Protocol of the Session on March 22, 2018

[Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Das ist die SPD!]

Aufgewacht? – Mit diesem Antrag allerdings ist sie einerseits Jahre zu spät, aber andererseits ihrer Zeit voraus. Das hat auch den Kollegen Buchholz etwas in Verwirrung gesetzt. Mit dem Antrag wird nämlich der Senat aufgefordert, einen B-Plan außer Vollzug zu setzen, den es noch gar nicht gibt. Der ist noch gar nicht festgesetzt, der wird vielleicht, wir nehmen es ja an, wie schon mein Vorredner sagt, in vier Wochen von dem Haus beschlossen. Das ist der B-Plan 1/35ba. Sie wollen deshalb aber heute prioritär darüber diskutieren, dass er nicht vollzogen wird. Mit der Rechtsstaatlichkeit, mein Vorredner hat es schon ein bisschen angedeutet, haben Sie da echt Probleme. Wir, der Plangeber, wir, die wir hier sitzen, schaffen Baurecht, und der Senat soll aufgefordert werden, wird dann entsprechend die Verordnung erlassen, dann wird er sie im Amtsblatt veröffentlichen. Und Sie stellen jetzt den Antrag, dass der Senat von uns, dem Plangeber, aufgefordert werden soll, dem Grundstückseigentümer und Bauherren mitzuteilen: Nee, von dem Baurecht machst du jetzt erst mal keinen Gebrauch! Wir, das Land, der Plangeber also, wir wollen erst noch mal in Ruhe darüber nachdenken, ob wir uns vielleicht etwas anderes ausdenken, was dahin gebaut werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD! So funktioniert weder Baurecht noch Demokratie.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Denn wenn der Bund oder der eingesetzte Bauherrenvertreter eine Baugenehmigung beantragt, die dem B-Plan, den wir hier beschlossen haben, entspricht, dann kann das Bezirksamt Mitte nicht daherkommen und den Bauantrag zurückstellen oder etwa eine Veränderungssperre verhängen, weil wir hier nach Ihrem Willen beschließen, der soll außer Vollzug gesetzt werden. Dafür gibt es überhaupt keine Rechtsgrundlage. Was Sie hier beantragen, ist eigentlich unernst, dass wir eigentlich nicht darüber reden müssten. Sie könnten ja, wenn Sie es denn ernst meinten, meine Damen und Herren von der AfD, den Rechtsweg beschreiten. Sie könnten eine Normenkontrollklage, vielleicht auch als Fraktion, einreichen, weil Sie der Meinung sind, dieser B-Plan ist nicht ordentlich zustande gekommen. Und dazu haben Sie ja hier in der Begründung auch einiges angeführt, und zwar haben Sie dort behauptet, dass der Plan sozusagen in Form eines Akts der Geisel

nahme oder, wie Sie das ausdrücken, praktisch erzwungen worden ist. Soweit ich mir den vorliegenden B-Plan angeschaut habe – ich war ja nicht immer dabei –, da gibt es eine Begründung dazu, da ist eine Plangeschichte dargestellt, über den Masterplan, über die mehrfache Überarbeitung der Pläne, da wurden die Pläne geteilt, da gab es eine öffentliche Auslegung, da gab es eine öffentliche Trägerbeteiligung, also einen ziemlich langen Prozess der planerischen Erarbeitung. Ich kann nicht erkennen, dass da in dem Planungsprozess, wie von ihnen behauptet, Erpressung, Nötigung des Plangebers vorhanden gewesen sein soll, also alles nur Lug und Trug und Nötigung. Ich möchte hier heute zu Protokoll geben: Ich bin als Parlamentarier bei der Behandlung nicht genötigt worden. Ich bin nicht unter Druck gesetzt worden. Ich bin weder von Frau Grütters noch vielleicht von irgendeinem ihrer Vertreter des Bauherrn angesprochen oder genötigt worden.

Insofern entbehrt Ihr Antrag jeder Grundlage, und ich denke, dass, wenn wir in vier Wochen hier über die Festsetzung des B-Plans beschließen sollten, dann allerdings die Debatte um das Kulturforum nicht beendet ist. Denn dann steht erst mal Planungsrecht, dann steht auch irgendwann ein Haus. Aber die Frage, wie sich das Kulturforum weiter entwickeln und gestalten wird, ist damit nicht beantwortet. Insofern mag es ja vielleicht sein, dass auch irgendwann städtebauliche Wettbewerbe noch zur Gestaltung des Kulturforums stattfinden werden. Aber die Auslobung dieses Wettbewerbs wird nicht den Satz enthalten, dass die Leute, die sich an diesem Wettbewerb beteiligen, so tun sollten, als gäbe es das Baurecht nicht, als gäbe es das Bauwerk nicht. So findet Stadtplanung nicht statt. Insofern können Sie das Kulturforum nicht in ein Paralleluniversum und das neue Museum nicht in eine Nichtexistenz verbannen, auch bei einem neuen städtebaulichen Wettbewerb nicht. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt nun das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wurde schon gesagt, der Antrag der AfD geht davon aus, der Bebauungsplan wäre schon beschlossen. Das ist er noch nicht, aber man muss wohl leider annehmen, dass das bald passieren wird. Eines kann ich Ihnen versichern: Mit den Stimmen der FDP-Fraktion wird dieser Bebauungsplan sicher nicht beschlossen werden.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Nachdem wir von Herrn Evers und Herrn Nelken sehr viele formale Argumente gehört haben, möchte ich mich einmal mit dem Inhalt dieses Bebauungsplans beschäftigen. Der B-Plan 1-35ba wurde um das Museum des 20. Jahrhunderts und die Neue Nationalgalerie sozusagen mit der Rasierklinge eng herausgeschnitten, und diese Herauslösung führt dazu, dass der Museumsbau im Zusammenhang mit dem Kulturforum als Ganzes kaum noch Eingang in die Planung findet. Das ist ein handwerklicher Fehler dieses Bebauungsplans.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Es geht mir heute weniger um die äußere Gestaltung des Museumsgebäudes, auch wenn diese sehr umstritten ist. Der Entwurf hat in einem Wettbewerb die Unterstützung der Jury gewonnen, und natürlich freuen sich die Kulturpolitiker über die Innenraumgestaltung und eine sehr eindrucksvolle Erweiterung der Berliner Museumslandschaft. Nicht das einzelne Gebäude des Museums ist das Problem, sondern die Wirkung des Baus auf das Kulturforum als Ganzes und die Auswirkungen auf die Funktionalität des Kulturforums als Ganzes. Genau diese gesamthafte Betrachtung findet in diesem Bebauungsplan nicht statt. Das Kulturforum ist ein kulturelles und städtebauliches Gesamtkonzept, bei dem Kultur und Städtebau eben nicht voneinander zu trennen sind. Das ist keine lose Ansammlung von einzelnen Gebäuden.

Besonders kritisch ist, dass der Matthäikirchplatz, der nach Aussagen in der Anhörung das eigentliche Zentrum des Kulturforums darstellt, deutlich beeinträchtigt wird.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Im B-Plan werden Höhen und Abstände zur Kirche behandelt, aber der Platz um die Kirche, die zentrale Funktion im Kulturforum, die er wahrnehmen kann, wird ganz bewusst ausgeblendet. Der Platz wird systematisch aus diesem Bebauungsplan herausgeschnitten. Das ist unsolide und auch ein verantwortungsloses Vorgehen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Auch der willkürliche Schnitt an der Grenze zur neuen Potsdamer Straße ist ein Problem. Der Kollege Buchholz hat es schon erwähnt: Es geht um die autobahnähnliche Durchschneidung des Kulturforums und die durch diese Straßenführung entstehende Ausgrenzung der Staatsbibliothek, die doch ein integraler Teil des Kulturforums ist. Die davor befindlichen absurden Restflächen – in der Anhörung wurden sie sogar „Abfallflächen“ genannt – werden so weiter festgeschrieben. Mit dem Museum des 20. Jahrhunderts entsteht nun eine fast geschlossene Baufront zur derzeitigen Führung der Potsdamer Straße hin, und damit wird dieser unglückliche Zustand konserviert.

[Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wesener?

Bitte schön!

Danke schön, Herr Kollege! – Ich bin natürlich bei Ihren verkehrspolitischen Ausführungen neugierig geworden: Würden Sie beispielsweise eine Verschmälerung der Potsdamer Straße oder gar eine Art Shared Space an dieser Stelle befürworten?

Shared Space halte ich bei einer so wichtigen Verkehrsachse für nicht durchführbar,

[Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

aber dass eine Verschmälerung dieser Straße an der Stelle gerechtfertigt ist, halte ich für einsichtig, und das würde ich auch unterstützen. Die Straße ist zu breit angelegt, und das passt eben nicht zu dem Konzept des Kulturforums als Ganzes.

[Beifall von Daniel Wesener (GRÜNE) und Daniel Buchholz (SPD)]

Jetzt haben wir aber zu dieser Straße hin, die als gegeben genommen wird, sozusagen eine geschlossene Front, und damit ist auch Scharouns ursprüngliche Idee von der Stadtlandschaft nicht mehr möglich. Scharoun hatte ja eine Idee, bei der Bauten in lockerer Weise über das Gelände verteilt wurden in einer offenen Bauweise um eine große Freifläche, ein sogenanntes Tal. Dieses Konzept funktioniert nicht mehr, wenn diese Straße dort in dieser Form festgeschrieben wird und wenn ein solch massives Gebäude dort hineingesetzt wird, das eben ganz anders ist als das, was Scharoun an dieser Stelle mit seinem Atelier- und Gästehaus vorhatte. Wenn man das scharoun’sche Konzept der Stadtlandschaft jetzt einfach so aufgibt, ist das also ein sehr weitreichender Schritt. Man kann das nicht einfach so machen, indem man in einer sauber herausgetrennten Ecke solch einen Bebauungsplan malt. Das ist ein gedankenloses Vorgehen und auch ein ausgesprochen respektloses Vorgehen gegenüber Scharoun und seinen Konzepten.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Ein so weitreichender Eingriff bedarf eines neuen städtebaulichen Gesamtkonzepts, denn die bestehenden Probleme des Kulturforums, seine Unwirtlichkeit, die

schlechte Aufenthaltsqualität, die unattraktiven Eingangssituationen, bestehen ja weiter fort und werden eher noch verschärft. Natürlich ist das Museum des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Kulturprojekt, und Berlin sollte auch dankbar sein für die großzügige Zuwendung des Bundes. Dass aber mit dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf eine geradezu historische Entscheidung ohne Rücksicht auf den Zusammenhang des Kulturforums getroffen werden soll, kann man nicht einfach durchgehen lassen.

[Beifall bei der FDP]

Eine Gesamtkonzeption für diesen kulturell und städtebaulich herausragenden Ort ist deshalb notwendig. Ein städtebaulicher Wettbewerb wäre dafür durchaus ein Instrument, das der Bedeutung dieses Ortes angemessen ist. Sorgen Sie also dafür, dass dieses Instrument zum Einsatz kommen kann, bevor das Kulturforum in dieser Art und Weise noch weiter vermurkst wird! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Billig das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Eine ganze Menge Fakten, die gegen den Antrag sprechen, wurden schon genannt. Mir sind ein paar Punkte aber noch besonders wichtig, denn in dem Antrag wird beispielsweise suggeriert, dass die Freiflächen auf dem Kulturforum nicht untersucht, beplant und entwickelt werden können, wenn der B-Plan 1-35ba umgesetzt bzw. beschlossen wird. Außerdem wird so getan, als sei mit genau diesem B-Plan die Straßenführung festgeschrieben. Das alles stimmt nicht, denn um die Plätze und Straßen am Kulturforum zu gestalten, muss dieser B-Plan nicht angehalten werden – diese sind nämlich alle gar nicht darin.

[Henner Schmidt (FDP): Das ist es ja!]

Schauen Sie in den B-Plan, und Sie werden feststellen, dass es dort nur um das Gebäude der Nationalgalerie geht, das Baufeld nördlich davon für das Museum des 20. Jahrhunderts und das Gelände westlich davon als Infrastrukturfläche. Wir haben mit diesem B-Plan natürlich weiterhin und insbesondere jetzt jede Möglichkeit, die Straßen und Plätze darum herum attraktiv, einladend und nutzungsorientiert zu gestalten. Ihr Antrag bringt uns dabei keinen Schritt weiter.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Sie behaupten zum Beispiel auch, dass der B-Plan neue Probleme schafft. Sie lassen uns aber rätseln, welche das

sein könnten. Jetzt seien Sie einfach einmal fair und akzeptieren auch, dass durch den B-Plan und den Entwurf des Museumsbaus eine ganze Reihe von Kritikpunkten sehr wohl schon aufgelöst worden sind! In dem Gebäude ist eine Wegebeziehung zwischen Staatsbibliothek und Matthäikirchplatz. Im Gebäude wird außerdem die gewünschte Öffentlichkeit und Infrastruktur wie beispielsweise ein Museumscafé untergebracht. Der Entwurf ist bereits intensiv überarbeitet worden. Dem Denkmalschutz wurde Rechnung getragen. Das Baudenkmal der St. Matthäus-Kirche und die Platane als Naturdenkmal werden durch die größeren Abstandsflächen geschützt.

Sie sprechen außerdem davon, den B-Plan 1-35b überarbeiten zu wollen. Auch das müssen wir gar nicht, denn streng genommen gibt es diesen gar nicht. Ich könnte spekulieren, welchen B-Plan aus der Serie Kulturforum Sie jetzt eigentlich meinen und verändern möchten. Sie reden recht konfus über alle möglichen Flächen, und es ist völlig unklar, was genau Sie tatsächlich tun wollen. Erkundigen Sie sich doch einfach einmal! Recherchieren Sie in den Akten, was Sie denn eigentlich meinen!

Wir haben jetzt zwar eine ganze Reihe von einzelnen BPlänen. Das mag auf den ersten Blick auch ein wenig konfus wirken. Tatsächlich ist aber inzwischen das komplette Gelände beplant. Sie glauben doch nicht, dass der eine B-Plan aufgestellt worden ist, ohne die anderen anzuschauen und mit in die Betrachtung einzubeziehen.

[Henner Schmidt (FDP): Genau das behaupten wir! Ja!]

Wir haben gerade begonnen, das Kulturforum auszubauen. Das heißt, wir sind mitten in der Arbeit.

[Harald Laatsch (AfD): Sie wissen gar nicht, wovon Sie sprechen!]

Natürlich werden auch die Straßen und Flächen vor der Staatsbibliothek einbezogen. Die Aufgabe der Flächengestaltung und Straßenplanung steht gerade jetzt bevor. Das ist eine irre spannende Aufgabe, und davor will sich definitiv keiner drücken. Wir nehmen diese Aufgabe sehr gerne an.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Zuruf von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

Besonders interessant fand ich den Vorwurf, der Entwurf kommuniziere nicht mit den Gebäuden. Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie denn die Kommunikation jetzt ist, wie die Nationalgalerie, die St. Matthäus-Kirche und die Philharmonie denn jetzt kommunizieren. Ich bin dabei zu keinem genauen Ergebnis gekommen.

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Weil Sie keine Ahnung davon haben!]