Im Übrigen, sehr geehrter Herr Innensenator, geht es um zwei Themen, die Berlin betreffen. Das Erste ist die möglichst zügige Erstregistrierung der ankommenden Asylantragsteller. Entgegen der Begründung der AfD in ihrem Antrag wird die Obergrenze nicht überschritten, sondern deutlich unterschritten, also soweit zur Legendenbildung. Ich glaube, Sie müssen noch mal das kleine Einmaleins lernen, um zu verstehen, dass zweimal 82 000 nicht mehr als 180 000 ist. Es geht darum, die Erstregistrierung durchzuführen, und da versagt dieser Senat vollständig. Das Landesamt für Flüchtlinge ist nicht in der Lage, derzeit Erstregistrierungen innerhalb von 24 Stunden durchzuführen, so wie das über Monate und Jahre der Fall war. Durch völliges Versagen, durch völliges Ausbluten des LAF haben Sie Zustände erwirkt, wie sie in den schlimmsten Zeiten beim Zuzug von 79 000 Flüchtlingen im Jahr 2015 in Berlin geherrscht und wo wir es nicht geglaubt haben, dass Sie diese Unfähigkeit besitzen, bei nur 7 000 im Jahr die Erstregistrierung durchzuführen.
Das zweite Thema ist die Durchsetzung der Ausreisepflicht. Ich möchte darauf hinweisen, dass entgegen dessen, was Sie ausgeführt haben, sehr geehrter und geschätzter Herr Kollege Zimmermann, nicht alles getan wird, was notwendig ist, um die Ausreisepflicht durchzusetzen. Sie haben von der freiwilligen Ausreise geredet. In unserem letzten Regierungsjahr haben wir in 9 600 Fällen die freiwillige Ausreise erreicht, und Sie haben Ihre Zahlen gerade genannt. Die liegen irgendwo
bei 1 000 oder 2 000. Das, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, setzen Sie nicht um, und die zwangsweise Rückführung, die Abschiebung setzen Sie sowieso nicht um. Deswegen haben Sie hier Nachholbedarf, und deswegen ist es auch richtig, Ihnen hier die Leviten zu lesen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dregger! – Glauben Sie, dass Ihr Vater, auf den Sie sich immer gerne berufen, als bekennender internationaler Europäer, Christ, wertkonservativer Mensch, sich als Erstes in so einem kleinlichen, piefigen, menschenverachtenden Sound verfangen hätte, statt erst mal, wenn es um den Migrationspakt geht, die internationale Dimension, die Kooperation, die weltweiten Zusammenhänge, Jesus und seine Jünger und seine Nachfahren, die auf der Balkanroute unterwegs waren wie die heutigen Flüchtlinge, nicht diese erst und vor allem die Mitmenschlichkeit und den Anstand in den Vordergrund gerückt hätte?
Wenn Sie mich schon so direkt fragen, kann ich Ihnen klar und deutlich sagen, dass Alfred Dregger für die Durchsetzung des Rechtsstaates gestanden hat, genauso wie ich und die CDU-Fraktion das heute tun. Wir werden Sie da in die Pflicht nehmen.
Zur Durchsetzung des Rechtsstaates gehört auch, dass demokratische Gesetze vollzogen werden, und Vollzug bedeutet, dass diejenigen, die ausreisepflichtig sind, auch zur Ausreise zu veranlassen sind, und dort sind die Zahlen in den letzten anderthalb Jahren um 65 Prozent zurückgegangen. Das liegt an Ihrer Unfähigkeit oder Ihrem Unwillen, die Gesetze durchzusetzen. Was erzeugt das denn in diesem Land?
Wenn die Menschen das Gefühl bekommen, dass die Durchsetzung des Rechtsstaates nur noch in Ausnahmefällen gilt, dann machen sie es auch für sich geltend. Das schafft Unfrieden in unserem Land, und das kann doch nicht ernsthaft das Ziel sein. Deswegen ist es notwendig,
Sie dazu anzuhalten, auch wenn es Ihnen schwerfällt, die Ausreisepflicht durchzusetzen, was im Übrigen Voraussetzung dafür ist, dass Sie diejenigen, die wirklich schutzbedürftig sind, schnell registrieren können, weil nicht mehr so viele ankommen, schnell versorgen und schützen können. Aber wenn Sie die Ausreisepflicht gegenüber Nichtschutzbedürftigen nicht durchsetzen, dann können Sie die anderen nicht schützen, und das müssen Sie erkennen.
Wenn Sie die Ausreisepflicht durchsetzen, brauchen wir übrigens auch keine weiteren modularen Unterkünfte für Flüchtlinge, die Sie hier bauen,
für die Sie viel Geld ausgeben, und dann ist es auch nicht notwendig, das Ankunftszentrum, das hervorragend in menschenwürdigen Zuständen – das sage ich ausdrücklich – im Flughafen Tempelhof funktioniert, für 50 Millionen Euro umzusiedeln und dabei Gefahr zu laufen, dass Sie eine funktionierende Struktur zerschlagen und eine nicht funktionierende Struktur aufbauen. Das kann nicht Ihr Ernst sein, und deswegen sollten wir das hier im Innenausschuss, in den Fachausschüssen ernsthaft diskutieren. – Herzlichen Dank!
Da Herr Dregger uns des copy and paste bezichtigt hat, muss ich Ihnen noch zwei Anträge zur Kenntnis bringen: Antrag 18/1235 von der AfD-Fraktion – Maghreb-Staaten und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einstufen –. Daraufhin Antrag 18/1273, also nachweislich später von der CDU – Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien als sichere Herkunftsländer einstufen –. Wer hat jetzt da wen kopiert, Herr Dregger?
Das nur als Frage an Sie. – Der weitere Punkt, Sie haben behauptet, wir könnten nicht rechnen, weil wir behauptet haben, dass auf der Basis von 82 000 Erstanträgen auf Asyl im ersten Halbjahr die Obergrenze vermutlich überschritten werde. Wir haben aber geschrieben:
Es wurden immer noch 82 000 Erstanträge auf Asyl gestellt, womit unter Einbeziehung der schutzberechtigten nachziehenden Familienangehörigen der Zielkorridor überschritten zu werden droht.
Sehr geehrter Herr Kollege Bachmann! Ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie im Parlamentsdokumentationssystem nicht nur nach Ihren eigenen Anträgen suchen, sondern nach den Anträgen auch anderer Fraktionen.
Dort befindet sich der Antrag der CDU-Fraktion vom 20. Februar 2017, Drucksache 18/0160 zu dem Thema der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Sie haben übersehen, dass wir das bereits zweimal im Plenum beantragt haben.
Es tut mir also leid, dass ich Sie hier korrigieren muss, und wenn Sie mich schon darauf ansprechen, darf ich darauf hinweisen, dass sämtliche Anträge, die Sie – –
Ich glaube nicht, dass wir es zulassen und ihr durchgehen lassen sollten, dass sie sich hier der Unionspolitik bedient und sie als AfD-Politik verkauft.
Deswegen darf ich darauf hinweisen. Nehmen Sie mal die Tatsachen zur Kenntnis, und hören Sie auf, Fake-News zu verbreiten!
Jeder Antrag zur Innen- und Sicherheitspolitik, den wir in diesem Innenausschuss beraten haben, ist ein Antrag der Union, und alles was Sie dort eingebracht haben, wenn Sie überhaupt etwas eingebracht haben, haben Sie abgeschrieben.
[Lachen bei der AfD – Stefan Franz Kerker (AfD): Wir haben überhaupt nichts abgeschrieben! – Weitere Zurufe von der AfD]
Und wenn das Ihre Masche ist, dann würde ich Ihnen einfach raten: Stimmen Sie unseren Anträgen zu, dann funktioniert das wenigstens fachgerecht! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Dass die AfD sich bei der Unionspolitik bedient, liegt wohl an der Politik der Union. Das sollte Ihnen zu denken geben.