ist das Berliner Landesgesetz zum Datenschutz. Das sind die Dinge, mit denen sich die Berliner in Zukunft vermehrt beschäftigen sollen.
Ich fange einmal mit den guten Dingen an. Sie haben das Kunsturhebergesetz in Ihr neues Datenschutzgesetz reingeschrieben. Da fällt vielen Hobby- und freien Fotografen in unserer Stadt möglicherweise schon ein kleiner Stein vom Herzen, weil sie jetzt nicht mehr befürchten müssen, mit der Hand am Auslöser gleich mit einem Bein im Gefängnis zu sitzen oder zu stehen, weil nach der DSGVO jedes Foto, jedes digitale Foto von Menschen eine Datenerhebung ist und die Einwilligung dessen erfordert, der da abgebildet ist. Da gibt es ganz große Angst – berechtigt oder unberechtigt – bei Fotografen in unserer Stadt, dass Sie in Zukunft dafür zur Rechenschaft gezogen werden können. Das Kunsturhebergesetz würde hier eine Ausnahmemöglichkeit bilden, deshalb ist es richtig, dass Sie das da reingeschrieben haben.
Auch richtig ist – da bin ich ganz überrascht gewesen –, dass Sie die diskriminierende Formulierung aus dem Rundfunkstaatsvertrag so nicht fortgeschrieben haben. Vielleicht kann sich der eine oder andere noch erinnern, vor weniger als vier Wochen haben wir hier über den Rundfunkstaatsvertrag gesprochen und der geschätzte Kollege Zimmermann und ich hatten eine Auseinandersetzung über die Frage, ob es eine Zweiklassengesellschaft von Journalisten geben darf. Hier die staats- und regierungsnahen, meist politisch korrekten MainstreamJournalisten und auf der anderen Seite die freien und unabhängigen Medien, die Blogger, die plötzlich nicht mehr all die Privilegien genießen sollen, die die „Beamten-Journalisten“ – nenne ich sie einmal so – kriegen
sollen. So steht es im Rundfunkstaatsvertrag, und ich habe von Ihnen gefordert: Legen Sie ein Gesetz vor, in dem das anders geregelt ist. In Artikel 19 Ihres Gesetzes steht, dass die Ausnahmeregelung für sämtliche journalistischen, künstlerischen und literarischen Zwecke gilt – und es keine weiteren Ausnahmen gibt. Dazu muss ich sagen: Gut, das hätte ich gar nicht gedacht.
Dass es auch anders ginge, das beweist das entsprechende Gesetz aus Nordrhein-Westfalen. Da gucke ich jetzt die Kollegen auf den Oppositionsbänken an. Da hat eine schwarz-gelbe Landesregierung diese pressefeindliche Regelung so fortgesetzt und ins Gesetz geschrieben, dass nur eine Schlussfolgerung bleibt: Es gibt nur noch eine Partei in diesem Land, die sich nachhaltig und glaubwürdig für Pressefreiheit in Deutschland einsetzt, und das ist die Alternative für Deutschland.
Ich habe eine Nachfrage: Ist Ihnen der Erwägungsgrund 153 der EU-Datenschutz-Grundverordnung bekannt, der eine besonders weite Auslegung des Journalistenprivilegs darlegt?
Natürlich ist mir der bekannt. Ich erwarte auch, dass das so geschieht. – Herr Ziller, es ist schön, dass Sie das anführen. Jetzt bin ich wieder bei Ihrem Gesetzesentwurf. Sie haben zwar in der einen Hinsicht, was die Formulierung angeht, das richtig gemacht, aber Sie haben es verschlimmbessert. Im Rundfunkstaatsvertrag haben wir diese Ausnahmeregelung, die nur für bestimmte Journalisten gilt. Jetzt in dem Datenschutzgesetz, was Sie gemacht haben, gilt diese Ausnahmeregelung zwar für alle Journalisten, aber – –
Also, die Ausnahmeregelung gilt mit der Ausnahme, das ist die Ausnahme für die Ausnahme, für das Kapitel 8. Strafen und Sanktionen gibt es. Sie sagen zu Recht, es
gibt bei uns keine Kontrolle der Presse, aber Strafen und Sanktionen – aus Kapitel 8. Das ist hochgradig schizophren, wenn Sie sagen, es gibt keine Kontrolle der Presse, aber es gibt Sanktionen und Strafen. Es kann ja keine Sanktionen und Strafen ohne Kontrolle geben. Also gibt es auch bei Ihnen eine Kontrolle, und die hat es in Deutschland seit 1874 nicht gegeben. Deswegen ist das falsch. Deswegen ist auch Ihr Gesetzesentwurf – – Das ist nicht nur ein Haar in der Suppe, das ist ein schwieriger Punkt, um den es hier geht. Der ist kritisch, und deshalb können wir hier schon einmal nicht zustimmen.
Danke schön! – Ich habe eine Verständnisfrage, da die AfD ja gerade bekundet hat, sich für die Pressefreiheit in Deutschland einzusetzen: Umfasst Ihre Äußerung auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Aber selbstverständlich! Wir sehen den öffentlichrechtlichen Rundfunk kritisch wegen seiner, sagen wir einmal, parteipolitischen Nähe zu den Herrschenden im Land. Wir sehen ihn kritisch wegen der Zwangsgebühren, die dafür genommen werden. Aber wir sehen Rundfunk an sich nicht kritisch.
Jetzt kommen wir zurück zu Ihrem Monster-Gesetz. Vor einer Woche eingereicht, jetzt schon im Ausschuss gewesen, und jetzt haben wir hier inzwischen die erste Lesung. Eine Anhörung hatten wir, zu der ich viel sagen könnte. Das erspare ich Ihnen. Es geht bei diesem Gesetz, das ist jetzt wichtig, um Ausnahmeregelungen. Wir haben dieses Datenschutzgesetz aus Brüssel und das wird über den ganzen Kontinent ausgekippt, und die Einzelstaaten haben die Möglichkeit, einzelne Öffnungsklauseln zu machen, einzelne Ausnahmen zu schaffen für bestimmte Institutionen. Das ist genau die Frage, um die es hier geht. Wenn es nach der Datenschutzbeauftragten ginge,
gäbe es gar keine Ausnahmeregelung. Wenn es nach den einzelnen Lobbygruppen ginge, die zu Ihnen, zu uns allen kommen, dann gäbe es die maximale Ausnahmeregelung für jede einzelne Gruppe, die da kommt. Irgendwo trifft man sich dann in der Mitte. Man nennt das Politik. An dem, was Sie hier an Ausnahmeregelungen festgeschrieben haben, können wir ablesen, welche Prioritäten dieser Senat setzt oder welche Prioritäten die Regierungsfraktionen setzen.
Da haben wir zunächst einmal die Ausnahmeregelung für den Verfassungsschutz – und zwar pauschal. Nun sagen auch wir von der Alternative für Deutschland: Bei Spionageabwehr und Fragen der nationalen Sicherheit darf es keine Hürden geben, da darf es auch keine entsprechenden Vorschriften vom Datenschutz geben, da ist es wichtig, dass der Verfassungsschutz so vorgehen kann, wie er es für richtig hält. Aber da, wo die Frage der Bürgerrechte bedroht ist, wo es um die öffentliche und nicht um die nationale Sicherheit geht – da dürfen Sie übrigens auch gar keine Ausnahme machen, unserer Meinung nach –, da haben Sie das auch gleich mit erteilt. Da sind wir der Meinung, dass das nicht hätte sein müssen. Das betrifft zum Beispiel die Bespitzelung von Gruppen, seien es jetzt harmlose Islamkritiker oder auch die vom geschätzten Kollegen Schrader immer wieder erwähnten Teilnehmer eines Mao-Bibel-Lesekreises. Wenn die überwacht werden, können wir wenigstens erwarten, dass der Staat sich an seine eigenen Gesetze und den eigenen Datenschutz hält.
Da haben Sie also Ausnahmeregelungen geschaffen. Jede kleine Auskunftei, jeder Privatdetektiv muss sich daran halten, aber der Verfassungsschutz nicht. Wasser predigen und Wein trinken, das ist alles, was Sozialisten können.
Dann nehmen wir die landeseigenen Betriebe. Das ist hier auch schon diskutiert worden. Also, jede Firma, jede kleine Physiotherapiepraxis, bis hin zu Schering, muss sich an die Vorgaben der DSGVO halten, auch drakonische Strafen einkalkulieren, ist davon möglicherweise bedroht, aber für die landeseigenen Betriebe haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Freistellung davon gemacht. Was ist das denn? Die landeseigenen Betriebe, wo Ihre Genossen alle in den Aufsichtsräten sitzen, wo Sie sich die halbe Stadt untertan gemacht haben, da gelten plötzlich die Gesetze nicht mehr. Wasser predigen und Wein trinken, das ist alles, was Sozialisten können.
Und dann? Sie selbst: Freistellung für Abgeordnete und Fraktionen, habe ich da gelesen. Das betrifft uns natürlich auch, davon profitieren wir auch, aber trotzdem. Es ist
typisch. Sie machen ein Gesetz, jeder kleine Berliner draußen, der gewerbsmäßig mit Daten zu tun hat, muss sich daran halten, aber die Abgeordneten und Fraktionen sind davon freigestellt. Danke schön! Das ist wirklich Wasser predigen und Wein trinken. Etwas anderes können Sie nicht!
Ich fasse die wichtigsten Punkte zusammen: Der Staat wird immer stärker. Die Mächtigen werden immer mächtiger. Sie haben immer mehr Durchdringung der staatlichen Betriebe, die nicht kontrolliert werden.
Der letzte Punkt: Der Rechnungshof ist hier auch schon angesprochen worden. Die Kontrollinstitutionen in unserem Gemeinwesen, wie die freie Presse, wie der Rechnungshof, die werden entwaffnet, und deswegen ist es kein gutes Gesetz. Es ist ein schlechtes Gesetz. Es ist ein Gesetz, das passt nach Russland, das passt in die Türkei, dass passt vielleicht auch nach China, aber nicht in unser freiheitliches Berlin.
Wir haben verschiedene Änderungsanträge eingebracht und können dem Gesetz in der vorliegenden Form leider nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Ziller. – Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Gäste! Das heute zur Debatte stehende Landesdatenschutzgesetz ist der zentrale Beitrag von Berlin zu der bahnbrechenden Reform des Datenschutzes in der Europäischen Union. Ich will gleich zu Beginn zur Frage von Kompetenzen der Datenschutzbeauftragten und zu unserer Aufgabe insgesamt kommen. Was mit dem 25. Mai endet, ist der Punkt, an dem Sie alle sich keine Gedanken über Datenschutz machen müssen und denken, Sie hätten da ein paar Leute im Datenschutzausschutz sitzen, die das für Sie machen. Mit den Kompetenzen der Datenschutzbeauftragten die Probleme direkt in Ihre Fachausschüsse zu bringen, zwingen wir alle uns dazu, uns über Datenschutz Gedanken zu machen. Das betrifft den Bildungsausschuss im Zusammenhang mit Datenschutz in Schulen, das betrifft den Gesundheitsausschuss im Zusammenhang mit Datenschutz im Gesundheitswesen. Wir werden diese Fragen von Datenschutz in all unseren Bereichen gemeinsam verhandeln und gemeinsam gestalten müssen, denn das erfordert das Zeital
ter, in dem es im Internet keine nationalen Grenzen und all diese Sachen mehr gibt. Wir werden uns damit alle mehr befassen müssen. Das bedeutet für mich der Stichtag 25. Mai 2018.
Die Datenschutz-Grundverordnung schafft erstmalig einen EU-Datenschutz auf höchstem Niveau, ersetzt den ausgedienten Flickenteppich der 28 Nationalstaaten. Die neuen Datenschutzregeln sind zentrale Grundlage für den Umgang mit unseren personenbezogenen Daten im digitalen Zeitalter in Europa. Die neuen Regeln geben uns Verbraucherinnen und Verbrauchern das Recht zurück, selbst über Daten entscheiden zu können, und daneben dürfen diese Daten nicht mehr einfach so weitergegeben werden, sondern es muss im Zweifel vorher gefragt werden, wie mit diesen Daten umzugehen ist.
Auch mit der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie, als Teil der Reform, machen wir einen großen Fortschritt bei den hohen Datenschutzstandards für Polizei und Justiz. Denn umfängliche Regeln für Ermittlungsbehörden sind die wichtigste Voraussetzung für eine bessere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität in Europa.
Ich erlebe aber auch in Online-Foren, auf Twitter oder dann, wenn mich Menschen direkt ansprechen, dass es eine gewisse Unruhe gibt, was genau sich nun mit dem 25. Mai ändert. Deswegen möchte ich einige Punkte kurz ansprechen.
Die erste Frage: Für wen gilt diese DatenschutzGrundverordnung eigentlich? – Da ist ganz klar geregelt, dass sie für alles gilt, was behördlich oder geschäftsmäßig einen Umgang mit personenbezogenen Daten hat. Sie gilt auch für kleine Vereine, sie gilt aber nicht für rein persönliche oder familiäre Datenverarbeitung. Neu ist – und das ist das Zentrale –, dass die Datenschutz
Grundverordnung auch für Datenverarbeiter außerhalb der EU gilt, die Angebote im EU-Binnenmarkt haben. Dieses Marktortprinzip stellt sicher, dass endlich europäische Unternehmen dieselben Regeln haben wie Konkurrenten aus den USA und anderen Teilen der Welt. Das ist ein riesiger Fortschritt auch für unsere Berliner und die europäischen Unternehmen.
Wie ist das mit Bloggern, die sich bisher – hört man zumindest immer wieder – nicht so richtig um Datenschutz gekümmert haben? – Dazu ist ganz klar zu sagen: Wer keinen rein privaten Blog betreibt – also z. B. schon Anzeigen hat oder das für die berufliche Tätigkeit nutzt –, für den gelten schon heute Datenschutzrecht und Datenschutzstandards, sofern mit persönlichen Daten umgegangen wird. Es ist daher sinnvoll, die DatenschutzGrundverordnung zum Anlass zu nehmen und die Einstellung „WordPress Plugins“ oder Ähnliches darauf hin durchzusehen, ob wirklich alle Daten, die sie damit erheben, notwendig sind. Als kleiner Blogger müssen Sie aber
nicht befürchten, dass die Datenschutzbehörde Ende Mai oder Anfang Juni Ihren Server beschlagnahmt und hohe Bußgelder verhängt. Denn klar ist, dass – falls man überhaupt in das Visier der Behörden geraten sollte – die Maßnahmen immer verhältnismäßig sein müssen. In der Regel wird man bei diesen kleinen Fischen, die aus Unkenntnis handeln, beraten und nicht bestrafen.