Protocol of the Session on November 15, 2018

Ich zitiere:

Das Wort wird nicht gefunden, das uns beide jemals vereint!

Denn für mich sind Sie der Klassenfeind. – Text aus dem Lied: Der Klassenfeind. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN –– Tä, tä, tä! von der AfD – Maik Penn (CDU): Wer soll das bezahlen?]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Mohr. – Ich bitte, den Geräuschpegel etwas zu senken, meine Herren!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen Abgeordnete! Liebe Gäste! Nun beraten wir heute tatsächlich einen Antrag, wohlgemerkt als Priorität der Grünen, in dem die Koalitionsparteien die Abschaffung der Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter bei Arbeitslosigkeit fordern. Nun ist die Sozialgesetzgebung bekanntlich eine Bundesangelegenheit. Und genau an dieser Stelle – das wurde eben schon erwähnt –, nämlich im Bundestag, wurde kurz vor der Sommerpause ein ganz

(Ülker Radziwill)

ähnlich lautender Antrag eingebracht, durch die Linken, debattiert und zu Recht mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Nun versuchen es die Grünen einfach noch einmal hier im Abgeordnetenhaus über eine Bundesratsinitiative, ohne irgendeine Aussicht auf Erfolg. Aber so viel zu dem Märchen, die Grüne sei eine Partei der Mitte. Fakt ist: Sie kopieren im Wesentlichen einen Antrag der Linken aus dem Bundestag und könnten politisch genauso gut mit selbiger fusionieren, denn zwischen Ihre ideologischen Grundüberzeugungen passt kein Blatt Papier. Das haben Ihre Ausführungen eben auch noch einmal klargemacht.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Katrin Schmidberger (GRÜNE): Zugabe! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Was wollen Sie uns damit sagen?]

Aber gut! Ihr Antrag zeugt einmal mehr davon, wie weit Rot-Rot-Grün sich inzwischen von der Lebensrealität der hart arbeitenden Bürger entfernt hat und was für ein Menschenbild Sie ganz offenkundig von den Mitarbeitern der Jobcenter haben. – Keine Zwischenfragen! – Glauben Sie tatsächlich, da werden gerne Sanktionen ausgesprochen?

[Bettina Domer (SPD): Ja!]

Ja? Sie haben es dort mit Menschen zu tun, nicht mit irgendwelchen gefühlskalten Robotern. Die Mitarbeiter sind sehr wohl in der Lage, Härtefälle und Einzelschicksale zu erkennen, zu bewerten und entsprechend in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen.

[Beifall bei der AfD]

Wissen Sie, im Wesentlichen habe ich den Ausführungen meines Bundestagskollegen Jörg Schneider nichts hinzuzufügen. Schauen Sie sich einfach das entsprechende Plenarprotokoll des Bundestages an. Da können Sie vielleicht noch etwas lernen.

Die AfD-Fraktion ist auf jeden Fall für die Beibehaltung des bisherigen Status quo und damit auch für die Möglichkeit von Sanktionierungen bei offenkundigem Missbrauch von Sozialleistungen, z. B. bei Verdacht auf Schwarzarbeit parallel zum Arbeitslosengeldbezug.

[Zuruf von Lars Düsterhöft (SPD)]

Es gibt Hunderttausende Menschen in Berlin, die für ein paar Euro mehr als den Hartz-IV-Satz den ganzen Tag, von morgens bis abends, hart malochen. Meinen Sie, eine entsprechende Gesetzesänderung im Sozialgesetzbuch ist ihnen gegenüber gerecht? Warum geht Ihr Altruismus nicht so weit, dass Sie viel mehr in Bildung und Ausbildung investieren, dass Sie Ausbildungsplätze und Berufsperspektiven besonders für Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen schaffen? Glauben Sie in der Tat, Sanktionen für unter 25-Jährige abzuschaffen, hilft irgendwie, den Negativrekord von Jugendarbeitslosigkeit in Berlin zu beseitigen?

Bevor Sie sich gegenseitig mit irgendwelchen Gesetzesinitiativen aus dem Wolkenkuckucksheim überbieten,

sollten Sie vielleicht im Voraus überlegen, was Sie genau erreichen wollen, abgesehen davon, dass die SPD endlich den Stempel des Hartz-IV-Empfängers loswerden will. Es ist jedenfalls in höchstem Maße unglaubwürdig – und das wird der Wähler merken –, wenn durch Ihre Politik der Grundsatz der Gerechtigkeit verletzt wird, denn kein Mitglied der Gesellschaft will auf Kosten der Gemeinschaft bessergestellt werden. Sonst sind wir nämlich eins, zwei, fix beim solidarischen Grundeinkommen oder wie auch immer Sie das Ding nennen wollen, also Geld kassieren von Vater Staat ohne Gegenleistung.

[Zuruf von Lars Düsterhöft (SPD)]

Mit uns wird das nicht zu machen sein. Die AfD wird den vorliegenden Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Euch braucht auch niemand! Wer braucht die? – Kein Schwein!]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Schubert. – Bitte schön!

Es ist doch immer wieder gut, zu erfahren, dass die AfD von gar nichts eine Ahnung hat. Insofern muss ich darauf auch nicht weiter eingehen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es sehr, dass nach fast 15 Jahren Erfahrung mit Hartz IV die Diskussion um die Reform zur Überwindung von Hartz IV jetzt Fahrt aufgenommen hat, denn die Folgen von Hartz IV sind keine guten. Fördern und fordern sollte das Leitmotiv sein.

[Lachen bei der CDU]

Fordern ist im Wesentlichen geblieben und das zulasten derjenigen, die ohnehin am Rand der Gesellschaft stehen.

[Maik Penn (CDU): Mit fast Vollbeschäftigung!]

Da lohnt es sich wirklich einmal, einen Blick in den „Tagesspiegel“ von heute zu werfen. Er ist für Linksradikalität bekanntlich nicht bekannt. Schauen Sie sich das einmal an, was das eigentlich für betroffene Menschen heißt, von Hartz IV leben zu müssen. Hartz IV hat auch andere Auswirkungen. Infolge von Hartz IV hatten wir eine Ausweitung des Niedriglohnsektors, der immens und in Europa einmalig ist in dieser Breite, was dazu führt, dass viele Menschen in der Tat den ganzen Tag zu Löhnen malochen, die sie am Ende arm dastehen lassen, dass sie zum Teil aufstocken müssen und dass sie vor allen Dingen der Altersarmut ins Gesicht sehen werden, weil sie

(Herbert Mohr)

gar nicht in der Lage sind, auf eine Rente zu kommen, die oberhalb der Grundrente ist.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Auch deswegen ist es wichtig, dass wir zu einem sozialen Sicherungssystem kommen und zu einem Lohngefüge, das Armut im Alter verhindert und das dafür sorgt, dass wer arbeitet nicht arm ist und nicht ergänzende Sozialleistungen beantragen muss.

[Marc Vallendar (AfD): Soziale Hängematte!]

Prekarität ist mittlerweile Normalität, und das darf nicht sein. Davon müssen wir wegkommen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Maik Penn (CDU): Aber nicht die Sanktionen abschaffen!]

Die rot-rot-grüne Koalition geht einen gemeinsamen ersten Schritt zur Überwindung von Hartz IV, indem sie vorschlägt, erst einmal einen Teil der Sanktionen abzuschaffen. Sanktionen bedeuten nämlich für die Betroffenen, dass sie völlig von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Und zu den vielen „Sozialschmarotzern“, den sogenannten, den vielen, die angeblich die Arbeit verweigern, es geht dabei immer um Einzelfälle. Die allermeisten Menschen, die in Hartz IV gedrückt worden sind, wollen Beschäftigung, wollen arbeiten, wollen selber für ihr Einkommen sorgen. Es gibt viele Gründe, warum sie das gerade nicht können, weil es an den nötigen Arbeitsplätzen für sie z. B. fehlt oder weil sie in prekären Lebensverhältnissen leben, weil sie Kinder haben und nicht genügend Kitaplätze vorhanden sind, weil sie vielleicht auch schwerbehinderte Kinder haben, wo es eines besonderen Aufwands bedarf, dass sie gleichzeitig ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Und auf diese Einzelfälle müssen wir vorbereitet sein. Sie durch Sanktionen zu bestrafen, bestraft sie doppelt. Deswegen müssen die Sanktionen weg.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Und der erste Schritt, den wir mit dem Vorschlag für die Bundesratsinitiative gehen, damit sagen wir: Weg mit den Sanktionen für unter 25-Jährige.

[Stefan Evers (CDU): Genau!]

Es ist sowieso eine Zumutung für erwachsene Menschen, bei ihren Eltern wohnen zu müssen, übrigens auch für die Eltern, nicht nur für die erwachsenen jungen Menschen.

[Holger Krestel (FDP): Wer in Deutschland arbeiten will, findet Arbeit!]

Noch schlimmer ist es – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Nein, danke! AfD-Zwischenfragen beantworte ich grundsätzlich nicht, Sie brauchen nicht mehr zu drücken. – Sanktionen für unter 25-Jährige führen genau zum Gegenteil dessen, was Sie eigentlich vorgesehen haben,

[Georg Pazderski (AfD): Was haben Sie eigentlich für eine Angst?]