[Beifall bei der FDP und der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]
Herr Luthe! Sie haben so ziemlich alle im Raum angesprochen. Ich kann jetzt natürlich nicht für Herrn Zimmermann oder alle anderen antworten, sondern nur für mich. Ich kann feststellen, Sie haben kein einziges Argument gebracht, warum es diese Befugnis braucht,
auch nicht das Beispiel Bataclan. Sie haben gesagt, die Berliner Polizei trainiert solche Situationen, wie es sie in Bataclan gegeben hat. Natürlich trainiert sie das. Und sie tut das zu Recht. Sie kann es auch anwenden, es darf geschossen werden,
da stimme ich mit Herrn Zimmermann genau überein. Da können die schießen. Die können da reingehen, sich entscheiden und schießen. Der einzige Unterschied ist, dass sie halt hinterher
sich über das Strafrecht einer richterlichen Überprüfung unterziehen müssen. Aber dazu muss ich sagen: Da habe ich das Vertrauen in unseren Rechtsstaat, dass es Gerichte gibt,
die das fair und unter Berücksichtigung aller rationalen Gesichtspunkte, die es gibt, bewerten. Dann wird es fair bewertet, ob so ein Schuss gerechtfertigt war oder nicht.
[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE) – Holger Krestel (FDP): Der letzte Anhänger hat gerade geklatscht!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe ein Déjà-vu-Erlebnis: Die FDP bringt nun einen inhaltsgleichen Gesetzentwurf ein, den wir bereits am 16. Januar 2018 eingebracht haben, dieses Mal mit der zutreffenden Ergänzung des Zitiergebots sowie einer Anordnungsbefugnis der Vorgesetzten.
[Benedikt Lux (GRÜNE): Herr Czaja! Die Leute wollen das Original, sagt er gerade! – Sebastian Czaja (FDP): Ich musste mich gerade mit Herrn Stroedter beschäftigen! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Weitere Zurufe von der FDP und der LINKEN]
Über die Notwendigkeit der Einführung einer solchen Regelung auch in Berlin wurde von dem Kollegen Luthe bereits zutreffend ausgeführt.
Liebe Kollegen! Der Redner hat das Wort! – Wenn es Sie stört, dann können Sie Ihre Gespräche vielleicht vor der Tür fortführen, lieber Kollege Czaja! – Danke!
Doch wissen Sie was, liebe Kollegen von der FDP? – Auf die guten Argumente der Opposition in diesem Haus kommt es ja bei dem rotsozialistischen Regierungsblock bekanntlich nicht an.
19. August 2017, dass die Innenverwaltung bereits an einer Gesetzesänderung für die Einführung einer derartigen Regelung arbeite. Das erwähnte ich schon in meiner letzten Rede vor mehr als einem Jahr.
Die Geschwindigkeit, mit der die Innenverwaltung arbeitet, ist wahrlich atemberaubend. Der Kollege Zimmermann kündigte im letzten Jahr im Innenausschuss auf die Frage, wann dem Abgeordnetenhaus die Vorlage der Koalition zur Reform des ASOG und UZwG vorgelegt werde, an, dies sollte nach der Sommerpause erfolgen. – Herr Kollege Zimmermann! Welche Sommerpause haben Sie denn gemeint?
Ich wage es mal, mich aus dem Fenster zu lehnen und sage, dass diese Koalition innerhalb dieser Legislaturperiode keine einzige Änderung im Polizei- und Ordnungsrecht auf den Weg bringen wird.
Ähnlich wie beim Taser ist es Ihnen auch beim finalen Rettungsschusses völlig egal, ob sich die Beamten des Landes Berlin auf eine öffentlich-rechtliche Ermächtigungsgrundlage berufen können oder nicht. Da kann der verehrte Staatssekretär Akmann auch noch so oft beteuern, dass im Land Berlin ausreichende Ermächtigungsgrundlagen vorliegen. Sie behandeln die Beamten wie einfache Jedermanns,
die sich auf Notwehrrechte berufen müssen, dass ein Rechtfertigungsgrund für den Einsatz der Schusswaffe vorgelegen haben mag. Dass der Polizeibeamte aber nicht nur jedermann ist, sondern hoheitliche Befugnisse als Repräsentanz der Staatsgewalt wahrnimmt, ist Ihnen selbst anscheinend schon bewusst, denn: Staatssekretär Akmann hat in der vorletzten Innenausschusssitzung das fehlende Zitiergebot für den Eingriff in das Leben bei unserem Gesetzentwurf als verfassungswidrig kritisiert. Nur zeigen da auch wieder drei Finger auf Sie selbst zurück, denn: Wenn Sie den finalen Rettungsschuss schon jetzt zur Anwendung bringen,
und das hat ja auch Herr Schrader gesagt, dann tun Sie das ebenfalls ohne Zitiergebot und natürlich auch ohne eine Ermächtigungsgrundlage.
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Schusswaffengebrauch! Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Was erzählen Sie denn?]
Sie handeln damit nach Ihrer eigenen Argumentation schon jetzt verfassungswidrig. Sie wurden aber bisher noch nicht von den Verwaltungsgerichten auf die Probe gestellt. In meiner parlamentarischen Anfrage zum Taser, der im Land Berlin jetzt schon dreimal zum Einsatz gekommen ist, habe ich gefragt, wie oft bereits Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht dagegen eingelegt worden sind: Kein einziges Mal!
Ja, wo kein Kläger, da kein Richter! Sie handeln hier im rechtsfreien Raum, sowohl beim Taser als auch beim finalen Rettungsschuss.
Das Land Berlin setzt sich einem hohen Risiko an Amtshaftungsansprüchen aus – bei einem Todesschuss von den Familienangehörigen. Der strafrechtliche Freispruch eines Beamten sagt nämlich nichts über die hoheitliche Befugnis des Landes Berlin aus, einen Grundrechtseingriff zu vollziehen. Das ist übrigens herrschende Meinung in sämtlicher juristischen Literatur. Geben Sie also endlich den Polizisten eine klare rechtliche Grundlage, wenn sie in extremen Gefahrensituationen etwa auf Terroristen oder Geiselnehmer schießen müssen. In einer Amok- oder Terrorlage werden die Landespolizeibeamten oftmals die Ersten vor Ort sein, die auf die Täter treffen. In vielen dieser Situationen können sie nicht erst warten, bis das SEK oder die GSG 9 am Einsatzort ist. Mittlerweile hat auch Mecklenburg-Vorpommern angekündigt, den finalen Rettungsschuss in das örtliche Polizeigesetz aufzunehmen. Damit wäre dann in 14 von 16 Bundesländern eine gesetzliche Regelung vorhanden. Sorgen Sie dafür, dass Berlin nicht schon wieder, wie mittlerweile in allen Bereichen unter Ihrer Verantwortung, das traurige Schlusslicht bleibt! – Vielen herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Doch, in diesem Fall, bei der Einführung eines
tödlichen Schusses durch die Polizei, hätte ich überhaupt kein Problem damit, wenn Berlin Letzter wird, Allerletzter oder sogar die Frage stellt, ob wir das überhaupt machen müssen.