Protocol of the Session on June 6, 2019

Sie haben keinen einzigen Vorschlag gebracht, wie Sie Menschen mit den Mitteln des Landesrechts, auf der Landesebene hier in einer konkreten Notsituation helfen können. Sie haben keinen einzigen Vorschlag gebracht.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Sie haben nur auf die Bundesebene verwiesen, Sie haben Geschichten von irgendwelchen Schulleitern erzählt, aber Sie haben nichts zu den Menschen gesagt. Das ist wirklich schäbig. Deswegen ist mir auch wieder klar: Sie sind nicht nur die Klimawandelleugnerpartei, sondern auch eine zutiefst unsoziale Partei.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Katalin Gennburg (LINKE): Endlich sagt das mal einer!]

Herr Buchholz! Wollen Sie antworten? – Bitte schön!

Herr Dr. Efler! Ich möchte Ihnen da widersprechen. Ihr Antrag ist ein Sammelsurium; das wurde heute schon mehrfach gesagt. Im Sinne des Notfallfonds und des Beispiel von Hannover habe ich inhaltlich zugestimmt – diesem einen Punkt. Aber es reicht eben nicht aus, um dem ganzen Antrag zuzustimmen.

Das zweite Thema ist eine finanzielle Bildung der Jugend.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Früher gab es das Fach Hauswirtschaft. Viele Probleme entstehen durch eine unwirtschaftliche Haushaltsführung.

[Stefan Förster (FDP): Fehlt nur noch Handarbeit!]

Bei den Alten, Schwachen, Kranken und dem Notfallfonds sowie der optisch erkennbaren Ankündigung einer Stromsperre stimmen wir inhaltlich auch zu. Aber das macht weniger als ein Zehntel Ihres Antrags aus. Deswegen ist der ganze Antrag leider nicht zustimmungsfähig.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Jetzt spricht für Bündnis 90/Die Grünen Herr Dr. Taschner. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Fast 19 000 Stromsperren und über 2 000 Gassperren gab es allein im letzten Jahr in Berlin. das heißt, mehr als 20 000 Haushalte waren letztes Jahr in unserer Stadt zeitweise komplett von der Energieversorgung abgeschnitten. Wenn man sich einmal vorstellt, was das ganz konkret für die Betroffenen bedeutet, dann heißt das: Kein Licht brennt, kein Kühlschrank kühlt, keine Waschmaschine wäscht, und auch der Herd bleibt kalt. Die Wohnung, der private Rückzugsraum, wo man sich sicher und geborgen fühlen sollte, verwandelt sich genau in das Gegenteil: in einen kalten und dunklen Raum.

Seit ziemlich genau einem Jahr gibt es dank Rot-RotGrün endlich wieder eine Energieschuldnerberatung. Das ist eine Stelle, an die sich die von einer Energiesperre Bedrohten wenden können und dort Rat wie konkrete Unterstützung erhalten. Mehrere Hundert Beratungen – Herr Efler hat die Zahl genannt – fanden allein im letzten Jahr statt. In mehr als 90 Prozent der Fälle konnte dank der Beratung eine Energiesperre abgewendet werden. Deshalb gilt unser Dank sicherlich den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verbraucherzentrale, die dies ermöglich haben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Jetzt, ein Jahr später, gilt es aber auch, aus den Erfahrungen dieser Beratungen zu lernen: Was ist da genau vor Ort angelaufen? Wo können wir als Land Berlin agieren? Wo können wir wirklich dafür sorgen, dass auf die Anzahl der von Energiearmut Betroffenen langfristig sinkt? Und wie können wir es ermöglichen, dass mehr von diesem Angebot Gebrauch gemacht wird, dass mehr von Energiearmut Betroffene sich an diese Stelle wenden? – Wir wollen, dass der Senat deswegen Gespräche mit den Grundversorgern Vattenfall und GASAG aufnimmt.

(Christian Buchholz)

Denn diese beiden Grundversorger sind für die allermeisten Energiesperren in unserer Stadt verantwortlich.

Wir wollen gemeinsam mit den Energieversorgern, mit den Grundversorgern dieser Stadt – also Politik und Energieversorger gemeinsam – dafür sorgen, dass sich diese Situation schnell, aber auch langfristig verbessert.

Herr Dr. Taschner! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit von der AfD zulassen.

Nein! – Das fängt schon bei ganz banalen Dingen an; wir haben es schon einige Male gehört: Wenn man sich die letzte Mahnung, bevor eine solche Energiesperre wirklich in Kraft tritt, einmal anschaut, ist diese Gefahr nicht sofort ersichtlich. Deswegen sagen wir ganz klar: Es muss deutlich, es muss in einfacher Sprache geschrieben werden: Stop jetzt hier! Beim nächsten Mal droht die Energiesperre.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Natürlich hätten wir auch gerne einen Hinweis auf die Energieschuldnerberatung, sodass diejenigen, die diesen Brief bekommen und öffnen, auch wissen, an wen sie sich mit der Bitte um Hilfe wenden sollen. Vattenfall hat in diesem Punkt auf einer Podiumsdiskussion schon deutlich Bewegung signalisiert. Darüber freuen wir uns sehr. Ich hoffe, die GASAG zieht nach.

Wir nehmen aber auch den Energienetzbetreiber, solange uns die Netze nicht gehören, in die Verantwortung. Wir wollen, dass die Netzbetreiber nicht vor Wochenenden und Feiertagen eine Sperrung vornehmen. Es wurde ein Fall berichtet, bei dem am Gründonnerstag kurz vor dem Abend noch die Energie abgesperrt wurde. Das heißt, vier Tage stand ein Haushalt komplett ohne Energie da – und ohne eine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. – Das muss nicht sein; das kann man anders regeln.

Wir werden aber auch da, wo wir im Land Berlin Verantwortung tragen, dort, wo wir selbst gestalten können, Verantwortung übernehmen. Das heißt, wir wollen mit den Stadtwerken einen vorbildlichen Energieversorger – nicht nur, was erneuerbare Energien betrifft, sondern auch in Bezug auf Energiearmut – an den Start bringen. Etwas wie ein Härtefallfonds bei den Stadtwerken Hannover wurde schon genannt – Ähnliches können wir uns perspektivisch bei unseren Stadtwerken vorstellen.

Wir wissen natürlich, dass wir dieses Problem nicht allein in Berlin lösen können. Es ist vielmehr ein bundespolitisches Problem, was schon mehrfach angeklungen ist. – Und ja, Energiearmut ist ein Armutsproblem; auch das wurde hier bereits erwähnt. Aber solange die Bundesregierung sich weigert, dieses Problem auch nur anzu

packen, solange sie weiterhin an der Preissteigerung, an dem Regelsatz festhält, die Preissteigerung – beispielsweise im Energiebereich – nicht mitnimmt, die ein System hat, bei dem die Anschaffung energiesparender Haushaltsgeräte eher verhindert als fördert wird – solange sind wir als Land Berlin gefordert, solange müssen wir handeln, solange müssen wir einspringen.

Sehr erfreut habe ich vernommen, dass die CDU dazu bereit ist. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und hoffe nun noch auf ein ähnliches Signal von der FDP. Die AfD – da ist mehr oder weniger ohnehin alles verloren. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Kollege Woldeit von der AfD-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Dr. Taschner! Bei wem was wie und wo verloren ist, das wird sich vielleicht noch herausstellen.

[Beifall bei der AfD]

Herr Kollege! Wissen Sie, was mich stört? – Wir beide kommen aus demselben Stadtbezirk, aus Lichtenberg. Sie haben gerade sehr emotional beschrieben, was es für Menschen, die ihre Energiekosten nicht mehr bezahlen können, bedeutet. Sie haben emotional beschrieben, was es heißt, wenn der Kühlschrank nicht mehr kühlt, wenn der Herd nicht mehr heizt, wenn die Menschen durch eine Energiewende, die vollkommen falsch gesteuert ist, in die Armut getrieben werden, und Sie reden auch mit den Menschen. Und wissen Sie, was mich da stört? – Sie gehören einer Partei an – Bündnis 90/Die Grünen –, die alles dafür tut, dass Menschen genau in eine solche Armutssituation hineingebracht werden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Was ist mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz? Was ist denn mit sämtlichen Maßnahmen, die Sie als Zwangsmaßnahmen den Menschen im Rahmen einer Klimadebatte aufbürden? – Wir sind im Übrigen auch keine Klimaleugner – das ist Quatsch. Das Klima ist da; das kann gar nicht geleugnet werden. Allein das zeigt schon, in welche Richtung Sie immer weiter falsch argumentieren.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Dr. Michael Efler (LINKE)]

(Dr. Stefan Taschner)

Wenn Sie den Menschen wirklich helfen wollen, bekämpfen Sie nicht die Symptome, sondern kommen Sie gerade auch in der Energiedebatte in einen Bereich der Rationalität zurück! Es ist doch vollkommener Quatsch, wenn wir Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke abschalten, die zu atmende Luft besteuern wollen und dann mit irgendwelchen kleinen Maßnahmen den Ärmsten der Gesellschaft helfen wollen. – Das ist die richtige Antwort. – Danke!

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD]

Zur Erwiderung hat Herr Dr. Taschner das Wort.

Lieber Kollege! Wenn man sich auf eine Rederunde vorbereitet, dann überlegt man so, was könnte von der Opposition kommen. Und dass Sie versuchen, genau die Energiewende für das Thema Energiearmut verantwortlich zu machen, war vorhersehbar. Nichtsdestotrotz hat es letztendlich mit der Realität nichts zu tun. Machen Sie sich mal kundig über die Zusammenhänge von Energiearmut und Energiewende.

[Zuruf von der AfD]

Sie werden feststellen, dass gerade die Energiewende in Zukunft und auch jetzt schon die günstigste Energie ist, die wir liefern können.

[Lachen bei der AfD]

Im Gegensatz zur Atomkraft hat sie keine Folgekosten. Aber Ihre Schreierei zeigt ja, Sie sind eher an Populismus interessiert als an wirklichen Lösungen. Deswegen gehe ich weiter davon aus: Bei Ihnen ist alles verloren!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Swyter das Wort.

[Zuruf von der FDP: Gott sei Dank!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Energie- und Gasversorgung, das gehört in der Tat zu den existenziellen Bedarfsgütern von Menschen. Das steht außer Frage. Die Beispiele wurden in den Vorreden genannt, welche existenziellen Wirkungen das hat, wenn man von Gas und Strom abgeschnitten wird. Insofern kann ich vollkommen nachvollziehen, dass wir heute auch darüber diskutieren, ob es im Vergleich zum Status quo Verbesserungsvorschläge gibt, um derartige Sperren zu vermeiden. Der Vorredner hat es schon angesprochen:

Ja, wir haben in Deutschland mit die höchsten Energie- und Stromkosten. Es wurde auch über die Ursachen gesprochen, und daran sieht man auch, dass es, wenn wir hier über die Energiewende sprechen, problematisch ist, wenn man sich nur einseitig auf ein Ziel fokussiert; man muss eben andere Dinge mitbedenken. Die soziale Flanke bei dem Thema muss man eben auch mitberücksichtigen.