Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1777
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den Antrag vorgelegt „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei Landesbeteiligungen ausweisen“. Das hat klare und ernsthafte Gründe: Frauen verdienen auch heute noch viel zu oft weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Die Differenz der Einkünfte zwischen Frauen und Männern beträgt je nach Berechnungsart bis zu 21 Prozent. Wie auch immer man rechnet, welche Berechnungsmethode man auch wählt, die Realität ist: Frauen wird oft weniger bezahlt, obwohl sie für die gleiche Leistung das Gleiche verdienen sollten. Ich glaube, dass jede unterschiedliche Bezahlung von Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts heute, im Jahr 2019, in keiner Weise länger hinzunehmen ist.
Das gilt für die Führungsebene genauso wie für die zweite und dritte Führungsebene, aber auch für alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Frauen können gegen Benachteiligungen nur dann vorgehen, wenn sie Kenntnis von ihrer Existenz und Tragweite haben. Ich erinnere gern daran: Im Jahr 2006 trat unter der rot-grünen Koalition auf Bundesebene das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – AGG – in Kraft. Seitdem haben Frauen, die wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden, die Möglichkeit, gegen diese Benachteiligung zu klagen, seit also 13 Jahren gilt dieses einklagbare Recht. Das war und ist ein wichtiger Meilenstein. Aber noch einmal: Frauen können nur klagen, wenn sie Transparenz über die Ungleichbehandlung haben. Deshalb legen wir heute für die Berliner Unternehmen diesen Antrag vor. Wir wollen wissen, wie es in den Landesbeteiligungen aussieht in Bezug auf die Bezahlung, und wir wollen wissen, wie hoch der Frauenanteil auf den verschiedenen Führungsebenen der Unternehmen ist.
Ich erinnere gern noch einmal daran: Unter Rot-Rot hier in Berlin haben wir als Konsequenz aus dem Bankenskandal das gesamte Beteiligungsmanagement des Landes – und des Abgeordnetenhauses – neu aufgestellt, der parlamentarische Beteiligungs- und Controllingausschuss wurde eingerichtet. Wir haben die Berichtspflichten an das Abgeordnetenhaus verbessert, den Beteiligungsbericht eingeführt, Transparenzgesetze verabschiedet, wir haben Beteiligungshinweise formuliert, die Rechte des Parlaments und des Rechnungshofs gestärkt und vieles mehr. Hier haben wir heute Transparenz. Wir wissen viel über die Unternehmen und insgesamt haben sich seither die Kennzahlen der Unternehmen auch sehr erfreulich entwickelt. Das ist aus unserer Sicht ein großer Erfolg.
Wir wissen aber nicht, mit welcher Wirkung das Landesgleichstellungsgesetz in den Landesunternehmen angewendet wird. Es fehlen zum Beispiel Statistiken zum Frauenanteil, zur Bezahlung, zu Entgeltgruppen. Wir wollen, dass in den Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin die Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes nicht nur angewendet werden, sondern darüber vollkommen transparent und nachvollziehbar berichtet wird. Wir fordern deshalb den Senat auf, künftig in den Geschäftsberichten und im Beteiligungsbericht die Mitarbeiterzahlen getrennt nach Geschlecht in absoluten Zahlen und prozentual anzugeben, und die jeweiligen Entgeltgruppen zu nennen. Die Berichterstattung wird dahingehend angepasst. Die Berichte können als Grundlage – das ist ein ganz entscheidender Punkt – für die Frauen dienen, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wo sie tatsächlich im Gehaltsgefüge in ihrem Unternehmen stehen.
Deshalb auch an die Kollegen der Opposition, die nach mir sprechen: Ich rufe Sie alle auf, für unseren Antrag zu stimmen! Insbesondere die Männer hier im Raum möchte ich daran erinnern, dass das eine gute Entscheidung wäre, insbesondere auch von Fraktionen, deren Frauenanteil sehr gering ist. Wenn ich es bei der CDU sehe: 4 Frauen bei 31 Mandaten, das ist sicherlich kein gutes Beispiel. – Verbessern Sie mit uns gemeinsam das Berichtswesen der Berliner Landesunternehmen und unterstützen Sie damit alle Frauen bei ihren Bemühungen, gegen Benachteiligung vorzugehen und für ihre berufliche Gleichstellung einzutreten.
Eine persönliche Bemerkung noch zum Schluss: Ich kann mir vorstellen, dass es, wenn wir das heute machen, auch als Vorbild in der Privatwirtschaft dienen könnte. Es sollten alle Fraktionen gemeinsam an einem Strang ziehen. Die Ungerechtigkeit, die wir in unserer Gesellschaft haben, muss beendet werden! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe den vorliegenden Antrag wirklich mehrfach gelesen, aber beim besten Willen erschließt sich mir nicht wirklich, was Sie mit diesem Antrag eigentlich erreichen wollen. Fangen wir bei der Überschrift an: „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei Landesbeteiligungen ausweisen“. Den Frauen in dieser Stadt geht es mit Sicherheit nicht darum, gleichen Lohn für gleiche Arbeit ausge
wiesen zu bekommen, es geht darum, dass Frauen gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Das ist bis heute nicht immer der Fall,
auch nicht in landeseigenen Unternehmen und auch nicht in Beteiligungsunternehmen. Daran wird sich auch nichts ändern, solange Sie, liebe Koalition, nichts ernsthaft dafür unternehmen, dass es in dieser Stadt eine ausreichende Anzahl von Kitaplätzen und flexiblen Betreuungsangeboten gibt. Solange Frauen allein aus diesen Gründen gezwungen sind, Teilzeit zu arbeiten und auf eine berufliche Karriere zu verzichten, solange wird es auch das Gender-Pay-Gap geben.
Mit dem vorliegenden Antrag fordern Sie nun, dass Unternehmen mit einer Landesbeteiligung ab 30 Prozent Statistiken zu Frauen und ihrer Entlohnung sowie zu ihrem Anteil in Führungspositionen ausweisen sollen. Offen bleibt, welche Angaben Sie nun in den Geschäftsberichten ausgewiesen haben wollen und welche in den Beteiligungsberichten. Aber, egal. Wir haben seit 1991 ein Landesgleichstellungsgesetz – und das ist auch gut so. Dieses ist vielfach novelliert worden und sieht sehr konkrete Regelungen vor, auch hinsichtlich der Berichtspflicht der landeseigenen Unternehmen sowie der Beteiligungsunternehmen. § 1a regelt, dass das Gesetz grundsätzlich auch für Mehrheitsbeteiligungen des Landes gilt und auch auf Minderheitsbeteiligungen wirken soll. Jetzt kommt es: Die Verantwortung dafür trägt die jeweilige Senatsverwaltung.
Es gibt ausführliche Ausführungsvorschriften zum Landesgleichstellungsgesetz und eine Gleichstellungsberichtsverordnung, welche die Erhebung statistischer Angaben regelt.
In Ihrer Begründung führen Sie nun aus, dass viele Landesunternehmen mit Mehrheitsbeteiligung ihren Berichtspflichten nicht nachkommen. Ihr logischer Schluss daraus: Jetzt sollen zusätzlich auch die Betriebe mit Minderheitsbeteiligung und einer landeseigenen Beteiligungsquote von 30 bis 50 Prozent diesen Berichtspflichten nachkommen. Kann man verstehen, muss man aber nicht.
Ich habe mir die Liste der Beteiligungsunternehmen angesehen. Die Unternehmen, bei denen unsere Landesbeteiligung zwischen 30 und 50 Prozent liegt, sind gerade einmal drei. Ich will sie auch nennen: die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, das Amt für Statistik und der VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg.
Jetzt einmal ganz ehrlich: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Berlinerinnen und Berliner erwarten, dass die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH das macht, wofür sie zuständig ist, nämlich den Flughafen Willy Brandt endlich fertigzustellen und zu eröffnen.
Dabei interessiert es mich und viele andere in Berlin herzlich wenig, ob da Statistiken zur Entlohnung von Frauen ausgewiesen werden, wenn ohnehin sichergestellt ist, dass die Einstellungen und Bezahlungen dort nach den Kriterien des Landesgleichstellungsgesetzes erfolgten. Fakt ist doch eines: Wenn Beteiligungsunternehmen ihren im Landesgleichstellungsgesetz festgeschriebenen Berichtspflichten nicht nachkommen, dann sind in erster Linie die jeweiligen Senatsverwaltungen gefragt. Wenn diese nicht agieren, dann ist es die Aufgabe der Senatorin für Gleichstellung, für die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes zu sorgen.
Liebe Koalition! Sie sind in der Regierung, Sie haben die Möglichkeit, das Landesgleichstellungsgesetz zu novellieren. Ein unverbindlicher Antrag wie dieser wird da nicht weiterhelfen. Und der bisherige Knackpunkt war im Landesgleichstellungsgesetz doch immer die fehlende Sanktionsmöglichkeit. Wer soll das ändern, wenn nicht Sie? Aber offensichtlich ist das gar nicht beabsichtigt. Der vorliegende Antrag wird mit Sicherheit nichts an der jetzigen Situation ändern. Beteiligungsunternehmen, die wie bisher, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, werden durch diesen Antrag ihr Verhalten bestimmt nicht ändern. Wirken Sie auf Ihre Senatorinnen und Senatoren und die Senatsmitglieder in den Aufsichtsräten ein, denn die haben es nämlich in der Hand, hier Änderungen herbeizuführen. Schaffen Sie endlich ausreichende Kitaplätze und flexible Betreuungsmöglichkeiten, dann kann sich ganz viel in Berlin zugunsten von Frauen ändern, und das nicht nur für landeseigene und Beteiligungsunternehmen, sondern für die Frauen in der gesamten Stadt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Lieber Gast! Frau Vogel, Sie haben zwar das LGG gelesen, aber wahrscheinlich nicht den § 19. Hier geht es
nicht darum, dass die Unternehmen berichten, sondern dass die Berichtspflicht modernisiert, verändert, verbessert, vertieft wird, damit wir mehr für die Frauen in den Unternehmen machen können. Bei dem Lohnunterschied von Frauen und Männern belegen wir in Deutschland innerhalb der EU den Platz 26 von 28. In den letzten elf Jahren hat sich dieser Lohnunterschied lediglich von 23 auf 21 Prozent verringert.
Darum ist unser Antrag wichtig. Er wird die Berichtspflicht gegenüber dem Abgeordnetenhaus vertiefen, modernisieren – Frau Vogel, da können Sie so ein Wort rinnschmeißen, wie Sie Bock haben. Unsere landeseigenen Unternehmen sollen als Vorbild für alle Berliner Unternehmen Transparenz herstellen und durch absolute Zahlen, die jetzt in § 19 nicht festgeschrieben sind, beweisen, dass der durchschnittliche Verdienst in einer Entgeltgruppe für Frauen und Männer in ihrem Unternehmen gleich ist.
Wir wollen Frauen und Männer in allen Führungsebenen in absoluten Zahlen darstellen, von der ersten Führungsebene, dem Vorstand, bis zur untersten Leitungsebene. Das ist bisher auch nicht so erfolgt. Falls Sie so eine Berichtspflicht mal gesehen haben oder sich so einen Bericht angeguckt haben, da ist nicht drin, wie viele Frauen und Männer arbeiten oben im Vorstand, in der ersten Führungsebene. Wer arbeitet danach in der Bereichs- bzw. Direktorenebene? Wer arbeitet danach als Sachbearbeiter oder Abteilungsleiter? Das ist alles nicht aufgezählt.
Aufgezählt ist bis jetzt immer: 2016, als Beispiel, hatten wir 37 Prozent Frauen in der mittleren Führungsebene der Entgeltgruppe 12, was sich 2018 auf 39 Prozent erhöht hat. Was können Sie da rausnehmen? – Überhaupt nichts. Da müssen wir wissen, wie viele Frauen und Männer arbeiten denn überhaupt in der Entgeltgruppe 12 im jeweiligen Unternehmen? Wie viele Männer haben in diesen zwei Jahren das Unternehmen verlassen, oder sind da wirklich Frauen eingestellt bzw. gefördert worden? Haben alle Männer und Frauen den gleichen durchschnittlichen Stundenlohn, auch wenn sie in der gleichen Entgeltgruppe eingruppiert sind? Haben alle Männer und Frauen bei gleicher Tätigkeit auch die gleiche Entgeltgruppe? Oder gibt es Zulagen aufgrund z. B. eines Gabelstaplerscheins, den nur junge Männer erwerben können? Das kann man einfach aus diesem Bericht nicht sehen. Haben Frauen trotz Inanspruchnahme der Elternzeit die gleiche zeitliche Höhergruppierung wie ihre Kollegen erhalten? Wir wissen es nicht. Wir wollen absolute Zahlen, keine schöngerechneten Prozente mehr. Wir wollen sehen: Was hat sich für unsere Frauen in landeseigenen Unternehmen verändert? Wo müssen wir nachjustieren? Und das geht nur über absolute Zahlen.
Jetzt wird vielleicht der eine oder die andere sagen: Wir haben doch das Entgelttransparenzgesetz, das seit über
einem Jahr in Kraft ist. Aber bis heute sind mir nur elf Fälle bekannt, die von diesem Gesetz Gebrauch gemacht haben, und das waren alles Männer. Die Wunschvorstellung, dass Tausende von Frauen sich erkundigen, wie im Vergleich das Entgelt eines Kollegen oder einer Kollegin aussieht, ist nicht eingetreten. Ein Fehler ist dabei, die Unternehmen mit unter 200 Beschäftigten müssen überhaupt keine Auskunft geben. Unternehmen unter 500 Beschäftigten müssen die Auskunft direkt von ihrem Vorgesetzten erhalten oder erbitten, und damit haben Frauen eventuell Angst davor, Nachteile bei der nächsten Beförderung zu haben. Und die Hürde, gleiches Geld zu bekommen wie der Kollege mit der gleichen Tätigkeit, ist sehr hoch. Denn diese muss eingeklagt werden. Also gestartet als Tiger, gelandet als Bettvorleger. Also müssen wir hier mit unserem Antrag Akzente setzen und unsere Unternehmen dazu verpflichten, mit einem genauen Zahlenwerk der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern entgegenzuwirken. Es ist ein Weg, es ist ein kleiner Weg, aber der trägt vielleicht dazu bei, dass irgendwann der Equal-Pay-Day auf Silvester fällt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen von der links-grünen Fraktion! Genau wie Frau Vogel schon gesagt hat, erschließt sich mir der Sinn und Zweck dieses Antrags nicht wirklich. In der Überschrift fordern Sie sinngemäß einen Nachweis dafür, dass die Betriebe mit Landesbeteiligung gleichen Lohn für gleiche Arbeit zahlen. Da gehe ich sogar mit. Das ist selbstverständlich. Wer die gleiche Arbeit leistet, der muss auch den gleichen Lohn erhalten. Daher fordern Sie die Unternehmen mit einer Landesbeteiligung von mindestens 30 Prozent auf, ihre Geschäftsberichte in Bezug zu den Personalzahlen zu konkretisieren. Auch dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden. Die Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Landes müssen das laut Landesgleichstellungsgesetz ohnehin schon.
Und Ihr besonderes Interesse ist, eine Auswertung vornehmen zu können bezüglich der Gleich- oder eben Ungleichbehandlung der Geschlechter. Aber so ganz konkret werden Sie in der Begründung dann auch nicht. Die ist recht schwammig. Mir ist immer noch nicht ganz klar: Geht es Ihnen eigentlich nur um die Ungleichbehandlung beim Gehalt, dem angeblichen, oder geht es auch schon wieder um Quotenregelung in Führungspositionen oder
Da haben wir dann in der Begründung schon wieder Begriffe wie Geschlechtergerechtigkeit – was auch immer das heißen soll – oder die Legende vom Gender-PayGap findet sich da auch wieder, also diese angebliche Lohnlücke bei gleichwertiger Arbeit zwischen Männern und Frauen, die Sie allerdings auch noch nie konkret nachweisen konnten, aber wie auch immer. Zu beachten wäre hier sowieso erst einmal, dass Sie nach dem geltenden Landesgleichstellungsgesetz die entsprechenden Unternehmen dahingehend nur auffordern können, diesen Nachweis zu erbringen. Verpflichten können Sie sie nicht. Dafür müssten Sie das Landesgleichstellungsgesetz erst mal überarbeiten und ändern. Das sagen Sie ja auch in Ihrer Begründung, und das steht auch im Gesetzestext:
Soweit das Land Berlin keine Mehrheitsbeteiligungen … hält … , wirkt es darauf hin, dass Maßnahmen entsprechend den Regelungen angewendet werden.