Protocol of the Session on September 28, 2017

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Mein Gott! Gehen Sie in die BVV, wenn Sie Friedrichshain-Kreuzberger Themen interessieren!]

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Kolat. – Bitte! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße diese Aktion der FriedrichshainKreuzberger Bürgermeisterin, weil sich auch die Koalition vorgenommen hat, sexistische Werbung zu vermeiden. Das können Sie gern im Koalitionsvertrag nachlesen. Das ist erklärtes Ziel der Koalition.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Hakan Taş (LINKE)]

Es gibt auf Bundesebene leider noch kein Gesetz, das das verbietet. Der Justizminister hatte schon die Initiative ergriffen, aber es ist leider auf Bundeseben noch nicht zu einer gesetzlichen Regelung gekommen. Deswegen wird die Koalition im Rahmen der Möglichkeiten des Landes darauf hinwirken, dass sexistische Werbung in unserer weltoffenen und toleranten Stadt Berlin nicht passiert. Das würde ich jetzt nicht einfach abtun, sondern sexistische Werbung diskriminiert, ist abstoßend, und viele Frauen fühlen sich dadurch abgewertet. Das wollen wir in

(Senator Andreas Geisel)

der Stadt der Frauen nicht zulassen. Deswegen wird das Land Berlin gerade auf öffentlichen Werbeflächen darauf hinwirken, dass das ausgeschlossen wird. Ich denke, das werden wir bei der Vergabe in einem Passus berücksichtigen.

Sie haben auch den Werberat angesprochen. 2016 gab es 273 Anzeigen. In 73 Fällen hat das dazu geführt, dass Werbung geändert oder abgesetzt werden musste. Das zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. Dass es einen Werberat gibt, bei dem man klagen kann und es auch ein Verfahren gibt, ersetzt nicht, mit anderen verbindlichen Mitteln sexistische Werbung zu verbieten.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Herr Swyter, haben Sie eine Nachfrage?

Ja, ich habe eine Nachfrage. Ich habe eigentlich mehrere, aber ich stelle nur eine. – Sind Sie tatsächlich der Ansicht, dass mit solchen denunziatorischen Boykottaktionen ein wirtschaftsfreundliches Klima in dieser Stadt geschaffen werden kann?

[Beifall bei der FDP und der AfD – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Frau Senatorin!

Sie scheint sexistische Werbung nicht zu stören. Das nehme ich einfach mal zur Kenntnis.

[Zurufe von der FDP]

Man kann Werbung so oder anders machen. Es gibt viele Möglichkeiten. Sexismus gehört weder in die Werbung noch in unsere Gesellschaft. Daran werden wir weiterarbeiten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Eine weitere Nachfrage hat die Abgeordnete Kofbinger. – Bitte, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Frau Senatorin! – Herr Swyter hatte interessanterweise nach einer Bezirksaktion gefragt, aber er hat sich auch ganz klar ausgedrückt: Es geht ihm um vermeintlich sexistische Werbung. Das ist eine sehr interessante Formulierung. Dazu möchte ich nachfragen – eigentlich möchte ich Herrn Swyter fragen,

[Thomas Seerig (FDP): Dann machen Sie es doch, aber dazu haben Sie nicht den Mumm!]

aber ich frage die Senatorin –: Wie wird in Zukunft zwischen vermeintlich sexistische Werbung und sexistischer Werbung unterschieden?

[Marcel Luthe (FDP): Mit einer Kommission! – Zurufe bei der FDP]

Die Senatorin hat das Wort, und nur sie!

Frau Abgeordnete Kofbinger! Auch bei mir kam es so an, als würde es sexistische Werbung nicht geben. Ich möchte das hier ausdrücklich richtigstellen. Wir hätten beim Werberat keine 273 Beanstandungen, wenn es keine sexistische Werbung gäbe. Es gibt sie, und das ist ein Problem. Deswegen ist es eine Aufgabe für die Koalition, diese Werbung zu bekämpfen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Die Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir die weiteren Meldungen in freiem Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde wie gewohnt mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt.

[Gongzeichen]

Ich gehe jetzt davon aus – ich habe sehr viele Meldungen –, dass alle Fragestellerinnen und Fragesteller die Möglichkeit zur Anmeldung hatten. – Dann beende ich die Anmeldung.

[Gongzeichen]

Ich verlese die Liste der ersten Wortmeldungen: Am schnellsten war die Abgeordnete Demirbüken-Wegner. Dann folgen Herr Friederici, Herr Trapp, Frau Fuchs, Herr Buchholz, Herr Dr. Efler, Herr Isenberg. Sollten wir in den verbleibenden 20 Minuten noch mehr schaffen,

(Senatorin Dilek Kolat)

verlese ich weiter. Die Liste der Wortmeldungen, die ich soeben verlesen habe, bleibt hier erhalten, auch wenn Ihre Mikrophone diese Anmeldung nicht mehr darstellen. Sie können sich also wieder zu Wort melden, wenn sich aus der Beantwortung des Senats Nachfragen ergeben. – Nun rufe ich die Abgeordnete Demirbüken-Wegner auf. – Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jedes sechste Kitakind kommt mit massiven Sprachdefiziten in die Schule und hat dadurch automatisch schlechtere Bildungschancen. Das wurde durch die aktuelle Untersuchung „Deutsch Plus 4“ eindrucksvoll bestätigt. Bei dieser wurde festgestellt, dass sogar 84 Prozent der Kinder, die keine Kita besuchen, massive Sprachprobleme haben. Deshalb frage ich den Senat: Was läuft im Land Berlin trotz Kitabildungsprogramm seit Jahren im Bereich der frühkindlichen Sprachförderung falsch? Im Gegensatz dazu hat das Land Brandenburg seit 2010 ein Rückgang der Sprachdefizite von 19,7 auf 14,1 Prozent zu verzeichnen.

Für den Senat antwortet Frau Senatorin Scheeres. – Bitte, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Demirbüken-Wegner! Es war uns sehr wichtig und auch ein richtiger Schritt, dass wir in den letzten Jahren zum einen verbindliche Sprachtests eingeführt und diese auch vorgezogen haben, um frühzeitig zu erfahren, welchen Sprachstand die einzelnen Kinder haben. Insbesondere haben wir Kinder im Blick, die keine Kita besuchen.

Liebe Abgeordnete! Sie wissen aufgrund Ihrer vergangenen Arbeit, dass es richtig und wichtig ist, dass Kinder frühzeitig in die Kita gehen. Wenn sie mindestens zwei Jahre eine Kita besucht haben, verbessert sich der Sprachstand erheblich. Unser Ziel ist es, diese Abfragen durchzuführen, um immer individuell ansetzen zu können, damit die Kinder in unseren Kindertageseinrichtungen die entsprechende Förderung erhalten.

Im Land Berlin ist es so, dass jedes dritte Kind in Armut lebt. Wir haben viele Kinder mit Migrationshintergrund, die teilweise kein Deutsch in ihren Familien lernen. Deswegen ist es uns wichtig, dass sie frühzeitig die Kita besuchen. Es ist uns auch gelungen, über 30 000 Kitaplätze auszubauen. Das Land Berlin nimmt jetzt schon allein wieder zusätzlich 100 Millionen Euro in die Hand, um weitere 30 000 Kitaplätze umzusetzen. Das gelingt uns. Der Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr wird wieder erfüllt. Das zeigt, dass viele Familien ihre Kinder

in die Kita geben, damit diese Sprachförderung erhalten. Mir ist auch wichtig, dass die vielen Flüchtlingskinder frühzeitig einen Platz in der Kita erhalten. Deswegen investieren wir zusätzliches Geld. Die Plätze für Flüchtlingskinder sind in den 30 000 Kitaplätzen enthalten.

Zurzeit schauen wir uns noch einmal an, ob das Testverfahren optimal ist. Wir führen zwei unterschiedliche Tests durch, nämlich den Test in der Kita, der sich am Bildungsprogramm orientiert, und den Test für die Kinder, die nicht in die Kita gehen. Das ist der von Ihnen erwähnte Test „Deutsch Plus“. Wir diskutieren gerade gemeinsam mit den Eigenbetrieben und den freien Trägern, ob dieser Weg optimal ist. Der beste Weg ist aber der frühzeitige Kitabesuch. Deswegen investiert Berlin so viel Geld in den Kitaausbau, aber auch in die Qualität. Wir diskutieren demnächst das Kitagesetz im Abgeordnetenhaus, in dem es um qualitative Verbesserungen und einen besseren Personalschlüssel bei den unter Dreijährigen geht. Auch in den aktuellen Haushaltsberatungen sind gerade zusätzliche Personalressourcen für die Kitas in sozialen Brennpunkten festgelegt worden. Das sind Unterstützungspunkte, um in der Sprachförderung weiter voranzukommen.

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Frau DemirbükenWegner, haben Sie eine Nachfrage?

Was hat der Senat bis jetzt von den seit 2013 bekannten Empfehlungen des Mercator-Instituts für Sprachförderung in Berlin aufgegriffen und umgesetzt?

Bitte, Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Emine Demirbüken-Wegner! Sie meinen die Mercator-Stiftung. Das habe ich gerade beschrieben, nämlich dass wir einen Prozess mit den freien Trägern, den Eigenbetrieben und Wissenschaft durchführen, die Auseinandersetzung mit Testverfahren. Die Kritik war, dass wir zwar unterschiedliche Tests haben und diese Testverfahren anders aufstellen müssen. Damit setzen wir uns gerade auseinander. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Ich kann Sie gern im Ausschuss darüber informieren, wenn wir zu einem Ergebnis genommen sind.

Der fraktionslose Abgeordnete Herr Wild hat eine weitere Nachfrage. – Bitte schön!

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Frau Senatorin! Könnte der Unterschied zwischen Brandenburg und Berlin darin begründet sein, dass in Berlin mehr Ausländer leben, und wäre es dann nicht sinnvoller, wenn man die Ausländer, die hier nicht legal leben, dazu bewegt, Berlin zu verlassen?

Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte es mal ganz deutlich sagen: Jedes Kind, jeder Jugendliche hat ein Recht auf Bildung, und das praktizieren wir hier in Berlin.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Senatorin!

Als nächster Abgeordneter hat jetzt Herr Friederici das Wort. – Bitte schön!