Protocol of the Session on June 14, 2018

Zuruf von der AfD: Kössler!]

Ich möchte noch einmal zum Anfang meiner Rede kommen. Das Problem ist der Verpackungswahn in unserer Gesellschaft. Wir müssen an die Wurzel des Problems gehen. Allein in Berlin sind das 90 000 Tonnen Verpackungsmüll in einem Jahr. Global sind es 6 Milliarden Tonnen, von denen übrigens nur 10 Prozent wiederverwertet oder verbrannt werden. Der Rest landet in der Umwelt, in Parks, im Meer. 2050 werden wir wahrscheinlich mehr Plastikmüll in der Stadt haben, als Fischmenge in den Meeren schwimmt.

[Unruhe]

Vielleicht ist das manchen Leuten, oder ganz sicher ist es manchen Leuten hier auf der rechten Seite egal, was mit der globalen Umwelt ist, was mit dem Rest der Welt passiert.

[Zuruf von Dr. Michael Efler (LINKE): Könnten die Gespräche da hinten mal nach draußen verlegt werden?]

Aber jetzt sehen Sie den Plastikmüll endlich mal vor der eigenen Haustür. Ja, wir müssen lokal handeln, aber wir müssen auch global denken dabei. Nächstes Jahr zur EUWahl geht es auch um eine europäische Plastiksteuer, und

ich sage ganz klar: Wenn die nicht kommt, dann müssen wir uns auch in Berlin überlegen, ob wir eine Umweltabgabe z. B. auf Einwegkaffeebecher machen müssen.

[Lachen bei der AfD]

Müll aufräumen ist gut, Müll vermeiden ist besser. – In diesem Sinne, vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Bevor der Kollege Henner Schmidt für die FDP das Wort hat, darf ich darauf hinweisen, dass vielleicht die Dienstbesprechungen mit den Mitarbeitern der Fraktionen doch im hinteren Teil des Plenarsaals oder noch besser draußen stattfinden. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Jetzt hat der Kollege Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in der vorletzten Plenumssitzung eine ganze Aktuelle Stunde zum Thema Vermüllung der Stadt gehabt, und dabei wurden auch viele Argumente und Beispiele ausgetauscht. Es gab durchaus einen Konsens hier im Hause, dass unsere Stadt zu stark versifft, verdreckt, vermüllt ist und man dringend etwas dagegen tun muss. Jetzt, vier Wochen nach dieser Debatte, kommt die Koalition mit so einem Schnulliantrag daher,

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Daniel Buchholz (SPD): Was? Hallo, hallo!]

über den Sie auch noch dick und fett „Aktionsprogramm“ geschrieben haben. Angesichts der Substanzlosigkeit dieses Antrages löst das bei mir echte Fremdschämeffekte aus.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP und der AfD – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

In der Aktuellen Stunde wurde auch gerade von der Koalition betont, wie wichtig eine saubere Stadt ist. Der Kollege Kössler hat damals zu Recht gesagt, dass eine saubere Stadt auch eine Frage der Gerechtigkeit ist. Aber daraus wurden im Antrag offensichtlich keine Konsequenzen gezogen.

Wir haben auch gemeinsam – auch das hat eben der Kollege Kössler gesagt – abstrakte Ziele in diesem Haus definiert: Zero-Waste, geschlossene Kreislaufwirtschaft, großartige strategische Aufforderungen an den Senat, eben auch noch die Debatte über das gesamte Wirtschaftssystem. Aber dann kommt nichts Konkretes in dem Antrag, wie denn die Koalition das Problem des illegalen Sperrmülls, des achtlosen Wegwerfens, der

(Georg Kössler)

Kaugummis, des Hundedrecks nun angehen will. Es gibt natürlich massenhaft Großstädte in aller Welt, die das locker schaffen, nur Berlin irgendwie nicht. Das liegt nicht an den Ordnungsamtsmitarbeitern oder an der BSR, die sich anstrengen wie sie nur irgend können, das liegt an diesem Senat.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wenn Sie, Frau Dr. West, nach Wien gereist sind und sich das angeguckt haben, dann frage ich mich, was denn von den Erkenntnissen, die Sie da gewonnen haben, in diesem Antrag umgesetzt worden ist. Stattdessen kommt die rot-rot-grüne Koalition mit dem, was sie immer vorschlägt bei fast jedem Problem, noch eine Öffentlichkeitskampagne, so, als würden wir nicht jetzt schon im Abfallbereich Millionensummen für Belehrungsprogramme zum Müllsortieren und zur Müllvermeidung ausgeben. Die einzige Branche, die Sie damit zum Blühen bringen, sind die Werbeagenturen.

[Daniel Buchholz (SPD): Was schlagen Sie denn vor?]

Übrigens, wenn ab 2021 andere Leute regieren sollten, würde ich dringend empfehlen, die Effektivität dieser Öffentlichkeitskampagnen für X Millionen zu überprüfen und vielleicht auch mal genauer zu schauen, wo denn die vielen Millionen hingeflossen sind.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Sie – Sie, der Senat, die senatstragende Koalition – sollen die Leute nicht immer weiter belehren und bespaßen. Sie sollen endlich mal konkrete Maßnahmen umsetzen.

[Bravo! von der FDP – Stefan Evers (CDU): So ist es!]

Die Parks sind vermüllt. Auf den Gehwegen liegt alles Mögliche herum, und in so manchen Straßen stapelt sich der illegal abgelagerte Sperrmüll. Es gibt also genug zu tun. – Dann schauen wir auf das, wie Frau Platta es genannt hat, die präzisen Aufgabenstellungen des Antrages. Sie wollen also mit Ihrem Antrag die Recyclinghöfe länger öffnen. Angesichts der vielen Einschränkungen, die Sie dann dahinter schreiben, bin ich mir gar nicht so sicher, ob Sie das so ernst meinen, aber das Ziel ist erst mal gut. Jetzt ist die Frage: Wie kommt denn jemand zum Recyclinghof, insbesondere, wenn man nach Ihren Vorgaben möglichst nicht mehr Auto fahren soll in der Stadt? Wer fährt denn mit seinem alten Fernseher unter dem Arm mit dem Bus zum Recyclinghof?

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Georg Pazderski (AfD): Lastenfahrräder!]

Haben Sie schon mal auf die Karte geschaut, wie denn die Anbindung der Recyclinghöfe an den ÖPNV aussieht? Allein diese Anbindung zu verbessern, wäre schon mal was Konkretes, was man umsetzen könnte.

Zum Problem Sperrmüll: Es gibt von vielen Kollegen im Hause Anfragen, Lösungsvorschläge, öffentliche Ratschläge zum Thema Sperrmüll, auch von Abgeordneten der Koalition. Z. B. ist mir der Kollege Langenbrinck da besonders aufgefallen. Also vielen Dank auch für die Initiativen! Da liegen also zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, die man jetzt auch umsetzen könnte, und das, was Sie in Ihrem Antrag dann zum Sperrmüll zusammenbekommen, ist, und jetzt zitiere ich aus dem Antrag, dass man „innovative Möglichkeiten überprüfen“ möge.

[Zurufe von Paul Fresdorf (FDP)]

Noch klarer kann man wirklich nicht belegen, dass die Koalition davor zurückscheut, sich auf Maßnahmen zu einigen und diese dann auch wirklich umzusetzen.

[Beifall bei der FDP]

Es muss auch gar nicht so arg innovativ sein. Man könnte z. B. den Sperrmülltarif für die Hausabholung auf null senken, dann wäre das Geld deutlich besser ausgegeben, als für noch eine sinnlose Öffentlichkeitskampagne.

[Beifall bei der FDP – Sebastian Czaja (FDP): Jawohl! – Heiterkeit bei Paul Fresdorf (FDP)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Daniel Buchholz?

Ja, gerne!

Werter Kollege! Vielen Dank für die Möglichkeit zur Zwischenfrage. – Verzeihen Sie mir, aber da Sie jetzt hier diesen besserwisserischen Ansatz der FDP so totreiten,

[Paul Fresdorf (FDP): Macht sonst er immer!]

mal die Frage: Ist Ihnen oder Ihrer Fraktion denn aufgefallen, dass Rot-Rot-Grün für die Haushaltsjahre 2018 bis 2019 zusätzlich 35 Millionen Euro für mehr Stadtsauberkeit zur Verfügung stellt, nämlich für mehr als 100 Ordnungsamtmitarbeiter, für die zusätzliche Parkreinigung durch die BSR, 1 Million Euro von den 35 Millionen Euro für eine Öffentlichkeitskampagne und lokale Initiativen? Sind das für Sie nur Ankündigungen oder nicht ganz konkrete Maßnahmen?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Bei den Mitarbeitern und der Parkreinigung war es erst mal sinnvoll, die Mittel zu erhöhen.

[Daniel Buchholz (SPD): Eine Million von 35!]

Das ist eine konkrete Maßnahme. Ich rede aber jetzt über diesen Antrag. Übrigens, bei der Parkreinigung ist darauf hinzuweisen: Das ist nicht nur so, weil die BSR das macht, sondern weil mehr Geld da ist und das dadurch auch besser wird. Aber trotzdem gibt es natürlich viel zu tun, und das Sperrmüllproblem ist bis jetzt nicht gelöst, und ein Teil der Mittel, die Sie bereitstellen, ist genau für diese Öffentlichkeitskampagnen, die ich getadelt habe.

[Beifall bei der FDP – Daniel Buchholz (SPD): Aber was habt ihr euch da vorgestellt?]

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Woldeit?

Ja, gerne!

Vielen Dank, Herr Kollege! – Ging es Ihnen vielleicht auch so? Ich spreche von der Antragsbegründung, dass sie mitunter schwer lesbar war, weil mitunter von Berlinerinnen und Berlinern gesprochen wurde, Touristinnen und Touristen, teilweise aber Tourist mit Sonderzeichen. Ich hielt das für schwer lesbar, nicht im Rahmen der deutschen Amtssprache. Ging es Ihnen auch so?