Wir sind nicht die, die sich mit blinder Ideologie durch das Bildungswesen dieser Stadt fräsen. Wir sind die, die die Lösungen für diese Stadt suchen.
Und wenn es sein muss, dass wir über unseren Schatten springen, Herr Isenberg, dann machen wir es zum Wohle dieser Stadt. Das empfehle ich Ihnen und Ihren Genossen auch.
Wir Freien Demokraten sind über unseren Schatten gesprungen und haben gesagt: Ja, wir brauchen die Pflicht einer Vorschule. Wir brauchen Kompetenzerwerb im Rahmen der frühkindlichen Bildung. Es ist entscheidend, dass die Kinder in der Schule erfolgreich sind. Wir wollen Bildungsgewinner produzieren und den sozialen Aufstieg in dieser Stadt unabhängig von der Herkunft ermöglichen. In keinem anderen Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland ist die Abhängigkeit zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg noch so groß wie in Berlin, und das ist eine Riesenschande.
[Beifall bei der FDP – Beifall von Tommy Tabor (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]
Seit Jahren betreiben Sie in dieser Stadt eine PippiLangstrumpf-Pädagogik. Die Kinder müssen nicht richtig etwas lernen, Hauptsache sie lernen irgendwas, und die Kompetenzen fließen auch noch ein bisschen mit ein.
Das Ergebnis ist Ihnen aber ziemlich egal. Das sehen wir immer wieder an allen Vergleichstests. Es kommt Ihnen nicht darauf an, dass Kinder die Kita und Schule als Bildungsgewinner verlassen, vielmehr führt Ihre PippiLangstrumpf-Pädagogik – ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt, und irgendwie klappt das dann schon – dazu, dass wir Kinder haben, die die Ausbildung nicht absolvieren können, die im Studium versagen, die schon im ersten Schuljahr ein großes Problem haben, dem Unterricht zu folgen.
Darum treten wir für eine Bildungswende in dieser Stadt ein. Lassen Sie uns gemeinsam – ich lade Sie herzlich ein, dies zu tun – dafür streiten, dass Berlin die Hauptstadt weltbester Bildung wird, dass wir gemeinsam über unsere Schatten springen und für unsere Kinder und für die Zukunft dieser Stadt eintreten.
Herr Isenberg! Ich lade Sie herzlich ein, das auch zu tun, auch bei dem Thema Impfpflicht im Übrigen.
Lassen Sie uns helfen, dass der soziale Aufstieg in dieser Stadt kein Märchen sozialdemokratischer Romantik bleibt, sondern Realität wird! Ich lade Sie herzlich dazu ein, ich reiche Ihnen die Hand. Lassen Sie uns dafür streiten! Stimmen Sie unserem Antrag zu und helfen Sie den Berliner Schülerinnen und Schülern, erfolgreich zu werden und gut in ihr Leben zu starten! – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Lieber Herr Fresdorf! Zumindest in einem Punkt sind wir uns einig: Kinder sollten auch vor der Schule beste Bildungschancen haben. – Kinder, die in Berlin regelmäßig eine Kita besuchen, bekommen diese Bildungschancen auch.
[Beifall bei der SPD – Sebastian Czaja (FDP): Haben Kinder die Chance, eine Kita zu bauen in der Stadt?]
Die verpflichtende Grundlage für die pädagogische Bildungsarbeit Berliner Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegeeinrichtungen ist das Berliner Bildungsprogramm. Dieses ist ausgerichtet an den Entwicklungsbedürfnissen der Altersgruppe von 0 bis 6 Jahren und verfolgt das Ziel einer umfassenden Persönlichkeitsentwicklung des individuellen Kindes.
Kinder werden in verschiedenen Bildungsbereichen unterrichtet: kulturelles Leben, Sprache, Gesundheit, Medien, Schriftkultur, bildnerisches Gestalten, Musik, Theater, Mathematik, Umwelt und Technik – alles ist mit dabei. Das Sprachlerntagebuch, dessen Einsatz verpflichtend ist, und die Durchführung der Sprachstandsfeststellung mit anschließender – übrigens mitunter verpflichtender – Förderung in der Kita sind eine gute Vorbereitung für den späteren Schulbesuch.
Die Senatsverwaltung hat erst zu Beginn dieses Jahres Weiterentwicklungen der Kooperation zum Übergang von der Kita zur Grundschule aufgegriffen, die die Passfähigkeit des Bildungsverständnisses vom Berliner Bildungsprogramm und von den Rahmenlehrplänen der Grundschule zu vertiefen.
Mit der flexiblen Schuleingangsphase in der Grundschule, die in zwei oder auch drei Jahren durchlaufen werden kann, wird das Kind im Anschluss an die Kita gemäß seiner individuellen Voraussetzungen gefördert. – Das ist wichtig, Herr Fresdorf! – Ich glaube, das ist ein grundlegender Unterschied, der uns teilt.
[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP) – Bernd Schlömer (FDP): Von der SPD ist überhaupt keiner da! – Holger Krestel (FDP): Keine Sau bei der SPD!]
Sie müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass Sie ein Kind schulreif von der Kita an die Schule übergeben können. Erst, wenn das Kind eingeschult wird, muss sich die Schule auf das Kind einstellen
Zu Ihrem Antrag: Über den Inhalt Ihres Antrags haben Sie gar nichts gesagt. Zu dem, was Sie hier fordern: Sie wollen, dass es ein Pflichtschulvorbereitungsjahr gibt, das, wenn man es denn erfolgreich absolviert hat, dazu führt, dass ein Kind eingeschult werden darf. – Mir stellt sich die Frage, was mit Kindern passiert, die dieses Ziel nicht erreichen: Bleiben sie sitzen, bevor sie überhaupt in der Schule sind? Wie häufig darf so ein Kind sitzen bleiben? Gibt es Kinder, die dann nie eingeschult werden? Was ist mit Kindern, die beispielsweise Lernschwierigkeiten oder andere Beeinträchtigungen haben? – Was Sie auch überhaupt nicht sagen: Wo soll dieses Schulvorbereitungsjahr stattfinden? – Alle diese Fragen lassen Sie offen.
Ich möchte keine Zwischenfragen haben. – Herr Fresdorf! Sie können doch gerne danach noch etwas sagen! – Ich möchte nur sagen, dass auch die Vorschule in Berlin ein freiwilliges Angebot war.
Wenn wir uns die Zahlen anschauen, so besuchen etwa 95 bis 96 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen in Berlin eine Kita oder eine Kindertagespflege.
Aber – das gebe ich zu – da müssen wir besser werden. Wir müssen an die restlichen 4 bis 5 Prozent der Kinder heran, die eben nicht in die Kita gehen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Kita regelmäßig besucht wird. Es reicht nicht, wenn ein Kind ab und zu da ist. Wenn man möchte, dass das Berliner Bildungsprogramm Wirkung zeigt, dann muss man auch dafür sorgen, dass Kinder regelmäßig da sind. In dieser Hinsicht müssen wir besser werden.
Wissenschaftliche Untersuchungen – und damit noch einmal zur Vorschule – haben übrigens eins gezeigt: Sowohl bei den Kindern, die keine Kita besucht haben,
als auch bei den Kindern, die Vorklassen besucht haben, waren die kognitiven Voraussetzungen für den Schulbesuch im Durchschnitt deutlich schlechter als bei den Kindern, die regelmäßig zur Kita gegangen sind. – Das ist ein absolutes Prä für die Kita.
Der Senat von Berlin hat umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung der frühkindlichen Bildung umgesetzt und wird das auch beibehalten. Mit dem Bildungsprogramm erhalten Kinder eine wirklich auf ihre Entwicklungsbedürfnisse optimal abgestimmte Vorbereitung. Die Kooperation am Übergang von der Kita zur Grundschule ist rechtlich im KitaFöG und im Schulgesetz verankert und wird durch die Akteure beider Bildungsetappen gestaltet.
Ich sehe die Notwendigkeit, dass alle Kinder nachhaltig und in ihrer Gesamtheit in den Genuss des Bildungsangebots der Kita kommen. Daran müssen wir arbeiten. Darüber müssen wir uns Gedanken machen – hören Sie gut zu! Sie sind die Partei, die immer alles verpflichtend haben will –, wenn das einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht darstellen würde.