Herr Präsident! Dass die AfD sich bei der Unionspolitik bedient, liegt wohl an der Politik der Union. Das sollte Ihnen zu denken geben.
Das, was Sie hier aufführen, ist ein Wettlauf der Schäbigkeit, und dass Sie dafür den Innensenator hierher zitieren, der im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger arbeitet und seinen Amtssitz nicht in der Pizzeria genommen hat, ist der Gipfel der Unverschämtheit.
Sie können sich ganz sicher sein, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen und auch keine Bundesratsinitiative einreichen werden, um diesem irrsinnigen Masterplan dieses irrsinnigen Bundesinnenministers Seehofer auch noch als Land Berlin zuzustimmen.
Dieser Masterplan ist nur von einem Gedanken geprägt, nämlich Abschottung und Weghaltung von geflüchteten Menschen, ganz egal, ob Sie Schutz und Aufnahme brauchen oder nicht.
Wenn man sich diesen Masterplan anguckt, dann geht es um Fluchtverhinderung, aber es geht nicht mit einem Satz darum, vielleicht Fluchtursachen zu vermeiden, vielleicht Fluchtursachen zu bekämpfen. Wir reden da von Polizeikooperationen mit Schurkenstaaten. Wir hören davon, dass die Polizei in Schurkenstaaten ausgebildet wird, damit sie Flüchtlinge fernhält. Wir hören nichts von Rüstungsexporten. Wir hören nichts von Klimakatastrophen. Das hören wir alles nicht. Dieser Masterplan ist ein Ausdruck von Schäbigkeit.
Das Integrationskonzept des Senats, das er diese Woche verabschiedet hat, setzt tatsächlich auf Integration. Das setzt tatsächlich auf Öffnung der Gesellschaft, dass Menschen, die hierhergekommen sind und die Schutz und Aufnahme brauchen, Teil dieser Gesellschaft werden können. Es ist erarbeitet worden unter einem breiten Verfahren mit vielen Menschen aus der Zivilgesellschaft, und deswegen geht es genau um das, was wichtig ist, nämlich darum, dass sich diese Gesellschaft öffnet und das organisiert.
Nein, der Rechtsstaat besteht nicht als Messlatte, wie viele Abschiebungen durchgeführt werden. Der Rechtsstaat ist entscheidend dafür, ob es gelingt, das Grundrecht auf Asyl praktisch werden zu lassen. Das, was die Union tut, und das, was die AfD tut, ist der Versuch, dieses Grundrecht auf Asyl noch weiter zu verstümmeln, und das sicherlich nicht mit uns.
Es gibt so viele Beispiele, warum diese Verstümmelungstaktik so grausam ist. Nein, das Ankunftszentrum ist eben nicht menschlich. Es war noch nie menschlich und schon gar nicht, als Sie es in Ihrer Regierungszeit eingerichtet haben. Gucken Sie sich die EU-Hotspots an! Gucken Sie nach Moria, wozu Griechenland gezwungen wurde durch diesen irrsinnigen Deal mit der Türkei! Ich bin froh, dass die Pankower Bürgerin Sarah Mardini jetzt frei ist, dass sie nicht mehr im griechischen Gefängnis ist. Aber warum war sie dort? – Wegen dieser Abwehrpolitik, wegen dieser Abschottungspolitik, und damit muss Schluss sein. Wir gehen jetzt in die Zeit der Besinnlichkeit, und dann führen Sie hier so ein Theater auf, so eine miese Botschaft an die geflüchteten Menschen, dass Sie hier nicht gewollt sind.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Buh! – Weitere Zurufe von der CDU und der AfD]
Frau Kollegin Schubert! Sie haben einige Sachverhalte als irrsinnig bezeichnet. Das kann man so machen, aber den Bundesinnenminister als Person als irrsinnig zu bezeichnen, das halte ich für unparlamentarisch, und ich erteile Ihnen hiermit einen Ordnungsruf.
[Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD – Torsten Schneider (SPD): Solche Ordnungsrufe hört man gerne!]
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Ihrem Antrag thematisieren Sie überaus wichtige, aktuelle Fragen, und dafür haben wir eigene liberale Grundsätze, die wir nicht von der CDU abschreiben, so wie es die AfD ausgeführt hat.
Wir fordern für die Einwanderung und Migration klare rechtsstaatliche Regeln. Wir fordern ein konsequentes, an der Sache orientiertes Handeln. Wir fordern ein eigenes umfangreiches Einwanderungsrecht mit klaren, transparenten rechtlichen Differenzierungen. Wir fordern in der Debatte viel mehr Vernunft, und wir fordern, Chancen dann aufzunehmen für Zuwanderung und Integration, wenn diese sich ergeben. Wir fordern, eine Humanität anzuwenden, die unsere Art des Lebens in einer weltoffenen Stadt ausmacht. Das ist unser Maßstab.
Ihr Antrag und insbesondere Ihre Begründung erreichen nicht unsere Maßstäbe, nicht das, was wir uns wünschen. Ihr Antrag vermag inhaltlich nicht zu überzeugen. Er greift zu kurz und ist populistisch aufgebaut. Wir werden ihn daher ablehnen.
Klar sind wir in Fragen der Migration definitiv gefordert, aber sicherlich nicht strukturell überfordert. Eine gezielte Demontage sehen wir in Berlin auch nicht. Ihr immerwährender Ruf nach rigorosem Vorgehen gaukelt Bürgern in Berlin nur etwas vor, wozu der Senat und letztlich jedes Bundesland nicht wirklich in der Lage sind. Effektive Lösungsansätze gibt es nur durch Zusammenarbeit und Kollaboration, nicht nur durch einfachen Datenaustausch zwischen Bürgern und Bezirken, Kommunen und Bundesländern, sondern auch zwischen Bund und Europäischer Union und schließlich auch durch internationale Kooperation. Freie Demokraten stehen im Übrigen zu humanitären Verpflichtungen. Davon sprechen Sie nie. Berlin hilft Menschen, die verfolgt werden. Das Asylrecht ist ein unverhandelbares Grundrecht.
Ohne klare Regeln geht es aber auch nicht. Richtig ist, durchaus mehr und geeignete Abschiebehaftplätze einzurichten. Richtig ist aber auch, die Vollzugsbedingungen der Abschiebehaft neu und rechtsstaatlich zu organisieren, um unterscheiden zu können, wer Straftäter, klarer Gefährder oder einfach nur Familienvater ist. Das Recht auf Freiheit und Freiheitsentzug differenziert zu betrachten, das ist richtig und wichtig, und das machen Sie gerade nicht.
Mehr Engagement vom Senat einzufordern, auch das ist richtig, und dafür setzen wir uns sehr gerne ein, aber nicht für Ihren Antrag. – Vielen Dank!
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Torsten Schneider (SPD): Die FDP kann immer noch überraschen!]
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage mich, warum wir in diesem Antrag dazu aufgefordert werden, ein Papier des CSU-Chefs Seehofer umzusetzen. Es ist Ihnen vielleicht nicht aufgefallen, aber der Masterplan Migration ist ein Papier, das Seehofer als CSU-Chef und aus einem einzigen Grund geschrieben hat, um nämlich damit im bayerischen Wahlkampf zu punkten. Es gibt ein paar sinnvolle Forderungen darin, aber das einzig wirklich Gute an diesem Plan ist, dass die anständigen CSU-Wähler in Bayern wegen ihm zu uns übergelaufen sind.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Einmal und nie wieder!]
In Ihrer Begründung sagen Sie, es gebe immer noch so viele Fehlanreize, um hier Asyl zu suchen, und als Fehlanreize nennen Sie überlange Verfahren und die Aussicht, auch ohne Aufenthaltsrecht hierbleiben zu können. Ich glaube, Sie wissen nichts von Geflüchteten. Es gibt eine bundesweite Studie über geflüchtete Frauen, und aus der geht hervor, dass einer der größten Krankmacher nach der Flucht – also Dinge, die die Menschen nach der Flucht hier in Deutschland traumatisieren und krankmachen oder auch depressiv machen – das Warten auf die langen Verfahren ist.
Es ist die Unsicherheit, das Warten auf Registrierung und die Arbeitsmarktintegration, die nicht zustande kommt, weil der Aufenthaltsstatus immer noch nicht da ist. Das sind die Gründe.
Nein, danke! Keine Zwischenfragen! – Aber wenn die Analyse des Problems schon so falsch ist, dann können die Lösungen nichts taugen. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass Sie genau die schlechtesten Vorhaben in diesem Masterplan unterstützen.
Stichwort Ankerzentren: Seehofer hat gerade auf die Nachfrage einer Journalistin, was aus diesem berühmten Plan eigentlich geworden sei, gesagt, er würde schon überall umgesetzt. Nein, die Ankerzentren werden nirgendwo umgesetzt, außer in Bayern, weil es die Bürgermeister der betroffenen Städte da nicht verhindern können, die aber händeringend dagegen argumentieren und vieles tun würden, um diese Ankerzentren, die total integrationsfeindlich sind, wieder loszuwerden.
Bei den Ankerzentren heißt es, sie würden die Verfahren beschleunigen. Tun sie nicht! Was die Verfahren beschleunigt, wäre allerdings eine bessere Asylverfahrensberatung. Es gibt ein Papier, dass Herr Bundesminister Seehofer nicht umsonst nicht hat veröffentlichen lassen, obwohl es seine eigene Behörde in Auftrag gegeben hat. Diese Studie kommt zum Ergebnis, dass – ich zitiere mit Erlaubnis –:
die Asylverfahrensberatung die Erfüllung von weiteren durch das BAMF auferlegten Mitwirkungspflichten unterstützt und so die Qualität der im Asylverfahren getroffenen Entscheidungen unterstützt und verbessert.
Mit anderen Worten: Wenn Sie wirklich Verfahren beschleunigen wollen, dann fordern Sie lieber eine unabhängige Verfahrensberatung, wie wir es hier im Land machen, die Seehofer in seinem Plan vergessen hat, obwohl das im Koalitionsvertrag Schwarz-Rot eigentlich so vorgesehen ist.
Ich glaube, ich muss nicht noch sehr viel mehr Punkte anführen, weil meine Zeit auch abgelaufen ist. Ich kann nur sagen: Im Jahre 70 der Erklärung der universellen Menschenrechte sehe ich wirklich keinen Grund, über diesen Antrag noch länger zu reden. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.