Richtig! – und das, obwohl sie noch nicht einmal für eine ordentliche Instandhaltung sorgen können oder wollen. Der Berliner Wohnungsmarkt wird immer mehr zum Spielball der Finanzmärkte. Das müssen wir dringend stoppen. Der Wohnungsmarkt ist nämlich nicht für die Spekulation da, der Wohnungsmarkt ist für die Berlinerinnen und Berliner da.
Wir wollen mit diesen Unternehmen endlich auf Augenhöhe verhandeln können. Die tun das nicht freiwillig, nein, das geht nur mit Druckmitteln. Und dieser Druck kann auch eine starke Signalwirkung an andere Vermieter haben, die allein auf unendliche Renditen abzielen. Deswegen sehe ich das Volksbegehren als eine große Chance für uns als Koalition und als ein scharfes Schwert, das wir nutzen müssen.
Es geht nicht darum, von heute auf morgen bis zu 250 000 Wohnungen zu vergemeinschaften. Nein, es geht um die Erarbeitung eines Gesetzes, das ein Konzept vorsieht, wie die Überführung von Wohnungen in die öffentliche Hand Schritt für Schritt oder Kiez für Kiez erfolgen kann. Wir Grüne schlagen übrigens vor, dass auch Genossenschaften einen Teil der Bestände im Erbbaurecht übernehmen können. Das wäre ein zusätzlicher Vorteil für die ganze Stadt.
Klar ist: Es wird massive Widerstände geben, das merken wir ja jetzt schon. Es sind auch höchst komplexe Fragen zu beantworten und Risiken zu beachten. Wir betreten mit diesem Volksbegehren Neuland. Deshalb gehört es zu einer mutigen wie verantwortungsvollen Regierungspolitik dazu, dass wir bei dem Volksbegehren auch die Fallstricke benennen und die Risiken abwägen.
So wird es beim Thema Entschädigung genau darum gehen, ob diese angemessen ist. Klar ist – das ist auch die vorherrschende Rechtsmeinung: Es muss eben nicht zum Marktwert, wie ihn den Senat ermittelt hat, entschädigt werden; es kann weiter darunter sein. Aber es muss auch eine Berechnungsgrundlage geben – das wird nicht einfach sein –, die vor den Gerichten Bestand hat. Dabei werden wir wesentlich günstiger wegkommen, als wenn wir die Häuser direkt kaufen. Eine Entschädigung zum Marktwert macht übrigens bei einer Vergesellschaftung schon deshalb keinen Sinn, denn wenn ich von Unternehmen verlangen kann, dass sie die Mieten unter dem Marktwert anbieten müssen, dann kann ich sie auch unter dem Marktwert vergesellschaften. – Logisch, oder?
Kurz noch ein Aspekt zur Herabstufung Berlins durch Ratingagenturen: Ich muss betonen, dass es eine Drohung war; es ist noch nichts passiert. Sie tun jetzt schon so, als sei dies der Super-GAU.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Ein Warnschuss! Und Sie hören den nicht! – Paul Fresdorf (FDP): Ein Warnschuss!]
Sie waren es, die damals den faulen Fonds und sonstigen absurden Finanzmarktprodukten von Lehman Brothers und anderen Investmentbanken Traumratings verpasst haben. Das war alles Voodoo-Ökonomie. – Wer aber waren die Leidtragenden? – Das wissen Sie ganz genau.
Übrigens: Viele Finanzkrisen sind aus Immobilienkrisen hervorgegangen. Das muss uns alle viel, viel mehr alarmieren als die Drohung von Moody’s.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Holger Krestel (FDP): Deshalb wollen Sie ja eine machen!]
Drittens: Zwischen Moody’s und der Deutschen Wohnen gibt es eine Verbindung mit mindestens einem Geschmäckle; das hat der Kollege von der Linksfraktion auch schon dargestellt. Blackrock ist der drittgrößte Investor bei Moody’s; gleichzeitig besitzt Blackrock aber auch über 10 Prozent Stimmrechtsanteile bei der Deutschen Wohnen. Wenn das nicht stinkt, dann weiß ich auch nicht.
Ein kritischer Punkt ist noch die Grenze von 3 000 Wohnungen, die zunächst willkürlich erscheint, aber gezogen wurde, um eben nicht kleine Bestandshalter zu treffen. Das muss kritisch diskutiert werden. Wir brauchen eine Definition für die Vergesellschaftungsreife von Unternehmen. Ich weiß, dass die Initiative des Volksbegehrens durchaus offen für unsere diesbezüglichen Vorschläge ist.
Nur, damit keine Missverständnisse entstehen: Wir als Koalition werden nicht die Hand in den Schoß legen,
sondern wir werden die Maßnahmen, die wir uns vorgenommen und mit deren Umsetzung wir begonnen haben, verbessern, schärfen und weiterentwickeln, denn viel hilft viel. Wir werden Treuhänder einsetzen, wenn Häuser verfallen; wir werden eine Taskforce gegen Immobilienspekulation einrichten; ich finde jedenfalls, dass wir diese brauchen. Ferner brauchen wir Baugebote, eine bessere Wohnraumförderung und viel, viel mehr.
Wir als Grüne begrüßen es sehr, dass wir mit dem Mietendeckel ein weiteres Instrument haben. Doch wie beim Volksbegehren auch betreten wir dort juristisches
Neuland. Es gibt dort noch viele Fragen zu klären – zum Beispiel: Wie schaffen wir es, dass der Mietendeckel auch bei Modernisierungen greift? Sonst haben wir – wie bei der Mietpreisbremse – unerwünschte Nebeneffekte. Ich finde es gut, dass der Senat jetzt einen Zeitplan vorlegt und dass es konkret wird. Wovor ich aber deutlich warnen muss, ist, beides gegeneinander auszuspielen. Es geht nicht um ein Entweder-oder; beide Ansätze sind wichtig auf dem Weg zu einer gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik.
Während der Mietendeckel als akute Notmaßnahme, also nur für einen begrenzten Zeitraum gelten soll, können wir mit dem Volksbegehren den Wohnungsmarkt langfristig gemeinwohlorientiert ausrichten.
[Sebastian Czaja (FDP): Sind Sie sich nicht einig in der Frage? Wer will denn jetzt enteignen und den Mietendeckel? Gibt es eine Linie im Senat?]
Ich finde es ja schön, dass gerade alle auf ihre Art die wohnungspolitische Revolution hier ausrufen – da sind wir Grünen auch voll dabei –, aber als Regierungsfraktion müssen wir die Revolution vor Ort, konkret und im Kleinen umsetzen.
Das Vorkaufsrecht, lieber Kollege Schneider, steht übrigens ebenso im Koalitionsvertrag wie die Liegenschaftspolitik und das Zweckentfremdungsverbot. Lasst uns doch unsere Kräfte bündeln und das noch besser machen!
Denn die Mieterinnen und Mieter interessiert es nicht, wer in der Koalition welche Vorschläge macht, sondern sie wollen uns handeln sehen.
Die Berlinerinnen und Berliner erwarten nicht, dass wir ihnen garantieren können, dass der Weg der Vergesellschaftung alle ihre Probleme löst und überhaupt funktioniert. Uns allen ist klar, dass das Vorhaben letztlich vor den Verfassungsgerichten entschieden wird. Aber: Die Berlinerinnen und Berliner wollen uns, sie wollen RotRot-Grün gemeinsam für ihre Anliegen
Ein letzter Satz: Deshalb ist das Instrument der Enteignung, das die FDP schon 1981 gefordert hat, auch nur ein Instrument. Wir brauchen aber alle Instrumente, denn viel hilft viel. – Vielen Dank!
Von der Möglichkeit der Aufteilung der Zeit auf zwei Redebeiträge hat nur die AfD-Fraktion Gebrauch gemacht. Es folgt daher nochmals die AfD-Fraktion mit der Kollegin Dr. Brinker. – Bitte schön, Frau Kollegin! Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kollegin Schmidberger hat gerade ganz deutlich klargestellt: Die Grünen sind für Enteignungen. – Danke dafür! Jetzt wissen wir alle endlich Bescheid.
Zum Kollegen Wolf, der uns hier erklärt hat, wem Moody’s gehört und wie das mit der Deutschen Wohnen zusammenhängt: Herr Wolf! Es ist eigentlich völlig egal, wem Moody’s gehört.
Es ist aber nicht egal, dass sich Berlin am Zinsmarkt refinanzieren muss. Genau diese Debatte, die wir hier haben, führt jetzt dazu, dass Berlin in Zukunft in diesem Bereich Probleme bekommen wird. Darum geht es; das ist wichtig.
Ganz kurz zum Kollegen Schneider: Sie haben hier den Mietendeckel gleichsam als das goldene Einhorn dieser Stadt dargestellt. Ganz ehrlich: Rein aus juristischen Gründen wird das genauso wenig funktionieren wie die unsägliche Mietpreisbremse und alle anderen staatlichen Regularien. Das nur einmal vorab dazu.