Doch eines ist Ihr Antrag nicht, zielführend im Kampf gegen den Antisemitismus, und genau darum sollte es uns allen hier gehen. – Vielen Dank!
Die AfD-Fraktion hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Abgeordneter Hansel, Sie haben das Wort. – Bitte schön!
Nur ganz kurz: Es ist mit der Interfraktionalität so ein Thema. Wir haben das tatsächlich letzte Woche allen Fraktionen vorgelegt. Wir wollten einen interfraktionellen Antrag einbringen, damit eben der Vorwurf und das Thema einer Instrumentalisierung gar nicht erst aufgerufen wird und wollten, dass dieses Haus das politische Signal sendet.
[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Haben wir doch schon! – Anne Helm (LINKE): Das haben wir bereits getan!]
Da geht es gar nicht um die Rechtmäßigkeiten einer solchen Demonstration im Senat. Wir haben extra das Thema weggelassen, wie der Senat damit umgehen soll, denn es ist Beschlusslage im Haus. Es ist eine reine politische Angelegenheit des Hauses, dass Sie alle sagen: Wir wollen das nicht. Darum ging es. Es ist auch einmal an der Zeit, dass dieses vom gesamten Haus so mitgetragen wird. Darum geht es.
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Benedikt Lux (GRÜNE): Ist doch völlig unglaubwürdig! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Herr Woldeit sollte einfach mal kleinere Brötchen backen!]
Lieber Herr Hansel! Ich sage es noch einmal: Es gibt schon einen Mehrfraktionenantrag. Den haben wir vor ziemlich exakt zwölf Monaten in diesem Haus beschlossen. Es bedarf keiner weiteren Einzelanträge einzelner Fraktionen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich kann mich eigentlich in allem, was Frau Seibeld und Herr Zimmermann gesagt haben, anschließen, außer vielleicht in einem ganz kleinen Detail. Herr Zimmermann! Was vielleicht die Frage von Antisemitismus angeht, können wir hier alle in unseren eigenen Reihen durchaus noch ein bisschen nachholen. Ich schließe meine eigene Partei dort ausdrücklich mit ein.
Aber, wie jedes Jahr, wird nun wieder diese krude Mischung von Unterstützern von Terrororganisationen wie der Hisbollah oder auch der Hamas oder auch rechten Verschwörungsideologen wie zum Beispiel Christoph Hörstel mit seiner Deutschen Mitte, die sich sonst eigentlich immer spinnefeind sind, die aber an diesem Tag geeint sind in ihrem Hass auf Israel ,durch unsere Stadt marschieren. Durch die Zuspitzung des Nahostkonflikts in den letzten Monaten ist leider auch zu befürchten, dass aufgrund des vielen Leids und der Wut, die dadurch verursacht wird, dieser Marsch dieses Jahr auch wieder Zulauf haben wird.
Das ist natürlich Grund genug, sich klar dagegen zu positionieren. Aber die AfD wirft sich hier natürlich wieder einmal mit ihrem Antrag hinter den längst abgefahrenen Zug, denn der Antrag besteht ausschließlich aus Zitaten aus den hier bereits beschlossenen Anträgen und aus dem Landeskonzept zur Antisemitismusprävention des Senats, also aus bereits geleisteter Arbeit, und zwar nicht Ihrer Arbeit.
Die AfD stilisiert sich hier wieder einmal zum Sprachrohr für das jüdische Leben in Berlin und Deutschland. Diese große Geste wird immer dann bemüht, wenn sie dienlich ist, um antimuslimische Ressentiments zu bedienen
und das von einer Partei, aus deren Reihen von der Abschaffung von einem sogenannten „Schuldkult“ gesprochen wird oder von einem „Vogelschiss in der Geschichte“ schwadroniert wird. Da muss man jetzt gar nicht nach Bayern zeigen, ich habe durchaus ein paar Beispiele aus Ihren eigenen Reihen: So wird zum Beispiel der gesellschaftliche Widerspruch, den Ihre Politik erfährt, immer wieder gleichgesetzt mit der Judenverfolgung und mit der
Shoah. Ein Beispiel ist der Kamerad hier aus Ihren Reihen, Ubbelohde, der das ganz prominent angeheftet in seinem Twitter-Profil tut.
Solche Relativierungen verdeutlichen, dass der vermeintliche Kampf gegen Antisemitismus in der AfD nur als Feigenblatt dient. Uns dann noch einen Antrag vorzulegen mit dem Titel „Antisemitismus konsequent durchsetzen“, ist eine Peinlichkeit. Sie kann einem in der Flüchtigkeit durchaus einmal passieren. Aber genau diese Flüchtigkeit zeigt eben, welche Sorgfalt und Sensibilität Sie diesem Thema beimessen.
Sie haben selbst schon den israelischen Botschafter zitiert. Ich möchte ihn auch noch einmal zitieren:
Wenn es Leute gibt, die sich als demonstrativ proisraelisch darstellen, aber im Kern antisemitisch sind, haben wir keinerlei Interesse an einem Kontakt.
Ich bin sicher, Sie kennen dieses Zitat. Es ist auf Sie bezogen. Nicht nur die israelische Botschaft, sondern auch die jüdische Gemeinde und alle Initiativen dieser Stadt, die sich gegen Antisemitismus einsetzen, arbeiten nicht mit Ihnen zusammen. Ich fordere Sie auf, das endlich einmal zu respektieren.
Unsere Strategien zum al-Quds-Tag sind hier schon mehrmals angedeutet worden. Die sind völlig klar. Kriegshetze, Terrorpropaganda und antisemitische Parolen müssen durch strenge Auflagen und natürlich auch durch deren Durchsetzung konsequent unterbunden werden. Aber das Demonstrationsrecht ist nun einmal ein sehr hohes Gut. Ja, das gilt in Berlin auch für alle Menschen. In der Vergangenheit sind wir mit Verbotsvorstößen auch gegen andere unerträgliche Aufmärsche immer wieder mal gescheitert, zum Beispiel beim Heß-Marsch. Das sollten wir uns an der Stelle nicht erlauben. Das haben Sie völlig richtig erkannt.
Aber glücklicherweise gilt das Demonstrationsrecht natürlich auch für Gegendemonstrationen. Deshalb sind wir auf eine starke Zivilgesellschaft angewiesen, die sich dem al-Quds-Marsch entgegenstellt und ihn im besten Fall sogar verhindert. Das wäre einmal ein deutliches Zeichen, dass Antisemitismus in Berlin nicht unwidersprochen hingenommen wird und zwar ein deutlicheres und sinnvolleres Zeichen als dieser peinliche Antrag.
wir tragen eine Verantwortung für unsere Geschichte und allen Überlebenden der Shoah gegenüber. Wir müssen uns klar gegen jeden Antisemitismus bekennen, aber das tun wir nicht, indem wir diesen AfD-Antrag mittragen. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei unseren zivilgesellschaftlichen Kooperationspartnerinnen und
-partnern bedanken, ohne die der Kampf gegen Antisemitismus in dieser Stadt nicht möglich wäre. Ich danke Ihnen und euch ganz herzlich!
Natürlich könnt ihr auch darauf zählen, dass ich auch dieses Jahr wieder bei den breiten Protesten von bürgerlich bis antifaschistisch dabei sein werde und sie vor Ort unterstützen werde. Übrigens – durchaus auch gemeinsam mit migrantischen und muslimischen Organisationen! Ich rufe Sie alle auf, sich uns anzuschließen. – Vielen Dank!
Die Fraktion der AfD hat eine erneute Kurzintervention angemeldet. – Herr Dr. Bronson, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Frau Helm! Ich möchte nicht auf alles eingehen, was Sie gesagt haben; die Zeit habe ich nicht, und die Muße habe ich auch nicht. Nur so viel: Wenn es unseren Antrag nicht gegeben hätte – und auch heute Morgen nicht noch rechtzeitig den Änderungsantrag der FDP –, dann würden wir hier gar nicht über diesen Marsch diskutieren.
Sie können sich darauf verlassen, und das geht auch an meine Vorredner: Solange die AfD hier sitzt, und solange ich hier stehe, wird dieses Thema jedes Jahr zu diesem Zeitpunkt auf die Agenda kommen, solange es diesen verdammten, üblen Marsch in unserer Stadt gibt.
Wenn eine Feier in einem Haus stattfindet, und diese Feier gerät außer Kontrolle, dann ist der Besitzer des Hauses der Gastgeber, und der hat für diese Feier verantwortlich zu zeichnen.
[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Beziehen Sie sich noch auf die Rede von Frau Helm? – Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]