Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir den vorliegenden dringlichen Antrag vorgestern erstmals in Händen hielten, entstand bei uns zunächst der Eindruck, dass es einmal mehr darum geht, aus antisemitischen Vorfällen in unserer Stadt und in unserem Land politisches Kapital zu schlagen.
Wir kennen das von anderen Gelegenheiten, als etwa die Altparteien hier im Parlament die Erinnerung an den Holocaust zu ihrer Privatangelegenheit erklären wollten oder den Antrag der AfD, demzufolge sich das Abgeordnetenhaus klar gegen die Einschüchterung von Seyran Ateş aussprechen sollte, mit allen Mitteln diskreditieren wollten. Doch der jetzt vorgelegte Antrag der anderen fünf Fraktionen in diesem Haus geht weiter. Er versucht, unter dem Titel „Gegen Hass und Intoleranz – für Menschenwürde und Religionsfreiheit“ vom eigentlichen Problem, dem virulenten Antisemitismus in bestimmten Teilen der Bevölkerung unserer Stadt, abzulenken.
Statt klar Ross und Reiter zu nennen, wer in Berlin dafür verantwortlich ist, wenn man als jüdischer oder israelischer Mitbürger bedrängt wird, versucht er sich in wohlklingenden, seit Jahren wiederholten leeren Floskeln und betreibt Verschleierung. Die Antragsteller rühmen sich sogar selbst, bereits alles für die Religionsfreiheit zu tun und setzen Kippa, Kreuz und Kopftuch gleich. Das ist unangemessen.
Deshalb sieht sich die AfD-Fraktion, die als Sprecher von rund einer Viertelmillion Berliner Wählern wieder einmal bei den Vorabstimmungen ausgegrenzt wurde,
gezwungen, in einem Änderungsantrag klarzustellen, von welchen drei Gruppen in Berlin der Antisemitismus heute in erster Linie ausgeht.
Nein, ich möchte keine Zwischenfragen! – Da sind zum einen die Nazis und Neonazis sowie sonstige durch rechtsextremes Gedankengut motivierte Tätergruppen. Erst gestern, nachdem die AfD ihre Solidarität mit der Aktion „Berlin trägt Kippa“ und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zum Ausdruck gebracht hatte,
gingen bei uns Hasskommentare aus diesem Lager ein, die die AfD wegen ihrer klaren Position gegen Antisemitismus angriffen. Für diese Personen – und das sage ich hier sehr deutlich – darf in unserer Stadt kein Platz sein.
Dann gibt es den linken Antisemitismus, der sich gerne als Antizionismus tarnt und sich in maßloser und einseitiger Kritik an Israel manifestiert. Am 9. April erklärte z. B. der Bundestagsabgeordnete der Linken Alexander Neu, die jüngsten Aktionen der westlichen Länder in Syrien ebneten Israel den Weg für einen verheerenden Krieg im Nahen Osten. Also nicht die Hamas oder die Hisbollah, nicht die Ayatollahs im Iran oder der Islamische Staat befördern die verheerenden Konflikte im Nahen Osten, sondern Israel. Das ist offensichtlich die Meinung der Linken. Wen wundert es bei solch tumber Stimmungsmache, wenn unsere jüdischen Mitbürger und Besucher aus Israel bei uns besorgt sein müssen.
Eine neue Qualität erreicht der Antisemitismus aber zuletzt mit der Vielzahl der muslimischen Migranten aus oft archaisch geprägten Gesellschaften. Dort wird der Hass auf Israel und auf die Juden schon von Kindesbeinen allen eingetrichtert und nun mit der illegalen Massenmigration auch zu uns weitergetragen. Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, wenn plötzlich das Wort Jude zu einer der schlimmsten Beschimpfungen auf Schulhöfen wird oder wenn von jungen Migranten gefeierte Rapstars die entsetzlichen Bilder von ausgemergelten Auschwitz-Häftlingen kommerzialisieren und das Leid der Millionen Opfer des Holocaust verhöhnen.
Auf all das sind die derzeitigen staatlich geförderten Programme gegen Antisemitismus nicht eingestellt. Sie gehören darum alle auf den Prüfstand.
Denn es waren ausnahmslos muslimische Migranten, die für die Gewaltaufrufe gegen die Ibn-Rushd-GoetheMoschee oder den Brandanschlag auf die Koca-SinanMoschee-Gemeinde in Reinickendorf verantwortlich sind.
Die AfD ist mit dem vorliegenden dringlichen Antrag in mehreren Punkten nicht einverstanden, aber wir sind einmal mehr bereit, unsere Bedenken gegen einzelne Passagen zurückzustellen, denn letztlich geht es hier und heute darum, ob wir in diesem Haus ein Zeichen der Einigkeit aller Berliner gegen Antisemitismus und für Religionsfreiheit setzen oder ob wir uns in kleinlichen politischen Intrigen darin erschöpfen, Antisemitismus politisch zu instrumentalisieren, statt ihn zu bekämpfen. Ich bitte Sie daher, dem Änderungsantrag der AfDFraktion zuzustimmen und damit einem einstimmigen Votum dieses Hauses für Menschenwürde und Religionsfreiheit und gegen jegliche Form des Antisemitismus den Weg zu bereiten. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und der AfD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]
Die Mitverantwortung für Israel ist ein Grundgesetz deutscher Außenpolitik seit der Gründung unseres Staates.
Beides keine Sätze originär von mir, sondern aus Ihren Reihen, Johannes Rau am 26. November 2003! Von dieser besonderen Verantwortung für Israel her, von der besonderen Rolle jüdischen Lebens in dieser Stadt her, in
der der Massenmord an 6 Millionen Juden organisiert wurde, indem nationalsozialistische Verbrechen dazu geführt haben, dass jüdisches Leben in Europa nahezu ausradiert wurde, haben wir eine besondere Verantwortung gegenüber jüdischem Leben und gegenüber Israel.
[Beifall bei der FDP, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der SPD]
Die Nivellierung der nationalsozialistischen Verbrechen, die mit einigen Formulierungen in diesem Antrag betrieben wird, die Gleichsetzung von Angriffen auf Juden mit irgendwelchen anderen Angriffen auf Menschen in Deutschland widerspricht diesen gerade deutlich wiederholten Grundsätzen unserer Außenpolitik und unseres Staates. – Sie schauen so irritiert, Herr Schneider!
Das, was Sie da gemacht haben, was Sie als Ergebnis gemeinsam vorgelegt haben, bei dem jetzt zum Schluss noch einige wichtige Formulierungen herausgenommen wurden, ist genau das, was wir nicht brauchen. Das Ineinen-Topf-Schmeißen von Verbrechen gegen Juden mit irgendetwas anderem und dabei dann im Übrigen die Christen unerwähnt zu lassen,
In dem ursprünglichen Antrag vor unserem Änderungsantrag war die Rede davon, man dürfe jemanden nicht angreifen, nur weil er eine Kippa trage.
Die Kippa ist also ein Grund, es reicht aber noch nicht aus. Das wollten Sie hier allen Ernstes beschließen.
Unlauter, liebe Frau Kollegin, ist es, die Menschenwürde in der Überschrift des Antrags zu haben und ansonsten an keiner anderen Stelle vorgesehen zu haben.