Protocol of the Session on November 15, 2018

[Beifall bei der FDP – Beifall von Katrin Seidel (LINKE)]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Buchner. – Bitte schön!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin seit sieben Jahren Mitglied dieses Hauses, seit sieben Jahren sportpolitischer Sprecher, und seit sieben Jahren sind die Bäder das meistdiskutierte Thema im Bereich der Sportpolitik. Das liegt daran, dass sie von Kitas, Schulen, Vereinen und von individuell Sport treibenden Besucherinnen und Besuchern genutzt werden und dass aus dem Jahrzehnt der Haushaltskonsolidierung auch die Struktur in Europas

Bäderbetrieben relativ heruntergerockt ist. Aus dieser Zeit stammt ja auch die Logik des Unternehmens, aus dem Zuschuss, den wir hier im Abgeordnetenhaus im Haushaltsplan definieren, das Beste zu machen.

Ich bekomme viel Post nach dem Motto: Macht doch die Bäder einfach länger auf, dann nehmt ihr viel mehr Geld ein und dann rechnet sich das irgendwie! – Man muss es noch einmal deutlich sagen: In Berlin ist etwa jeder zweite Bäderbesuch generell gebührenfrei, weil er auf Schulen, Kitas oder Vereine entfällt. Und auch das, was wir als individuelle Badbesucher machen, ist hoch subventioniert vom Steuerzahler. Ein Sportschwimmbad ist als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht kostendeckend zu betreiben. Ich erinnere mich noch an den ersten Haushaltsplanentwurf, der mir als Abgeordneter auf dem Tisch lag. Da waren 42 Millionen Euro Gesamtzuschuss vorgesehen. Seitdem haben wir den Betriebszuschuss auf über 50 Millionen Euro erhöht. Wir stellen zusätzlich 10 Millionen Euro im Jahr für Sanierungen bereit und haben jetzt noch einmal mehr als 60 Millionen Euro bereitgestellt, um zwei Standorte zu attraktiven Ganzjahresbädern auszubauen.

Was mein Kollege Philipp Bertram aber gerade dargestellt hat, ist der nächste Schritt, nämlich ein Paradigmenwechsel in diesem Bereich, hin dazu, dass wir als Gesetzgeber im Rahmen eines Unternehmensvertrags zeitgemäße Anforderungen an die Bäder-Betriebe definieren. Das sind transparente und verlässliche Öffnungszeiten. Das sind insgesamt mehr Wasserzeiten, insbesondere am Wochenende, wenn die Öffentlichkeit – Familien mit Kindern – schwimmen gehen kann. Das sind attraktive und sozial gerechte Tarife. Das sind auch gute Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, von denen es im Übrigen wieder mehr geben wird. Und das sind Bäder, die technisch wieder auf der Höhe der Zeit sind. Dann ist für uns auch klar: Wenn wir diesen Paradigmenwechsel wollen und diesen Unternehmensvertrag unterzeichnen, dann werden wir das in diesem Haus auch finanzieren müssen. Das ist ein großer Wurf für die Bäder.

Während die Koalition diesen großen Wurf schafft, ergehen sich CDU und AfD eher in der Kleinteiligkeit oder in Genöle. Was die Kompetenz der AfD in Sachen BäderBetriebe angeht, die ist, wie in anderen Bereichen, nicht der Rede wert. Aber der heutige Antrag der AfD bedeutet eben, dass nicht zwei moderne Ganzjahresstandorte gebaut werden, dass nichts Neues für Familien mit kleinen Kindern gemacht wird, dass sich weiter Badende und Schwimmende im selben Becken mit denselben Temperaturen aufhalten, dass wir keine Becken für die Wassergewöhnung von Kleinkindern bekommen oder für Aquafitness. Die AfD will ausschließlich Sportbecken bauen, also maximal Politik für diejenigen machen, die heute schon die Bäder nutzen. Das ist aber nicht unser Ansatz. Als Koalition wollen wir mehr Besucherinnen und Be

(Stefan Förster)

sucher. Wir wollen mehr kleine Kinder und Familien in den Bädern, und wir wollen auch mehr Lebensältere in die Berliner Bäder bekommen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Ansätze der CDU sind alle sehr kleinteilig. Ich glaube, dass wir im Wesentlichen bei den Bädern gar keine unterschiedliche Auffassung haben. Aber Sie schaffen es nicht so richtig, was zum Meckern zu finden bei dem, was die Koalition macht, und deswegen kommen immer wieder Anträge, die eben kleinteilig sind. Es spricht ja grundsätzlich auch nicht viel dagegen – das hat der Kollege Förster gerade gesagt –, dass wieder jemand ein Restaurant im Strandbad Wannsee betreibt. Aber warum es zunächst auf Kosten der Steuerzahlerin und des Steuerzahlers saniert werden soll und danach ein privater Investor mit der Infrastruktur Geld verdienen soll, das erschließt sich mir nicht.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Anja Schillhaneck (GRÜNE) und – Sibylle Meister (FDP)]

Wenn die CDU auf ihren Antrag, eine Bäder-App zu entwickeln, dann die Antwort bekommt, dass die schon entwickelt wird, dann kommt als nächstes der Vorschlag, jetzt Liveinformationen des Bädergeschehens abrufbar zu machen. Mal abgesehen davon, dass das alles mit Aufwand verbunden ist und Personal bindet, kommt wahrscheinlich als Nächstes der Vorschlag, Webcams aufzuhängen und sich live in die Bäder einschalten zu können. Wenn einem nichts einfällt, über das man meckern kann, dann kommt man eben auf etwas andere Ideen.

Lassen Sie uns doch einfach, was die Bäder in Berlin angeht, weiter an einem Strang ziehen und diese Bäderlandschaft gemeinsam gestalten, die größte Bäderlandschaft Europas. Wir glauben daran, dass diese Bäder Nutzen bringen, damit Kinder und vermehrt auch Erwachsene Schwimmen lernen. In Bädern kann jeder etwas für seine Gesundheit tun. Und in den Berliner Bädern kann auch trainiert werden, damit wir weiter Weltklassesportlerinnen und -sportler feiern können. Und ganz besonders an die Fraktion der AfD gerichtet: weil ich will, dass Kinder und Erwachsene unsere Bäder für Spiel, Sport und eben auch Spaß nutzen können und dafür nicht mehr vor die Tore unsere Stadt fahren müssen. An solchen Bädern arbeitet diese Koalition, und darauf können sich die Berlinerinnen und Berliner auch verlassen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Sibylle Meister (FDP)]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schermesser. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Koalition ist ein kleiner, richtiger Schritt, und er klingt auch nach grundlegenden Veränderungen, ist aber wieder nur an der Oberfläche gekratzt. Die bestehenden, nicht funktionierenden Strukturen werden nicht angetastet. Nein, sie sollen sogar ausgebaut werden. Betrachtet man aber die jetzige Situation, kann nur eine umfassende Reorganisation das nächste Desaster nach dem BER verhindern.

Schauen wir uns die Punkte an: Verlässlichkeit schaffen, das ist eine ganz normale Grundforderung und Selbstverständlichkeit, soziale Eintrittspreise sichern, dazu muss man eine einfache, klare Tarifstruktur schaffen. Die Masse der mannigfaltigen Ermäßigungen sind kaum vom Personal zu kontrollieren und öffnen somit Tür und Tor dem Sozialbetrug. Einem städtischen Bäderbetrieb ist es fast unmöglich, Gewinne zu erzielen, da er die öffentliche Daseinsvorsorge zum Ziel hat.

Gerade darum sollten aber wenigstens die Verluste in Grenzen gehalten werden. Sichere und gute Arbeitsplätze garantieren, ist gut und wichtig, hängt aber auch immer von einem guten Management ab. Hier haben der Vorstand und letztlich auch der Senat in den zurückliegenden Jahren versagt.

[Beifall bei der AfD]

Abgesehen vom Nachweis der fachlichen Qualifikation, ist ein unzureichendes Controlling vorhanden. Wie kann es sonst sein, dass der Sanierungsbedarf im Stil von Wasserstandsmeldungen durchgegeben wird? Mal waren es fast 170 Millionen Euro, kurze Zeit später dann fast 230 Millionen Euro – alles nach Gutdünken. Und was passiert? – Nichts, keinerlei Konsequenzen! Es scheint hier niemanden zu interessieren.

Kommunikation mit allen Leitungsebenen, ein ganz wichtiger Punkt in der Wirtschaft – Fehlanzeige! Die Leitung der Bäder vor Ort ist mehr oder weniger handlungsunfähig. Schlussfolgerung kann doch nur sein, diesen nicht funktionierenden Wasserkopf abzuschaffen,

[Beifall bei der AfD]

mehr Verantwortung und bessere Bezahlung in die mittleren Leitungsebenen zu geben und den gut funktionierenden Wasserbetrieben anzugliedern, ähnlich wie in München, wo das auch klappt.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Unser weiterer Vorschlag ist ein gut bezahlter, flexibler Mitarbeiterpool. Auch die FDP fordert ein flexibles Personalmanagement. Ich habe mit den Leuten gesprochen. Anders als vom Vorstand behauptet wären Sie bereit dazu. Auch die Personalkosten sinken, weil weniger Personal gebraucht wird.

(Dennis Buchner)

Bäderstruktur langfristig sichern, erhalten und weiterentwickeln, auch ein Punkt, hier verweise ich auf unseren Antrag. Ich sagte bereits, dass sich der Instandsetzungsrückstau auf fast 230 Millionen Euro beläuft, Tendenz steigend. Das Bädersterben in Berlin wird weitergehen.

Trotz all dieser Tatsachen wollen Sie unter der Verantwortung der Berliner Bäder-Betriebe weiter an Ihrem Vorhaben neuer Multifunktionsbäder oder besser Spaßbäder festhalten, deren Summe schon mal locker von 60 auf 80 Millionen Euro gestiegen ist. Jeder rational denkende Berliner kann da nur den Kopf schütteln. Selbstverständlich brauchen wir mehr Wasserfläche, na klar, aber Vorrang müssen doch dabei die Erhaltung und die Wiedereröffnung schon geschlossener Bäder haben.

[Beifall bei der AfD]

Letzter Punkt: Landeszuschüsse bedarfsgerecht bereitstellen und sinnvoll verwenden – wieder nur Theorie, wenn kein klares Controlling vorhanden ist. Wie kann es sonst sein, dass für Sanierungsmaßnahmen 2016/2017 10 Millionen Euro zur Verfügung standen, aber nicht einmal 3 Millionen Euro abgerufen wurden, und das, obwohl mir vom Vorstandsvorsitzenden in einer Anhörung des Ausschusses versichert wurde: Wenn mehr Geld da ist, kann auch mehr saniert werden.

Ich komme zu den beiden Anträgen: Strandbad Lido, dem stimmen wir zu, regen aber alle Fraktionen an, noch einmal darüber nachzudenken, das gesamte Strandbad Wannsee einschließlich des Lido zu verpachten. So wird das ja auch erfolgreich mit allen anderen Strandbädern gemacht. Von der Idee nicht schlecht ist der Antrag der CDU zum Abruf von Live-Informationen des Bädergeschehens. Nur solange man die vorher genannten Probleme nicht in den Griff bekommt, ist das illusorisch. Darum enthalten wir uns hier.

Sie können sicher sein, dass wir als AfD-Fraktion uns sehr intensiv und ergebnisorientiert mit all diesen Themen beschäftigen und beschäftigen werden

[Philipp Bertram (LINKE): Aber das Problem trotzdem nicht verstehen!]

und dabei nach wie vor auf eine ideologisch freie und konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen hoffen. Lassen Sie uns gemeinsam neue Wege zum Wohle aller Bürger dieser Stadt gehen! – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Die Fraktion der SPD hat eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Buchner! Sie haben das Wort.

Ich hätte es auch als Zwischenfrage gemacht, aber der Kollege hat ja bereits vorher angemeldet, dass er keine Zwischenfragen möchte, deswegen auf diesem Weg vielleicht, ob ich es richtig verstanden habe, dass Sie den Kassenangestellten der Berliner Bäder-Betriebe gesagt haben, dass sie zu doof sind, einen Ermäßigungsausweis zu kontrollieren.

[Beifall von Dr. Susanne Kitschun (SPD) und Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

Denn die Ermäßigungen sind bei den Berliner BäderBetrieben relativ eindeutig geregelt, betreffen Schüler und Studierende. Die haben in der Regel einen Ausweis. Die betreffen Berlin-Pass-Inhaber und z. B. Menschen, die nach Asylbewerberleistungsgesetz Leistungen beziehen. Alle diese Personengruppen haben dafür Ausweise, mit denen sie sich ausweisen können. Nach meiner Auffassung haben Sie den Mitarbeitenden der Berliner Bäder-Betriebe gerade deutlich gemacht, dass sie offensichtlich zu dämlich sind, das zu kontrollieren. Können Sie das hier noch mal bestätigen?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Selbstverständlich nicht! Ich habe die mannigfaltige Tarifermäßigungsvielfalt angesprochen. Da haben Sie nur einen Teil dieser Dinge angesprochen.

[Dennis Buchner (SPD): Finden Sie die denn schlecht?]

Und ich habe die Praxis selber miterlebt. Es wurde mir gezeigt, wenn dort Schlangen sind, wenn dort ein, zwei Kräfte kontrollieren müssen, was dort alles mit den 25erKarten passiert usw. Ich weiß nicht, ob Sie die Problematik überhaupt genau kennen, denn sonst würden Sie sich hier nicht hinstellen und dann sagen: Ja, ich würde die Angestellten noch in diesen – dass sie das nicht kontrollieren können.

[Zuruf von der SPD]

Natürlich können Sie das. Nur die Vielfalt ist ein Riesenzeitaufwand, das heißt, es bilden sich Schlangen, und das wiederum wirkt sich auf die Effektivität der Bäder aus. – Danke!

[Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Schillhaneck. – Bitte schön!

(Frank Scheermesser)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Also ich stelle noch mal ganz kurz fest, offensichtlich hat die AfD ein Problem damit, wenn wir häufig baden und schwimmen Gehende oder Familien mit vielen Kindern extra begünstigen und mit geringeren Tarifen oder Ermäßigungen ausstatten.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von der AfD]