Protocol of the Session on May 31, 2018

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir können auch nicht der katholischen Kirche sagen: Wir sind der Meinung, Gott ist eine Frau. – Mir würde

(Martin Trefzer)

das vielleicht gefallen, aber da ist einfach die Bekenntnisgebundenheit vorne vor.

Nun zur AfD: Was hier erzählt worden ist, ist wirklich ziemlicher Blödsinn. Erstens stimmen die Rechnungen nicht.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD) und Franziska Brychcy (LINKE)]

Was Sie hier aus dem Munsonius-Papier interpretieren, das ist wirklich erstaunlich. Da sieht man, was Textexegese bedeuten kann, was man damit anfangen kann. Das ist ein zentrales Thema der Theologie, sich mit Texten auseinanderzusetzen. Allerdings sollten diese Thesen schon irgendwie an den Texten belegbar sein. Das kann ich hier bei Ihrer Interpretation dieses Papiers überhaupt nicht sagen.

Es handelt sich nicht um ein vom Senat handverlesenes Gremium, sondern es wurden relevante Verbände eingeladen, genauso, wie der Wissenschaftsrat es fordert. Einige haben sich für Mitwirkung entschieden, andere nicht. Damit ist dieser Beirat etwas kleiner, aber selbstverständlich ist hier gewahrt, dass die Humboldt-Universität verfassungskonform agiert. Wenn Sie hier übrigens angreifen, dann ist es vor allem die Humboldt-Universität, dann ist es Herr Borgolte, den Sie angreifen, denn Sie unterstellen ihnen, irgendwie nicht verfassungskonform zu agieren. Das weisen wir vehement zurück!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es ist kein handverlesenes Gremium – –

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin gleich am Ende meiner Ausführungen. – Und wenn die CDU sagt, Sie möchte, dass Einzelpersonen berufen werden, dann ist das eben auch nicht wissenschaftsratskonform, sondern es geht darum, relevante Religionsgemeinschaften oder Verbände, die eine relevante Anzahl von Muslimen repräsentieren, mit an den Tisch zu holen, um die Repräsentanz und Akzeptanz dieses Instituts sicherzustellen. Ich glaube, der Weg der Humboldt-Uni ist richtig und ausgewogen. Die Wissenschaftsfreiheit ist ebenso wie die Qualität und die Rechte der Religionsgemeinschaften gesichert. Deshalb bitte ich Sie: Lehnen Sie die Anträge jetzt und hier ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Beifall von Bettina Jarasch (GRÜNE)]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Dregger das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator! Ihre bisherigen Aktivitäten zur Errichtung eines Instituts für Islamische Theologie sind ein Beispiel völligen Versagens.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Sie haben es fertiggebracht, ein Hochschulinstitut für Islamische Theologie auf den Weg zu bringen, in dem eine verschwindend geringe Minderheit traditionell konservativer Islamverbände ohne Vertretungsmacht für die über 300 000 gläubigen Muslime in Berlin wesentlichen Einfluss auf die Inhalte des Hochschulinstituts nimmt, als da wären: die Einrichtung von Studiengängen, die Inhalte der Studien- und Prüfungsordnungen, die Berufungen auf Professuren, die Einstellung von wissenschaftlichem Personal und auch die Beanstandung der Lehrtätigkeit eines Professors oder einer Professorin. Ich frage Sie: Warum soll das Land Berlin überhaupt in die Errichtung eines derartigen Hochschulinstituts investieren? Warum akzeptieren wir dann nicht weiterhin, dass ausländische Regierungen die Inhalte des in Berlin verbreiteten Islam bestimmen? Dass nicht wenige in Berlin tätige Imame aus dem Ausland kommen, die nicht in unserem Land und seinen Werten sozialisiert sind und in vielen Fällen auch nicht unsere Sprache sprechen? Das ist kein Vorwurf an die Islamverbände. Denn wir müssen eines anerkennen: Die bisherige Tätigkeit der Islamverbände hat für viele Menschen in unserer Stadt die Religionsausübung erst ermöglicht, weil es kein Alternativangebot war. Damit es ein Alternativangebot gibt, wollen wir investieren. Aber dann wollen wir auch etwas erreichen.

Sehr geehrter Herr Müller! Wenn wir erkennen, dass der Islam in Deutschland existiert, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass er zu Deutschland gehören kann. Daran hat Deutschland ein Interesse. Es hat das Interesse, die Religion einer wachsenden Minderheit in seine Verfassungs- und Werteordnung zu integrieren. Ich habe den Eindruck, dass Sie diese Notwendigkeit bisher nicht erkannt haben. Sie verkennen dabei, dass auch die christlichen Kirchen eine mitunter schmerzhafte Entwicklung nehmen mussten in unserer Geschichte, um in ihrer heutigen Rolle in einem freiheitlich-demokratischen Rechtstaat anzukommen.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Niemand kann den muslimischen Strömungen in Deutschland vorwerfen, dass sie nicht in den Genuss der kulturgeschichtlichen Meilensteine unseres Landes gekommen sind, die die Rolle der christlichen Kirchen heute prägen.

(Dr. Ina Maria Czyborra)

Das sind u. a. vor allem Reformation, Aufklärung und Säkularisation. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Aufgabe des Staates, die Inhalte einer Religion zu bestimmen oder dort Veränderungen aufzuzwingen. Ich bin sicher, das wäre zum Scheitern verurteilt. Aber wenn wir schon als Staat in Strukturen investieren, wenn wir schon universitäre Strukturen schaffen, dann sollten wir so klug sein, die Integrationsfähigkeit einer Religion und einer wachsenden Minderheit in unserem Lande zu fördern und zu erleichtern.

[Beifall bei der CDU]

Das haben Sie versäumt. Sie haben gegen den von der CDU-Fraktion von Beginn an vorgetragenen und klar vorgeschlagenen Rat ausschließlich konservativ-traditionelle Islamverbände eingeladen, mitzuwirken, und Sie haben ihnen diese Monopolstellung eingeräumt. Sie haben ihnen gesagt: Ihr dürft allein entscheiden über die Inhalte, über die Professoren oder Ähnliches. Andere Strömungen haben dort nichts zu suchen.

Das haben wir in unserem Antrag bemängelt. Wir haben gesagt: Das erfüllt ja nicht das kirchenverfassungsrechtliche Gebot der Repräsentation der Religionsgemeinschaften, die zu beteiligen sind. Deswegen bitten wir darum und haben beantragt, dass Sie weitere Strömungen aufnehmen, die alle allein für sich genommen nicht repräsentativ sind, aber in ihrer Gesamtheit eben doch – und darunter eben auch die Vertreter des liberalen Islam. Das sind in der Tat zarte Pflänzchen, die wir pflegen müssen, aber diese haben in vorbildlicher Weise das Rechtsmonopol unseres Staates verinnerlicht. Sie respektieren die weltanschauliche Neutralität unseres Staates und sind frei von politischen Einflussnahmen ausländischer Regierungen. Deswegen wäre es sinnvoll – und genau das ist Inhalt unseres Antrags –, sie in dieses wichtige Hochschulinstitut zu integrieren, und wir können Sie nur auffordern: Nehmen Sie sich lieber noch etwas Zeit, um das nachzubessern, denn dann könnte am Ende noch etwas Gutes dabei herauskommen! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Kollegin Brychcy das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Dregger! Ihr Ziel, die ganze Bandbreite der islamischen Gemeinden und Verbände im Beirat des künftigen Instituts für Islamische Theologie zu verankern, teilen wir. Das haben verschiedene Vertreter und Vertreterinnen der Koalition mehrfach und auch öffentlich kundgetan. Zu dieser Vielfalt gehören neben den größeren, meist konservativen Verbänden natürlich auch die liberalen Verbände oder andere Ausrichtungen der isla

mischen Religion wie etwa die Ahmadiyya-Gemeinde. Aber leider ist die von Ihnen in Ihrem Antrag vorgeschlagene Verfahrensweise kontraproduktiv. Die Kooperationsvereinbarung sah zunächst die Beteiligung von fünf Verbänden vor. Zwei, darunter Ditib, sind den Weg der Kooperation nicht mitgegangen. Niemand aus der Politik kann mal eben einen passenden Beirat zusammenstricken. Dieses Faktum sollten Sie von der CDU vielleicht auch endlich anerkennen.

Mit dem Gründungsprozess des Instituts sind natürlich auch Klärungsprozesse in den muslimischen Communitys verbunden. Dass nun zwei nicht unwichtige Verbände nicht dabei sind, ist bedauerlich. Aber Ihre Vorstellung, man könne jetzt statt der zwei ausgeschiedenen einfach zwei liberale Verbände aufnehmen, entspricht nicht der Realität, der sich auch die CDU nicht entziehen kann.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Wir wollen das Institut für Islamische Theologie endlich an den Start bringen, um so schnell wie möglich universitär ausgebildete Religionslehrer und -lehrerinnen an den Schulen unterrichten lassen zu können.

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Trefzer?

Nein, danke! – Dass die Islamische Föderation nur durch ein Mitgliedervotum überhaupt die Zustimmung zur jetzigen Kooperationsvereinbarung erreicht hat, zeigt doch die hohe Komplexität der internen Abstimmungsprozesse und verlangt von uns Sensibilität und nicht etwa ein Vorgehen mit der Brechstange, so wie Sie von der CDU es jetzt in Ihrem Antrag vorschlagen.

[Beifall bei der LINKEN]

Jetzt noch ein ganz kurzer Satz zur AfD, weil sich mehr auch gar nicht lohnt: Sie schreiben in Ihrer Begründung von – Zitat – verantwortungsvoller Wissenschaftspolitik, schieben aber verfassungsrechtliche Bedenken vor, um die Gründung des Islamischen Instituts in Gänze rückgängig zu machen. Das nenne ich verantwortungslose Politik.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Karsten Woldeit (AfD): Einfach zuhören und verstehen!]

Ich sage Ihnen hiermit für die Koalition zu, dass wir alles tun werden, damit Ende des Jahres ein rechtssicherer, arbeitsfähiger Beirat existiert, der die ersten Berufungen

(Burkard Dregger)

bestätigen wird. Ich freue mich sehr, dass wir Ihren Antrag, den Antrag der AfD-Fraktion, direkt per Sofortabstimmung ablehnen werden und uns nicht noch im Ausschuss unnötigerweise damit beschäftigen werden. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die FDP hat jetzt der Kollege Förster das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte führen wir ja nun beinahe schon in Endlosschleife – mehrfach im Plenum und gefühlt dutzendfach im Ausschuss. Aber die Debatte wird qualitativ nicht unbedingt besser, indem man falsche Aussagen oder Dinge, die man mal gehört hat oder gehört zu haben glaubt, ständig wiederholt. Uns war von Anfang an klar, dass auch die Gründung eines Instituts für Islamische Theologie ein schwieriger Prozess sein würde – ein Prozess, der nicht frei von Irrungen und Wirrungen verlaufen würde, wo Rückschläge zu verzeichnen sein würden und der anstrengend für alle Beteiligten sein würde, für die Beteiligten im Senat, im Abgeordnetenhaus und vor allem bei der Hochschule. Der Gründungsdirektor könnte schon längst im Ruhestand sein, hat aber noch diese Aufgabe auf sich genommen und gesagt: Ich widme mich diesem schweren und schwierigen Verfahren mit dem Institut und versuche, es durch die Untiefen zu steuern. – Das ist erst mal anzuerkennen, und da ist eine pauschale Kritik nach dem Motto: „Alles war falsch, und alles ist Mist“ nicht angebracht, um das an der Stelle auch mal sehr deutlich zu sagen.

[Beifall bei der FDP und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und dann sollte man an der Stelle auch noch mal sagen: Wenn wir auf Hochschulautonomie setzen und die Hochschulen damit betrauen, so etwas einzurichten – in dem Fall die Humboldt-Universität –, dann müssen wir ihnen auch ein Stück weit Gestaltungsspielraum lassen und darauf vertrauen, dass sie es dann auf das richtige Gleis setzen. Dass sich das bei dem Beirat sehr schwierig gestaltet hat, zeigt doch aber eher, dass man eben nicht bereit war, allzu viele Kompromisse zu machen, denn sonst wäre ja Ditib dabei gewesen. Die haben das ja in Bausch und Bogen verdammt und haben gesagt: Das wollen wir nicht, wir wollen mehr Mitsprache, wir wollen Vetorechte und Ähnliches. – Natürlich ist Ditib ein schwieriger Verband, aber gerade die Tatsache, dass Ditib nicht unterschrieben hat, weil ihnen das Verfahren nicht gepasst hat, ist ein Beispiel dafür, dass der Weg so verkehrt nicht sein kann, sonst wären sie ja sofort dabei gewesen. Auch das muss man mal sagen.

[Beifall bei der FDP und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wenn man sich überlegt, wer repräsentiert werden soll und um wen es geht – um welche Zielgruppe –, dann ist ja das Anliegen, den islamischen Religionsunterricht aus den Hinterhöfen herauszuholen und nicht irgendwelchen Koranschulen zu überlassen, sondern ihn auf qualifizierter wissenschaftlicher Grundlage – Kollegin Czyborra hat es eben angesprochen – denjenigen anzubieten, die das annehmen wollen.

Ich würde mir auch 100 Prozent liberale, aufgeklärte Muslime in Deutschland wünschen, aber die haben wir eben nicht. Ich muss auch zur Kenntnis nehmen, dass das Angebot von Zielgruppen genutzt wird, die eben eher konservativ sind und auch von Verbänden vertreten werden, die uns vielleicht nicht gefallen. Aber auch das ist ein Stück weit Lebenswirklichkeit, und zu den zarten Pflänzchen, die der Kollege Dregger angesprochen hat, muss ich sagen: Schön, dass es sie gibt, aber repräsentativ für die Gemeinschaft sind sie leider auch nicht. – Bei jedem Beirat muss ich auch überlegen, wer da drin ist.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bentele?

Ich habe schon darauf gewartet.