Protocol of the Session on November 29, 2018

Außerdem offenbart Ihr dringlicher Antrag, dass Sie einer ausführlichen Behandlung der Themen, der Volksinitiative „Unsere Schulen“ möglichst schnell und geräuschlos aus dem Weg gehen wollen. Als Abgeordneter sitzt man auch deswegen im Parlament, weil es neben vorhandenen rechtlichen Regelungen auch die Möglichkeit einer politischen Bewertung von Themen und Vorgehensweisen gibt. Selbst wenn es keinen rechtlichen Anspruch gibt, so ist es eine Frage des Respekts vor den Initiatoren und den vielen Tausenden Berlinerinnen und Berlinern, die unterschrieben haben und die Volksinitiative unterstützen, ihre Themen ohne Zeitdruck und ohne voreilige Vertragsunterzeichnung im Parlament und in seinen Ausschüssen mit den Betroffenen im Einzelnen zu debattieren.

[Beifall von Michael Dietmann (CDU)]

Offensichtlich glauben Sie an die Elemente einer basisorientierten Demokratie durch Bürger nur dann, wenn es Ihnen inhaltlich passt, und das nicht zum ersten Mal.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP – Steffen Zillich (LINKE): Das war ein schäbiger Anflug von Volkstümelei!]

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Frau Abgeordnete Kittler. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gegenwärtig gehen rund 323 000 Berlinerinnen und Berliner in die Schulen. In den nächsten acht Jahren sollen es laut Wachstumsmedianwert 58 000 Schulplätze mehr werden: 26 000 mehr in der Grundstufe, 25 000 mehr in der Sekundarstufe I und 7 000 mehr in der Sekundarstufe II. Wir gehen heute von über 50 neu zu bauenden Schulen aus, wobei die genaue Zahl davon ab

(Andreas Statzkowski)

hängen wird, wie groß die einzelnen Standorte und wie viele von ihnen Gemeinschaftsschulen werden.

Schulneubau und die endlich in Angriff genommene Sanierung unserer vielfach maroden Schulen stellen uns vor gewaltige Aufgaben. Um diese erfolgreich bewältigen zu können, gab es die Entscheidung der Koalition, zu den drei Akteuren – Bezirke, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und BIM – auch einen Landesbetrieb mit einzubeziehen. Die landeseigene HOWOGE wird insbesondere den Bau der weiterführenden Schulen und einen großen Anteil, ähnlich wie dem von zumindest zwei der anderen Akteurinnen, an der Großsanierung übernehmen – und das ausdrücklich nicht gewinnorientiert, sehr geehrte Damen und Herren der FDP!

[Sebastian Czaja (FDP): Wollen wir doch auch nicht!]

Dazu gibt es seit dieser Entscheidung Diskussionen mit und viele Fragen von Berlinerinnen und Berlinern. 28 000 von ihnen hat das Thema so bewegt, dass sie die Anliegen der Volksinitiative mit ihrer Unterschrift unterstützten. Auch die Linksfraktion hat sich den zahlreichen Debatten auf Veranstaltungen und im Netz immer wieder gestellt, da muss ich die Herren von der CDU enttäuschen. Wir nehmen mit der heute vorliegenden Entschließung Ergebnisse dieser Debatten auf und benennen deutlich, was uns als Parlament wichtig ist, wenn die HOWOGE baut und saniert.

[Beifall von Steffen Zillich (LINKE) – Beifall von Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

In einem in Deutschland bisher einzigartigen Prozess unter Beteiligung aller relevanten Vertreterinnen und Vertreter, die Schulen nutzen, sie planen und den Bau realisieren sollen, wurden durch die AG Schulraumqualität Maßstäbe für die Schule von morgen gesetzt.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Diese entwickelten pädagogischen, baulichen und ökologischen Standards für die Lern- und Teamhäuser soll auch die HOWOGE umsetzen.

Wenn unsere Stadtbevölkerung wächst, braucht es nicht nur neue Schulen, sondern auch neue Standorte für Bibliotheken, Musik- und Volkshochschulen, Sportanlagen, Stadtteilzentren, Kitas oder Jugendeinrichtungen. Da mit der Bevölkerung die zur Verfügung stehende Fläche unserer Stadt nicht mitwächst, müssen wir dort, wo es notwendig und möglich ist, fachübergreifend denken und Synergien herstellen. Diese Aufgabe muss auch die HOWOGE umsetzen. Die dafür notwendigen Mittel müssen gesondert bereitgestellt werden. Damit eng verbunden ist, dass für die Baumaßnahmen der HOWOGE dieselben Beteiligungsregeln wie bei anderen Schulbaumaßnahmen auch gelten müssen – selbstverständlich auch für die Bezirks- und Schulvertretungen, sehr geehrter Kollege Statzkowski.

Die Beteiligung muss insbesondere auch für die Schulleitungen und schulischen Gremien gelten, wenn eine sozialräumliche Öffnung der Schule angestrebt wird. Mit unserer Entschließung stellen wir für den Akteur HOWOGE klar, dass im Rahmen der Schulbauoffensive geschlossene Verträge weitestgehend öffentlich sind – Kollege Hofer hat das bereits dargelegt; dass Abgeordneten Akteneinsicht gewährt werden muss; dass das Abgeordnetenhaus über die Vergabe der Erbbaurechte entscheidet; dass dem Hauptausschuss halbjährlich, öffentlich und schulkonkret über Planungsstand, Planungsänderungen, Zeitplan usw. berichtet werden muss; dass eine Übertragung von Schulgrundstücken und entsprechenden Erbbaurechten an Dritte ausgeschlossen wird; dass den Bezirken durch den Schulbau bzw. die Sanierung kein finanzieller Nachteil entstehen darf und dass nach Ablauf des Erbbaurechtes die Grundstücke und Gebäude belastungsfrei in das Fachvermögen der Bezirke und des Landes zurückgehen.

Durch die Einführung einer Privatisierungsbremse, wie wir sie heute hier hoffentlich alle zusammen noch beschließen werden, ist in der Landeshaushaltsordnung nunmehr auch ein Verkauf von Töchtern oder einzelnen Organisationseinheiten von Landesunternehmen nicht ohne unsere Zustimmung – die Zustimmung des Abgeordnetenhauses – möglich.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich hoffe, dass diese Entschließung, mit der das Abgeordnetenhaus Akteur wird und Verantwortung übernimmt, die auch Senat und HOWOGE Regeln setzt, heute von allen Fraktionen mitgetragen wird. Die Berlinerinnen und Berliner erwarten das von uns zu Recht.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Torsten Hofer (SPD)]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Dr. Brinker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Beim vorliegenden Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen mit dem wunderschön klingenden Titel „Berliner Schulbauoffensive mithilfe der HOWOGE – transparent und nachvollziehbar“ lohnt es sich, ins Detail zu gehen. Es lohnt sich, da man hier gut erkennen kann, mit welchen Mitteln Rot-Rot-Grün agiert und wie versucht wird, die wahren Tatsachen vor der Öffentlichkeit zu verschleiern. So steht im Antrag zum Beispiel, das haben wir heute auch schon gehört, dass das Land plant, mindestens 5,5 Milliarden Euro in den Schulbau und die Schulsanierung in den nächsten zehn Jahren zu investieren. Die Betonung liegt hier auf „investieren“.

(Regina Kittler)

Schaut man aber genauer hin, stellt man fest, dass von den 5,5 Milliarden Euro explizit 1,5 Milliarden Euro für den baulichen Unterhalt vorgesehen sind. Baulicher Unterhalt wird aber nicht unter Investitionen verbucht, sondern unter konsumtivem Sachaufwand. Warum schreibt die Koalition „mindestens 5,5 Milliarden Euro“? Was heißt „mindestens“?

[Regina Kittler (LINKE): Lesen Sie doch mal das Wortprotokoll!]

Es ist jetzt schon klar, auch das haben wir heute schon besprochen, dass beim Schulgebäudescan, der Grundlage für die Kostenfeststellung von 5,5 Milliarden Euro war, nicht alle Kostengruppen erfasst worden sind.

[Zurufe von Regina Kittler (LINKE) und Stefan Zillich (LINKE)]

Aufgrund dessen und aufgrund der konjunkturellen Überhitzung

[Regina Kittler (LINKE): Haben wir im Hauptausschuss diskutiert, oder?]

genau – im Bausektor ist davon auszugehen, dass die Kosten deutlich höher zu kalkulieren sind. Insgesamt dürfte die Schulbauoffensive aus unserer Sicht daher eher bei 10 Milliarden Euro landen als bei 5,5 Milliarden Euro oder bei über 7 Milliarden Euro, wie es heute auch schon angeklungen ist.

[Regina Kittler (LINKE): Wer bietet mehr?]

Ohne Kontrolle und ohne absolute Transparenz droht das Ganze zu einem neuen BER, zu einem BER 3.0 zu werden.

[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Deswegen mehr Vertrauen und Transparenz!]

Genau, wir brauchen Transparenz. Dass wir uns da einig sind, ist wunderbar. –

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Ja – daher hatten wir auch den Antrag gestellt „BER 3.0 verhindern – HOWOGE nicht ohne Prüfrechte des Berliner Rechnungshofes Schulen für Berlin bauen, sanieren, unterhalten und betreiben lassen“.

[Steffen Zillich (LINKE): Den Sie aber heute gar nicht behandeln wollen!]

Der wird heute nicht besprochen, weil Sie es nicht wollten; schade drum eigentlich, hätte gut hierher gepasst, machen wir aber noch.

[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Das war doch Ihre Entscheidung!]

Nein, die Regierungskoalition wollte das nicht auf der Tagesordnung haben. – Von dieser Problematik – jetzt lassen Sie mich bitte mal zum Thema sprechen – und der nicht aufgearbeiteten Vergangenheit der katastrophalen DEGEWO-Schulbauoffensive der Siebziger- und Achtzi

gerjahre keine Spur! Noch heute sind viele der im Stil des Brutalismus gebauten Schulgebäude Schandflecke des westlichen Berlins, und die heute wieder angelegte mangelnde Transparenz ist das Hauptproblem. Doch wie betitelt die Koalition ihren Antrag? – „Berliner Schulbauoffensive – transparent und nachvollziehbar“. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn die engagierten Bürger der Volksinitiative in ihrer Kommunikation manchmal etwas über das Ziel hinausschießen.

[Beifall bei der AfD]

Während anscheinend die Grünen als Partei beschlossen haben, den HOWOGE-Privatisierungsweg abzubrechen, geht ihn die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus einfach weiter. Ja, was denn nun? Liebäugeln die Grünen hier als Erben der SPD schon mit einer Koalition mit den sozialdemokratisierten Teilen der CDU?

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ha, ha!]

Und die Frage: Ja, was denn nun? –, kann und muss man weiter stellen, denn: Im Nachtragshaushalt ist einmal die Rede von 300 Millionen Euro zusätzlichem Eigenkapital für die HOWOGE – also Aufhübschen der Braut –, und an anderer Stelle ist plötzlich die Rede von 300 Millionen Euro Gesellschafterdarlehen an die HOWOGE. Ja, was denn nun?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wesener?

Nein, jetzt nicht, tut mir leid. – Ja, was denn nun? Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen, warum diese Unklarheiten? – Wir klären es im Hauptausschuss, Herr Wesener. Wie es mit der gewünschten Transparenz aussieht, findet sich auf Seite 3 des vorliegenden Antrags wieder. Dort heißt es – Zitat –:

Die im Rahmen der Schulbauoffensive geschlossenen Verträge sind, soweit dies zulässig ist, öffentlich.

Zitat Ende.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau!]