Protocol of the Session on September 27, 2018

Das ist doch mal richtig wirtschaftsfreundlich.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie Zwischenfragen zulassen.

Keine Zwischenfragen! – Das, meine Damen und Herren von der Linkspartei, müssen Sie sich zurechnen lassen. Das steht seit mehreren Wochen im Internet, und zwar auf Ihrer Seite.

[Katalin Gennburg (LINKE): Uh!]

Nur zur Info: Bayer ist nicht nur in Leverkusen, sondern auch hier in Berlin. Ich bezweifle stark, dass die Angestellten und Auszubildenden von Bayer gerne das BayerKreuz erlöschen sehen möchten. Ich bezweifle des Weiteren, dass die Angehörigen der Angestellten und Auszubildenden von Bayer gerne das Bayer-Kreuz erlöschen sehen möchten. Ich bezweifle des Weiteren, dass die Zulieferer von Bayer, deren Mitarbeiter und wiederum deren Angehörige gerne das Bayer-Kreuz erlöschen sehen möchten. Und ich bezweifle, dass die Vorsorgesparer, die Bayer-Aktien zur Altersvorsorge besitzen, das Bayer-Kreuz erlöschen sehen möchten. Von der Linkspartei ist Berlin als eine Chancenstadt für DAXKonzerne, also Unternehmen, die in der ersten Liga spielen, eindeutig nicht vorgesehen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Aber auch die Grünen sind keineswegs besser.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Ich kann mich noch gut an einen Satz aus dem Wirtschaftsausschuss zum Thema Tegel erinnern. Es ging um die komfortable Erreichbarkeit des günstig gelegenen Flughafens Tegel.

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Die Wirtschaftssenatorin forderte dazu im Wirtschaftsausschuss: Die Unternehmen müssen ihre Komfortzone verlassen, wenn sie in Berlin sein wollen. – Das war nicht unbedingt eine Aussage, die von Wirtschaftskompetenz zeugt. Hier hat einfach ein Sprechroboter einen Begriff aus der Psychologie unpassenderweise im wirtschaftlichen Kontext verwendet.

(Frank Jahnke)

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Richtig ist nämlich das genaue Gegenteil – um einmal bei diesem Sprachgebrauch zu bleiben –: Berlin müsste überhaupt Komfortzonen für Unternehmen schaffen, um eine Chancenstadt zu sein.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Vorhandene Chancen werden nicht genutzt. In den Technologiepark Adlershof sind in den letzten 20 Jahren 2 Milliarden Euro geflossen. Aber wo sind die internationalen Erfolgsstorys, die Wachstumsstorys im Technologiesektor? Wo sind die Börsengänge aus Adlershof? Frau Ludwig hat dankenswerterweise auch hohe Fördersummen genannt. Wo sind die Ergebnisse? Wo sind jetzt die Einhörner? Wo sind die Unternehmen, die aufgrund dessen gewachsen sind?

[Katalin Gennburg (LINKE): Einhörner?]

Ein Einhorn ist ein Wachstumsunternehmen, das 1 Milliarde Euro Marktwert erreicht hat.

[Zuruf von der AfD: Wieder was gelernt!]

Eine solche Erfolgsstory gibt es immerhin in Berlin Buch ganz ohne solche Fördersummen vom Senat mit dem Unternehmen Eckert & Ziegler. Aber im gesamten Campus Buch ist das weitere Wachstum sehr zurückhaltend, weil der äußerste Berliner Norden mit privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln extrem schwer zu erreichen ist. Warum soll jemand mit seinem Unternehmen nach Buch kommen, wurde ich dort gefragt.

Wir haben eine katastrophale Infrastruktur in Sachen Straßen und öffentliche Verkehrsmittel. Aber anstatt die Infrastruktur zu verbessern, wird sie zurückgebaut. Ein funktionierender Flughafen soll geschlossen werden. Straßen sollen verkleinert werden. Fahrverbote für Kraftfahrzeuge sollen eingeführt werden. Der öffentliche Personennahverkehr hat Defizite in Ausstattung und Sicherheit. Das bedeutet, das Pendeln zum Arbeitsplatz und das Antreten von Dienstreisen werden der arbeitenden Bevölkerung zunehmend schwerer gemacht. Aber genau das Gegenteil wäre richtig. Es müsste leichter gemacht werden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Sie sagen, Berlin sei ein Treiber der Innovation. Tatsächlich ist Berlin jedoch ein Preistreiber. Berlin soll eine Führungsrolle beim Klimaschutz spielen. Ergebnis: Das Klima wird nicht geschützt, aber die Energiepreise steigen an.

[Beifall bei der AfD]

Das Beispiel hierfür ist das Stadtwerk. Was haben wir hier in diesem Hause über das Stadtwerk diskutiert? Ge

rade die Kollegen von der SPD sprachen immer wieder davon, dass man das Stadtwerk entfesseln würde.

[Daniel Buchholz (SPD): Richtig!]

Aber was heißt denn entfesseln, Herr Namensvetter? – Ein entfesseltes Unternehmen legt nach der Entfesselung bei der Kundenzahl, beim Umsatz und der Mitarbeiterzahl rasant zu. Ein entfesseltes Geschäft sieht man immer schön, wenn ein neues iPhone auf den Markt kommt oder ein neues Buch von Thilo Sarrazin.

[Beifall und Heiterkeit bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Das ist ein entfesseltes Geschäft. Beim Stadtwerk ist genau das nicht der Fall.

Jetzt sage ich Ihnen, wie das Thema der Aktuellen Stunde „Die Chancenstadt Berlin – starker Wirtschaftsstandort durch Innovation“ in der Berliner Praxis aussieht. Das Stadtwerk wurde in einen Markt hineingesetzt, in dem sich bereits 170 Wettbewerber getummelt haben. Das ist alles, aber nicht innovativ. Das Stadtwerk hat auch keine Chance. Wissen Sie, was Sie eigentlich getan haben? – Sie haben einen neuen Stromanbieter in einen umkämpfen Mark hineingesetzt und seinen Einkaufsmarkt zusätzlich verkleinert. Das Angebot an Strom, das dem Stadtwerk zur Verfügung steht, ist wesentlich kleiner als das seiner Wettbewerber. Das Stadtwerk kann nämlich nicht auf Kohlestrom oder Strom aus Kernkraftwerken zurückgreifen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall und Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Mein Namensvetter klatscht mit den Grünen. – Denken Sie mal über die Folgen nach. Ein verkleinertes Angebot lässt immer und überall, wo eine Marktwirtschaft ist, den Preis steigen. Und genau das geschieht beim Stadtwerk. Wenig überraschend gestaltet sich die Gewinnung von Neukunden für das Stadtwerk extrem schwer und mühsam. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtwerks leisten eine hervorragende Arbeit. Aber Sie haben das Unternehmen in keine gute Ausgangsposition gebracht. Sie haben ihm keine Chance gegeben und waren auch nicht wirklich innovativ. Damit haben Sie das Gegenteil von dem erreicht, was Sie vorgeben. Richtig hätte die Aktuelle Stunde heißen müssen: „Berlin – eine Stadt ohne Chance bei diesem Senat“. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Gindra das Wort.

(Christian Buchholz)

Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Es ist ja eigentlich auf die Ausführungen von Herrn Buchholz nicht einzugehen. Aber da er mich ja nun mal persönlich genannt hat, weil ihm sonst zu der Wirtschaft Berlins offenbar nichts eingefallen ist: Ich lasse mir von Ihnen nichts zurechnen und entgegne Ihnen erst mal: Distanzieren Sie sich von Rassismus und Antisemitismus in Ihren Reihen,

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Legen Sie eine neue Platte auf!]

der die Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands jetzt schon belastet! Erkundigen Sie sich mal in Dresden, was dort wissenschaftliche Einrichtungen, was dort innovative Betriebe davon halten, was Sie dort mit anzetteln in Dresden und in Sachsen.

[Georg Pazderski (AfD): 25 Prozent!]

Es wirkt sich schon negativ auf die Wirtschaftslandschaft dort aus. Deswegen gibt es auch gerade dort genug Widerstand gegen Ihre Art von Politik.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe zulassen.

Nein, danke! Ich möchte erst mal reinkommen in mein Thema. – Herr Gräff! Sie fordern natürlich mich auch zu einem Schmunzeln heraus und zu einer direkten Entgegnung. Dass Sie im vorletzten Stadtentwicklungsausschuss einen Antrag aus Neukölln verteidigen mussten, der eine Reduzierung von Wohnbau zum Ziel hatte, dass Sie eine Zählgemeinschaft in Steglitz-Zehlendorf anführen, der es daran liegt, genau wie Ihrem Antrag in Neukölln, mehr Einfamilienhäuser in Berlin zu bauen, in Zehlendorf führen Sie das auch durch – da müssen Sie uns nichts erzählen, dass wir Bauverhinderer sind. Sie sind die Bauverhinderer,

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

und Sie sind auch die Bauverhinderer, weil Sie dem spekulativen Umgang mit Wohneigentum und mit knappen Flächen in dieser Stadt nicht entgegentreten. Zu den Sharedeals haben Sie ja immer noch keine Vorlage im Bundestag gemacht, und Ihr Kollege aus TempelhofSchöneberg, der Bundestagsabgeordnete Luczak, ist einer der Verteidiger gegen jede Reform und Schutz von Mietern. Er ist eine Bremse dabei gewesen, dass die Mietrechte schon in der letzten Legislaturperiode verbessert

wurden und damit eine Entlastung für Berlin z. B. hätte entstehen können. Also Sie brauchen uns nicht zu erzählen, dass das sozusagen eine Belastung wäre für junge Menschen, für innovative Köpfe, die nach Berlin kommen wollen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gräff zulassen.

Nein, ich bin ja immer noch nicht bei meinem Thema. –