Protocol of the Session on April 4, 2019

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I und II des Gesetzentwurfs und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Eine Beratung ist nicht vorgesehen.

Der Fachausschuss empfiehlt einstimmig mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme des Gesetzesantrags mit Änderungen. Wer dem Gesetzesantrag Drucksache 18/1590 mit der Änderung gemäß Beschlussempfehlung Drucksache 18/1771 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU, die FDP, die AfD und die beiden fraktionslosen Kollegen. Ich frage dennoch nach: Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen gibt es auch nicht. Damit ist dieses Gesetz so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Gesetz zum Mittagessen an Schulen

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 27. März 2019 Drucksache 18/1800 und Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 28. März 2019 Drucksache 18/1804

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1731

Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1731-1

in Verbindung mit

(Georg Kössler)

lfd. Nr. 25:

Qualitätspaket Schulessen

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 27. März 2019 Drucksache 18/1797 und Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 28. März 2019 Drucksache 18/1805

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1732

Den Dringlichkeiten haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 5 des Gesetzentwurfs Drucksache 18/1731 und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

In der gemeinsamen Beratung beginnt die Fraktion der SPD. – Herr Kollege Hofer, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir machen heute den Weg frei für das Gesetz zum Mittagessen an Schulen. Bei diesem Gesetz geht es darum, dass wir das Schulessen für die Klassenstufen 1 bis 6 beitragsfrei machen. Das ist ein sozial- und bildungspolitischer Meilenstein hier in Berlin.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Außerdem beschließen wir einen Begleitantrag, den Antrag Qualitätspaket Schulessen, mit dem wir noch einige Forderungen verbinden, die wir bei der Umsetzung des kostenlosen Mittagessens berücksichtigen müssen. Dazu gehört, dass wir den Bezirken zusätzliches Geld in Höhe von 5 Millionen Euro zur Verfügung stellen, damit sie ihre Schulmensen besser ausgestalten und zum Beispiel Fettabscheideranlagen usw. installieren können.

Wir gehen natürlich davon aus, und das ist auch das Ziel, dass in Zukunft mehr Kinder, am besten alle Kinder, am kostenlosen Mittagessen teilnehmen. Wir wollen außerdem den Bioanteil bei den Produkten auf 50 Prozent erhöhen. Wir wollen die Kontrollstelle Schulessen im Bezirk Pankow stärken, die insbesondere unangemeldete Kontrollen in den Küchen durchführt, denn es ist klar, dass die Qualitätsstandards, die wir uns gegeben haben, auch eingehalten werden müssen. Dafür brauchen wir diese personelle Verstärkung.

Außerdem geht es darum, dass für die Oberschulen, für die es noch kein wie auch immer geartetes öffentlich gefördertes Mittagessen gibt, ein Konzept entwickelt

wird. Das wird zum Januar 2021 vorliegen. Dort wird man dann sicherlich weitere Maßnahmen finden können.

Ein kostenloses Mittagessen ist Teil des Bildungsauftrages an den Schulen. Wir wissen alle: 20 bis 30 Prozent der Kinder verlassen das Elternhaus mit leerem Magen. Sie sitzen dann die ganze Zeit in der Schule, können sich nicht konzentrieren und werden durch das Knurren ihres eigenen Magens abgelenkt. Das muss unterbunden werden. Es geht dabei auch um Gleichheitsaspekte, denn es ist einfach ungerecht, wenn die einen Kinder den anderen Kindern beim Essen zugucken, weil ihre Eltern sich das Mittagessen nicht leisten konnten. Ein gemeinsames Mittagessen fördert auch das Gemeinschaftsgefühl in den Klassen untereinander, denn ein Mittagessen, gemeinsam eingenommen, erhöht die Kommunikation und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

Es gibt auch gesundheitliche Aspekte, die dafür sprechen, es so zu machen, wie wir es heute vorsehen: Eine warme Mahlzeit am Tag, die wir garantieren, gehört zur öffentlichen Vorsorge und stärkt das Kindeswohl.

Nicht zuletzt wünsche ich mir auch mehr Wettbewerb und Angebotsvielfalt beim Schulessen. Dazu wird sicherlich die neue Regel, die wir zur Preisanpassung implementieren wollen, beitragen, denn wir wollen den Wettbewerb natürlich in Richtung Qualitätserhöhung führen und nicht in Richtung Preiskampf nach unten.

[Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Das kostenlose Mittagessen an den Schulen ist Bestandteil unseres Entlastungspakets für die Familien in Berlin. Wir haben die Kitagebühren aufgehoben, wir haben das Büchergeld für die Klassenstufen 1 bis 6 abgeschafft. Der Schulhort für die Klassenstufen 1 bis 2 ist kostenlos. Das kostenlose BVG-Ticket für Schülerinnen und Schüler kommt ab August. Damit entlasten wir eine Familie in Berlin mit zwei Grundschulkindern mit ca. 100 Euro im Monat. Das sind 1 200 Euro im Jahr, die wir den Familien als Entlastung bringen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das ist eine große Sache. Wir setzen mit dem kostenlosen Mittagessen einen weiteren Meilenstein in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit. Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetz wie auch dem Begleitantrag Qualitätspaket Schulessen zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat die Kollegin Bentele das Wort.

(Präsident Ralf Wieland)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Plenarsitzung haben wir erstmals Ihre Änderung zum Schulgesetz diskutiert, –

[Paul Fresdorf (FDP): Vor zwei Wochen!]

im Fachausschuss vor zwei Wochen erst, genau! – mit der Sie zum nächsten Schuljahr ein kostenloses Mittagessen für die Klassen1 bis 6 einführen wollen. In dieser Beratung habe ich einige sehr konkreten Fragen gestellt, zum Beispiel, wie viele Schüler am Mittagessen teilnehmen wollen, zu welchem neuen Festpreis das Essen hergestellt werden soll, in welchen Räumlichkeiten die künftig sehr viel mehr Esser essen sollen und in welchen Zeitfenstern das Ganze geschehen soll. Eine Beratung im Fachausschuss soll üblicherweise dazu dienen, Fragen zu klären. Das ist hier leider nicht passiert. Weder wir als Abgeordnete, als Kontrolleure der Regierung, noch die Schulleiter, Eltern, Schüler oder Erzieher wissen nun mehr. Die Einzige, die ein bisschen versucht hat, das Ganze zu retten, war die Kollegin Remlinger. Solche relevanten Informationen gehören aber in die Begründung eines Gesetzentwurfs oder in eine Senatsvorlage, die man überprüfen kann, die wir aber bis zum heutigen Tage nicht haben.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Sie haben eine Senatsvertreterin vortragen lassen, dass man mit allen Beteiligten ganz intensiv im Gespräch sei. Dennoch erreichen uns immer noch neue Warnbriefe. Mit der Einbindung und den zufriedenstellenden Informationen kann es insofern nicht weit her gewesen sein.

Aber: Wie Ihre politischen Maßnahmen umgesetzt werden, interessiert Sie letztlich auch gar nicht. Es geht vor allem um das politische Signal, das da lautet: Wir wollen Familien entlasten. – Dazu sage ich Ihnen: Auch wir wollen die Familien entlasten, und zwar von der Sorge um eine schlechte Schulbildung, die die Eltern allein aufgrund der puren Fakten haben. Berlin bewegt sich gleichbleibend im unteren Spektrum der Leistungsvergleiche und stellt dazu viele nicht ausgebildete bzw. noch auszubildende Lehrer ein. Erfolgreiche Schulleiter werden abgewatscht. Es gehen überdurchschnittlich viele Schüler ohne Schulabschluss ab. Jugendliche in Berlin beginnen im Schnitt im Alter von 21 Jahren eine Ausbildung. Von uns Bildungspolitikern erwarten die Menschen, dass wir uns um eine qualitativ gute Bildung unserer Kinder kümmern, damit sie eine gute Zukunft haben, und nicht, dass wir immer neue Sozialleistungen ausgeben.

Wir müssen den Eltern zutrauen, dass sie es schaffen, den Kindern 3,25 Euro oder 1 Euro für ein Mittagessen oder eine Stulle mitzugeben,

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

oder ihnen helfen, dass sie das schaffen. Wir Christdemokraten erwarten von Eltern, dass sie für die Ernährung ihrer eigenen Kinder sorgen; das gehört zur Kernpflicht von Eltern.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Sehr richtig! – Antje Kapek (GRÜNE): Und wenn sie es nicht tun?]

Wir können doch nicht jeglichen Anspruch an Eigenverantwortung aufgeben und über alles und jeden einen staatlichen Schirm spannen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Und wenn sie es nicht tun, dann haben sie Pech gehabt?]

Unser Fazit lautet: Keiner weiß, was das Ganze kosten wird. Sie generieren aus der einmaligen Situation eines Haushaltsüberschusses eine feste Verpflichtung in dreistelliger Millionenhöhe für zukünftige Haushalte und binden damit Gelder, die wir bei Lehrkräften und in anderen wichtigen bildungspolitischen Bereichen nicht einsetzen werden können. Was die Qualität anbetrifft, gibt es bisher nur Versprechen, die allerfrühestens 2020 eingelöst werden. Die Einführung überfordert die Betroffenen. Man hätte das Ganze ohne Probleme ordentlich anlegen und zeitlich strecken können.

Wir haben Ihnen im Fachausschuss einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem wir versuchen, das ganze Schlamassel insofern etwas zu heilen, indem in die beabsichtigte Rechtsverordnung, in der die Qualität definiert wird, auch die Punkte Räumlichkeiten und Zeitfenster aufgenommen werden. Das ist unser Versuch, dem ganzen Vorhaben zumindest langfristig eine vernünftige Stoßrichtung zu geben. Bitte stimmen Sie diesem Antrag zu, oder seien Sie so ehrlich und so vernünftig und verschieben Sie die ganze Einführung, bis Sie über eine Abfrage zumindest in Ansätzen eine Vorstellung davon haben, wie viele Schüler an einem kostenlosen Mittagessen teilnehmen wollen. Das wäre nötig, damit sich alle beteiligen. Die Schulen, die Bezirke, die Eltern und die Lehrer müssen sich sinnvoll auf diese Neuerung einstellen können.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Frau Kittler, Sie haben für die Linksfraktion das Wort.