Protocol of the Session on December 13, 2018

Und wir stehen auch dazu, das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Er musste gehen, und zwar zu Recht, und wir werden in allen Fällen so konsequent verfahren, das kann ich Ihnen versprechen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn Sie dann gewillt sind, wieder zuzuhören, bitte ich jetzt Herrn Senator Lederer, er hat um das Wort gebeten. – Sie haben das Wort, Herr Senator!

[Kurt Wansner: Lederer tritt jetzt zurück!]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, wenn ich hier die Zwischenrufe von der rechten Seite höre, dass das Manöver, das

(Martin Trefzer)

Sie fahren, ziemlich durchsichtig ist. Ihnen geht es weder um die Gedenkstätte, noch geht es Ihnen um Hubertus Knabe, noch geht es Ihnen um die Frauen, sondern es geht Ihnen ausschließlich darum, hier Stimmung zu machen, es geht Ihnen ausschließlich darum, den Vorgang hier für Ihre innerparlamentarische Agenda zu nutzen – um nichts anderes geht es Ihnen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Kurt Wansner: Hier geht es um Ihre Geschichte! Wir wollen Antworten auf alle Fragen!]

Ich will an dieser Stelle einfach noch mal festhalten: Herrn Dr. Knabe wurde als Direktor und als Vorstand – Sie müssen schon zuhören, Herr Wansner! Entweder Sie wollen es wissen, oder Sie wollen es nicht wissen, aber entscheiden Sie sich jetzt mal! – mit einstimmigem Beschluss des Stiftungsrates am 25. September 2018 fristgemäß ordentlich gekündigt, und er wurde wegen interner Ermittlungen widerruflich von seinen Dienstpflichten freigestellt. Während der laufenden Ermittlungen wurde Frau Birthler eingesetzt, um den innerbetrieblichen Kulturwandel in der Institution zu begleiten. Nach Abschluss der Untersuchung stellte der Stiftungsrat der Gedenkstätte diverse Rechtsverstöße fest, die gleichzeitig Pflichtverletzungen als Vorstand darstellen –

[Lachen bei der AfD]

Herr Förster! –, sowie eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Stiftungsrat und Vorstand in einem Maße, das die weitere Wahrnehmung des Amtes als Vorstand durch Herrn Dr. Knabe ausschließt.

Ich halte erst einmal fest: Der Stiftungsrat konnte sich davon überzeugen – und hat zwei Mal einstimmig dazu entschieden –, dass es erhebliche Verstöße gegen geltendes Recht gab und Organverschulden einer Leitung der Einrichtung. – Und, Herr Förster! Ich sage Ihnen jetzt mal eines: Alle Versuche, die Dinge immer so zu drehen, wie man sie drehen will, funktionieren nicht.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Schon 2014 hat Herr Dr. Knabe darauf bestanden, dass er als Vorstand und Direktor der Stiftung die alleinige Personalverantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Er hat damals ein Gutachten bei der Kanzlei Raue einholen lassen, das dies bestätigt hat. Daraufhin haben sich meine Vorgänger auf denselben Rechtsstandpunkt gestellt und gesagt, Herr Dr. Knabe leitet die Einrichtung, er trägt die vollständige Verantwortung. Ich finde es einigermaßen abenteuerlich, dass Herr Dr. Knabe jetzt selbst öffentlich über Sie verlauten lässt – und hat es ja auch selber kommuniziert –, dass ich plötzlich die Verantwortung hätte. Ja, wo kommen wir denn da hin?! Die Verantwortung für die Leitung der Einrichtung hat der Vorstand und Direktor der Einrichtung, niemand sonst. Das muss an der Stelle mal festgehalten werden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Dass jetzt hier allerlei Ammenmärchen aufgefahren werden und Herr Förster eine abenteuerliche Zeitleiste aufmacht – ich frage mich, woher Sie eigentlich die Informationen haben, Herr Förster! Ich muss Ihnen mal eines sagen:

[Zuruf von Holger Krestel (FDP) – Lachen Gunnar Lindemann (AfD)]

Das ist eine Einzelpersonalangelegenheit, und ich als Stiftungsratsvorsitzender und die übrigen Stiftungsratsmitglieder sind in Einzelpersonalangelegenheiten dazu verpflichtet, die Fakten aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. Das habe ich die ganze Zeit getan.

[Stefan Förster (FDP): Es wurde aber in der Zeitung veröffentlicht!]

Und wer auch immer sonst – – Sie waren ja in der Gedenkstätte, Sie haben allerlei Informationen eingesammelt. Sie haben ja dann öffentlich noch so getan, als wären Sie bei der Mitarbeiterberatung, in der Sie selbstverständlich dabei waren, gar nicht dabei gewesen, sondern hätten sich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über den Inhalt dieser Personalversammlung informieren lassen müssen. Also, Sie spielen hier auch ein merkwürdiges Spiel.

[Paul Fresdorf (FDP): Stimmt doch gar nicht!]

Ich kann Ihnen jedenfalls eines sagen: Ich bin in einer blöden Situation, weil ich finde, dass diese Vorgänge nicht in die Öffentlichkeit gehören. Diese Fakten gehören bestenfalls vor Gericht, denn dort wird am Ende über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Stiftungsrates entschieden. Diese Fakten gehören nirgendwo anders hin, die gehören nicht in die Zeitung, die gehören nicht in die Öffentlichkeit, und die gehören übrigens auch nicht in dieses Parlamentsrund.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Die haben hier nicht zum Vortrag gebracht zu werden. – Und deswegen bin ich in einer Situation, die für Sie extrem komfortabel ist, Herr Förster! Sie können hier wilde Thesen in den Raum stellen, und ich kann Ihnen hier nicht widersprechen, weil ich verpflichtet bin, die Dinge vertraulich zu halten – und das wissen Sie auch. Das ist ein Unding.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Bettina Domer (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

Zwischenfragen beantworte ich nicht, lassen Sie mich bitte mal zu Ende reden.

Dann will ich auf eine Sache noch mal eingehen, Herr Förster, weil die tief blicken lässt in Bezug auf Ihr Verständnis von sexueller Belästigung. Sie kommen mit dem StGB und nehmen hier einen Spin auf, den Herr Dr.

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

Knabe genau so auch vertreten hat: Wenn hier kein Verstoß gegen das StGB vorliegt, dann ist nichts passiert,

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

und solange mir nicht das Gegenteil bewiesen wird, muss ich überhaupt nichts unternehmen. Ich sage Ihnen mal was: Lesen Sie sich mal das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durch!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Da werden Sie feststellen, dass der Belästigungsbegriff im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine deutlich niedrigere Schwelle hat als eine strafrechtlich relevante sexuelle Belästigung. Und es ist die Aufgabe des Vorstands oder der Direktion einer jeden Einrichtung, alles zu tun, präventiv wie im Nachhinein, um solche Maßnahmen auszuschließen und zu unterbinden, um die betroffenen Frauen zu schützen. Es gab nicht einmal eine Frauenbeauftragte in der Einrichtung. Es gab nicht einmal irgendwelche Veranstaltungsarten, in denen darüber aufgeklärt worden ist, wie sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verhalten haben. Und wenn der stellvertretende Leiter der Einrichtung über sieben Jahre hinweg kontinuierlich, immer wieder Grenzen überschreitet, und der Leiter der Einrichtung weiß das – oder muss es wissen –, und er unternimmt nichts, dann kann die Konsequenz nur sein, dass man die Zusammenarbeit mit ihm beendet. Alles andere ist völlig abenteuerlich.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD)]

Und genau das hat der Stiftungsrat getan, und genau das ist seine Verantwortung.

Woher die ganzen Durchstechereien kommen und in wessen Interesse sie passieren, warum komplette Unterlagen, die bei Gericht eingereicht werden, plötzlich in Redaktionen auftauchen – die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Von uns, aus dem Haus, kommen sie nicht. Ich sage Ihnen aber eines: Es gibt natürlich immer ein Interesse daran, im Nachhinein eine bestimmte Lesart der vermeintlichen Ereignisse in der Öffentlichkeit darzustellen. Das ist ja Bestandteil eines Hegemoniekampfes, eines Meinungskampfes über die Frage: Wer hat hier eigentlich aus welchen Motiven was getan?

Nun sage ich Ihnen aber auch mal eines – und vor allem Ihnen, liebe AfD, mit Ihrem Hang, Ihrer Liebe zu Verschwörungstheorien: Wenn eine so plural zusammengesetzte Truppe wie unser Stiftungsrat – und der Beirat ist ja auch informiert worden, hat sich damit auch auseinandergesetzt, hat im Kern auch befunden, dass es korrekt ist, was wir machen –,

[Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

wenn 41 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie ehemalige

DDR-Bürgerrechtler da Position beziehen – für wie mächtig halten Sie mich eigentlich, dass Sie glauben, dass ich diese ganzen Strippen gezogen habe? Das ist doch völlig gaga, das ist doch völlig absurd.

[Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung. Ich habe mich zu Beginn dieser Amtszeit bewusst entschieden, die Leitung der beiden Stiftungsräte der Einrichtungen zu übernehmen, die sich mit der SEDAufarbeitung befassen. Das hat etwas damit zu tun, dass ich glaube, als Teil der Partei, als Politiker aus einer Partei, die historische Schuld und historische Verantwortung auf sich geladen hat, eine besondere Verantwortung dafür zu tragen, dass diese Aufarbeitung im bestmöglichen Sinne vorangetrieben werden kann. Und ich bin der festen Überzeugung, dass es niemals einen Schlussstrich unter diese Aufarbeitung geben darf.

Ich habe in den letzten anderthalb, zwei Jahren in diesem Senat einiges getan, um die Aufarbeitung voranzubringen, wo man in den Vorjahren, in denen andere Senatskonstellationen die Verantwortung trugen, schon durchaus mal die Erwartung hätte haben können, dass die auch schon ein bisschen was in diese Richtung tun. Warum ist das eigentlich nicht passiert? – Und ich wundere mich, dass Leuten wie Ihnen die Aufarbeitung und das Schicksal der Opfer immer genau dann beginnt wichtig zu werden, wenn es gegen die Linke geht, gegen mich geht oder gegen irgendwelche Akteure, die Ihnen nicht in den Kram passen. Das finde ich eine Bigotterie ersten Ranges. Und ich sage Ihnen: Wenn Ihnen die SED-Aufarbeitung wirklich wichtig ist, dann fangen Sie an, konstruktive Vorschläge zu machen.

Und ich sage Ihnen noch was: Wenn Sie ein Interesse haben, dass die Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen, und vor allem die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das Personal dort, die eine hervorragende Arbeit machen, diese Arbeit weiter leisten können, dann hören Sie endlich auf, den Konflikt um diese Gedenkstätte permanent öffentlich zu instrumentalisieren. Denn den Schaden haben allein die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hat allein die Gedenkstätte. Der Schaden, das ist am Ende der Schaden für die SED-Aufarbeitung. Und dafür tragen allein Sie die Verantwortung.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Ich verweise jetzt auf den § 64 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung:

(Bürgermeister Dr. Klaus Lederer)

Ergreift in einer Aussprache ein Mitglied des Senats das Wort, so steht jeder Fraktion danach eine Redezeit von mindestens fünf Minuten zu.

Das bitte ich anzuzeigen, sofern der Wunsch besteht, verweise aber gleichzeitig darauf, dass wir es hier mit einem Fall zu tun haben, der sich in einem laufenden Verfahren befindet. Wir sind in einer öffentlichen Sitzung, und ich bitte um Aufmerksamkeit, um Achtsamkeit, mit welchen Daten und Informationen Sie hier öffentlich umgehen. – Ich sehe, es gibt keine weiteren Wortmeldungen – doch, Herr Förster! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. – Dann bitte, Herr Förster, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Senator, oder Herr Bürgermeister – wie immer Sie möchten! Sie hatten mich ja gerade angesprochen und hatten einige Punkte benannt. Darauf will ich gerne eingehen, weil man das so auch nicht stehen lassen kann.

Ich habe auch keine merkwürdige Aneinanderreihung von Fakten betrieben, sondern ich habe in der zeitlichen Reihenfolge berichtet, sofern mir das in fünf Minuten möglich war, ich hatte ja gesagt, eine Plenardebatte eignet sich nicht zur Aufarbeitung dieser Dinge, weil man in fünf Minuten nur holzschnittartig Dinge streifen kann. Sonst hätte ich halt eine Viertelstunde reden müssen oder 20 Minuten. Ich hatte am Anfang darauf hingewiesen. In der Tat sind noch einige Schriftwechsel und einige Debattenpunkte mehr aufzuführen gewesen, was ich in der Kürze der Zeit nicht konnte. Aber die Daten, die ich benannt habe, basieren auf Quellen, die Sie alle einsehen können, die im Übrigen auch den Zeitungen, den Medien vorlagen, und nicht in irgendeiner Form konstruiert sind. Ich biete auch gerne an, wenn es um das Thema Vertraulichkeit geht, in die Fraktionen zu kommen, die Dinge vorzutragen, die Erkenntnisse darzulegen für diejenigen, die Interesse daran haben. Daran soll es nicht scheitern. Wie gesagt: Ich bin studierter Historiker. Ich bin es gewohnt, mich an Fakten zu halten, Aussagen zu verifizieren und zu falsifizieren, auf Glaubwürdigkeit zu prüfen, und insofern ist das wenigstens eine Voraussetzung, bei der ich nicht hinter Ihnen zurückstehe, Herr Senator. Wenigstens das möchte ich an der Stelle schon sagen.