Protocol of the Session on October 19, 2017

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Franz Kerker (AfD): Lächerlich! Weitere Zurufe von der AfD]

Wir brauchen keinen Extremismus der Worte. Wir brauchen ein starkes gesellschaftliches Engagement für unsere Demokratie. Wir brauchen engagierte Menschen, die für unsere offene und unsere freiheitliche, tolerante Gesellschaft stehen. Wir brauchen Menschen, die andere überzeugen, dass es gut und wichtig ist, sich einzumischen, mitzumachen und mitzugestalten.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das haben wir geschafft! Die AfD ist die erfolgreichste demokratische Bewegung der letzten fünf Jahre!]

Wir haben gerade in Berlin zahlreiche Menschen und Initiativen, die genau das tun. Im Rahmen des Berliner Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ werden jährlich etwa 50 Projekte finanziell gefördert. Ja, viele dieser Projekte beschäftigen sich aus gutem Grund mit rechtsextremen Ideologien. Aber es geht natürlich auch um die grundsätzliche Stärkung von demokratischen Werten und ihren Bedrohungen durch Rechts- und Linksextremisten und auch durch islamistische Extremisten.

Ich sehe meine Aufgabe als Innensenator auf zwei Seiten: Konsequente Strafverfolgung, wo immer das notwendig ist, und gleichzeitig Prävention! – Jeder Jugendliche, den wir von Gewalt und Extremismus abhalten, ist ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Deswegen fördern wir diese Projekte. Sie sind ein Netzwerk für unsere Demokratie. Das ist gut angelegtes Geld.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Frau Kitschun, Frau Helm und Frau Tomiak haben schon exemplarisch einige Projekte aufgeführt. Ich setze das einfach mal fort.

[Lachen bei der AfD – Georg Pazderski (AfD): Prima, sich weiter auf die Schulter klopfen!]

Erstens Ufuq e. V.! Ufuq ist ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe und in der politischen Bildung zu den Themen Islam und interreligiöser Dialog tätig. Wir wissen, dass wir in unserer Stadt viele friedliebende Muslime haben. Sie gehören zu unserem demokratischen Gemeinwesen. Sie gestalten diese Stadt mit. Und gleichzeitig haben wir religiösen Extremismus in der Welt, religiösen Fanatismus in der Welt.

[Jeannette Auricht (AfD): In Berlin!]

Es ist richtig, mit den betreffenden Menschen zu reden, ihnen deutlich zu machen, dass auch der Islam für Demokratie steht, dass der Islam für Freiheit steht, dass der Islam für Humanismus steht – und eben nicht für Extremismus.

[Lachen bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Stehen könnte, wenn er reformiert würde!]

Dieses Gespräch zu führen, ist wichtig und ist auch sicherheitspolitisch wichtig in unserer Stadt.

Das zweite Beispiel ist die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. Diese Initiative bietet Schulworkshops an – gegen Antisemitismus und auch gegen Islamismus. Wir haben in unserer Stadt Menschen unterschiedlichster Herkunft, und wir wissen, dass wir international heftige Konflikte haben, die in den Heimatländern dieser

(Senator Andreas Geisel)

Menschen ausgetragen werden. Es ist aber wichtig, dass diese Konflikte nicht in Berlin stattfinden, dass sie nicht in Berlin ausgetragen werden. Deshalb ist es wichtig, miteinander zu reden und für eine friedliebende Gesellschaft zu werben.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das dritte Beispiel ist die Aktion Courage e. V. Die betreiben die Landeskoordination des Projektes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. „Schule mit Courage“ ist das größte Schulnetzwerk in Deutschland. An rund 2 500 Schulen deutschlandweit setzen sich mehr als 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler gegen Rassismus und Rechtsextremismus ein.

Diese Projekte finanziell nicht weiter zu unterstützen, ist ein Fehler. Diese Projekte müssen unterstützt werden. Diese Netzwerke der demokratischen Kräfte müssen wir stärken. Je dichter solche Netzwerke gespannt sind, desto widerstandsfähiger sind sie, und desto besser ist es für unsere Demokratie.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ja, ich denke, das kann man beklatschen.

Unsere Demokratie muss wehrhaft sein. Das habe ich Herrn Gläser schon gesagt. Und die Regeln des friedlichen Zusammenlebens in unserer Stadt müssen durchgesetzt werden. Herr Krestel hat vorhin die RAF als Strolche bezeichnet.

[Holger Krestel (FDP): Ja!]

Ich nenne sie Terroristen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Bei Terroristen und Gewalttätern reicht Prävention nicht aus. Deshalb müssen wir auch bei der Repression mehr tun. Rot-Rot-Grün stärkt die Polizei. Im neuen Doppelhaushalt 2018/2019 schaffen wir neue Stellen für die Polizistinnen und Polizisten. Jedes Jahr stellen wir jetzt 1 200 Polizistinnen und Polizisten ein. Wir sind damit das Bundesland mit den größten Einstellungen bei der Polizei.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Andreas Otto (GRÜNE): Hört, hört!]

Wir verbessern die Ausrüstung der Polizei, denn wer uns schützt, kann erwarten, dass auch wir ihn schützen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Weil wir es gefordert haben!]

Wir stärken die Justiz. Wir brauchen mehr Stellen bei der Staatsanwaltschaft und mehr Stellen bei den Richtern. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwalt

schaft bzw. Justiz muss verbessert werden, und das tun wir.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Weil wir es gefordert haben!]

Rot-Rot-Grün sorgt für einen handlungsfähigen Staat.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Extremismus – egal, ob von rechts oder von links –, der unsere Demokratie angreift, hat bei uns nichts zu suchen. Ich sage das gern auch noch mal mit aller Klarheit: Gewalt kann niemals Mittel politischer Auseinandersetzung sein.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Ganz genau!]

Das gilt gleichermaßen für Farbbeutelattacken auf Hausfassaden oder für in der Nacht angezündete Autos.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle noch die Fakten zur politisch motivierten Kriminalität sagen, damit wir alle wissen, wovon wir hier reden. Wir hatten im ersten Halbjahr 2017 in Berlin 2 143 Fälle von politisch motivierter Kriminalität. Davon kommen 959 von rechts und 640 von links. Neben 48 Gewaltdelikten von rechts zählt die Statistik hier 399 Propagandadelikte und 512 sonstige Delikte wie Beleidigung, Sachbeschädigung und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz auf. Auf der linken Seite zählen wir 151 Gewaltdelikte und 489 sonstige Delikte.

Der Berliner Senat – die Polizei – geht energisch gegen Rechtsextremismus und gegen Linksextremismus vor. Der Rechtsstaat wehrt sich, denn der Rechtsstaat ist wehrhaft. Ein gutes Beispiel dafür ist das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten, das gestern gefällt wurde, gegen den Mann, der mit einem Laserpointer in der Rigaer Straße versucht hat, einen Polizeihubschrauber zu blenden und zum Absturz zu bringen – mitten im Stadtgebiet. Er ist gestern vom Amtsgericht Tiergarten zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Das ist ein gutes Urteil. Der Rechtsstaat wehrt sich.

[Beifall bei allen Fraktionen]

Ich habe begonnen mit: Im Zweifel für die Freiheit! – Das bedeutet für uns, dass wir uns mutig und entschlossen für die freiheitliche Demokratie einsetzen. Bürgerrechte einzuschränken, um Extremisten zu bekämpfen, ist der falsche Weg. Demokratie und Freiheit müssen attraktiv sein und attraktiver werden. Dann drängen wir die politischen Ränder zurück.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich sage es hier ganz deutlich: Ich warne uns davor, die Gewalt an den Rändern gegeneinander aufzurechnen – nach dem Motto: gute Gewalt, schlechte Gewalt. Für

(Senator Andreas Geisel)

mich ist eins klar: Es muss heißen: Keine Gewalt! – Vielen Dank!

[Beifall bei allen Fraktionen – Frank-Christian Hansel (AfD): Ganz genau!]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin