Kiezkneipe nicht zu refinanzieren ist. Der Eigentümer ist übrigens die Zelos Properties GmbH, die ihren Sitz in Zossen hat; im Steuerparadies Brandenburg quasi das Luxemburg von Brandenburg.
Auch das Handwerk ist leider immer mehr bedroht in unserer Stadt. Die Pears Global Real Estate, ein britischer Immobilienriese, dem ungefähr 6 000 Immobilieneinheiten hier in der Stadt gehören, hat dem seit über 50 Jahren existierenden Handwerkgeschäft „Heimwerk“ in AltMoabit ohne irgendwelche Gespräche, ohne irgendetwas gekündigt. Zum Jahresende soll er also raus, soll sein Geschäft aufgeben, muss seine Mitarbeiter entlassen. Wie gesagt, ein neues Vertragsangebot zu höheren Mieten hat er ausgeschlagen. Offensichtlich geht es dem Besitzer auch gar nicht um die Vermietung oder eine höherwertige Vermietung des Ladens – das Haus wurde jetzt in Eigentum umgewandelt. Es geht nur darum, das Haus mit maximalem Profit einfach weiterzuverkaufen.
Solche Entwicklungen gefährden den Wirtschaftsstandort Berlin. Solche Entwicklungen gefährden Arbeitsplätze, die öffentliche Grundversorgung und schaden den Berlinerinnen und Berlinern. Solche Entwicklungen müssen uns alarmieren, denn wenn wir wollen, dass es bald nicht nur Monostrukturen von großen Ketten in unserer Stadt gibt und man nicht ewig lange Wege in Kauf nehmen muss, um sein Kind in die Kita zu bringen oder ein
Fachgeschäft zu finden, dann müssen wir jetzt alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um das noch vielfältige Gewerbe, das wir in der Stadt haben, zu sichern, bevor es zu spät ist.
Das werden wir auch entschlossen machen. Wir haben dazu einige Dinge in unserem Antrag drin: Wir wollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften noch stärker verpflichten, Gewerberäume zu leistbaren Konditionen für soziale Träger und andere bereitzustellen. Wir brauchen wieder neue landeseigene Gewerbehöfe, eine neue GSG. Ich möchte da auch nicht die BIM; ich möchte eine GSG nach Münchener Vorbild, wo produzierendes und verarbeitendes Gewerbe dauerhaft untergebracht werden kann. Wir wollen aus den Bezirken heraus Gewerbeflächenmanagement, einen Gewerberaumbericht und auch einen Gewerbebeauftragten als zentralen Ansprechpartner einführen. Und wir wollen die Situation von sozialen Trägern und Kinderläden verbessern, indem wir ein Generalmietermodell entwickeln. Das bedeutet, dass das Land Berlin quasi Räume anmietet und sie dann vergünstigt an soziale Träger weitergibt.
Das alles in einem Blumenstrauß sind wichtige Bausteine, die wir auf Landesebene machen können. Doch wie es eben leider oft so ist im Miet- und Baurecht, auch beim Thema Gewerbe: Eigentlich bräuchten wir ein soziales Gewerbemietrecht. Dazu brauchen wir wieder einmal den Bundesgesetzgeber, und ich bin froh, dass unser Justizsenator schon eine Bundesratsinitiative für einen verbesserten Kündigungsschutz eingebracht hat. Er war übrigens erfolgreich damit; es gab eine Mehrheit dafür. Der Bundesrat hat sozusagen die Bundesregierung aufgefordert, endlich tätig zu werden und den Ländern zu erlauben, sie zu ermächtigen, selber Gesetze zu erlassen, um den Kündigungsschutz zu verbessern. Und was macht die Bundesregierung? – Sie schreibt einfach in ihrer Stellungnahme, dass sie keinerlei Notwendigkeiten dafür sieht, dass Berlin anscheinend die einzige Stadt in Deutschland ist, die damit ein Problem hat, und deswegen würde man nicht tätig werden.
Das ist Arbeitsverweigerung auf der Bundesebene, die ich nicht akzeptieren kann. Da sieht man mal wieder, dass der Bundesgesetzgeber doch auf der dunklen Seite der Macht steht.
Deswegen bin ich froh, dass der Justizsenator erklärt hat, eine neue Bundesratsinitiative einzubringen – lassen Sie sich überraschen! – Aber auch Sie als Opposition stehen in der Verantwortung, mit uns gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Da geht es nicht um Planwirtschaft.
Da geht es nicht um irgendeinen Quark, den Sie immer bringen, dass wir irgendwie die Gewerbemieten zu hoch treiben würden. Nein! Es geht darum, dass wir alle diese Versorgung brauchen, und wenn die nicht da ist, dann schaden wir den Kiezen und machen unsere schöne gemischte Stadt kaputt. Deswegen fordere ich Sie auf: Handeln Sie mit uns gemeinsam! Machen Sie konstruktive Vorschläge! Aber Ihr Mantra von Neubau, Neubau, Neubau funktioniert beim Gewerbe erst recht nicht. Das ist wirklich Quark; das wissen Sie selber. Und deswegen fordere ich Sie auf: Stimmen Sie unseren beiden guten Anträgen heute zu!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst etwas Negatives: Da mich der Kommentar von Frau Schmidberger zuletzt sehr getroffen hat, muss ich dann doch an der Stelle zurückgeben: Liebe Frau Kollegin Schmidberger! Wenn Sie von Wirtschaftspolitik sprechen – beim Thema Bauen, Wohnen ist es etwas anderes –, dann werde ich in der Tat schon hellhörig. Ich mache das mal ganz freundlich, weil Sie vorhin etwas anderes hingeworfen haben – also, beim Thema Wirtschaftspolitik. Na gut! Okay! Wir versuchen es mal.
Jetzt komme ich aber zum positiven Teil: Das, was Sie eben beschrieben haben, hat leider nur zu einem kleinen Teil damit zu tun, was in diesem Antrag steht. Da gibt es ganz viele Punkte, bei denen wir Sie in der Tat unterstützen, die wir auch richtig finden. Erstens, das Thema Zusammenarbeit zu den Gewerberaumberichten und kleinteilige Gewerbeflächenkonzepte ist auf jeden Fall etwas, was im Übrigen die Bezirke mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bauen auch bereits seit vielen Jahren machen – nichts Neues, aber ja, in der Tat etwas, das richtig gemacht wird.
Ein bezirkliches Gewerbeflächenmanagement – ich habe es schon einmal zu einem anderen Antrag von Ihnen gesagt – ist die tägliche Aufgabe. Da lade ich Sie gerne mal in ein Bezirksamt ein, das auch wirklich Wirtschaftsförderung macht – also außerhalb von FriedrichshainKreuzberg –, in eine bezirkliche Wirtschaftsförderung. Das ist etwas, das Kernaufgabe der bezirklichen Wirtschaftsförderung ist: Gewerbeflächenmanagement und aktiv dafür zu sorgen, dass auch der Bäckermeister um die Ecke – wie gesagt, außerhalb von FriedrichshainKreuzberg – eine Fläche findet, wenn er aus irgendeinem Grund seine Fläche aufgeben möchte.
Aufgeben muss – Entschuldigung! Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wie berlinovo: Da nehme ich Sie beim Wort – das habe ich an der Stelle auch schon einmal gesagt –, das finde ich einen völlig richtigen Punkt. Ich erlebe aber im Moment eher Wohnungsbaugesellschaften, die mit ihren Gewerbemietern nicht so umgehen, wie man gerade als öffentliche landeseigene Wohnungsbaugesellschaft umgehen sollte, nur ein Stichwort – einige Kollegen aus dem Bezirk MarzahnHellersdorf werden es kennen –: das Gut Hellersdorf beispielsweise. Da ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten.
Dann kommt das Thema günstige Mietkonditionen für soziale Träger und Projekte: Auch da bin ich völlig ihrer Auffassung – Frau Schmidberger, wir werden diesem Antrag auch zustimmen –, nur wir werden der populistischen Bundesratsinitiative nicht zustimmen, weil Sie ganz genau wissen – es hat damals eine sehr intensive Behandlung im Einzelhandel rund um dieses Thema gegeben –, dass das Bundesverfassungsgericht das schon einmal zurückgewiesen hat und es keine Lösungen für die Probleme ist.
Jetzt kommen wir zu dem entscheidenden Punkt. Es sind alles richtige Punkte in Ihrem ersten Antrag. Aber keiner dieser Punkte – und da sind wir wieder ganz grundsätzlich unterschiedlicher Auffassung – wird das Thema preiswerter Gewerberaum – beim Einzelhandel sind es noch ganz spezielle Probleme – für Handwerk, für Zulieferer, für Dienstleistungsunternehmen lösen. Keiner dieser Punkte! In der Tat werden nur neue – –