Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schopf! Was wollen Sie noch evaluieren?
Sie haben massenweise Betonklötze, Metallbrücken, Absperrungen und Bänke, die nun wirklich nicht zum Verweilen einladen. Sie haben eine einspurige Straße, die meistens zugeparkt ist, wo kein Krankenwagen durchkommt, wo Menschen eigentlich hindurchmüssen, aber nicht können, und die Fußgänger laufen zu 90 Prozent weiterhin auf dem Gehweg. Was ist der Sinn dieser Begegnungszone? – Es gibt keinen Sinn.
Immer wenn Sie einen Satz anfangen mit – ich zitiere –: „Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart“, dann weiß ich, mindestens ein Koalitionspartner steht nicht hinter diesem Vorhaben.
In diesem Fall weiß ich, dass es mindestens zwei sind. Man muss während solcher Reden auch einmal in die Gesichter der Koalitionäre schauen und ihre Blicke sehen, wer am Handy spielt, wer sich unterhält, dann weiß man, was sie wirklich davon halten, wenn Sie ein Projekt wie diese Begegnungszone preisen, die dort kein Mensch will. Wenn Sie mit den Leuten vor Ort sprechen, mit den Gewerbetreibenden, mit den Anwohnern, dann sagen Ihnen alle unisono, die Planung, die Bürgerbeteiligung, die Umsetzung, der Bau und der Betrieb sind so mistig gelaufen, dass man wirklich nur davor warnen kann, in der Bergmannstraße mit einem ebensolchen Projekt noch einmal 1 Million Euro Steuergelder zu verprassen – so viel hat dieser Spaß nämlich in der Maaßenstraße gekostet.
Wenn Sie sagen, der Verkehr ist weniger geworden, haben Sie völlig recht. Sie haben es durch Blockade, Stigmatisierung und Verbauung geschafft, dass auf diesen 50 Metern Maaßenstraße kein Verkehr stattfindet. Rund um den Winterfeldtplatz, südlich des Nollendorfplatzes, ist aber die Hölle los, gerade am Samstag und am Abend. Den Anwohnern dort haben Sie mehr Verkehr eingebrockt: mehr Parkplatzsuchverkehr, mehr Zweite-SpurParker, mehr gefährliche Situationen im öffentlichen Straßenraum. Ich verstehe nicht, worin hier ein Fortschritt liegen kann. Wir haben damals in der Koalition von CDU und SPD solche Sperenzien der Verkehrsverwaltung unter Verkehrssenator Müller, der jetzt Regierender Bürgermeister sein soll und wahrscheinlich schon wieder im Feierabend ist,
ertragen: dass wir diese Zone einrichten, und wir haben gesagt, wir wollen es evaluiert haben. Evaluiert ist jetzt genug – dieses Projekt ist gescheitert. Keiner nimmt das an, keiner will das. Keiner möchte das in der Bergmannstraße.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ihre Regierung!]
Lassen Sie von solchen ideologischen Projekten, den Verkehr in Berlin zu verlangsamen, die Leute zu stigmatisieren und zu diskriminieren, endlich ab! Kümmern Sie sich um die wahren Probleme in dieser Stadt!
[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Holger Krestel (FDP): Bravo! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die Maaßenstraße stammt aus Ihrer Regierung, aus der letzten Legislaturperiode!]
Bauen Sie Wohnungen, lösen Sie den Stau auf, beenden Sie diese ewig langen Baustellen auf den Straßen! Sorgen Sie dafür, dass der Flughafen fertig wird! Kümmern Sie sich um solche Projekte in der Struktur und Infrastruktur und in der Stadt- und Regionalplanung!
Wenn das passiert, werden Sie in dieser Stadt auch wieder erfolgreich reüssieren, und die Leute werden Sie auch wieder wählen. Bislang stellen wir bei allen Umfragen fest, dass die drei in der Linkskoalition versammelten Selbstverwirklicher im Vergleich zur Landtagswahl zurückfallen. Das hat einen Grund, nämlich in Bevormundungsprojekten, wie Sie eines in der Bergmannstraße machen wollen, aus reiner Ideologie – und da machen wir nicht mit.
[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Holger Krestel (FDP): Bravo! – Stefan Förster (FDP): Guter Mann!]
Sehr geehrter Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einmal ein Beitrag zur Versachlichung der Debatte: Die FDP will die Begegnungszonen stoppen.
Diesen Antrag haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, im Mai dieses Jahres eingebracht, und man muss leider konstatieren, dass hier von Ihrer Fraktion wieder einmal Effekthascherei betrieben wurde, denn von einem offensichtlichen Scheitern kann keine Rede sein. Diese Formulierung in dieser Absolutheit trifft nicht zu.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Holger Krestel (FDP): Das ist Kolchosewirtschaft auf Berliner Straßen!]
Lassen Sie mich eine Bemerkung voranstellen! Ich finde es sehr erstaunlich, liebe FDP, dass ausgerechnet Sie, die Sie sich gern an der Fehlerkultur der Start-up-Szene orientieren, bei einem innovativen Pilotprojekt wie den Begegnungszonen, bei dem auch Fehler in der Umsetzung passiert sind, so auf die Bremse treten und ein Stoppzeichen setzen wollen. Ich hätte mehr Offenheit und auch eine differenzierte Analyse erwartet, denn schließlich geht es um ein Modellprojekt, mit dem wir Ideen dafür entwickeln wollen, wie die unterschiedlichen Verkehrsarten in unserer Stadt verträglicher miteinander auskommen können. Ganz wichtig sind dabei die Förderung des Fußverkehrs und die Fragen, wie das Zufußgehen in Berlin sicherer werden kann, wie Barrieren abgebaut werden können und auch ein Mehr an Aufenthaltsqualität geschaffen werden kann. Leider höre ich dazu von Ihnen nur Bedenken und keine konstruktiven Vorschläge.
Ich hätte auch erwartet, dass Sie den Bezirk ernst nehmen. Der Bezirk hat ja offensichtlich auch ein Interesse an dem Modellprojekt, und schließlich hat er auch die Weiterführung des Projekts bestätigt. Sie wollten dem rasch zuvorkommen und uns hier im Abgeordnetenhaus gleich von Beginn an diktieren, wie das weitere Ergebnis der Diskussion zu sehen ist. Das ist kein guter Stil und zeugt auch gerade nicht von Respekt vor den Vertreterinnen und Vertretern des Bezirks.
Nein, keine Zwischenfrage! – Vernünftig ist es, wie im Fall der Maaßenstraße gerade das Thema Beteiligung weiterhin ganz oben anzusetzen. Aber noch nicht einmal das halten Sie für nötig – das wurde ja auch in der Ausschussberatung und gerade hier im Plenum deutlich.
Seit Sie diesen Antrag eingebracht haben, hat sich ja auch die Welt ein bisschen weitergedreht. Uns liegen bereits fundierte Kenntnisse aus der Evaluation der Begegnungszone Maaßenstraße vor; der Kollege Schopf hat dazu schon einiges gesagt. Es gibt dazu bemerkenswerte Erkenntnisse aus dieser Evaluation: Es gibt weniger Autoverkehr, Geschwindigkeitsübertretungen konnten drastisch reduziert werden, es gibt bessere Querungsmöglichkeiten, und auch die Evaluierung der Maaßenstraße aus der Sicht von Menschen mit Behinderung hat viele positive Veränderungen festgestellt.
Dennoch – und das leugnet auch niemand – gibt es auch Probleme, vor allem bei der Gestaltung. Sie haben das angesprochen, und deswegen ist es auch wichtig – und das haben Sie bisher auch verschwiegen –: Die Ergebnisse aus der Maaßenstraße fließen ja bereits in die Planungen für die Bergmannstraße ein. Dort wird es rückbaubare Begegnungsmodule geben. Das heißt also, wir haben auch schon aus den Fehlern gelernt. Also bitte nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis!
Im nächsten Jahr wird es ein weiteres Beteiligungsverfahren geben, an dem auch der Senat und der Bezirk beteiligt sind. Da wird es mit den lokalen Akteuren noch einmal dezidiert um die Gestaltung des Straßenraums gehen, was wir sehr begrüßen, und letztlich wird es dann eine Gesamtempfehlung für den Umbau der Maaßenstraße geben. Diese Ergebnisse sind abzuwarten; wir werden, denke ich, im Fachausschuss darüber auch noch einmal diskutieren und ausführlicher in diese Thematik einsteigen. Ich hoffe, dass bis dahin auch bei Ihnen ein gewisser Erkenntnisgewinn eingetreten ist. Jedenfalls wäre die Zustimmung zu Ihrem Antrag in dieser Form ein echter Schildbürgerstreich, denn mit dem Stopp des Modellprojekts der Begegnungszone würden Sie ja eine ausführliche Auswertung – die Sie ja angeblich auch wollen, was Ihnen aber niemand abnimmt – unmöglich machen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Am liebsten würde ich jetzt gleich eine Umfrage hier im Plenum starten, wer von Ihnen überhaupt die Begegnungszone Maaßenstraße kennt.
Wunderbar! – Und dann würde ich gerne noch fragen: Wer von Ihnen findet sie gut, gelungen und ansprechend? – Und spätestens dann würde sich wahrscheinlich keiner mehr melden, und so ist es auch.
Vor einigen Tagen war ich das letzte Mal dort, zum Glück noch bei schönstem Sonnenschein, und trotzdem bot sich mir dort ein trostloses und ödes Bild. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, dieses unattraktive, öde Stück Straße, abgesperrt als Straße, Begegnungszone zu nennen? Da stehen ein paar Bänke wie verloren herum, ein paar Pflanzkübel – alles direkt auf dem Asphalt, abgetrennt von der Straße durch kleine, bunte Betonwürfel und Eisenpfähle. Mal unter uns: Würden Sie sich gern dort hinsetzen, um sich zu treffen, um sich miteinander zu unterhalten? – Ich nicht!
Um auf den Punkt zu bringen: Diese Begegnungszone – in Anführungsstrichen – ist völlig daneben, völlig deplatziert, hässlich, unerwünscht. Ich frage mich, welcher Architekt oder Stadtplaner so etwas überhaupt entwirft. Jede Strandbar, die aus ein paar alten Holzpaletten und einer LKW-Ladung Sand hier in Berlin entstanden ist, zum Beispiel auf irgendwelchen Parkdecks von Einkaufszentren, haben mehr Charme und Atmosphäre und keine 800 000 Euro gekostet.
Nein, heute nicht! – Die Anwohner beklagen fehlende Parkplätze, die Geschäftsleute ebenso, und noch dazu Umsatzeinbußen, und auch dazu habe ich vor einigen Tagen noch interessante Gespräche dort geführt.
Aber die absolute Krönung ist der Umstand, dass keine 150 Meter von diesem gänzlich misslungenen Experiment der Winterfeldtplatz entfernt ist – so groß wie zwei Fußballfelder, ein historischer Platz, der schon im jetzigen Zustand leer wesentlich attraktiver ist als diese Begegnungszone. Und da frage ich mich, warum nicht der Winterfeldtplatz mit ein paar zusätzlichen Bänken und mehr Grün ausgestattet worden ist. Das wäre wesentlich sinnvoller gewesen, auch wenn oder vielleicht gerade
weil dort zweimal in der Woche Markt ist. Der Winterfeldtplatz ist groß genug, um beides miteinander in Harmonie zu bringen.
Es geht Ihnen doch, wenn Sie ganz ehrlich sind, gar nicht um die Begegnung der Menschen, sondern um ein Trennen der Menschen. Und jetzt steht die Forderung im Raum, die Begegnungszone abzuschaffen. Wir – ich betone es noch einmal –, die AfD als Partei des gesunden Menschenverstands plädieren entschieden für ein Ja – weg damit!
Zum Thema Evaluation stellt sich mir die Frage: Wen haben Sie denn überhaupt befragt? Sind es wirklich Anwohner und Geschäftsleute aus der unmittelbaren Umgebung oder wieder besonders ausgesuchte Aktivisten gewesen? – Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. – Vielen Dank!