Protocol of the Session on September 13, 2018

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort Herr Dr. Juhnke!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von dieser Debatte droht – zumindest bezogen auf den Antrag – vergleichsweise geringer Erkenntnisge

winn. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, wie wir uns miteinander unterhalten. Entweder wiederholen wir im Wesentlichen die Aussagen, die wir hier schon vor einigen Wochen gemacht haben, oder wir machen es so wie mein Vorredner, der sich weitgehend dem Thema des Antrags entzogen hat. Er hat zwar interessente Dinge gesagt hat, die haben aber recht wenig mit dem Antrag zu tun.

Vielleicht noch mal zur Klarstellung für diejenigen, die dem Kulturausschuss nicht folgen konnten: Wir haben dort zwar diese Debatte geführt, aber gleichwohl verschiedene andere Themen im Zusammenhang mit dem Bibliothekswesen in Berlin erörtert, z. B. die Standortentscheidung und andere Sachen, sodass das Bibliothekskonzept als solches dort nicht weiter behandelt wurde. Ich sage das jetzt gar nicht als Vorwurf, sondern einfach als Feststellung. Von daher ist in dem Sinne keine weitere inhaltliche Anreicherung auf der Fachebene passiert, die die Debatte im vergangenen Plenum hätte bereichern können. Deshalb stelle ich einfach noch mal fest, dass wir alle für die Bibliotheken sind. Das ist auch schön. Deswegen werde ich jetzt auch in keinen Überbietungswettbewerb einsteigen in der Frage, wer bibliophiler oder bildungsaffiner ist oder wer ein konservativeres Bild von einer Bibliothek hat. Ich glaube, bei dieser Diskussion sind wir alle der Ansicht, dass Bibliotheken heute jenseits ihrer klassischen Aufgaben sogenannte dritte Orte darstellen. Diese Schlagworte sind Legion. Die brauchen wir nicht weiter zu vertiefen. Alle sind dafür. Das war nicht immer so. Von daher ist es auch gut so.

Es ist im Übrigen auch genug Geld da. Das ist auch ein Unterschied zu früheren Zeiten. Ich betone immer, dass das aufgrund unserer marktwirtschaftlich verfassten Wirtschaftsordnung der Fall ist. Die Steuereinnahmen sprudeln auch für solche schönen Sachen wie Bibliotheken.

Dem Antrag, den die Koalition heute vorlegt, kann man zustimmen.

[Regina Kittler (LINKE): Machen Sie es doch!]

Da steht einiges Gutes drin.

[Beifall von Andreas Otto (GRÜNE)]

Ich habe grundsätzlich auch keine Kritik daran, dass man formuliert, was man eventuell möchte. Ich habe nur Kritik an dem Vorgehen, daran, dass Sie sich nicht festlegen. Das wiederhole ich hier gerne: Kulturpolitik ist auch dazu da, den Handlungsrahmen ein bisschen festzuklopfen, sich auch mal für etwas zu entscheiden, zu sagen, welche Kennzahlen wir als Kommune definieren wollen, als diejenigen, die das Volk vertreten und bestimmte Vorstellungen haben, wie viele Medien pro Einwohner zur Verfügung stehen sollen oder andere Dinge. Das sind einfach mal Festlegungen, die die Kulturpolitik treffen kann. Die Koalition entzieht sich diesem erneut. Sie stellen damit eigentlich auch einen Blankoscheck für diejenigen aus,

(Frank Jahnke)

die sich dann mit diesen Aufgaben, die Sie formulieren, herumschlagen müssen.

Man kann natürlich auch die Partizipation verabsolutieren. Das ist völlig in Ordnung. Das ist Ihre Entscheidung. Mir ist bis heute übrigens immer noch nicht klar, wozu der Partizipationsprozess diente, der die Standortentscheidung etwas nach hinten geschoben hat, wie ich es nach wie vor empfinde. Die Informationen darüber sind mir noch nicht zugänglich geworden. Dass man natürlich in der Zukunft darüber redet, nachdem man sich entschieden hat, die ZLB dort zu bauen, wo wir sie uns auch als CDU gerne wünschen – da sind wir einer Meinung –, dass man da partizipativ vorgeht, ist völlig klar. Aber was in der Vergangenheit partizipativ entschieden wurde, ist nach wie vor für mich unklar. Vielleicht gibt es dazu heute noch mal Aufklärung. Wie gesagt: Verabsolutierung der Partizipation ist die eine Variante. Man kann es aber auch Delegation von Verantwortung nennen oder auch Entscheidungsunlust. Die muss ich da ein bisschen attestieren. Deshalb bleibt es bei unserer Enthaltung zu diesem Antrag. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Abgeordnete Kittler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme das Thema ein bisschen ernster als mein Vorredner.

[Heiko Melzer (CDU): Was ist das für eine Unterstellung?]

Ich fand, bei den Vorschlägen war nicht herauszuhören, was das Neue an der Haltung der CDU ist, außer dass Sie den Antrag gut finden, sich aber trotzdem enthalten wollen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Sie hätten ja einen Änderungsantrag einbringen können. Das haben Sie leider nicht getan. Darüber hätten wir dann diskutieren können.

Ich möchte erst mal vorwegschicken: Wir reden hier über ein Thema, das gerade die Stadt bewegt. Mehr als 9 Millionen Menschen im Jahr nutzen gegenwärtig die Berliner öffentlichen Bibliotheken. Wir haben 81 Standorte. Wir haben rund 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Menschen beraten, für sie oder mit ihnen Veranstaltungen durchführen, sich um den Bestand an den unterschiedlichsten Medien kümmern, und diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hochqualifiziert, sehr motiviert, und sie wollen nicht in Altem verharren. Sie wollen, dass die Bibliotheken leben, und leben bedeu

tet auch Veränderung. Ich habe im letzten Dreivierteljahr mit vielen von ihnen reden können und möchte mich bei ihnen bedanken, dass sie für diese gemeinsamen Gespräche zur Verfügung standen. Ich habe ihnen zugehört und nicht zuletzt auch den Anzuhörenden im Kulturausschuss.

Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben gerne mit ihrem Beruf, der für viele eine Berufung ist, und sie sehen Chancen, aber auch Hemmnisse für eine Entwicklung der Bibliotheken in unserer Stadt. Als Hemmnisse wurden neben der Kosten- und Leistungsrechnung unter anderem die Verteilung der Globalsummen in den Bezirken, die Informations- und Kommunikationsstruktur in der Berliner Verwaltung und die föderalen Verwaltungsstrukturen im Gegensatz zu den einheitlichen Angeboten bzw. einheitlichen Standards im VÖBB genannt. Als Chancen sehen sie vieles, unter anderem eine Rückbesinnung auf den Gründungsgedanken von Bibliotheken wie beispielsweise Lankes ihn benennt. Er schrieb in seinem Buch „Erwarten Sie mehr“ – würde ich übrigens allen empfehlen, mal zu lesen –: Öffentliche Bibliotheken sollen die Gesellschaft durch die Generierung und Verbreitung von Wissen verbessern. Sie sind ein Ort der Gemeinschaft und stärken die Demokratie durch Teilhabe von aufgeklärten und informierten Bürgerinnen.

Volker Heller von der ZLB und Danilo Vetter, Leiter der öffentlichen Bibliothek in Pankow, wollen die öffentlichen Bibliotheken zu Orten entwickeln, die nicht mehr länger nur ein Tempel der Informationen und des Wissens sein sollen, sondern zugleich auch eine Plattform für Wissensakteure, die ihr Wissen mit anderen teilen. Und sie formulieren Erwartungen an die Bibliotheksentwicklungsplanung, folgendermaßen: Sie soll die Potenziale der Bibliotheken aus den Säulen des Verwaltungsdenkens herausholen und als Querschnittspotenzial für die Stadt aktivieren. Der VÖBB soll durch sie zu schnellerem, flexiblerem Handeln und verbindlichen Entscheidungen befähigt werden. Und sie erwarten eine Lösung vom Berliner Landesnetz und ITDZ und die Berücksichtigung des dringend notwendigen Neubaus der ZLB. – Dazu wurde eben schon was gesagt, und dazu liegt zumindest eine Standortentscheidung vor. Über den Rest müssen wir dann auch im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen verhandeln.

Unsere Zielstellungen, die R2G mit dem vorliegenden Antrag verfolgen, sind, auf der Basis eines aktuellen Bibliothekskonzeptes das Bibliotheksnetz zu sichern, den Bedürfnissen der wachsenden Stadt anzupassen, es auszubauen und gesetzliche Regelung für die Bibliothekslandschaft Berlins anzustreben. Was daran jetzt das Delegieren von Verantwortung ist oder keine konkrete Zielstellung, werter Kollege von der CDU, das verstehe ich nicht. Im Antrag ist genau definiert, was wir von einem solchen Konzept erwarten und wen wir in die Entscheidung, die hier zu treffen sind, einbinden wollen. Ich denke, wir sollten gemeinsam daran mitwirken, dass dieses

(Dr. Robbin Juhnke)

Konzept nicht nur erarbeitet, sondern dann auch umgesetzt wird.

Zum Schluss sei mir noch ein Werbeblock gestattet: Der Verbund öffentlicher Bibliotheken – der zwölf Berliner Bezirksbibliotheken und der Zentralen Landesbibliothek, also, kurz der VÖBB – feiert am kommenden Wochenende seinen 20. Geburtstag mit dem 1. Berliner Bibliotheksfestival. Gestern ist die „Next Library“ eröffnet worden. Ein Wochenende lang gibt es dann auch für die Berlinerinnen und Berliner rund um die Amerika-Gedenkbibliothek Workshops, Musik, Lesungen, vieles mehr. Falls mich jetzt Berlinerinnen und Berliner hören sollten: Gehen Sie hin – ich möchte Sie dazu aufrufen! Nehmen Sie Ihre Freunde mit, nehmen Sie Ihre Kinder mit! Für alle wird etwas angeboten. Und auch da können Sie durchaus schon Partizipation üben. – Vielleicht gehen Sie ja auch mit hin, Herr Kollege, und dann können Sie da schon eine ganze Menge mitnehmen!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Dr. Neuendorf das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Antrag steht: Der Senat wird aufgefordert, eine Kommission einzurichten, um das Bibliothekskonzept zu erarbeiten. Dagegen lässt sich eigentlich gar nichts einwenden. Ich brauche sicherlich nicht groß auszuführen, wie wichtig gerade heute Bibliotheken sind – für Bildung, kulturelles Erbe, Wissenschaft und Freizeitgestaltung, und das in einer sich rasch wandelnden Medienwelt mit vielen Anforderungen, auch an die technische Ausstattung. Nicht zuletzt ist es das Berufsbild des Bibliothekars, das immer vielfältiger und anspruchsvoller wird. Dem muss in Zukunft stärker Rechnung getragen werden. Doch dieser Antrag drückt praktisch nur eine Absicht aus, nicht mehr und nicht weniger. Die im Antrag aufgeführten Punkte sind ohne Frage Aufgabenstellungen, doch wo ist dabei der Inhalt? Sie liefern keine Ideen, sondern einen Knochen ohne Fleisch.

[Regina Kittler (LINKE): Da bin ich ja jetzt auf Ihre Ideen gespannt!]

Ein gutes Bibliothekskonzept könnte die Frage nach der Notwendigkeit eines Landesbibliotheksgesetzes eigentlich erledigen.

[Regina Kittler (LINKE): Wer sagt denn das?]

Ihre Forderung aber zielt auf ein konzeptloses Konzept. Und Standards nur um der Standards willen einzuführen, bringt keinen Mehrwert. Wir brauchen klare Größen und konkrete Zahlen; die lassen Sie aber aus. Ohne Frage gibt

es Dinge in der Berliner Bibliothekslandschaft, bei denen Handlungsbedarf besteht. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bezirken sind groß. Nicht überall ist die Zusammenarbeit mit den Schulen optimal. Gerade bei den Defiziten, die in vielen Berliner Schulen eklatant sind, kommt den Bibliotheken eine wichtige Rolle zu.

In dem Antrag steht, dass Sie perspektivisch die personellen, finanziellen und technischen Ausstattungsmerkmale und Standards im Blick haben. So groß und so wichtig gerade dieser Komplex ist, es fehlen klare Aussagen zum Beispiel zum Bibliothekspersonal oder zum Bestandsaufbau. Sie haben vorhin viel über Partizipation gesprochen. Ich muss aber hier sagen: Wo sind da die Bibliothekare? Von denen habe ich gar nichts gehört.

[Regina Kittler (LINKE): Vielleicht in den Bibliotheken? Kann das sein?]

Das sind die Experten; auf deren Wissen müsste viel mehr zurückgegriffen werden, und die werden von Ihnen hier einfach unter den Tisch fallengelassen. Nicht die Aufreihung von Absichtserklärungen und organisatorischer Vorhaben ist aus Sicht der AfD wichtig, sondern klare Aussagen zur Verbesserung der finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen. – Danke!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Bangert das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass hier etliche im Haus nicht so richtig kapiert haben, was ein Bibliothekentwicklungsplan ist und was wir mit dem Antrag bezwecken. Denn der eigentliche Skandal ist, dass es seit Mitte der Neunzigerjahre in Berlin keine Bibliothekentwicklungsplanung mehr gegeben hat. Sämtliche Vorgängerregierungen haben es verpennt, und insofern ist natürlich klar, dass da eine große Unwissenheit ist, wie so ein Konzept überhaupt aussieht.

Schön ist, dass wir den Antrag, den wir vor drei Monaten in das Plenum eingebracht haben, jetzt in den Fachausschüssen beraten haben und heute verabschieden, denn eine landesweite Strategie für die Entwicklung und die Arbeit der Bibliotheken ist dringend notwendig. Wir haben dafür bereits die finanziellen Voraussetzungen im aktuellen Haushalt geschaffen. Was nun folgen muss, ist die konkrete Umsetzung. Die Inhalte und die Rahmenbedingungen haben wir in dem vorliegenden Antrag formuliert, und ich verstehe gar nicht, warum Sie nicht in der Lage sind, einen Antrag zu lesen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

(Regina Kittler)

Ich habe es schon letztes Mal bei der Einbringung nicht verstanden; ich verstehe es immer noch nicht – vielleicht können Sie es mir ja mal erklären.

Unser Anspruch ist auch, dass die Koalition die Entwicklung des Konzepts begleiten wird, denn die Koalition hat als wirklich hohes, zentrales kulturpolitisches Anliegen die Bibliotheken im Koalitionsvertrag verankert. Sie sind die wichtigsten Bildungs- und Kultureinrichtungen, auch die meistbesuchten, die wir in Berlin haben.

Der Antrag sieht vor, dass der Senat nun eine Kommission einrichtet. Das war auch klar und deutlich definiert, und genau in dieser Kommission wollen wir die Expertinnen und Experten, die Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die Expertinnen und Experten auf anderen Ebenen haben, damit sie gemeinsam einen Bibliotheksentwicklungsplan erarbeiten. Wir maßen uns nicht an, da Vorgaben zu machen. Wir haben die Rahmenbedingungen gesetzt, und dann werden wir sehen, was diese Expertinnen und Experten sagen. Dann müssen wir auch schauen, ob der Medienetat ordentlich ausgestattet ist, und dann die Konsequenzen ziehen. Es ist aber noch zu früh; wir brauchen erst eine Planung.

Zwingend notwendig ist dabei auch, dass die Kooperation unter den Einrichtungen und deren Zuständigkeit gemeinsam untersucht wird, um diese dann weiterzuentwickeln. Der für Bibliotheken dringend notwendige Dreiklang aus Räumen, Personal und Medienetat – was heute auch digitaler Medienetat und Infrastruktur bedeutet – muss den Bibliotheken gesichert werden, und zwar dauerhaft und nachhaltig. Das ist auch unser Anspruch.

Die künftige Rolle der Zentral- und Landesbibliothek muss definiert, ihr Profil zwischen Wissenschaft und Allgemeinbildung geschärft werden, und es muss geklärt werden, wie sie in Zukunft im Verbund mit den Bezirksbibliotheken das Angebot ergänzt und erweitert. Die Standortentscheidung ist gefallen, die Planungen für einen Neubau werden nun folgen. Dafür ist eine gute Kooperation notwendig, ebenso eine Teilung der Aufgaben und Ressourcen, aber auch die Definition einer gemeinsamen Vision.

Unsere Koalition hat die Lehren aus dem gescheiterten ZLB-Neubau gezogen. Wir wissen, wie wichtig es ist, ein gemeinsames, fundiertes Konzept zu erstellen, bevor man zu bauen anfängt. Das werden wir tun. Wir werden das Konzept jetzt auf den Weg bringen, und ich freue mich, wenn es von einer möglichst breiten Mehrheit in diesem Parlament getragen wird. – Vielen Dank!