Protocol of the Session on November 30, 2017

Dann hat die Kollegin Dr. Jasper-Winter das Wort für die letzte Frage.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Hebammen bestätigen – zuletzt eine Hebamme für die Nacht vom 15. auf den 16. November –, dass alle innerstädtischen Kreißsäle zu dem Zeitpunkt geschlossen gewesen seien und jedenfalls Rettungswagen diese nicht anfuhren, und vor dem Hintergrund, dass die Kreißsäle erfahrungsgemäß an Weihnachten im Hinblick auf das Personal nicht so wie an anderen Tagen besetzt sein werden, frage ich den Senat: Welche konkreten und vor allem kurzfristigen Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um diese unzumutbare Situation zu verbessern?

Vielen Dank! – Frau Senatorin Kolat! – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Geburtshilfe ist eines der aktuellen Themen meiner Arbeit. Wir haben die erfreuliche Entwicklung, dass die Zahl der Geburten in Berlin steigt. 2016 hatten wir tatsächlich die Spitze erreicht, 2017 gehen wir nach den jetzigen Prognosen davon aus, dass die Zahl der Geburten etwas rückläufig sein wird. Dennoch gibt es die Engpässe in den Kreißsälen. Deswegen habe ich einen Runden Tisch einberufen, um eben auch kurzfristig zu schauen, wie wir Maßnahmen treffen können. Ich möchte voranstellen: In Berlin wird jede Frau versorgt, die sozusagen eine Geburt vollziehen wird, denn die Rettungsstellen der Krankenhäuser und auch die Feuerwehr können Notbehandlungen durchführen. Eine Geburt ist dann natürlich umso eher möglich. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Frau abgelehnt wird. Die Krankenhäuser, mit denen ich spreche, reden auch nicht von Abweisung.

Ich bitte, diesen Begriff in diesem Zusammenhang nicht zu benutzen. Vielmehr wird ganz individuell geschaut, wie die Situation ist, ob noch Zeit bleibt. Wenn eingeschätzt wird, dass es so ist, wird die Frau mit einem Krankenwagen in das nächste Krankenhaus gefahren. Es gibt ein sicheres Umfeld, in dem eine gute Geburt zustande kommen kann.

Geburten sind aber nicht planbar wie manche andere Operationen, und auch die Einschätzung der Lage kann einmal nicht richtig sein. So kann es tatsächlich auch zu schwierigen Situationen kommen. Aber mir haben die Krankenhäuser versichert, dass sie keine Frau abweisen. Es gibt Notaufnahmen, und es werde auch Not-OPs gemacht. Da wird ja auch eine Geburt möglich sein. Es wird also je nach Situation weiterverwiesen. Wenn aber die Mutter sagt, sie möchte nicht mit dem Krankenwagen zum nächsten Krankenhaus fahren, sondern im eigenen Auto – das ist einmal tatsächlich passiert –, dann kann es zu einer schwierigen Situation kommen. Aber in diesem Einzelfall ist das, gegen das Anraten des Krankenhauses, geschehen.

Was tun wir? – Wir haben krankenhausscharf abgefragt, wo genau die Engpässe sind. „Engpässe“ klingt allgemein, aber wir haben das sehr konkret gemacht. Wir haben festgestellt, dass es zum Teil daran liegt, dass in den Kreißsälen die Kapazitäten sehr knapp sind. Einige Krankenhäuser haben schon reagiert und innerhalb des Krankenhauses die Engpässe durch andere Abteilungen, in denen es Spielräume gibt, ausgeglichen. Die Möglichkeit haben alle Krankenhäuser. Einige Krankenhäuser haben das eigenverantwortlich getan.

Das größte Problem ist aber der Engpass bei den Hebammen. Dieses Problem besteht nicht erst seit gestern. Leider ist das schon länger so. Ich habe mich mit dem Hebammenverband und den Schulen, die Hebammen ausbilden, getroffen, um zu besprechen, wie die Kapazitäten kurzfristig erweitert werden können. Die Lage ist sehr komplex, weil die ausgebildeten Hebammen leider nur zu 20 Prozent Vollzeit arbeiten. Ausbilden allein reicht also nicht. Wir müssen gemeinsam mit den Hebammen zu längeren Arbeitszeiten kommen. Ich habe ganz klar gesagt: Mir reicht mehr Ausbildung an dieser Stelle nicht.

Wir müssen die Arbeitsbedingungen der Hebammen verbessern, denn je schlechter die Arbeitsbedingungen sind, desto weniger Fachkräfte sind da. Gute Arbeitsbedingungen sind zentral. Wir haben auch festgestellt, dass die Anzahl der Hebammen nicht immer bedarfsgerecht geplant worden ist. Ich habe alle Krankenhäuser und Geburtskliniken abgefragt. Das Bild war sehr uneinheitlich. Teilweise wurde gemeldet, alle Hebammenstellen seien besetzt, aber es bestünden trotzdem Engpässe. Das zeigt, dass auch die Planung, wie viele Hebammen ein

(Senator Andreas Geisel)

Krankenhaus bei welchen Geburtszahlen benötigt, durchleuchtet werden muss.

Wir haben jetzt viele Workshops zu den einzelnen Themen durchgeführt. Daran arbeiten alle Krankenhäuser und Akteure mit. Im neuen Jahr werde ich wieder den großen Runden Tisch einberufen. Ich habe allen Krankenhäusern die Zusage gegeben, sie zu unterstützen, wenn klar ist, worin ihre Engpässe bestehen.

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Dr. Jasper-Winter das Wort für eine Nachfrage.

Dass Handlungsbedarf in Bezug auf den Einsatz von Rettungswagen, die von Krankenhaus zu Krankenhaus fahren, besteht, haben Sie ja schon selbst zugestanden, indem Sie schon lange ein entsprechendes Leitsystem ankündigen. Wann darf denn endlich mit der Umsetzung des Leitsystems gerechnet werden?

Frau Senatorin!

Sie sprechen das elektronische Bettenverwaltungssystem IVENA an. Das ist ein Riesenfortschritt für Berlin. Schon die Krankenwagen können damit elektronisch nachvollziehen, in welchen Krankenhäusern welche Bettenkapazitäten vorhanden sind. Das ist insgesamt für den Rettungsdienst von elementarer Bedeutung. Ich habe den Geburtskliniken zugesagt, dass wir mit ihnen anfangen. Wir haben die Lizenz jetzt gekauft. Dazu muss man das Okay vom Rechnungshof und dergleichen haben und ein paar Beteiligungsthemen regeln. Das ist aber jetzt alles erledigt. Wir haben die Lizenz und sind jetzt in der Phase, in der die Krankenhäuser das System IVENA mit Daten füllen. Erst wenn die Datenqualität stimmt, können wir in die Echtzeit gehen. Wir sind aber schon recht fortgeschritten. Es wäre gerade auch für die Geburtshilfe ein Riesenfortschritt, weil die Krankenhäuser, wenn die Kapazitäten knapp sind und viele Geburten zusammenkommen, noch per Telefon gucken müssen, wo noch Kapazitäten frei sind. Mit dem System IVENA könnten sie sofort nachvollziehen, wo noch freie Kapazitäten vorhanden sind.

Vielen Dank! – Für die zweite Nachfrage hat der Kollege Isenberg das Wort.

Frau Senatorin! Welchen Investitionsbedarf sehen Sie nach welchen Prioritäten bei den Berliner Kreißsälen, um dem benannten Engpass in der Versorgung entgegenzuwirken?

Frau Senatorin!

Herr Abgeordneter Isenberg! Wir haben bei den Krankenhäusern abgefragt, wo sie Kreißsaalerweiterungen brauchen. Wir haben noch kein abschließendes Ergebnis, da viele Krankenhäuser gerade selbst prüfen. Zum Teil gibt es auch Engpässe in den Fachabteilungen bzw. Stationen für Gynäkologie und Frauenheilkunde. Deswegen machen wir das jetzt krankenhausscharf. Eine Zahl kann ich Ihnen heute nicht nennen, aber wenn die Abfrage beendet ist, kann ich das bald nachholen. Auch bei der Krankenhausplanung werden wir die krankenhausspezifischen Anforderungen, die in unserer Abfrage enthalten sind, berücksichtigen.

Vielen Dank! – Damit ist die Runde nach der Stärke der Fraktionen beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen in freiem Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.

[Gongzeichen]

Ich gehe davon aus, dass alle die Möglichkeit hatten, sich einzudrücken, und beende damit die Anmeldung.

[Gongzeichen]

Dann verlese ich die Liste der ersten Namen. Es beginnt die Kollegin Demirbüken-Wegner. Es folgen der Kollege Dregger, der Kollege Friederici, die Kollegin Kühnemann, der Kollege Isenberg und Herr Ubbelohde.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Bitte sehr, Frau Demirbüken-Wegner!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie viele Bewerbungen für die Stelle des Fährmanns für die Insel Scharfenberg sind wann an die für das Auswahlverfahren zuständige Schule gegangen?

(Senatorin Dilek Kolat)

Frau Senatorin Scheeres, bitte!

Sehr geehrte Frau Demirbüken-Wegner! Ich habe mit der Frage gerechnet. Ich hatte hier schon angesprochen, dass die Stelle ausgeschrieben ist. Zwei Bewerbungen sind eingegangen, und zum Januar werden wir eine Entscheidung treffen.

Eine Nachfrage der Kollegin Demirbüken-Wegner, bitte sehr!

Habe ich Sie richtig verstanden, dass das kurzfristige Auswahlverfahren das Datum Ende Januar hat und wir demzufolge mit einer Wiederaufnahme des Fährbetriebs rechnen können?

Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Demirbüken-Wegner! Die Fähre ist gefahren. Letzte Woche, glaube ich, war Herr Rackles selber dort vor Ort und ist auf die andere Seite gekommen.

[Heiterkeit]

Also, wie gesagt, Sie kennen das ja selber noch aus Ihrer Tätigkeit, dass es bestimmte Verfahren gibt, wenn man Ausschreibungen durchführt, die wir natürlich einhalten. Wir haben ein starkes Interesse, dass wir hier gute Regelungen finden.

Weitere Nachfragen gibt es offenbar nicht.

Dann hat der Kollege Dregger die Möglichkeit zur nächsten Frage.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Teilt der Senat die Auffassung des Kollegen der Linksfraktion, Hakan Taş, aus der Sitzung des Innenausschusses am 27. November, wonach jede Abschiebung eine Abschiebung zu viel ist? Und wie wirkt sich dies auf künftige Abschiebepraxis aus?

Herr Senator Geisel!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Dregger! Im Fortgang der Innenausschusssitzung hat ja dann der Kollege Zimmermann gesagt, dass Herr Taş das nicht so gemeint hat.

Und ich sage Ihnen dazu die Position, die im Land Berlin gilt und vollzogen wird: dass selbstverständlich Bundesrecht auch in Berlin gilt, dass wir uns dazu deutlich bekennen – dass der Schwerpunkt unserer Arbeit aber auf der Förderung freiwilliger Ausreise liegt bei denjenigen, die vollzugsfähig ausreisepflichtig sind.

Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, stellen Sie auch fest, dass wir dort durchaus erfolgreich sind. Aber diese freiwilligen Ausreisen würden deutlich zurückgehen, wenn das Instrument der Direktabschiebung nicht genutzt werden würde, und die Direktabschiebungen finden auch in Berlin statt. Zu den Zahlen habe ich ja im Innenausschuss schon Stellung genommen und gesagt, dass die öffentliche Annahme, dass Berlin dieses Instrument nicht nutzen würde, ein Irrtum ist, und so werden wir es auch künftig halten.

Dann hat der Kollege Dregger das Wort für eine weitere Nachfrage.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Senator, für die Beantwortung! Welche Pläne haben Sie denn im Hinblick auf die Unterbringung von Abschiebehäftlingen im Land Berlin? Gibt es welche und, wenn ja, für welche Gruppe und welchen Zeitraum?

Herr Senator!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dregger! Wir haben ja im Innenausschuss durchaus schon erörtert, dass der Abschiebegewahrsam, den Berlin in Grünau hatte, im Jahr 2015 geschlossen wurde. Unter wessen Verantwortung das geschah ist, denke ich, im Innenausschuss auch schon ausführlich erörtert worden, ebenso die Besonderheit, dass ausgerechnet Sie die Frage an mich stellen, wie wir mit dem Thema umgehen.

Richtig ist, dass wir für die Abschiebung von Gefährdern – also Menschen, von denen unmittelbare Gefahr für Leib und Leben ausgeht – in der Justizvollzugsanstalt Tegel Möglichkeiten geschaffen haben. Dort sind kurzfristig – da bin ich dem Justizressort sehr dankbar – solche Haftplätze zur Verfügung gestellt worden.

Richtig ist auch, dass die beiden Ressorts miteinander in Verhandlungen sind, um eine weitere Hafteinrichtung für Gefährder zu schaffen. Ich gehe davon aus, dass die in der ersten Jahreshälfte 2018 vom Justizressort an das Innenressort übergeben wird und wir diese Einrichtung eröffnen können, um dann tatsächlich handlungsfähig zu sein. Das bezieht sich aber insbesondere auf die Abschiebung von Gefährdern.

Es ist aber auch kein Geheimnis an dieser Stelle – ich sage das hier deutlich –, dass wir bei besonderen Gewalttätern, bei Menschen, von denen ebenfalls Gefährdungen von Leib und Leben der Berlinerinnen und Berliner ausgehen, handlungsfähig werden wollen. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Haltung, dass wir Direktabschiebungen als das Instrument betrachten, für die wir keine richterlichen Anordnungen benötigen, und dass von dem Instrument des Abschiebungsgewahrsams in Berlin bisher kein Gebrauch gemacht werden musste.