Protocol of the Session on November 16, 2017

Nein, vielen Dank!

[Hakan Taş (LINKE): Gute Entscheidung!]

Bis heute haben leider nur grüne Baustadträte in zwölf Fällen über 300 Mieterhaushalte und 40 Gewerbeeinheiten gerettet. An dieser Stelle möchte ich einmal deswegen danke sagen: Danke an Florian Schmidt und danke an Jochen Biedermann für ihren Mut!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

An alle anderen Baustadträte will ich appellieren: bitte mehr davon; kauft an!

Beim Lesen des FPD-Antrags und insbesondere der Begründung jagt eine Absurdität die nächste. Die Neoliberalen gehen sogar so weit, eine Verknappung des Marktes durch die Anwendung des Vorkaufsrechts zu beweinen. In welchem nichtexistierenden Wahlkreisbüro sind Sie denn auf diese komische Idee gekommen?

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Anja Kofbinger (GRÜNE): Sag mal was zur Ofenheizung!]

Ja, es wird etwas verknappt, das stimmt! Aber was höchstens verknappt wird, ist die Spekulation mit Wohnraum, und das ist auch gut und richtig so. Denn das Recht auf Wohnen – und man muss es Ihnen immer wieder sagen – hat in Berlin Verfassungsrang. Daher dient es dem Allgemeinwohl, wenn wir Leuten den Verbleib in ihren Wohnungen sichern, statt sie alleine zu lassen. Auch das Grundgesetz kennt keine Garantie von maximaler Rendite – im Gegenteil; es nimmt Eigentum sogar in die Pflicht.

Wie wir alle wissen, streitet das Land Berlin, vertreten durch den Bezirk Tempelhof-Schöneberg, derzeit mit dem Bund, der bundeseigenen BImA über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Bereits im April gab es dazu ein nicht rechtskräftiges Urteil erster Instanz. Die Opposition hat ja schon angedeutet, dass wir uns hier angeblich im rechtsfreien Rahmen bewegen würden. Ich finde, es sprechen gute Gründe dafür, dass die Rechtsauffassung des Landgerichts unzutreffend ist, weshalb das Land Berlin Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Ich erkläre Ihnen gerne im Ausschuss, warum ich der Meinung bin, dass wir das gewinnen werden.

Und vielleicht, liebe FDP und auch CDU, sollten Sie einmal nach München reisen. Die Stadt nutzt das Vorkaufsrecht schon viel länger: Von 1993 bis 2015 wurde es dort für 73 Häuser ausgeübt. Zwar ist Bayern nicht Berlin – Gott sei Dank! –, dennoch gelten dort die gleichen Bundesgesetze, und das Vorkaufsrecht wurde dort von den Gerichten seit 1993 nicht gekippt oder auch nur in Frage gestellt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Dass Teile der Immobilienlobby dennoch jetzt das Vorkaufsrecht als wackelnd bezeichnen, war zu erwarten. Denn Sie von der Opposition fahren ja gemeinsam mit der Immobilienlobby und den vielen Anwalts- und Maklerkanzleien schon länger eine Kampagne. Denn es tut nämlich Ihren Kreisen, wenn die Politik der Spekulation

Schranken setzt – ja, ja, das tut sehr weh, das kann ich verstehen.

Und so hat trotz allem der Antrag der FDP doch noch etwas Gutes heute: Wir haben hier die Gelegenheit, klar und deutlich allen Mieterinnen und Mietern da draußen zu sagen: Das Vorkaufsrecht wird natürlich weiter eingesetzt. Lassen Sie sich nicht durch die Immobilienlobby verunsichern! Je lauter die schreien, desto mehr wissen wir, dass es richtig ist, was wir tun!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Zum Schluss noch einmal an die Kolleginnen und Kollegen der FDP und der CDU: Für Sie ist das vielleicht alles ein Monopoly-Spiel. Für die meisten Berlinerinnen und Berliner und die Mieterstadt Berlin ist das eine Frage der Existenz. Wenn das Allgemeinwohl für Sie wirklich oberstes Gebot wäre, dann würden Sie sich für die Menschen in dieser Stadt einsetzen und nicht für die Monopoly-Spieler Lobbyismus betreiben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann gibt es Zwischenbemerkungen, zunächst von der Kollegin Meister und dann vom Kollegen Gräff.

Sehr geehrtes Präsidium! Meine Damen und Herren! Frau Schmidberger! Ich denke, Sie verstehen – – Oder ich sage es einmal so: Ich hatte ja gehofft, dass Sie wenigstens ein bisschen was von der Sache verstehen. Das ist doch genau das Problem bei der Ausübung des Vorkaufsrechts: dass eben nicht klar ist, wer in dem geschützten, preiswerten Wohnraum danach wohnt. Es ist nämlich gar nicht sicher, dass das die Familie ist oder genau die Mieterinnen und Mieter sind, die eine niedrige Miete in dieser Stadt brauchen. Das ist doch das Problem daran!

Und es hält eben genau die Veränderung in dem Kiez nicht auf. Das ist doch das Tragische daran! Gehen Sie doch einmal durch den Graefekiez! Da kriegen Sie vielleicht einen Latte macchiato laktosefrei und vegan für 5 Euro. Aber es ist doch nicht so, dass es die Veränderung des Kiezes aufhält. Das ist doch das Problem an der ganzen Geschichte, dass der Milieuschutz mit seinen Vorkaufsrechten eben nicht wirkt; das ist doch das Problem daran!

Und dann München – also das ist wirklich der Kracher des Tages, München als eine Stadt mit niedrigen Mieten für das Allgemeinwohl darzustellen! Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.

(Katrin Schmidberger)

[Beifall bei der FDP – Anja Kofbinger (GRÜNE): Das hat keiner behauptet!]

Dann hat Frau Schmidberger die Möglichkeit zur Erwiderung.

Liebe Kollegin Meister! Ich habe überhaupt nicht behauptet, dass München niedrige Mieten hat. Ich habe nur dargestellt, dass dieses Instrument im Gegensatz zu Berlin, wo wir das leider erst seit einem Jahr betreiben, ein oft angewandtes Instrument ist, das sich auch rechtskräftig durchgesetzt hat.

[Dr. Kristin Brinker (AfD): Aber das hat doch nichts für die Mieten gebracht!]

Es hat natürlich etwas gebracht! Sie verstehen das immer nicht. Ich glaube, dass Sie erwarten, dass man in der Wohnungspolitik eine Maßnahme betreibt, und damit kann man dann alle Probleme lösen. Sehen Sie es endlich einmal ein, dass in der Wohnungspolitik ganz viele verschiedene Maßnahmen und Instrumente notwendig sind, um den Wohnungsmarkt zu entspannen, für Neubau zu sorgen und Leute vor Verdrängung zu schützen! Da gibt es ganz viele verschiedene, einen ganzen Baukasten, und nur wenn dieser Baukasten auch funktioniert und wir alles konsequent anwenden, dann können wir die Leute auch ausreichend schützen.

Ich finde es so lustig, dass Sie sich darüber aufregen – angeblich geht es Ihnen ja nur darum, dass wirklich auch die richtigen Mieterinnen und Mieter von dem Instrument profitieren. Sehe ich es also richtig, dass die FDP jetzt bald einen Antrag einbringen wird mit einem Konzept, wo wir ein Vorkaufsrecht so gestalten, dass es besonders den einkommensschwachen Mieterinnen und Mietern zugute kommt? Das finde ich einen super Ansatz!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Da bin ich mal gespannt. Und weil Sie den Graefekiez so schön erwähnen: Das ist mein Wahlkreis. Da bin ich permanent unterwegs, da kümmere ich mich um die Leute. Wissen Sie: Seit 2008 hat unser damaliger Bezirksbürgermeister Franz Schulz angemahnt, dass wir eine massive Verdrängung und Wohnungsnot in der Innenstadt haben. Es wurde jahrelang nichts gemacht. Das ist ein Fehler gewesen. Trotzdem ist es jetzt und heute unsere verdammte Pflicht, dass wir jede Mieterin und jeden Mieter schützen. Es lohnt sich selbst für einen da draußen. Vielleicht sollten Sie mit mir mal durch den Graefekiez laufen, dann können wir ja mal mit den Menschen sprechen und sie fragen, ob sie den Milieuschutz gut oder schlecht finden.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat der Kollege Gräff die Möglichkeit zur zweiten Zwischenbemerkung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Schmidberger! Das Thema München lag mir, ehrlich gesagt, auch auf der Zunge. Ich wähle es deswegen mal nicht.

Aber wozu Sie kein einziges Wort verloren haben, ist die Vorgehensweise und die rechtliche Würdigung dieses Vorgangs.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau! Wir reden über das Eine und Sie über das Andere!]

Sie machen es ebenso: Ich bin der Meinung –, es muss so gemacht werden –, und Recht und Gesetz sind Ihnen dann egal. Das geht so nicht!

[Beifall bei der CDU]

Das geht so nicht! Ich habe versucht, es vorhin darzustellen.

Wenn es denn so wäre, Frau Schmidberger, wenn es denn so wäre, dass es wesentlich mehr Wohnraum, insbesondere preiswerten, schafft, dann, glaube ich, wären viele Kolleginnen und Kollegen auch bei Ihnen. Aber das ist nicht der Fall.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Sie haben Stress mit dem Rechnungshof, weil Sie vieles falsch gemacht haben, und nicht die Kollegin Schmidberger!]

Stattdessen sehen Sie sich die Antwort auf eine Schriftliche Anfrage an, wie viele Grundstücke bei den öffentlichen Gesellschaften liegen und dem Wohnungsmarkt entzogen werden. Da wollen Genossenschaften und andere Private übrigens auch preiswerten Mietwohnungsbau machen, die Grundstücke aber liegen bei den Gesellschaften und werden nicht herausgegeben.

[Sven Heinemann (SPD): Sie sind ein Märchenerzähler!]

Sie werden blockiert am Markt. Sie schaffen keinen neuen Wohnraum! Schauen Sie sich das einmal an – und viele andere Instrumente.

Was ist eigentlich mit dem Brief der Geschäftsführer der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften an Frau Lompscher, in dem sie die Hürden im Wohnungsbau sehr schön beschreiben, dem Wohnungsbau,

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Oh! Jetzt wird hier alles mit allem vermengt!]

den wir in der Tat in der Innenstadt brauchen? Kein einziges dieser Themen ist von Ihnen abgearbeitet worden. Deswegen sind Sie in der Frage der Schaffung von

Wohnraum, auch preiswertem Wohnraum, komplett unglaubwürdig!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Steffen Zillich (LINKE): Das ist die Methode Gräff!]

Dann hat die Kollegin Schmidberger erneut die Möglichkeit zur Erwiderung.

Lieber Herr Gräff! Sie können einmal die Wählerinnen und Wähler in Marzahn-Hellersdorf fragen, wie glaubwürdig Sie als Baustadtrat mit Ihrer Arbeit in den letzten Jahren da durchgehen.