Protocol of the Session on May 17, 2018

Ich sage Ihnen, es gibt viel Schlimmeres als zu sagen, wir wollen die Welt retten.

[Christian Gräff (CDU): Erst mal Berlin retten!]

Wir haben ein kleines Stück Verantwortung für unser Stück Berlin in dieser Welt, damit es klimagerecht und umweltgerecht zugeht. Ich sage: Ja, wir wollen diese Welt retten und fangen hier, in unserem kleinen Berlin an. – Vielen Dank, meine Damen, meine Herren!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Freymark das Wort. – Bitte schön!

[Kurt Wansner (CDU): Jetzt wird alles klargestellt!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kollegen! Herr Präsident, wenn Sie erlauben, würde ich mit einem Zitat beginnen? – Von Peter Fox:

Guten Morgen Berlin Du kannst so hässlich sein so dreckig und grau.

Das ist Teil eines Songtextes aus dem Jahr 2009.

[Iris Spranger (SPD): Der Text geht noch weiter!]

Wenn man sich außerhalb der Gemäuer des Abgeordnetenhauses von Berlin mit Menschen unterhält, wird man sehr schnell feststellen, dass sich an diesem Zustand und der Zustandsbeschreibung nicht viel geändert hat.

[Zurufe von der LINKEN: Der Text geht noch weiter!]

Wir alle haben regelmäßig mit Besuchergruppen, mit internationalen Besuchergruppen hier im Haus zu tun. Eine sehr häufig gestellt Frage lautet: Mensch, Berlin ist so eine stolze Stadt, Hauptstadt, eine Hauptstadt Europas, aber warum ist sie so dreckig? Warum ist sie so unordentlich? Warum ist Kriminalität etwas, womit man alltäglich umgehen muss? Drogenschmuggel, Drogenhandel. Das sind Themen, die wir als CDU-Fraktion nicht tolerieren können und wo wir deshalb auch einen Sinn darin sehen, darüber hier zu diskutieren.

[Beifall bei der CDU – Frank-Christian Hansel (AfD): Aber keine Priorität! – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Man muss ja auch rundherum schauen, was eigentlich getan wird. Die große Koalition hat im Verkehrs- und Umweltbereich einiges mit Unterstützung der CDUFraktion auf den Weg gebracht. Zero Waste ist ein Thema, über das wir zu Recht diskutieren. Mehrwegbecher, ob das jetzt die Probleme löst, sei dahingestellt, aber es ist eine Initiative, die Sinn macht. Wir reden über MüllSheriffs, etwas, was in Neukölln angelaufen ist, was wir in den einzelnen Bezirken stärker auf die Piste bringen wollen. Und wir reden zum Beispiel auch über Trinkbrunnen, über die Regenwasseragentur, über das Regenwasser allgemein. All das spielt eine Rolle, wenn wir darüber reden, dass eine Stadt funktionieren muss

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Düsterhöft?

Danke, nein! – Gucken wir in die einzelnen Fraktionen: In der SPD haben sich einige Mutige auf den Weg nach Wien gemacht und gesagt: Waste-Watchers, das ist doch eine Initiative, die Sinn machen kann. Bei den Grünen habe ich wahrgenommen, dass sie den Windeln den Kampf ansagen. Ja, Windeln bereiten durchaus Probleme, denn sie sind erst in 50 oder 100 Jahren biologisch abbaubar. Dass die Grünen sich aber damit im Wesentlichen identifizieren, hat mich schon überrascht.

Wenn ich zur Linken schaue, sehe ich gar nichts.

[Dr. Michael Efler (LINKE): Was?]

Genau das gleiche Interesse in Ihren Anträgen wie das Interesse, mit dem Sie der Diskussion hier folgen.

Dann gucken wir uns die einzelnen Personen an. Andreas Geisel, der Senator, seit anderthalb Jahren im Amt, sagt: Na ja, eine Kampfansage gegen die Verwahrlosung macht schon Sinn. – Dazu sage ich: Ja, da sind Sie schon mal aufgebrochen. Anderthalb Jahre im Amt, da kann man noch nicht so viel erwarten, anders als bei der einen oder dem anderen, die neben Ihnen sitzen, aber Sie haben zumindest angekündigt, Sie wollen kämpfen. Dann werden wir schauen, wie Sie kämpfen.

Antje Kapek, die bei Twitter sagt: Mensch, ich war jetzt im Park unterwegs, habe die Freizeit genutzt –, postet ein Foto und stellt fest: Völlig überfüllte Müllbehälter, viel zu klein, überall liegt der Unrat herum. Dann ärgern wir uns darüber, dass wir eine Rattenplage haben oder dass die Menschen sich nicht wohlfühlen. Sie sehen, da gibt es einiges, was latent in der Luft liegt und worüber wir diskutieren müssen.

Ich möchte Sie an dieser Stelle einladen, folgen Sie mir im Geiste nach Hohenschönhausen. Da fahre ich mit einer verkürzten S75, aber der ÖPNV ist uns ja wichtig als Berliner Senat, nach Hohenschönhausen, komme zu zwei Aufzügen am Bahnhof Hohenschönhausen, die beide defekt sind. Eine Tageszeitung titelte vor drei bis vier Jahren „Kaputt gepinkelt“. 2014. Die Aufzüge sollten gar nicht mehr repariert werden, da ist dann die große Stunde eines Wahlkreisabgeordneten, sich darum zu kümmern. Dann war die Überlegung: Was machen wir eigentlich mit der öffentlichen WC-Versorgung? Warum ist am Bahnhof Hohenschönhausen keine öffentliche Toilette? – Na ja, ist schwierig, müsste der Bezirk finanzieren, und die Wall-Verträge mit dem Land Berlin geben das nicht mehr her. Jahr 2018, es gibt keine öffentliche Toilette in Hohenschönhausen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wir kriegen jetzt neue, mehr und attraktivere!]

Man versucht, sich darüber Gedanken zu machen, gegenüber ist ein Polizeirevier. Auch Verwaltung hat etwas mit funktionierender Stadt zu tun, ganz wesentlich sogar.

Dann gehen wir zum Polizeirevier, da gibt es eine Toilette, die soll man nicht unbedingt nutzen, denn dafür muss man durch den Eingangsbereich. Das Polizeirevier zu finden, ist schon eine Spezialaufgabe, denn es steht nirgendwo „Polizei“ dran. Es gibt ein DIN-A4-Blatt im Eingangsbereich. Das deutet darauf hin, ich habe Herrn Geisel persönlich darauf hingewiesen, dass wir darüber nachdenken sollten, es größer zu machen.

[Paul Fresdorf (FDP): Der ist schon dabei!]

Aber Sie müssen aufpassen, wenn Sie bei diesem Polizeirevier sind, denn da ist seit vielen Jahren ein Fangnetz angebracht, damit der abbröckelnde Putz den Leuten nicht auf den Kopf fällt. Wenn Sie hier als Koalition infrage stellen, dass wir über Verwahrlosung reden müssen, dass eine Verwahrlosung stattfindet, dann leben Sie in der falschen Stadt. Das muss man Ihnen einmal so deutlich sagen!

[Beifall bei der CDU und der AfD – Hui, hui! von der CDU – Steffen Zillich (LINKE): Warum haben Sie eigentlich gegen die Aktuelle Stunde gestimmt?]

Herr Zillich! Ich habe von Ihnen noch nie in dem Kontext etwas wahrgenommen. Sie laufen hier ein bisschen rum, glauben, dass Sie die Lösung parat haben.

[Carola Bluhm (LINKE): Warum haben Sie so schlechte Laune? – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Sie haben die Lösung nicht parat. Aber ich lade Sie nach Hohenschönhausen ein. Herr Zillich! Wir fragen gleich einmal die Senatorin Scheeres. Mit der gehen wir zusammen in die Vincent-van-Gogh-Schule. Da hängen in Hohenschönhausen nicht einmal mehr Feuerlöscher. Die sind vorsorglich abgenommen. Da sind kaputte Scheiben, kaputte Böden. In einem sozialen Brennpunkt haben wir dort die schlechteste Schulausstattung. Ich habe gesagt, Andreas Geisel, der bei dieser wichtigen Debatte lieber woanders ist, der hat noch ein bisschen Schonung.

[Daniel Buchholz (SPD): Da steht er!]

Frau Scheeres, seit sieben Jahren im Amt, wie können Sie eigentlich zulassen, dass wir in jedem Bezirk verwahrloste Schulen haben? Auch Sie lade ich ein, zusammen mit Herrn Zillich, der hier so motiviert rumläuft, dass wir dieses Thema zusammen angehen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Unmotiviert hier herumläuft!]

Ich habe noch gar nicht über die Turnhallen gesprochen. Natürlich hatten wir Turnhallen auserkoren als Möglichkeit, Flüchtlinge unterzubringen. Das ist nicht besonders komfortabel. Aber es wurde nie in der Stadt darüber geredet, dass die meisten Turnhallen gar nicht in Nutzung sein können, weil sie kaputt sind, weil sie nicht nutzbar sind. Das ist eine Debatte, die wir auch führen müssen: Die Verwahrlosung des öffentlichen Raums beginnt doch

bei uns selbst, dass wir die Verantwortung dafür tragen, so etwas nicht mehr zuzulassen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Frank-Christian Hansel (AfD): Eine Haltungsfrage! – Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Ich freue mich, Frau Helm, dass Sie noch dazwischenrufen, denn es zeigt mir, dass Sie motiviert sind, bei dem Thema mitzuwirken.

[Anne Helm (LINKE): Wer hat denn die Stadt kaputtgespart?]

Aber sagen Sie das einmal dem Rest Ihrer Fraktion. Null Themen. Googeln Sie mal „Müll“ und „Linke“, da gibt es nichts über Ihre Themen.

[Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der AfD und der FDP]

Aber meine Reise nach Hohenschönhausen ist noch nicht beendet.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Was finden wir, wenn wir „Danny Freymark“ googeln?]

Die ist noch nicht beendet. Gehen Sie einmal in die KfzZulassungsstelle in der Ferdinand-Schultze-Straße. Herr Gaebler hat im Hauptausschuss gesagt: Herr Freymark, machen Sie sich keine Sorgen, unter Protokoll, also Zulassungszeit fünf Tage für Private – Klammer auf: Brandenburg ein Tag, Klammer zu –, für Händler ein bis zwei Tage! – Gehen Sie mal zu Ihrem Händler im Wahlkreis, wenn Sie so etwas wie Wahlkreisarbeit kennen! Gehen Sie mal mit den Bürgern ins Gespräch, und fragen Sie mal, was sie tun, wenn sie ein Auto kaufen und anmelden müssen und das dann drei oder vier Wochen dauert! Ist das ein Zustand, den wir in Berlin wollen? – Ich sage nein. Das ist kein Zustand, den wir in Berlin wollen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Jetzt gucken wir uns mal die Spielplätze an. Auch das ist Verwahrlosung: Ein Viertel aller Spielplätze – in Lichtenberg, in Pankow, in vielen anderen Bezirken – funktioniert noch. Manche haben jetzt gedacht, dass ein Viertel der Spielplätze kaputt ist. Nein! Ein Viertel funktioniert noch. Drei Viertel haben Schäden. Wenn ich den Berlinerinnen und Berlinern nicht mehr sicherstellen kann, dass sie sich dort nicht an einem rostigen Nagel verletzen, und wenn ich nicht mehr sicherstellen kann, dass überhaupt ein Spielplatz da ist, dann ist das eine Verwahrlosung in der Stadt, die wir nicht ertragen können. Stefan Evers hat dankenswerterweise den Senat darauf hingewiesen: Jetzt handeln Sie doch endlich! Bringen Sie doch diese Themen endlich mal zur Sprache, meine Damen, meine Herren!

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von der CDU: Das machen wir! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wer ist denn dort Baustadtrat? Der ist von der CDU!]

Da kam so ein Zwischenruf. Wie heißt der Baustadtrat in Lichtenberg? – Das sind die Leute, die wir brauchen. Das sind die Leute, die glauben, ein Spielplatz ist abhängig von der Parteifarbe, von der Fraktion oder von dem Stadtrat, der das Amt dort leitet. Nein! Es ist unsere gemeinsame Verantwortung. Diese Zwischenfrage war nicht klug. Ich kann Sie nur bitten, noch einmal darüber nachzudenken, ob das Ihre Haltung ist, von Parteifarben abhängig zu machen, ob ein Spielplatz repariert ist. Meine Einstellung ist das nicht.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Auch jetzt ist die Reise nach Hohenschönhausen noch nicht beendet. Gehen Sie mal zur HOWOGE, gehen Sie mal in so einen Aufzug in einem Elfgeschosser! Graffiti, der Geruch! Sie sind nicht auf der Toilette, Sie sind in einem Aufzug in einer Wohngegend. Der Sperrmüll wird gar nicht mehr immer auf die Straße gebracht, sondern schon im Hausflur liegengelassen. Und was macht die HOWOGE? – Das Erste, was sie gemacht hat, war, die Videotechnik abzumontieren.