Herrenlose Sofas und Kühlschränke am Straßenrand, Autowracks, einfach irgendwo abgestellt, Grünanlagen, in denen illegal ganze Schafe gegrillt werden – oder Schafherden mittlerweile:
Die Hinterlassenschaften der Grillgesellschaft bleiben selbstverständlich für die Allgemeinheit liegen. Kurzum: Überall Müll und Verwahrlosung, wohin man schaut.
Spitzenreiter Neukölln brachte es auf 4 200 Kubikmeter illegalen Müll in einem Jahr – das entspricht dem Ladevolumen von rund 200 städtischen Müllwagen.
„Berlin ist arm, aber sexy“ ist ein Slogan, der seit etwa 15 Jahren um die Welt geht. Arm ist Berlin immer noch, aber sexy garantiert nicht mehr. Der Lack ist ab; die Hauptstadt Deutschlands ist großteilig nur noch ein jämmerliches Abziehbild ihrer selbst: vergilbt, verblichen und heruntergekommen.
Man kann nur spekulieren, warum vonseiten des Senats nichts gegen diese Entwicklung getan wird. Auf den ersten Blick könnte man den Regierenden eine massive Sehstörung attestieren – vielleicht eine ganz spezielle Variante der Rot-Grün-Blindheit.
Schaut man aber genauer hin, stellt man fest: Es ist viel mehr; es ist die schlichte Verweigerung, sich dieser Aufgabe zu stellen.
Offenbar ist es zu banal und zu unwichtig. Berlins Regierende sind nämlich zu Höherem berufen: Die Koalition ist vollkommen damit ausgelastet, die Welt zu retten. Das Weltklima wird von Berlin aus gerettet – so steht es im Entwurf des Mobilitätsgesetzes. Ebenso rettet die Berliner Koalition aus SPD, Linken und Grünen die Wasserversorgung des globalen Südens, also der gesamten südlichen Erdhalbkugel. Denn in Berlin soll nur noch Leitungswasser getrunken werden, um die weltweite Wasserspekulation zu verhindern.
Und Berlin ist Fairtrade-Town: Es dürfen nur noch fair gehandelte Kekse zu öffentlichen Veranstaltungen gereicht werden.
Da bleibt offensichtlich keine Zeit mehr für die eigene Stadt. Bei missionarischem Übereifer und dem Drang, die Berlinerinnen und Berliner mit ideologischem Fanatismus umerziehen zu wollen, ist kein Platz mehr für so banale Kleinigkeiten wie kaputte Straßen und Radwege oder vom Einsturz bedrohte Schulen.
Aber Leihfahrräder gibt es nun, überall – so viele, dass die Berliner selbst sie schon störend finden. An jeder zweiten Straßenecke stehen und liegen sie mittlerweile herum. Es gibt sie, und der Senat muss auf eine Anfrage von mir zugeben, dass er natürlich nicht weiß, wie viele es sind, wie viele es noch werden, und natürlich auch nicht, wo sie überall stehen und in welchem Zustand sie sind. – Auch das ist ein Baustein der Verwahrlosung.
Es wird gemacht und getan – aber was und wie genau, darüber weiß niemand Bescheid, und es interessiert auch überhaupt niemanden. Müll und Dreck, vernachlässigte Verkehrssysteme, abbruchreife Schulen und dazu ein Senat, an dem offenbar vieles unbemerkt vorbeizieht, sind nicht sexy für Berlin.
Hier ist endlich Handeln gefordert. Es kann und darf schlicht nicht sein, dass in dieser Stadt alles aus dem Ruder läuft, weil die Regierenden in höheren Sphären schweben und die Bodenhaftung dementsprechend schon lange verloren haben – Regierende, die weder die äußeren noch die inneren Symptome der Verwahrlosung in dieser Stadt sehen wollen. – Welches die inneren Symptome der Verwahrlosung sind, dazu wird gleich mein Kollege Karsten Woldeit noch Erläuterungen liefern.
Dass es aber auf jeden Fall auch anders geht, dass man selbst in einer Stadt, die schon längst als verloren schien, für Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sorgen kann, hat der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani bewiesen, der 1994 die Stadt, die seit den Siebzigerjahren zusehends verwahrlost war, mit einer strikten Null-ToleranzStrategie von Grund auf umkrempelte.
Und genau dieser Ansatz fehlt in Berlin. Er fehlt, weil Berlin von einer gleichgültigen, links-grünen Politikerkaste regiert wird, für die Begriffe wie Recht und Ordnung und Sauberkeit unaussprechliche Unwörter und rechtsextremistisches Vokabular sind. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Sehr geehrte Mitglieder der AfD-Fraktion! Herr Scholtysek! Sie haben in gerade mal fünf Minuten hier am Podium eins bewiesen: Sie wollen über die Verwahrlosung der Stadt reden, aber Sie reden über die sprachliche Verwahrlosung gerade in Ihrer Fraktion, wenn Sie hier am Podium stehen!
Auch uns ist nicht verborgen geblieben, dass diese Stadt wächst. Wir sind eine attraktive Stadt. Vielleicht haben Sie es nicht gemerkt, dass in den letzten Jahren immer wieder 40 000, 50 000 Menschen in diese Stadt ziehen, weil sie hier Arbeitsplätze finden, weil sie sagen: Dies ist eine attraktive Stadt, in der es sich zu leben, zu wohnen und zu arbeiten lohnt.
Und ja, wir sind attraktiv für Touristinnen und Touristen, und wir finden das auch sehr positiv. Dort entstehen Hunderttausende von Arbeitsplätzen, und wir fragen uns: Haben Sie damit ein Problem, dass Berlin attraktiv ist? – Das sollte mich doch sehr wundern, wenn das die Parole einer politischen Partei hier im Parlament ist.
Schauen wir uns doch an, wie es sich entwickelt! Wir gehen mit offenen Augen durch die Stadt, und auch wir sehen: Es ist nicht an allen Stellen in der Stadt schön sauber und ordentlich, wo immer wir das haben möchten. Nein, das ist es nicht. – Aber es gibt zwei Möglichkeiten, Herr Scholtysek, damit umzugehen: so, wie die AfDFraktion lamentieren und kritisieren, oder so, wie die rotrot-grüne Koalition, nämlich anpacken und handeln. Und das tun wir mit diesem Haushalt.
Nein, bitte nicht! Ich möchte erst einmal ausführen. – Wenn wir uns das anschauen, werden Sie vielleicht sagen: Ja, was tut ihr denn? – Wir können es Ihnen ganz genau aufzeigen: Diese rot-rot-grüne Koalition hat in dem Landeshaushalt 2018/2019 insgesamt 35 Millionen Euro für ein Aktionsprogramm „Saubere Stadt“ bereitgestellt – übrigens nicht mit Unterstützung der AfD-Fraktion. Das
Ich will Ihnen gerne aufzählen, was alles dazugehört: Wir hatten bis jetzt 12 Parks, die exemplarisch von der BSR gereinigt wurden. Wir werden das auf 48 Parks und Grünflächen ausweiten, und zwar jetzt zum 1. Juni 2018. Das ist das Vierfache. Von Ihnen haben wir diesen Antrag nicht gesehen – er kam von dieser Koalition.
Wir haben genauso beschlossen, dass wir ein Aktionsprogramm „Saubere Stadt Berlin“ tatsächlich brauchen, und wir haben dafür die Haushaltsmittel bereitgestellt. Das heißt eben auch, dass wir gegen Sperrmüllablagerungen mehr und verstärkt vorgehen wollen, jawohl! Und wir wollen auch zeigen, dass es zum einen darum geht, dass die BSR ihren Profijob richtig macht, was die Sauberkeit in der Stadt angeht. Aber es geht auch darum, die Menschen in dieser Stadt gemeinsam mehr für ihre eigenen Kieze zu aktivieren, für ihre eigene Stadt. Es geht darum, ihnen zu zeigen, dass man selbst mit anpacken kann und nicht nur wie die AfD-Fraktion lamentieren.
Ich kann Ihnen ganz praktische Beispiele sagen: Schauen wir uns die Aktion „Wir machen Berlin sauber“ an. Sauberkeitsinitiativen, Kiezputze – viele Mitglieder hier aus dem Parlament machen seit Jahren Kiezputzaktionen. Ich mache das seit 15 Jahren bei mir im Kiez, und ich kann Ihnen sagen: mit großer Begeisterung der Menschen vor Ort, die auch das bemerken, was jemand dort hingeschmissen hat – und sei es ein kleines Kind, das mitgeht und einmal ein kleines Bonbonpapier aufhebt.
Das zeigt: Das ist Müll, der von Menschen gemacht wird – übrigens nicht nur von Leuten mit Migrationshintergrund, Herr Scholtysek, wie Sie immer andeuten wollen. Nein, das sind wir alle, und wir sollten alle zusammen die Verantwortung für unsere Stadt wahrnehmen und zeigen: Wir können gemeinsam diese Stadt besser, attraktiver und sauberer machen. Und da würden wir uns wünschen, wenn Sie einfach mal mitmachen würden.
Wir haben in diesem Haushalt umfangreiche Mittel bereitgestellt – ich habe es bereits gesagt – zum einen für die Parkreinigung und für viele andere Dinge.
500 000 Euro allein für verstärkte Abfallberatung und eine zentrale Infokampagne für ein sauberes Berlin. 300 000 Euro pro Haushaltsjahr für Vor-Ort-Initiativen, Anti-Müll-Initiativen, die man bei der Stiftung Naturschutz völlig unbürokratisch anmelden kann und für die man dort eine finanzielle Unterstützung von der Stadt bekommt. Was sagen Sie eigentlich dazu?
Haben Sie eigentlich mitbekommen, dass diese Koalition die Vorlage gemacht hat? – Ja, wir werden die Ord
nungsdienste in der Stadt ausweiten. Jeder Bezirk bekommt mehr als acht neue Stellen für die Ordnungsämter in der Fläche. Da sagen Sie, es passiere nichts in der Stadt? – Wir zeigen: Es geht nicht darum, nur zu lamentieren, sondern es geht darum, tatsächlich auch anzupacken, das heißt, auch Geld zur Verfügung zu stellen. Das heißt an der Stelle: Die Berlinerinnen und Berliner machen ihre eigene Stadt ein Stück weit sauberer. Das ist nicht einfach nur Lamentieren gegen Verwahrlosung, sondern es zeigt, dass wir alle miteinander aktiv werden können.
Ich will auch noch aufzeigen, was die Straßenreinigung, was die BSR hier tut. Die macht an vielen Stellen einen wirklichen Knochenjob, wenn wir uns das anschauen. Ich weiß nicht, ob Sie das einmal gesehen haben, wenn in ganz frühen oder ganz späten Stunden, bis in die Nacht hinein, die Straßen Berlins gereinigt werden. Ich habe das einmal mitgemacht. Haben Sie einmal zugeschaut, wie die Parkreinigung, ob im Mauerpark oder einem der vielen anderen Parks in Berlin, abläuft und was dort wirklich zu tun ist? Das ist eine verdammt harte Arbeit. Die wird anständig von einem kommunalen Unternehmen verrichtet. Wir weiten das aus und schränken nichts ein. Wir übernehmen dort Verantwortung für unsere Stadt. Wir zeigen auch, dass wir es einfacher machen wollen. Auch das haben wir bereits im Haushaltsgesetz verankert. Dass es einfacher sein soll für die Berlinerinnen und Berliner, zum Beispiel Sperrmüllecken, Dreckecken zu melden. Ja, da können wir noch besser werden. Die OrdnungsamtApp ist noch besser zu bewerben. Sie ist besser anzuwenden, und es ist auch schneller vor Ort zu intervenieren. Wir wollen auch schauen, ob es nicht Möglichkeiten gibt – wie in anderen Städten –, einen Sperrmülltag einzuführen, an dem man seinen Sperrmüll einfach rausstellen kann, der an diesem Tag auch gleich abgeholt wird im ganzen Kiez. Es gibt viele kreative Ideen, die zeigen: Ja, man kann etwas tun.
Ich will es mit einem Satz zusammenfassen, Herr Scholtysek. Sie haben gesagt, die rot-rot-grüne Koalition verliere sich darin, die Welt retten zu wollen.