Wenn Sie Afrika ernst nehmen wollen, dann hören Sie endlich auf mit diesem Nanny-Verhalten gegenüber den Afrikanern! Die Menschen in Afrika haben die Nase voll von der falschen Ausrede, der Kolonialismus sei an allem schuld. Leider trägt auch dieser Antrag dazu bei, dass afrikanische Regierungen immer noch den Kolonialismus als Entschuldigung für ihr eigenes Versagen anführen können.
Nepotismus, Kleptokratie, Stammesdenken, fehlendes Bewusstsein für Good Governance – man könnte noch vieles andere aufzählen, um die Probleme in Afrika zu beschreiben. Das koloniale Erbe ist da nur noch ein untergeordneter Faktor.
Für uns steht fest, wir brauchen keine ideologischen Leitplanken von Rot-Rot-Grün für den Dialog mit Afrika. Was wir brauchen, sind kulturelle und wissenschaftliche Kontakte auf Augenhöhe und vor allem Investitionen in die rasant wachsenden Märkte Afrikas. Afrikas Probleme können nur in Afrika gelöst werden, nicht in Berlin.
Und schon gar nicht können sie gelöst werden durch das neokoloniale Auftreten von Rot-Rot-Grün bei den Straßenumbenennungen im Afrikanischen Viertel. Zu den Vorgängen im Afrikanischen Viertel sagte die Sprecherin der Initiative Pro Afrikanisches Viertel, Frau Karina Filusch, gestern in der „FAZ“, der Bezirk wolle die Bürger mit kolonialem Habitus beglücken. Viele Bürger fühlten sich bevormundet. – Da kann man nur sagen: Die Partizipationsrhetorik in Ihrem Antrag passt zu Ihrem Vorgehen im Afrikanischen Viertel wie die Faust aufs Auge.
Ich komme zum Schluss: Wir halten eine Vertiefung der Partnerschaft mit Afrika und insbesondere mit Namibia und Windhoek ebenfalls für richtig. Wir wollen die Beziehungen auf allen Ebenen vertiefen und ja, wir wollen auch geraubte Gegenstände und zumal Gebeine zurückgeben, wo dies sinnvoll und möglich ist. Und wir müssen natürlich auch über die dunklen Seiten der Kolonialgeschichte reden, das ist doch gar keine Frage. Aber bitte auf Augenhöhe, mit historischem Augenmaß und in die Zukunft gerichtet und nicht mit dekolonialem Agitprop im Rucksack. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Juhnke! Herr Trefzer! Verantwortlich sind immer die anderen – nein, verantwortlich ist die demokratische Gesellschaft. Und genau diesen Auftrag nehmen wir hier wahr, Sie offensichtlich nicht.
Wir schreiben das Jahr 2019. 100 Jahre nach dem Ende des deutschen Kolonialreichs im Ergebnis des Ersten Weltkriegs kann ich durch Berlin laufen und Straßennamen wie Wissmannstraße, Woermannkehre, Petersallee, Lüderitzstraße, Maerckerweg oder Nachtigalplatz lesen. Diese Namen stehen für Männer, die die deutschen Kolonien eroberten, die Aufstände versklavter Völker in Ost- oder Südwestafrika niederschlugen, die Menschen gnadenlos ausbeuteten, sie misshandelten, vergewaltigten, verhungern ließen oder erhängten. Nach ihnen benannte man trotz oder gerade wegen dieser Gräuel Berliner Straßen im deutschen Kaiserreich ebenso wie in Nazideutschland. Alle, die dort oder in anderen Straßen oder an Plätzen, die im Zusammenhang mit der Kolonialisierung benannt wurden, wohnen, können das wissen und ändern. Wir hätten es schon längst tun müssen.
Alle, die dort wohnen, sollten sich auch gut anhören, was wir hier heute miteinander diskutieren. Auch, dass Otto von Bismarck, der ab 1880 als Reichskanzler maßgeblich
für die Kolonialisierung – das glaube ich, dass Sie das sagen – im pazifischen Raum und in Afrika verantwortlich war, noch heute Ehrenbürger von Berlin ist, ist für mich nicht erträglich.
Warum ist der Koalition – vielleicht beantwortet das ja Ihre Fragen – die Übernahme von Verantwortung für die koloniale Vergangenheit so wichtig? – Ein Grund, der heute schon im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Antisemitismus genannt wurde,
gilt auch hier: Wir sind nicht verantwortlich für das, was geschah, aber dafür, dass es nicht wieder geschieht. Und angesichts dessen, dass es heute Rassismus wieder in deutschen und europäischen Parlamenten gibt, ist es mehr als geboten, klarzumachen, wo die geschichtlichen Wurzeln für ihn liegen.
Sie liegen im Kolonialismus, der in Deutschland direkt in den Faschismus führte. Aus dem Völkermord, der an den Herero und Nama verübt wurde, entstand eben kein „Nie wieder“ in Deutschland. Hätte es in der Weimarer Republik eine konsequente Auseinandersetzung dazu gegeben, wären die Täter konsequent verfolgt und verurteilt worden, wäre Deutschland wohl das dunkelste Kapitel in seiner Geschichte erspart geblieben. So aber betrauerte man die verlorenen Kolonien, und nur wenige setzten
sich mit den Gräueltaten des Kolonialismus auseinander. Die Versklavung und das Quälen und Töten von Menschen, der Massenmord an 65 000 bis 80 000 Herero vor allem in der Omaheke-Wüste und in den Konzentrationslagern Deutsch-Südwestafrikas und an Zehntausenden Nama mit der Begründung, dass es das Recht der weißen Herrenrasse wäre und den Schutz deutschen Lebensraumes diente, für all das übernahm Deutschland nie Verantwortung.
Nein! – Der Völkermord an den Herero und Nama muss nicht nur so benannt werden, sondern auch zur Entschuldigung bei den Nachfahren der Opfer und zur Restitution und Reparation als symbolische und materielle Wiedergutmachung führen. Verantwortung für die koloniale Vergangenheit zu übernehmen, heißt auch, sich heutigem Rassismus und Diskriminierung entgegenzustellen, und das haben wir heute wieder sehr deutlich merken können.
Die Koalition will sich mit dem zur Debatte stehenden Antrag der besonderen historischen wie gegenwärtigen Verantwortung Berlins angesichts des geschehenen kolonialen Unrechts und der Opfer von Sklavenhandel, Sklaverei, Kolonialismus, Unterdrückung, Verbrechen und Völkermord stellen. Der rot-rot-grüne Senat soll dazu eine gesamtstädtische Aufarbeitungs- und Erinnerungskonzeption entwickeln, und diese soll in ihrer Umsetzung zum partizipativen Handeln in Kultur, Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie in der Museumsarbeit führen und damit verbundene Städtepartnerschaften aktivieren.
Die Koalition verfolgt auch das Ziel, dass Berlin gemeinsam mit dem Bund Vorschläge für einen Lern- und Erinnerungsort – Herr Wesener ist schon darauf eingegangen – an einer zentralen Gedenkstätte für die Opfer deutscher Kolonialverbrechen entwickelt und darüber zügig entscheidet und handelt. Zum Abschluss möchte ich die Gelegenheit nutzen, um den Vertreterinnen und Vertretern der Länder und der KMK für das Eckpunktepapier zu danken, insbesondere den Ländern Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg, Bremen, auch unserem Senator, für ihr Wirken in der KMK und die uns wichtige politische Protokollerklärung, die wir unterstützen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kittler! Zu Ihren Einlassungen geschichtlicher Art komme ich zum Schluss der Rede noch. Das hebe ich mir für den Schluss auf. Aber da waren noch einige Dinge drin, wo man sagen kann, Faktenkenntnis trübt offenbar manchmal die Debatte. Also von daher sollte man dann doch mit der gebotenen Sorgfalt an die Themen herangehen, sonst geht das manchmal auch daneben.
Es wurde schon darauf hingewiesen: Wie kann Berlin eigentlich, wie es der Antrag fordert, Verantwortung für seine koloniale Vergangenheit übernehmen? Das Land Berlin und die Kommune Berlin haben keine Verantwortung für die Kolonialzeit und waren auch gar nicht einbezogen in die damaligen Prozesse. Für die Kolonialzeit wäre das damalige Kaiserreich verantwortlich zu machen, und die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger sieht sich ja für die Thematik insgesamt auch zuständig, führt auch die entsprechenden Prozesse. Also wo soll überhaupt Verwaltungshandeln angeregt werden? Es ist doch im Gange, muss man an der Stelle ganz klar festhalten.
Die Kulturminister des Bundes und der Länder haben sich ja auch darauf verständigt, dass sie – Zitat –
in engem Austausch mit den Herkunftsstaaten und den betroffenen Herkunftsgesellschaften verantwortungsvoll mit Sammlungsgut aus kolonialem Kontext umgehen
wollen. – Zitat Ende! Und gerade diese Einrichtungen, die Sammlungsgut haben, die Museen in dieser Stadt und darüber hinaus, machen das doch. Es kann sich ja heute gar kein wissenschaftlicher Leiter oder kein Museumsdirektor mehr leisten, dieses Thema zu ignorieren. Aber die Museumsleiter haben auch die Nase gestrichen voll davon, dass ihnen eine Reihe von Aktivisten, die ein ganz kleiner Prozentsatz auch der Wissenschaftslandschaft sind – noch nicht mal dessen, denn sie argumentieren ja gar nicht wissenschaftlich –, vorschreiben will, wie sie mit diesen Themen umzugehen haben und dass sie per se immer noch die bösen Kolonialherren vertreten. Das ist eine Argumentation, die vollkommen daneben ist.
Ich will an der Stelle auch gerne das Beispiel des Naturkundemuseums bringen, dem ja immer wieder anheimgestellt wird, es soll diesen Saurier nach Afrika zurückbringen, weil er dort entsprechend entwendet wurde. Erstens, darauf weist auch Herr Professor Vogel hin, hat das Na
turkundemuseum ständig auch regelmäßig wiederkehrende Kontakte zu diesen Ländern, und zwar nicht nur im Rahmen der kolonialen Vergangenheit, sondern im Rahmen des regelmäßigen Informationsaustausches. Der läuft wunderbar, und die Leute vor Ort sagen: Behaltet den Saurier! – Tansania will den ja gar nicht wiederhaben. Das sind dann eben Leute, die dann auch sagen: Aber dort gehört er hin, weil die Knochen 150 Millionen Jahre alt sind und dort mal gefunden worden sind. – Das ist doch keine Argumentation. Da sagt Prof. Vogel auch, die Leute sollten mal erklären, ob sie denn als Wissenschaftler reden oder als Aktivisten, denn wissenschaftlich ist dieses Gerede jedenfalls an dieser Stelle nicht, um das klar und deutlich zu sagen.
Dann gehört eben auch dazu, dass wir heute souveräne Staaten dort haben, wo Deutschland koloniale Vergangenheit hatte, der wir uns übrigens anders als Spanien, Portugal, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Belgien stellen, wo weder links noch rechts in der Politik überhaupt darüber reden wollen, nicht mal ansatzweise darüber reden wollen. Da ist Deutschland wesentlich weiter und stellt sich dieser Vergangenheit.
Aber wir müssen noch mal zur Kenntnis nehmen, dass die Regierungen zum Beispiel von Namibia und Tansania mittlerweile demokratisch legitimiert sind und auch souverän ihre Interessen vertreten. Und da kann es nicht sein, dass bei Veranstaltungen zur Kolonialgeschichte, wo ich auch selbst anwesend war, dann Vertreter der Herero und Nama die Botschafter attackieren, bepöbeln und ihnen absprechen, für ihre Länder zu sprechen. Wenn wir einen souveränen Staat haben und souveräne Staaten in Afrika anerkennen, dann dürfen diese Länder ihre Außenpolitik auch souverän gestalten und nicht Minderheiten innerhalb dieses Landes öffentliche Podien dazu nutzen, ihre eigenen Regierungsvertreter dort entsprechend niederzumachen. Das geht auch nicht.
Insofern ist nichts dagegen einzuwenden, dass man sich über die geschichtlichen Ursprünge im Klaren ist. Zur Redlichkeit gehört aber auch, dass am 12. Januar 1904 die Herero mit Angriffen auf Einrichtungen der Deutschen vor Ort begonnen haben. Sie haben Transporte blockiert, Bahnlinien überfallen, Handelsniederlassungen angezündet. Auch dabei kamen Menschen ums Leben. Man soll nicht das eine gegen das andere aufrechnen, aber zur historischen Wahrheit gehört eben auch, von wem der Aufstand damals ausgegangen ist. Deswegen ist es auch so schwierig, dies im geschichtlichen Kontext korrekt einzuordnen. Auch das gehört dann eben zur Wahrheit dazu.
Zur Wahrheit gehört im Übrigen genauso, Frau Kittler, dass ich auch gerne einen Bismarck auf einer Ehren