Und auch, wie Sie reagieren, ist falsch. Mit der KitaTaskforce will der Senat jetzt überbelegte Kitagruppen schaffen. Die Überbelegung führt zu einer Verschlechterung des pädagogischen Angebots. Mit der derzeitigen Personallage können qualifizierte pädagogische Angebote kaum noch durchgeführt werden. Künftig werden unsere Kinder nur noch verwahrt und nicht mehr hinreichend gefördert. Das ist nicht akzeptabel. Eine Kita ist keine Verwahranstalt, sondern eine Einrichtung zur frühkindlichen Bildung.
Gerade die frühe Prägung ist entscheidend für die Entwicklung. In den frühen Jahren werden die Grundlagen für einen erfolgreichen Bildungsweg gelegt. Der Senat versagt darin, die nötigen Voraussetzungen für die Elementarpädagogik zu schaffen. Damit züchtet sich der Senat die Sozialfälle von morgen heran. Das ist der ewige Kreislauf einer SPD-Betreuungsdiktatur, Frau Scheeres!
Die politische Linke will den abhängigen Bürger. Wir wollen den autonomen und mündigen Bürger, das ist der Unterschied!
Die politische Linke sieht in der Pädagogik ein Instrument der Bevormundung. Wir sehen in der Bildung den Weg zur Menschwerdung, das ist der Unterschied.
[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Büttenrede! – Regina Kittler (LINKE): Ha, ha! – Weitere Zurufe von der LINKEN]
Anstatt darüber nachzudenken, wie Sie Kitakinder ideologisch beeinflussen können, sollten Sie einfach darüber nachdenken, wie man genügend Kitaplätze schaffen kann. Wir brauchen Pragmatismus statt Ideologie.
Die politische Linke blendet die Berliner laufend mit Versprechen, ist aber unfähig diese Versprechen in der Praxis zu halten.
Auch bei den Kitaplätzen erleben wir diese typische sozialistische Versprechenspolitik, eine Politik der Utopien. Ein Schloss in den Wolken ersetzt eben nicht das Kitagebäude am Boden, Frau Scheeres.
Im Koalitionsvertrag wurde 2016 ein besserer Personalschlüssel für die Kitas beschlossen. Fakt ist, Sie schaffen es nicht einmal, den jetzigen Personalschlüssel zu erfüllen.
Berlin hat im Bundesvergleich einen besonders schlechten Personalschlüssel im Krippenbereich, 1 : 6,6. Die Zahl von über sechs Kindern pro Erzieher ist aber auch nur eine rechnerische Größe. Ein Teil der Arbeitszeit entfällt auf die mittelbare pädagogische Tätigkeit: Verwaltung, Teambesprechungen, Elterngespräche, Vor- und Nachbereitung. So bleiben von einer vollen Stelle nur 30 Stunden für die Zeit am Kind. Dazu kommen Urlaubs- und Krankheitszeiten. Letztlich bedeutet dies: In Berlin betreut ein Erzieher acht bis zehn Krippenkinder. Bundesweit wieder einmal Negativrekord, Frau Scheeres!
Deshalb fordert die AfD als Sofortmaßnahmen zu der vom Senat nicht bewältigten Kitakrise eine Entbürokratisierung und schnellere Genehmigungsverfahren beim Kitaneubau unter Nutzung von Landesflächen.
Wer immer wieder Platz für Flüchtlingsunterkünfte aus dem Boden stampft, wird auch geeignete Flächen und ausreichend Geld für unsere Kinder finden.
Genehmigungen neuer Großwohnsiedlungen ohne ausreichende Planung von entsprechenden Kitas und Schulen haben zu unterbleiben. Um den Erzieherberuf attraktiver zu machen und Jugendliche für diesen Beruf zu begeistern, muss an grundlegenden Stellschrauben gedreht werden. Wir fordern eine angemessene und durchgehende Vergütung der Ausbildung zum Erzieher. Wir fordern die Anpassung der Erziehergehälter auf das höhere Niveau anderer Bundesländer. Wir fordern die Befreiung der Erzieher von nichtpädagogischen Aufgaben durch Abbau von Bürokratie und Einstellung von Verwaltungskräften in Vollzeit. Erzieher lieben die Arbeit mit Kindern. Wären sie Statistik- oder Verwaltungsfans, hätten sie andere Berufe gewählt. Durch deutlich bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen können Erzieher sicher dazu bewegt werden, ihre Stundenzahl zu erhöhen, wenn sie Teilzeit arbeiten oder besser noch von Teilzeit auf Vollzeit wechseln.
Wir fordern den Ausbau und die bessere Unterstützung von Tagespflegestellen. Hier wird bereits Großartiges geleistet, aber es liegt noch mehr Potenzial bereit. In der Kindertagespflege haben wir kleine, fast familiäre Gruppen betreuter Kinder und hoch motivierter Tagesmütter. Die fühlen sich aber oft alleingelassen bei der Suche nach geeigneten Gewerberäumen und dem sicheren Bestand ihrer Mietverträge. Hier ist der Senat gefordert, Hilfe zu leisten, um diese wichtige Säule der Betreuung und frühkindlichen Bildung zu unterstützen.
Meine Tochter ist fünf Monate alt und eigentlich gibt es das unausgesprochene Gesetz, dass man mit einem Geschwisterkind einen Platz bekommt. So wurde es mir während der Schwangerschaft gesagt – deshalb habe ich mich nicht gekümmert. Jetzt sind zwei Erzieherinnen schwanger, es gibt keinen Ersatz, und es steht auf der Kippe, ob sie den Platz bekommt. Meine Elternzeit ist nicht so entspannt, wie sie sein sollte, weil die Sorgen immer im Hinterkopf sind. Ich frage mich schon, ob ich das Land Berlin verklagen soll.
Derartigen Aussagen und Klagen möchten wir in Zukunft in Berlin nicht mehr begegnen müssen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Man kann es gar nicht oft genug sagen, denn es war tatsächlich ein Novum. Am vergangenen Samstag demonstrierten um die dreieinhalbtausend Eltern für gute Kitaplätze und eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Sie forderten aber vor allem, endlich von der Politik gehört zu werden. Die Eltern, das sind die, die verzweifelt einen Platz suchen, aber auch jene, deren Kinder bereits versorgt sind. Beide Elterngruppen treibt dieselbe Sorge um. Was hier als Kitakrise beschrieben worden ist, das sind vor allem die Notlagen in den betroffenen Familien, die sich in echten Krisen befinden, weil ohne Kitaplatz das familiäre Einkommen fehlt, berufliches Vorwärtskommen, insbesondere der Mütter, infrage gestellt ist und die Bildungschancen der Kinder betroffen sind. Darauf aufmerksam zu machen, ist den Aktivisten eindrucksvoll gelungen. Wir als Linke danken für dieses Engagement und den Weckruf an alle in der Politik. Wir hoffen, dass dieser Weckruf endlich auch bis in die letzten Amtsstuben vorgedrungen ist.
Viel zu lange hat der Kitaausbau in der Stadt auf dem Rücken der Erzieherinnen und Erzieher in den Berliner Kitas stattgefunden. Das stößt jetzt an seine Grenzen. Für die lange erduldete Situation großer Dank an die pädagogischen Fachkräfte, die im Interesse der ihnen anvertrauten Jüngsten so lange ausgehalten haben!
Ihre Geduld ist viel zu lange fälschlicherweise als Zeichen gedeutet worden, dass alles noch halbwegs in Ordnung ist. Das ist aber vorbei. Der Mangel an Kitaplätzen ist Fakt. Die Zahl der genehmigten Plätze ist fast identisch mit der Zahl der ausgegebenen Kitagutscheine, und wer glaubt, dass sich die Lage entspannt, weil bald die großen Kitakinder in die Schule wechseln, der irrt sich. Es wird schon knapp, die Geschwisterkinder zu versorgen. Angebot und Nachfrage stehen in einem deutlichen Missverhältnis. Die Zahlen kann man nachlesen. Das ist bekannt.
Aber es ist auch schwer, den wirklichen Fehlbedarf zu beziffern. Die vielen Wartelisten in Kitas, bei Trägern und in den Jugendämtern, das Auseinanderklaffen von zugesagten Plätzen, die nur noch nicht vertraglich gebunden sind, und den tatsächlich noch Suchenden sowie die noch ungewisse Zahl der Rückstellungen machen es schwer, den Überblick zu behalten. Auch das ist ein Teil des Problems. Das Land hat enorme Anstrengungen zum Kitaausbau unternommen – auch mit Hilfe des Bundes. 170 000 Plätze sind derzeit belegt, doch eine erhebliche Zahl von neu geschaffenen Plätzen kann wegen des Erziehermangels nicht belegt werden. Das behindert – neben den fehlenden Flächen – auch den nötigen weiteren
quantitativen Kitaausbau. Der Fachkräftemangel ist in vielerlei Hinsicht zum Risiko geworden. Gerichte entscheiden leider, was die Politik nicht zu regeln vermag. Die wachsende Klagebereitschaft der Eltern ist Ausdruck der Verzweiflung, und was zunächst als Ärgernis daherkommt, hilft doch auch. Es hilft, Prioritäten zu setzen – auch für die Eltern, die nicht so fit sind und gleich zum Anwalt gehen. Das sind vor allem die, die wir unbedingt erreichen wollen, um der Armut zu begegnen, Benachteiligungen abzuwenden und Chancengleichheit herzustellen, auch wenn es um Integration und Inklusion geht.
Mit dem Kitaausbau wurde daher parallel alles unternommen, um den Zugang zu Kita und Tagespflege zu erleichtern. Wir haben den Rechtsanspruch ausgebaut, und die Kita ist bald beitragsfrei. Die jüngste Kitastudie belegt, dass Berliner Eltern bundesweit die geringste Belastung aus Kitabeiträgen haben. Wir haben auch erheblich in die Qualität investiert, weil der Kitaausbau nur Sinn hat, wenn es gute Kitaplätze sind. Die ErzieherKind-Relation wurde verbessert, die Leitungsfreistellung ausgebaut, die Rahmenverhandlung Tagesbetreuung wurde Ende Dezember abgeschlossen, und es passiert der Einstieg in den Ausstieg aus dem Eigenanteil.
Das wird in der Kitalandschaft auch durchaus honoriert, aber so richtig feiern können wir das alles nicht. Das Problem ist eigentlich ein schönes: Wachsende Geburtenzahlen, Zuzug, und die Kita wird in Berlin anerkannt und akzeptiert – zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und als Bildungseinrichtung! Die Nachfrage steigt, doch der Ausbau stockt, weil die pädagogischen Fachkräfte fehlen. Dabei wurden die Ausbildungskapazitäten fast verdoppelt und das Schulgeld abgeschafft.
[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) und Iris Spranger (SPD)]
Mit der Forcierung des Quereinstiegs wurden bereits Einschnitte ermöglicht, die uns nicht leicht gefallen sind. Aber sie waren richtig und wichtig. Die Arbeiterwohlfahrt hat in einem Positionspapier geschrieben: Nicht für 170 000 Kinder die Qualität dauerhaft verschlechtern, um 3 000 Kinder zusätzlich zu versorgen! – Das klingt hart, ist aber richtig. Die Frage muss daher lauten: Wie kriegen wir die 3 000 und weitere Kinder betreut, ohne an der Qualität zu drehen? – Gemeinsam statt einsam, das ist unser Plan. Schluss mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen! Alle Vorschläge sollen auf den Tisch. Wir brauchen vor allem kurzfristige Lösungen. Schnell realisierbar wäre es z. B., die Tagespflege auszubauen. Ausgebildete Tagespflegemütter und -väter stehen bereit und könnten sofort loslegen, wenn es denn die entsprechenden Räume gäbe. Da müssen wir gemeinsam mit den Wohnungsbaugesellschaften und auch privaten Bauinvestoren Wege finden. Das gehört u. a. ganz oben auf den Zettel.
Aber das zentrale, das gravierendste Problem bei der Sicherung des Personalbestandes und der Gewinnung von Nachwuchs ist und bleibt einfach die schlechte Bezahlung. Das haben zum Glück alle schon gemerkt. Dazu die geringe gesellschaftliche Anerkennung und der Mangel an beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, die im Missverhältnis stehen zu hoher, auch körperlicher Belastung, wachsenden Anforderungen und Erwartungen und größerer Verantwortung! Die Aufgaben einer Erzieherin haben sich deutlich gewandelt. Kita ist frühkindliche Bildung, Inklusion, Integration, Elternarbeit, Sprachförderung und Vernetzung im Sozialraum, doch die tarifliche Eingruppierung und Bezahlung entspricht dem in keinster Weise. Die Schere zur Bezahlung in anderen pädagogischen Berufen hat sich wieder geweitet – z. B. an der Schule. Eine Erzieherin im Ganztag verdient mittlerweile nicht einmal die Hälfte dessen, was eine Lehrer oder eine Lehrerin als Berufseinstieg verdient. Kollegin Kühnemann hat schon darauf hingewiesen. Wie soll da u. a. eine Arbeit auf Augenhöhe gelingen?
Nicht zu vergessen: Bei allen Bemühungen, mehr Männer für den Beruf zu gewinnen, ist der Erzieherberuf ein Frauenberuf. Bei der gegenwärtigen Bezahlung in Kita und Hort wissen wir alle, was das nach 40 oder mehr Arbeitsjahren an Rente bringt. Das ist wahrlich nicht attraktiv.