Dazu will ich jetzt noch etwas sagen, zu klugen städtebaulichen Konzepten. Die sind immer historisch eingebettet. Jede Zeit hat kluge städtebauliche Konzepte,
und es ist daran, dass wir jetzt auch mal wieder zu zeitgemäßen klugen städtebaulichen Konzepten zurückkommen.
Deswegen möchte ich ganz kurz gerne ein bisschen Nachhilfe in Stadtbaugeschichte geben, die der CDU hier offensichtlich abhandengekommen ist. Das Haus der Statistik ist Teil des DDR-Städtebaus zur Umgestaltung des Alexanderplatzes und wurde in den Jahren 1968 bis 1970 nach Plänen des Architektenkollektivs Manfred Hörner, Peter Senf und Joachim Härter errichtet.
Ein Kupferrelief von Fritz Kühn widmet sich der Entwicklung des mathematischen und technischen Denkens und schmückt den Haupteingang. Im Gebäudeinneren befand sich das Wandgemälde – Herr Evers hat es schon gesagt – „Lob des Kommunismus“ von Ronald Paris.
Die angrenzenden Gebäudekomplexe Haus des Lehrers und Haus des Reisens sowie das Haus des Berliner Verlages – da müssen Sie sich nicht totlachen, das ist so – befinden sich bereits unter Denkmalschutz, und das ist sehr, sehr gut.
Der CDU-Antrag zeugt davon, dass der Denkmalwert der Architektur der Sechzigerjahre und Siebzigerjahre in Ost und West in dieser Fraktion noch nicht erkannt worden ist und die Fachwelt der Berliner CDU um Frau Grütters um Schritte vorauseilt.
Och, nein, bitte nicht. – Sie haben eben ein Verständnis von Baukultur des Barock, die Moderne ist Ihnen offensichtlich entgangen.
Der Antrag tut auch so, als hätte es die Initiative zum Haus der Statistik überhaupt nicht gegeben. Das ist ein eigentümliches Verständnis von Wertschätzung zivilgesellschaftlichen Engagements, das dem Antrag entspringt. Die Initiative setzt sich mit riesigem Engagement für die Entwicklung des Areals als Zentrum für Geflüchtete, Soziales, Kunst und Kreative ein. Und zu Recht steht an der Fassade gerade „Stop wars on migration!“ Super Sache!
Die Linksfraktion hat also immer wieder gesagt, wir wollen kein reines Ämterzentrum, wir brauchen eine kreative Mischung. Die Verwaltung darf hier nicht den überwiegenden Nutzungsanteil ausmachen.
Ach, Frau Präsidentin! Haben Sie diesen Zwischenruf wahrgenommen? Der Abgeordnete Czaja hat mir unterstellt, ich hätte Cannabis in meiner Tasche. Das könnte man noch mal diskutieren, nicht wahr?
Kommen wir zurück zum Nutzungsmix und zum Nutzen für die Verwaltung. Wir hatten zwischendurch einen Antragsentwurf ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Der hat sich aber inzwischen tatsächlich erledigt. Der wurde
von der Zeit sozusagen überlagert. Es ist gut, dass der Senat jetzt handelt. Es gab neulich schon die große öffentliche Werkstatt. Ich freue mich, dass das jetzt tatsächlich mit tätigem Handeln vorangeht.
Ich kann wirklich nur die schwache Performance, die Geschichtsvergessenheit der CDU an dieser Stelle noch einmal betonen. Will nur sagen, auch die BIM hat baukulturell lobenswert einen Fassadenwettbewerb ausgelobt. Gesucht wurde eine gestalterisch anspruchsvolle Lösung, um ein Konzept für die Fassadengestaltung und Sanierung zu entwickeln. Die Gewinner des Wettbewerbs wurden im Juli gekürt. Und die Wettbewerbsjury entschied sich für den Entwurf des Berliner Architekturbüros de+ Architekten, der eine moderne Wiederherstellung der Fassade vorsieht.
Kurz und gut, Sie machen Schaufensterpolitik und wollen Ihren Markenkern bis zum Kitsch überformen. „Bauen, bauen, bauen“ wird hier zu „Neubau über alles“ und „Abriss first“. Das ist geschichtsvergessen und apolitisch, CDU eben. Stadtbaugeschichte ist aber Gesellschaftsgeschichte.
Deshalb mehr Haus der Statistik als Schlossattrappe. Und nehmen Sie Ihre Wippe gleich mit! – Vielen Dank!
[Frank-Christian Hansel (AfD): Da freue ich mich jetzt drauf! – Zuruf von Karsten Woldeit (AfD) – Mario Czaja (CDU): Schön gelb, die Krawatte! – Weitere Zurufe von der AfD]
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass mir Frau Gennburg den geschichtlichen Exkurs weggenommen hat. Zumindest was das Pädagogische betrifft, ticken wir manchmal ähnlich.
Ich wollte auch gerade noch ein paar geschichtliche Ausführungen zum Alexanderplatz machen. Aber dann beschränke ich mich erst einmal auf die literarischen Ausführungen. Das muss sein, ein bisschen Poesie am Anfang, damit wir gemeinsam unser Wissen erweitern können.
Nein, das heute nicht, aber da gibt es bestimmt den nächsten AfD-Antrag, wo es sich wieder einmal lohnen würde.
Wir haben diesen wunderbaren Roman „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin, 1929 erschienen, mit dem Untertitel „Die Geschichte vom Franz Biberkopf“. Da ist der Alexanderplatz städtebaulich in allen Facetten drin, ein wunderbares Buch, kann man nur als Lektüre empfehlen. Vor allen Dingen, das Buch zählt zu den Hauptwerken der deutschen Moderne und zeichnet sich durch einen innovativen Aufbau, eine expressive Sprache und poetische Erzähltechnik aus. Alles drei kann man von dem CDU-Antrag jedenfalls nicht behaupten, das kann man erst einmal am Anfang feststellen.
Aber jenseits dieses formalen Mangels, was die Abfassung dieses Antrags betrifft und was der Leseverständlichkeit nicht gerade zuträglich ist,
ist die Diskussion um das Haus der Statistik eine, die seit 25 Jahren anhält. Da muss man auch einmal in Richtung CDU sagen: In der Zeit, in der Sie in Berlin regiert haben, auch in Mitte durchaus mitregiert haben, hätten Sie theoretisch das Haus längst abreißen können, wenn es doch so lange leer stand. Heute Rot-Rot-Grün an dieser Stelle vorzuwerfen, dass sie es in den letzten zwei Jahren nicht sinnvoll genutzt haben, ist ein Stück weit Dialektik, Sie hätten doch längst handeln können an der Stelle. Das muss man in der Tat auch mal sagen.
Es geht auch gar nicht darum, ob das Haus schön oder hässlich ist. Schön oder hässlich ist jedenfalls keine Kategorie, um Architektur zu beurteilen.
Nein, wenn es denn eine Kategorie wäre, und wenn man hier auch sagt, zu groß gedacht und zu schlecht gemacht – ich zitiere gerade den Kollegen Evers – oder von „sozialistischer Retroromantik“ und Ähnlichem spricht, hässliche Gebäude haben wir in beiden Hälften der Stadt. Mit dieser Begründung könnte man auch das ICC abreißen.