Ja, und das ist auch gut so. Wir sind der Meinung, noch viel mehr Gymnasien sollten die Möglichkeit bekommen, sich entsprechend zu entwickeln. Warum schränken wir die Schulen so weit ein? Lassen wir sie doch selbst entscheiden, was aus ihrer Sicht gut und richtig ist!
Ich finde es wirklich schlimm, Frau Kittler, wenn Sie die anderen Schülerinnen und Schüler, die dann in der Grundschule verbleiben, zu „Resteschülern“ machen. Das finde ich wirklich schlimm und erniedrigend.
Diese Schülerinnen und Schüler, die schon jetzt zurückbleiben auf Ihren „Resteschulen“ – und das sagen Sie und nicht ich –, diskriminieren Sie mit diesen Aussagen.
Das sind Schülerinnen und Schüler, die sich hervorragend entwickeln können – na ja, so gut es das Berliner Bildungssystem eben hergibt –,
und denen muss man alle Möglichkeiten geben. Natürlich können sie noch intensiver gefördert werden, wenn noch mehr Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse gehen. Dann haben die Lehrer für diejenigen Schüler, die verbleiben, mehr Zeit, können intensiver mit ihnen arbeiten, können sie stärker machen und erfolgreich auf die Zukunft vorbereiten. Das muss doch unser aller Ziel sein, statt ideologische Scheuklappen anzulegen und zu sagen: Oh, wer auf das Gymnasium geht, ist Elite! – Nein, das sind leistungsstarke Schülerinnen und Schüler. Um die geht es und nicht um Eliten in irgendeiner Form.
Wenn wir sagen „Elite“, dann meinen wir eine Leistungselite und keine gesellschaftliche Elite, die durch Herkunft geprägt ist. Dass die soziale Durchlässigkeit an den Berliner Schulen so schlecht ist, wie sie ist, verdanken wir 22 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik in Berlin.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Burkert-Eulitz das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe CDU! Das war nun ein kurzer Ausflug zur Unterstützung der Grundschulen – und schwups haben Sie sich von den dortigen Problemen abgewandt und landen wieder bei Ihrem permanenten Angstthema, wir würden das Gymnasium abschaffen wollen. Manchmal hilft ja Wiederholung, also: R2G wird das Gymnasium nicht antasten. Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen.
Ich darf Sie, Frau Bentele, aus dem Protokoll der Sitzung des Bildungsausschusses vom 18. Januar 2018 zitieren:
Denn die Grundschule ist der Bereich, wo die Grundlagen gelegt werden, die die Gemeinschaftsschule per se ist, wo alle zusammenkommen und wo es dann später sehr ungerecht wird, wenn die Grundlagen nicht gleichmäßig für alle gut gelegt werden. Insofern muss die Grundschule unser Fokus sein. Die Besprechung heute soll der Auftakt dafür sein.
Nun also wieder das Gymnasium! Nach dem Antrag zur Abschaffung der MSA-Prüfungen an den Gymnasien kommt nun einmal wieder ein CDU-Klientelantrag, ein Antrag der sozialen Abschottung. Mit der Forderung, die bestehende Deckelung von Gymnasialzügen ab Klasse 5 abzuschaffen, würden Sie nun das Gegenteil von dem erreichen, was Sie am 18. Januar verkündet haben. Sie lösen die geforderte gleiche Grundlage auf, die Lerngruppen verlieren an Heterogenität. Das machen wir nicht mit,
denn das grundständige Gymnasium verhindert die soziale Durchlässigkeit. Der Lmb-Anteil an grundständigen Gymnasien liegt bei 14,8 Prozent, bei Gymnasien ab Klasse 7 immerhin bei 22,8 Prozent und bei Gemeinschaftsschulen bei 50 Prozent. Die soziale Schere setzt schon innerhalb der Grundschule an. Das wollen wir verhindern.
In welchen Räumen sollen eigentlich die vielen neuen 5. Klassen untergebracht werden? Wer unterrichtet sie?
Berlin hat sich für die sechsjährige Grundschule entschieden. Wer daran rüttelt, verbreitet Unruhe und Unsicherheit. Sie setzen einseitig auf die Gymnasien zulasten der Grundschulen. In der Folge hätten wir übervolle Gymnasien und halb leere Grundschulen. Die Berliner Schulreform hat sich klar dafür ausgesprochen, dass der bisherige Umfang an Zügen an den grundständigen Gymnasien beibehalten werden soll. Wer dies aufkündigt, kündigt den Schulfrieden auf. Nicht mit R2G! Das machen wir nicht mit.
Ich werde Ihnen jetzt zeigen, dass wir die Gymnasien im Blick haben. Im jetzigen Referentenentwurf zum Schulgesetz, der ja auch Ihnen zugegangen ist, werden wir das tun, was die Vereinigung der Oberstudiendirektoren – Herrn Treptow wird es freuen – schon lange fordert und Sie, liebe CDU, unter Rot-Schwarz nicht hinbekommen haben: Die Oberstufe am Gymnasium wird nun endlich KMK-konform sein,
Beim Programm zur Begabungsförderung spielen die Gymnasien eine wichtige Rolle. Von dem Programm zur Stärkung der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger werden auch die Gymnasien profitieren. Auch mit den IT-Administratorenstellen, die wir nun flächendeckend ausbauen werden, haben insbesondere die Gymnasien mit ihren IT-Infrastrukturen eine gute Unterstützung an der
21. Jahrhundert und bei den Problemstellungen unserer Stadt an! Die Guten ans Gymnasium, die Schlechten an die ISS – das sind Konzepte von gestern. Das ist kein geeigneter Beitrag zur Chancengleichheit.
Für die CDU zum Mitschreiben: Auch die Gymnasien sind zur Inklusion verpflichtet und haben zugleich die Aufgabe, all ihre Schülerinnen und Schüler anzunehmen und mitzunehmen.
Dazu habe ich von der CDU noch keinen inhaltlichen Debattenbeitrag gehört oder gelesen. Trotzdem hoffen wir in der Bildungspolitik weiterhin auf Weiterentwicklungs- und Modernisierungseffekte bei der Berliner CDU. – Vielen Dank!
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in Deutschland durch die Bildungssouveränität der Länder einen Zustand, der Länderexperimenten viel Raum lässt und damit einen ewigen Streit zwischen den Ländern garantiert. Infolgedessen sind die Schulsysteme und deren Leistungsfähigkeit so verschieden, dass ein Wechsel zwischen ihnen schwierig und die Ergebnisse der Schüler aus den einzelnen Ländern nicht vergleichbar sind.
In Berlin haben wir derzeit Kinder, die in der 1. Klasse eingeschult werden, aber nicht beschulbar sind, da sie weder zu Hause noch in der Vorschule die Grundvoraussetzungen gelernt haben, eine Dreiviertelstunde ruhig zu sitzen und der Lehrerin zuzuhören. Dadurch hinken Lerntempo und vermittelte Inhalte in den heutigen Grundschulen den Schulen der Siebzigerjahre um mindestens ein Jahr hinterher.
Sollten wir unseren Kindern nicht beste Bildung anbieten? Jedes Kind muss optimal gefördert werden. Im internationalen Wettbewerb können wir uns keine Leis
tungsbeschränkung von Kindern durch lernschwache und undisziplinierte andere Kinder leisten. Das muss anders organisiert werden. Kinder aus anderen Kulturen müssten kein Hemmschuh für bessere Schüler sein, aber wenn diese Kinder bewährte Sitten wie z. B. den Respekt vor der Lehrerin nicht kennen oder akzeptieren, weil sie keinen Lernwillen haben oder der Unterrichtssprache nicht mächtig sind, reduzieren sie die Chancen aller Klassenkameraden, vor allem die Chancen der Besten. Sollten wir den pfiffigen Schülern nicht die Möglichkeit geben, ab der 5. Klasse in gymnasialer Umgebung gefördert zu werden? Sollten wir unseren Kindern nicht die beste Bildung anbieten?
Da wir nach wie vor früh einschulen, haben wir nach zwölf Schuljahren 17-jährige Abiturienten. Wir haben Schüler, die sich in der komprimierten Mittelstufe von Klasse 7 bis 10 vor Lernstoff und Hausaufgaben nicht mehr retten können. Diese Schüler müssen sich dadurch früh von ihrer Kindheit verabschieden, nach der Reifeprüfung dürfen sie aber als unmündige Abiturienten weder einen Mietvertrag abschließen noch Autofahren. Wozu hetzen wir diese Kinder durchs Gymnasium, wenn wir uns anschließend bei der Suche nach Möglichkeiten überschlagen, Auszeiten und Sabbaticals in den Lebensplan einzubauen? In einigen deutschen Ländern haben die Eltern zwischen G 8 und G 9 die Wahl, also zwischen Schulen, die nach zwölf Klassen mit dem Abitur abschließen, G 8 genannt, oder nach 13 Klassen, G 9 genannt.
Was machen die Eltern? – Sie stehen sich in der Schlange vor den G 9-Schulen mit den 13 Klassen die Beine in den Bauch, während vor den G 8-Schulen gähnende Leere herrscht. Sollten wir unseren Kindern nicht die beste Bildung anbieten? Der von der CDU vorgeschlagene Antrag ist ein Schritt in die richtige Richtung: beste Bildung für zukünftige Hoffnungsträger. – Schönen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.