Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich eröffne damit erneut die Sitzung und komme zum Verlesen des Abstimmungsergebnisses: Es haben sich an der Abstimmung zum Änderungsantrag der AfD-Fraktion, Drucksache 18/0716-1, insgesamt 149 Abgeordnete beteiligt. Davon war eine Stimme ungültig. Mit Ja gestimmt haben 23 Abgeordnete, mit Nein haben 125 Abgeordnete gestimmt; Enthaltungen gab es keine. – Damit ist der Antrag Drucksache 18/0716-1 abgelehnt.
Ich komme nun zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 18/0716. Wer dem Antrag auf Drucksache 18/0716 zustimmen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen, auch der frakti
Einzelpläne: 01 Abgeordnetenhaus 02 Verfassungsgerichtshof 20 Rechnungshof 21 Beauftragte/Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit
In der Rederunde beginnt die Fraktion der SPD. Hier wird es keine Rednerin geben. – Für die Fraktion der AfD – das wäre der nächste Redner – ist dann Herr Gläser an der Reihe. – Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! So eine Datenschutzbehörde muss unabhängig sein, das heißt, sie muss über jeden Zweifel erhaben sein, und sie muss mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet sein, damit sie ihre Aufgaben wirkungsvoll wahrnehmen kann.
Jetzt schauen wir uns einmal an, wie das im Land Berlin ist: Wir hatten am Montag die Sitzung des Datenschutzausschusses.
Einen kleinen Moment, Herr Gläser! – Es ist mir noch zu laut in diesem Saal. Gespräche bitte ich draußen fortzusetzen oder hier drin bitte zu unterlassen! – Vielen Dank! – Herr Gläser, Sie haben das Wort!
Vielen Dank! – Wie ist es bestellt um die Situation des Datenschutzes in unserer Stadt? – Am Montag hatten wir die Sitzung des Datenschutzausschusses. Da hat der Kollege Stephan Lenz von der CDU, gerichtet an die Herrschaften der Regierungsfraktionen, die Charakterisierung abgegeben, sie seien Datenschutz-Maniacs. – Eine interessante, aber inhaltlich nicht ganz zutreffende Einordnung. Denn in Wirklichkeit interessieren Sie sich überhaupt nicht für Datenschutz. Das sind nur Lippenbekenntnisse. Das sind nur Sonntagsreden von Ihnen, mit denen Sie ankommen, aber das meinen Sie nicht wirklich ernst, und das sehen wir unter anderem auch an diesem Haushalt.
Es war so, dass die Datenschutzbeauftragte Frau Smoltczyk in unsere Sitzung kam, und sie hatte eine Anmerkung zum Formanpassungsgesetz, um das es da auch ging. Da hätte sie angehört werden müssen – es gibt zumindest einen guten Grund, anzunehmen, dass sie in diesem Fall so hätte angehört werden müssen, wie es im Gesetz steht –, und das haben Sie mit Ihrer Mehrheit einfach vom Tisch gewischt und gesagt: Na, gehen Sie doch zum Innenausschuss; der ist da federführend! Bringen Sie Ihre Bedenken da vor! Wir werden uns damit nicht weiter befassen. – Das ist die Haltung, wie Sie wirklich über den Datenschutz denken!
Jetzt komme ich zum Haushalt, wo es ja auch um diese Fragen geht, und da muss ich einen kurzen Exkurs zum Thema Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union machen: Das ist ein Thema, das uns im nächsten Jahr wahrscheinlich noch öfter beschäftigen wird; es tritt im Mai in Kraft. Ich habe mal ein Gutachten von Prof. Roßnagel mitgebracht, das ist 160 Seiten stark. Das ist eine kleine Revolution: Da ist geregelt, was alles für neue Aufgaben auf Datenschutzbehörden landauf und landab zukommen. Das fängt an mit A wie „Amtshilfe für andere Datenschutzbehörden“ und geht bis Z wie „Zertifizierung von Überwachungs- und Kontrollfirmen.“
Ich kann das alles gar nicht aufführen; es steht alles in diesem Wahnsinnsgutachtachten hier drin. Das sind eine ganze Menge Aufgaben, die auch auf die Berliner Datenschutzbehörde zukommen.
Herr Gläser! Ich habe mal eine Frage, weil Sie sich hier so als Datenschutzfreund präsentieren: Halten Sie es für datenschutzfreundlich, wenn Ihre Fraktion – das hat sie ja hier bereits gemacht – einen Antrag einbringt für eine ziemlich exorbitante Ausweitung der Videoüberwachung in Berlin?
Herr Schrader! Das ist auch ein Aspekt, der wichtig ist, aber hier überwiegen Sicherheitsbedenken. Wir sagen ja auch nicht, dass an jeder Ecke eine Kamera hängen muss, sondern nur an kriminalitätsbelasteten Orten in der Stadt.
Zu der Datenschutzgrundverordnung, ich hatte es gerade ausgeführt: Ein Haufen neuer Aufgaben kommt auf die Behörde zu. Was Sie hier geschaffen haben, ist ein neues bürokratisches Monster – natürlich nicht Sie persönlich, aber alle anderen Fraktionen außer uns, außer der Stimme der Vernunft aus der Mitte der Gesellschaft,
haben in Brüssel dieses neue Gesetz bejubelt, das den Datenschutz unglaublich aufbläht und sich immer weiter in unser aller Leben einmischt. Wir sehen dieses Gesetz eher kritisch, insbesondere, dass es in ganz Europa überall gleich gelten soll. Von Dublin bis Lissabon, von Athen bis Helsinki, überall gilt jetzt das gleiche Gesetz. Das ist Ihre Politik. Es kann gar nicht gleich genug sein. Alle müssen die gleichen Steuern bezahlen, alle müssen den gleichen Datenschutz haben, alle müssen die gleiche Krankenversicherung haben. Wir wissen doch, wo es hinführt: Am Ende sitzen wir alle im gleichen stinkenden Trabi, wohnen in der gleichen gruseligen Plattenbauwohnung und haben die gleichen hässlichen Klamotten an. Wollen Sie da wirklich hin?
Deswegen lehnen wir dieses Gesetz ab. – Nun ist es aber einmal da. Jetzt muss es leider umgesetzt werden. Wir müssen die Suppe auslöffeln, die Sie uns mit diesem Gesetz eingebrockt haben. Frau Smoltczyk sagte: Ich brauche für diese vielen neuen Aufgaben 15 neue Stellen. – Haben Sie ihr diese bewilligt? – Das haben Sie nicht getan. Sie haben ihr nur 10 Stellen gegeben, und zwar nur mäßig bezahlte und nicht die Stellen im gehobenen Dienst, die für diese abstrakten Aufgaben wirklich notwendig wären. Sie sagt: Ich habe mein Büro in der Friedrichstraße, 100 Meter weiter ist das Büro der Bundesbeauftragten für Datenschutz. Sie oder das Land Brandenburg werben mir die Leute ab. – Das sind Schwierigkeiten, mit denen die Landesdatenschutzbeauftragte in Zukunft zu kämpfen haben wird. Sie wird unmöglich in der Lage sein, all die Aufgaben auszufüllen.
Das Gleiche beim Rechnungshof: In Müllers wachsender Stadt wächst alles, aber der Rechnungshof soll gleich bleiben. Obwohl es einen Vorschlag von Frau ClaßenBeblo gab, diese Behörde kostenneutral umzubauen, sodass sie besser in der Lage wäre, ihre Aufgaben wahrzunehmen, haben Sie das mit Ihrer Koalitionsmehrheit vom Tisch gewischt und machen das nicht mit, und zwar gegen die Stimmen aller Oppositionsparteien.
Das ist Ihre Politik. Der Webfehler ist von vornherein automatisch drin. Die ganze Architektur ist so angelegt wie die Sprinkleranlagen im BER. Das kann nicht funktionieren, Sie werden damit scheitern. Jeder, der es sehen will, weiß: Es geht immer schief bei Ihnen.
Sie sind aber nicht immer so knauserig, wenn es ums Geld geht. Damit komme ich zum letzten Punkt, weil wir hierunter auch den Etat vom Abgeordnetenhaus haben. Wenn es um Sie selbst geht, können die Summen gar nicht schnell genug bereitgestellt werden, dann kann es gar nicht schnell genug gehen mit dem Geld. Vor einem Jahr haben Sie die Diätenerhöhung durchgeführt und diesen Automatismus eingeführt, der jetzt auch im Bundestag zu Recht kritisiert wird: dass wir gar nicht mehr darüber reden oder abstimmen, dass das jedes Jahr automatisch mehr wird. Deswegen hat jeder von uns gerade das Schreiben von der Verwaltung bekommen, dass es ab 1. Januar mehr Geld geben wird. Und nicht nur das! Mehr Geld für Sie, mehr Geld für die Mitarbeiter mit diesem unglaublich frechen Griff ins Geld der Steuerzahler, um die Fraktionsmittel exorbitant in die Höhe zu treiben, 5 Millionen Euro im Jahr!
Das sind 33 000 Euro pro Abgeordneten mehr, die Sie sich jetzt genehmigt haben. Das ist mehr, als ein Bäckereifachverkäufer oder eine Kindergärtnerin im Jahr nach Hause trägt. Das haben Sie sich einfach so als Extrabonus genehmigt.
Diese Politik, die Checks und Balances in unserer Stadt zu vernachlässigen und stiefmütterlich zu behandeln und sich gleichzeitig die Taschen mit dem Geld der Bürger vollzustopfen, –
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von der SPD: Scheinheilig! Verlogen!]
Herr Kohlmeier, hören Sie mir bitte zu! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wenn wir einmal die Wohlfühlblase der rot-rot-grünen Regie
rungskoalition verlassen und wenn wir mit einem nüchternen und sachlichen Blick auf die zurückliegenden Haushaltsberatungen schauen, dann können wir Folgendes festhalten: Anders als im europäischen Trend verliert der Datenschutz im Bundesland Berlin künftig an Bedeutung.
Anders, als die bürgerrechtsliberalen Äußerungen von Rot-Rot-Grün vermuten lassen, wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wohl künftig nur noch eine untergeordnete Rolle in der Regierungspolitik von Berlin spielen.
Nein, keine Zwischenfragen! – Anders als notwendig und angezeigt wird die Stärkung und Weiterentwicklung der Datenschutzbehörden in Berlin nicht angemessen durch den Senat verfolgt.
Aber wir können noch mehr festhalten: Wir sehen auch einen Trend, der besorgniserregend ist. Wir sehen den Trend, diejenigen Institutionen im Land Berlin zu schwächen, relativ gesehen und zugleich gemessen an ihren künftig steigenden Aufgaben, die für die Kontrolle staatlichen Handelns stehen und als unverzichtbares Korrektiv im Zeitalter der Digitalisierung wirken.