Protocol of the Session on January 25, 2018

Noch eine Feststellung zum Schluss: Wir setzen jetzt für diese eine Aufgabe einen externen Beauftragten ein. Man kann an diesem Komplex aber sehr gut sehen, warum wir einen dauerhaften unabhängigen Polizeibeauftragten brauchen: Wir hätten dann eine unabhängige Instanz, an die sich auch Beamtinnen, Beamte und Azubis vertraulich wenden können, ohne über den Dienstweg gehen zu müssen oder über Medien, und bei Vorgängen wie diesen, wäre sofort eine externe, unabhängige Untersuchung möglich. Und Situationen wie diese, wo der Vorwurf der Vertuschung im Raum steht, würden vielleicht so gar nicht entstehen. Das zeigt also: So etwas ist kein Instrument gegen die Polizei, sondern auch ein Instrument für die Polizei, für die Verbesserung der Polizeiarbeit. Deshalb wäre ich sehr dafür, dass wir noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf für einen unabhängigen Polizeibeauftragten auf den Weg bringen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die FDP hat jetzt der Kollege Luthe das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Schrader hat uns gerade auf eine kleine Zeitreise mitgenommen. Ich möchte, damit auch der geneigte Zuhörer die Geschichte hinter diesem Tagesordnungspunkt, den die CDU angemeldet hat, nachvollziehen kann, die Zeitreise noch etwas erweitern:

Die Veränderung an der Polizeiakademie – ehemals Landespolizeischule Berlin – geht zurück auf die Einsetzung im Jahr 2016, wiederum als Folge der gesamten Strukturreform. Diese Strukturreform, lieber Kollege Dregger, ist entstanden unter der Ägide Ihres Innensenators Henkel.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Der was davon wusste?]

Nein, möglicherweise nicht! Das ist ja ein anderes Problem in der Tat, dass die Senatsverwaltung für Inneres, Herr Kollege Lux – das ist aber nicht nur damals so gewesen, sondern auch heute so –, nicht weiß, was beim Polizeipräsidenten passiert, und der Polizeipräsident nicht weiß, was beim LKA passiert.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Benedikt Lux (GRÜNE): Das ist jetzt besser geworden!]

Die Idee, einmal mehr – und in der Tat, wir haben es gerade schon gehört, die Situation kommt uns allen bekannt vor – beginnt wie folgt: Es heißt, „Mensch, es gab ja für die Vorwürfe keine Beweise!“. Herr Schreiber ging sogar so weit zu behaupten, die seien ausgeräumt worden.

Wenn es hier darum geht, dass wir diejenigen im Innenausschuss befragen – in dem im Übrigen vonseiten der Exekutive jeder erzählen kann, was er will; im Gegensatz zu einem Untersuchungsausschuss, in dem die Falschaussage strafbewehrt ist –, wenn also dort die Leute kommen, denen man ein Fehlverhalten vorwirft, und wir die fragen, „Mensch, war denn da was dran?“, und die sagen Ihnen dann, „Mensch, nein, Herr Schreiber, da war nichts dran!“ – dann glauben Sie das allen Ernstes? – Das kann doch nicht sein!

[Beifall bei der FDP]

Wir sind als Parlament dafür da, die Exekutive zu kontrollieren. Es nicht unsere Aufgabe, das an irgendwelche Privatpersönchen zu delegieren, Herr Kollege Dregger. Wir sind gewählt genau für diese Aufgabe, und dieser Aufgabe müssen wir auch nachkommen. Und dadurch, dass mal ein Kumpel von Herr Akmann und vielleicht auch mal ein Kumpel aus Ihrer Fraktion als Sonderermittler eingesetzt wird ohne irgendeine demokratische Legitimation durch den Wähler und vor allem auch ohne irgendwelche Rechte, sich Vorgänge anzuschauen, Zeugen zu vernehmen, Akten anzufordern und zur Abwechslung vielleicht auch dafür zu sorgen, dass die Akten ankommen – all das kann ein Untersuchungsausschuss, und auch nur der, Herr Kollege Dregger.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dregger?

Unbedingt!

Bitte schön!

(Niklas Schrader)

Vielen Dank, Herr Kollege! – Ist es nicht so, dass Ihr Entwurf eines Untersuchungsauftrags, den Sie ja auch ohne Zurückhaltung gegenüber Medien kommuniziert haben, eine derartig reichhaltige Fülle von Themen außerhalb der Polizeiakademie, nämlich die gesamte Innen- und Rechtspolitik des Landes Berlin zum Gegenstand gehabt hat, dass Sie offenbar selbst davon ausgehen, dass das Thema Polizeiakademie für einen Untersuchungsausschuss nicht ausreichend ist?

[Benedikt Lux (GRÜNE): Gute Frage! Paul Fresdorf (FDP): Nonsens!]

Lieber Herr Kollege Dregger, ich danke Ihnen ganz herzlich für diese Frage! In der Tat haben wir einen sehr weitgehenden Untersuchungsausschussauftrag formuliert mit knapp 40 Einzelpunkten, die solche Dinge aufgreifen wie die Personalminderausstattung bei der Polizei, beispielsweise eben auch im Landeskriminalamt, auch im LKA 54 – genau das Thema, das wir heute hatten –, wo es ebenfalls auf meine parlamentarischen Anfragen hieß, dass es dort gar keine Probleme gegeben habe, keine Remonstrationen.

Was wir dann tatsächlich jetzt erfahren haben – zufällig mal wieder durch Unterlagen, die ans Licht gekommen sind – ist, dass die Aussagen, die uns gegenüber gemacht wurden, unwahr waren. Insofern ist es völlig richtig: Wir müssen uns eine Vielzahl von Themen anschauen.

Und dass Sie jetzt allerdings mit diesem einen Antrag nur eins machen, und zwar im Stil der übergroßen rot-rotgrünen Linkskoalition, unterstützt von der CDU, ist, die Aufklärung auch an der Polizeiakademie zu verhindern und im Gegenteil den Beamtinnen und Beamten, die sich vertrauensvoll auch an Sie gewandt haben, eins zu signalisieren: Wir warten erst mal wieder ab; dann machen wir gar nichts. Und dann gucken wir vielleicht mal in ein paar Jahren, ob die Leute vergessen haben, wer eigentlich für Sicherheit verantwortlich war zwischen 2011 und 2016 – nämlich Ihre Fraktion.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Herr Kollege Luthe, darf ich Sie fragen, ob Sie eine zweite Zwischenfrage des Kollegen Czaja von der CDU zulassen?

Herr Kollege Luthe! Schmerzt es Sie sehr, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss nicht führen durften, den Sie sich doch so wunderbar zurechtgezeichnet hatten?

Herr Kollege Czaja! Sie sprechen offensichtlich in der falschen Form. Ich nehme an, dass es Sie schwer schmerzt, dass Sie nicht mehr Senator sind, und das ist wiederum nicht zu ändern.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU]

Ich hingegen freue mich in der Tat darauf, dass die Freien Demokraten den nächsten Ausschuss in diesem Hause führen werden, und das wird der Untersuchungsausschuss zum Personalwesen bei Polizei und Justiz sein, sobald Ihre Fraktion endlich die alten Zöpfe abschneidet, das Problem der alten Senatoren löst und sich neu aufstellt und damit vielleicht auch wieder ein wenig Vertrauen in der Stadt im Bereich von Sicherheit und Recht zurückgewinnt. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo!]

Für die Grünen hat jetzt der Kollege Lux das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fakt ist: Wir bilden so viele Polizistinnen und Polizisten aus wie nie: 1 200 sind es in diesem Jahr.

Fakt ist auch: Wir brauchen diese jungen Leute. Sie werden dafür sorgen, dass die Berliner Polizei sich maßgeblich erneuert, moderner wird, mehr Migrationshintergrund hat, weiblicher ist, digitaler ist, und das ist auch gut so für diese Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Fakt ist auch: Es gibt eine strittige Reform, die innerhalb dieser Handlungsphase gestartet worden ist, die man auch evaluieren muss. Es gibt Beschwerden, es gibt schlechte Stimmung, es gibt aktuell auch einen hohen Krankenstand. Da ist also etwas im Argen, und auch das wird untersucht, und zwar auf Antrag der rot-rot-grünen Koalition gemeinsam mit der CDU-Fraktion. Das heißt also: Es gibt eine breite Mehrheit für die gewählte Untersuchung hier.

Fakt ist auch: Die Polizei ist als Behörde deutlich strenger als der Rest der Arbeitswelt – und ich würde trotzdem auf die Zwischenfrage davor eingehen, egal, wer sie gestellt hat.

Kollege Trapp!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Lieber Kollege Lux! Sie haben über den hohen Krankenstand gesprochen. Ich hatte dazu eine Schriftliche Anfrage gestellt. Mir ist der Krankenstand nicht bekanntgegeben worden. Woher haben Sie die Information über den hohen Krankenstand?

Lieber Herr Kollege Trapp! Wie Sie wissen, habe ich auch meine Kontakte innerhalb der Behörde, und die Information kommt von befreundeten Lehrern und Ausbildern an der Polizeiakademie. Tut mir leid, wenn Ihre Fragen da nicht beantwortet werden. Aber ich glaube, Sie haben da auch Ihre Möglichkeiten, und ich finde es gut, dass dieses Problem von uns beiden gemeinsam ernst genommen wird. Ein hoher Krankenstand ist ein Indiz dafür, dass es dort Unzufriedenheit gibt mit der Führung, und auch die haben wir gemeinsam erörtert.

Wir sind beide ja der Auffassung, dass wir die bestmöglichen Ausbildungsbedingungen für die jungen Leute schaffen sollten, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer dort unterstützen müssen, dass wir von denen auch mehr erwarten und dass wir es misslich finden, wenn Lehrerinnen und Lehrer oder auch Gastdozenten sich nicht anders zu helfen wissen, als sich über ziemlich – wie soll ich sagen? – unsachliche WhatsApp-Nachrichten Luft zu verschaffen. – Also, da muss sich etwas ändern, lieber Herr Kollege Trapp, und da freue ich mich, Sie an meiner Seite zu haben.

Ich freue mich auch darüber, dass Sie – anders als ein paar Kollegen Ihrer Fraktion und insbesondere von FDP und AfD – nicht der Versuchung erlegen sind, die Unterwanderung der Polizei durch die organisierte Kriminalität zu überhöhen. Sicherlich, es gibt einen, zwei, drei Vorfälle, die teilweise aufgeklärt, teilweise nicht aufgeklärt sind. Aber es sind sehr, sehr wenige Vorfälle bei insgesamt 1 200 Personen. Wir reden dann von einer sehr, sehr geringen Tatverdächtigenzahl. Da finden Sie in allen anderen Bereichen sicherlich eine höhere Kompromittierung. Bei der Polizei, da gebe ich Ihnen auch recht, ist es wichtiger. Bei der Polizei müssen höhere Anforderungen an die Rechtstreue bestehen, und deswegen machen wir ja diese Übung hier.

Eine weitere Zwischenfrage hat der Abgeordnete Herr Woldeit.

Ja, bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Kollege Lux! Sie erinnern sich sicher noch an die Sondersitzung des Innenausschusses. Sie haben gerade gesagt, es gab im Rahmen der organisierten Kriminalität zwei, drei Vorfälle. Wie erklären Sie sich die Diskrepanz – und das ist ja im Wortprotokoll nachzulesen –, dass sowohl Politik als auch Polizeiführung zu dem Zeitpunkt gesagt haben, es gibt nicht einen einzigen Fall?

Es gibt nicht einen einzigen nachgewiesenen Fall, in dem die organisierte Kriminalität – unbestimmter Rechtsbegriff – gezielt versucht hat, die Berliner Polizeiakademie zu unterwandern und ihr das auch gelungen ist. Diesen Fall gibt es nicht, den gibt es nach wie vor nicht. Die Polizeiführung hat selbst sehr transparent und ausführlich in der Sondersitzung – Sie scheinen das Protokoll nicht gelesen zu haben oder nicht die ganze Sitzung anwesend gewesen zu sein – berichtet. Frau Koppers hat am Ende der Sitzung jeden Verdachtsfall aufgezählt. Ich finde es richtig, dass die Unschuldsvermutung auch für Berliner Polizistinnen und Polizisten gilt. Herr Kollege Luthe hat vorhin gesagt: Was, Sie glauben das alles? –, das war die Umkehrung der Unschuldsvermutung, die Sie als Liberaler hier abgegeben haben. Sie sollten sich als Liberaler schämen, Herr Kollege!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Ja, ja, wenn es in Ihr politisches Konzept passt, dann sind auch Berliner Polizeischülerinnen und -schüler auf einmal schuldig. Wenn die Polizeiführung oder der Innensenator sie verteidigt, dann sind sie erst recht schuldig. Das ist also Ihre Auffassung vom Rechtsstaat.

Herr Luthe! Sie haben auch völlig verkannt, welche Rolle wir als Parlament, als gesetzgebende Gewalt zuvörderst haben. Die Gesetzgebung ist unsere erste Aufgabe. Die zweite Aufgabe ist die Kontrolle der Verwaltung. Und die spezielle Kontrolle der Verwaltung, insbesondere in Strafverfahren obliegt den Gerichten. Ich mahne Sie wiederholt an: Respektieren Sie die deutsche Gerichtsbarkeit! Fordern Sie nicht bei jedem Verdachtsfall einen Untersuchungsausschuss! Das machen Sie hier ständig. Sie sind machtvollkommen wie ein kleiner Feldherr, Herr Luthe. Und es ist Ihnen auch nicht auszutreiben, aber es nervt wirklich.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Herr Luthe weiß, wer schuldig ist. Herr Luthe weiß es. Kein förmliches Verfahren, nein, schuldig sind sie, die Polizeiführung, die Polizeischüler, da gibt es irgendeinen Verdachtsfall, warum glauben Sie dem denn, hängt ihn, das ist die Message von Luthe, immer wieder!

[Lachen von Marcel Luthe (FDP)]